Mädchensozialarbeit nimmt die spezifischen Lebenslagen von Mädchen* und jungen Frauen* besonders in den Blick
Mädchensozialarbeit, ein pädagogischer Ansatz
Mädchensozialarbeit umfasst die Arbeit mit Mädchen* und jungen Frauen* innerhalb der Jugendsozialarbeit. Neben den grundsätzlichen Zielen der Jugendsozialarbeit nimmt die Mädchensozialarbeit die spezifischen Lebenslagen von Mädchen* und jungen Frauen* besonders in den Blick. Das Leitziel ist es, die Mädchen* und jungen Frauen* zu einem eigenständigen Leben zu befähigen. Es werden Ansätze entwickelt, um der Lebensrealität von Mädchen* gerecht zu werden. Mädchensozialarbeit ist innerhalb der Jugendsozialarbeit ein eigenständiger Ansatz und zugleich Querschnittsaufgabe.
Mädchensozialarbeit, ein politischer Ansatz
Mädchensozialarbeit setzt sich für eine solidarische, tolerante, demokratische und gewaltfreie Gesellschaft ein, in der allen Menschen unabhängig von Religion, Bildungsstand, Alter, ethnischer Herkunft, politischer Weltanschauung und Geschlecht der gleiche Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht wird. Die Mädchensozialarbeit legt dabei ihren Schwerpunkt auf die Herstellung einer gerechten und gleichen Teilhabe aller Geschlechter in allen Bereichen. Ihr Ziel ist es, sowohl auf die Jugendsozialarbeit und Jugendpolitik, als auch auf kirchliche Strukturen Einfluss zu nehmen.
Mädchensozialarbeit bestätigt Mädchen* und jungen Frauen* in ihrer Wahrnehmung einer fortbestehenden gesellschaftlichen Abwertung und Benachteiligung, ohne sie als Opfer festzuschreiben.
Zielgruppe der Mädchensozialarbeit
Zielgruppe der Mädchensozialarbeit sind Mädchen und junge Frauen, die individuell beeinträchtigt sind, sozial benachteiligt sind und/oder einer besonderen Förderung bedürfen (vgl. § 13 SGB VIII und § 9.3 SGB VIII). Diese Mädchen und jungen Frauen sind – wie die Zielgruppen der Jugendsozialarbeit insgesamt – in der Regel nicht nur in einer Hinsicht, sondern multifaktoriell benachteiligt.

Eigentlich traditionelle Rollenbilder werden wieder verstärkt
Gesellschaftliche Rollenbilder sind vielfältiger geworden. Allerdings sind sie in sich oft widersprüchlich und für Mädchen* und junge Frauen* deutlich überfordernd. Sie sind überfrachtet mit Anforderungen. Denn nach wie vor liegt – unabhängig vom Ausbildungsstand und wie selbstverständlich – der Hauptanteil an Kindererziehung und Haushaltsführung bei den Frauen*.
Traditionelle Rollenbilder wirken wieder verstärkt auf die jungen Menschen: je nach Schicht, Ethnie, Sozialraum, Religion, familiären Strukturen und Kultur.
Trotz vieler guter Ansätze bekommen Frauen schlechtere Ausbildungs- und Arbeitsplätze, niedrigere Löhne und Positionen. Ihr Armutsrisiko ist deutlich höher als das von Männern, insbesondere, wenn sie Kinder haben.
Benachteiligende Strukturen
Zahlreiche benachteiligende Strukturen stehen einer vollständigen Gleichberechtigung entgegen. Sie prägen zum Teil subtil den Handlungsrahmen von Mädchen und jungen Frauen, z. B. die Ausbildung vieler »Mädchenberufe« kostet Geld, "Jungenberufe" sind in der Regel betriebliche Ausbildungen, in denen "Mann" Geld verdient.
Trotz erfolgreichem Übergang an der ersten Schwelle "Schule-Berufsausbildung", reicht der Abschluss einer Ausbildung noch nicht zu einem selbstbestimmten, eigenständigen Leben. Viele junge Frauen landen in prekären, gering entlohnten Beschäftigungsverhältnissen. Die Folgen sind: kurzfristig ein Verhindern einer unabhängigen Lebensweise, langfristig Altersarmut.
Gewalt in unterschiedlichen Formen und Ausmaßen betrifft Mädchen und junge Frauen trotz aller Gegenmaßnahmen noch immer in hohem Umfang. Zum einen sind sie nach wie vor in hohem Umfang selbst Opfer von Diskriminierungen und Gewalt in unterschiedlichen Formen. Zum anderen wächst der Anteil derjenigen Frauen, die sich an Mobbing (zurzeit besonders brisant das Cybermobbing), rechtsextremen Gewalttaten sowie anderen Formen von Gewalt beteiligen.
Angebote
Mädchensozialarbeit ist ein unabdingbarer Ansatz der Jugendsozialarbeit im Rahmen der geschlechterbezogenen Jugendsozialarbeit. Daher setzt sich die BAG EJSA in der Fachöffentlichkeit und gegenüber der Politik für die Mädchensozialarbeit ein.
Mädchen* und junge Frauen* brauchen zur erfolgreichen Bewältigung des schulischen Alltags und insbesondere zum Erreichen eines qualifizierten Schulabschlusses, im Übergang Schule-Beruf und in besonderen Lebenssituationen, Förderung und Unterstützung in verschiedener Hinsicht.
In der Mädchensozialarbeit wird das Methodenspektrum der Jugendsozialarbeit, unter besonderer Beachtung der mädchenspezifischen Belange, eingesetzt. Die Angebote der Mädchensozialarbeit sind ganzheitlich, zielgruppen- und lebensweltorientiert, präventiv und parteilich für Mädchen*. Sie finden als Freizeit- oder Schulangebot, oder im Rahmen der Jugendberufshilfe u.v.m. statt.
Jungensozialarbeit

Spezifischen Lebenslagen von Jungen* und jungen Männern*
Die gesellschaftliche Sensibilität für die Belange von Jungen* hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. In diesem Zusammenhang wurde nun auch der Ruf nach Jungensozialarbeit und einem geschlechtsbezogenen Blick auf die Situation und den individuellen Bedarf von Jungen* immer lauter. In der Praxis der Jugendsozialarbeit ist der Bedarf an jungenbezogene Zugängen, Konzeptionen und Arbeitsformen nicht zu übersehen. Daher hat die BAG EJSA es sich zur Aufgabe gemacht, die Verankerung der Jungensozialarbeit im Verband voranzubringen.
Ziel der Arbeit als Fachverband ist die Entwicklung eines bundesweiten Sprachrohrs für benachteiligte Jungen (Lobby), ein bundesweiter Austausch und kollegiale Beratung. Zentrale Vorhaben sind dabei die Entwicklung von Standards in der Jungensozialarbeit und eine Fachdebatte auf Bundesebene. Außerdem sollen fachpolitische Ziele der Jungensozialarbeit in Förderprogramme eingebracht werden, damit die Mitglieder diese nutzen können.