Übergänge in Ausbildung - zwischen migrationsrechtlichen Rahmenbedingungen und individueller Unterstützung

Dokumentation der digitalen Fachtagung der BAG EJSA vom 3. Mai 2022

Die digitale Fachtagung beschäftigte sich mit migrationsrechtlichen Herausforderungen und praktischen Fragen am Übergang in eine Berufsausbildung für junge Geflüchtete. Der erste Teil der Tagung fokussierte die migrationsrechtlichen Rahmenbedingungen mit einem Schwerpunkt auf der Ausbildungsduldung und dem Aspekt der ungeklärten Identität. Der zweite Teil gab Einblick in die Praxis der Jugendsozialarbeit und das Ausbildungscoaching. Mit einem regen fachlichen Austausch endete die Tagung.

Vortrag von Sabine Reiter:
„Migrationsrechtliche Rahmenbedingungen und der Übergang in Ausbildung – Chancen und Hürden für junge Geflüchtete“

Sabine Reiter arbeitet bei der Tür an Tür-Integrationsprojekte gGmbH in Augsburg in einem der 40 bundesweit tätigen IvAF-Netzwerke. In ihrem Einstiegsvortrag stellte sie die migrationsrechtlichen Rahmenbedingungen dar und beleuchtete die Chancen und Hürden am Übergang in eine Ausbildung für junge Geflüchtete. Beim Thema Migrationsrecht wurde deutlich, dass die Politik eine zentrale Rolle spielt. Dabei ist zu unterscheiden, auf welcher Ebene die Gesetzgebung erfolgt. Die Tagung legte den Schwerpunkt auf die Bundesgesetze. Dennoch wurde bereits zu Beginn der Veranstaltung deutlich, Migrationsrecht ist eine Sammlung verschiedener ineinandergreifender Gesetze: Von der Genfer Flüchtlingskonvention über EU-Richtlinien, dem Aufenthaltsgesetz, den Sozialgesetzbüchern bis hin zur Beschäftigungsverordnung, um nur eine Auswahl zu nennen.

Vom jeweiligen Aufenthaltsstatus der Geflüchteten hängt insbesondere der Zugang zum Arbeitsmarkt ab, der auch den Zugang zur Ausbildung beinhaltet, so Sabine Reiter, aber auch die Zugänge zu Integrationsleistungen wie z.B. der Zugang zu Sprachkursen oder zu Maßnahmen der Ausbildungsförderung.  Während ein „positiver Asylbescheid“ mit einer Aufenthaltserlaubnis und i. d. R. für diesen Zeitraum einer uneingeschränkten Beschäftigungserlaubnis einhergeht, ist dieser Zugang zur Ausbildung und Ausbildungsförderung für junge Menschen im Status der Aufenthaltsgestattung (laufendes Asylverfahren) oder im Status der Duldung nach „negativem Asylbescheid“ (es gibt verschiedene Duldungsvarianten) schwieriger. Ein Schwerpunkt im Vortrag bildete die Duldungsvariante „Ausbildungsduldung“. Sie ist seit dem 1. Januar 2020 im §60c AufenthG bundeseinheitlich geregelt, zu der in den Bundesländern meist eigene Ländererlasse bestehen (für detailliertere Informationen siehe Vortragsfolien).

Vortrag von Dr. Franziska Schreyer:
„Ausbildung von jungen Menschen mit Duldung – Befunde einer Studie des IAB“

Anschließend ging Dr. Franziska Schreyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, auf die ungeklärte Identität als eine zentrale Hürde des Übergangs in Ausbildung von jungen Menschen mit Duldung ein. So bedarf es etwa einer Identitätsklärung bei der Ausbildungsduldung nach §60c AufenthG. Damit junge Geflüchtete mit Duldungsstatus einen Zugang zur dualen Ausbildung erhalten, muss die zuständige Ausländerbehörde eine Beschäftigungserlaubnis für die betriebliche Ausbildung erteilen. Diese Erteilung ist an verschiedene rechtliche Voraussetzungen geknüpft: Die Identität des jungen Menschen muss als geklärt gelten oder die Mitwirkung bei der Identitätsklärung muss von der Ausländerbehörde als ausreichend genug eingestuft werden. Während in der öffentlichen Diskussion Personen mit ungeklärter Identität zum Teil stigmatisiert oder kriminalisiert werden, wies der Vortrag auf eine Vielfalt an Hintergründen des Phänomens der ungeklärten Identität hin. Diese reichen vom Verlust der Dokumente auf der Flucht über wenig etabliertes Personenstandswesen in einigen Herkunftsländern bis zu der Angst vor Verfolgung in Deutschland durch Gruppen aus dem Herkunftsland. Abschließend ging Franziska Schreyer auf die Vorhaben der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag ein, die mögliche Verbesserungen für junge Geflüchtete im Übergang in eine Ausbildung beinhalten (für detailliertere Informationen siehe Vortragsfolien).

Thomas Raithel:
„Ausbildungscoaching als ein Angebot der JSA für niedrigschwellige individuelle Unterstützung für junge Geflüchtete“

Nach einer Diskussionsrunde mit den beiden Referentinnen gab Thomas Raithel, Geschäftsführer der EJSA Rothenburg, einen Einblick in die Praxis der Jugendsozialarbeit und stellte das Ausbildungscoaching vor. Mit dem potenzial- und ressourcenorientierten Ansatz werden junge Menschen flexibel, situationsgerecht und vertraulich unterstützt. Die Arbeit erfolgt vernetzt und die jeweiligen Fachstellen werden in den Coaching-Prozess einbezogen, wenn die jungen Menschen dies möchten. Neben kurzfristigen Kriseninterventionen ist auch eine bedarfsorientierte Begleitung im Übergang oder während der Ausbildung möglich. Das Ausbildungscoaching besteht mit unterschiedlichen Fördervarianten seit über 12 Jahren und die Finanzierung des Angebots war stets und bleibt dabei eine Herausforderung. Anhand von Fallbeispielen veranschaulichte Thomas Raithel das Ausbildungscoaching für junge Menschen (für detailliertere Informationen siehe Vortragsfolien).

Zum Abschluss der Tagung tauschten sich die Teilnehmenden mit den Referent*innen zu ihren Vorträgen und den Themen der Tagung in Break-Out-Sessions aus.

Ergänzende Materialien stehen im Tagunspadlet zur Verfügung, das Sie über den folgenden Link erreichen: Tagungspadlet Übergange in Ausbildung.