Stellungnahme zur Sitzung der Enquete-Kommissionssitzung Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt

06.10.2020

Die Lage von jungen Menschen in belasteten Lebenssituationen ist vielfach prekär und ihre Perspektiven bleiben ungewiss. Die Einschränkungen im Rahmen der Pandemie sowie deren bereits eingetretene und noch erwartbare Folgen für den Ausbildungsmarkt treffen diese Zielgruppe besonders hart. Sie haben weniger Unterstützung im Elternhaus, weniger Möglichkeiten des Rückzugs aufgrund ihrer oft beengten Wohnsituation und verfügen nicht über die notwendigen technischen Geräte für den erforderlichen virtuellen Kontakt in Schule und zu Sozialarbeitenden. Sie sind belastet durch psychische Beeinträchtigungen, Schulden oder Suchtprobleme, Ungewissheiten in Hinblick auf die schulische und berufliche Zukunft.

Die BAG EJSA empfiehlt der Enquete-Kommission Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt, mit Blick auf die Zielgruppen der Jugendsozialarbeit folgende Handlungsempfehlungen in ihre Beratungen aufzunehmen:

Flächendeckende Lösungen zum Auffangen abgehängter junger Menschen schaffen

Im Sinne einer vorausschauenden Strategie müssen Unterstützungsbedarfe regelmäßig im Rahmen differenzierter Bedarfsanalysen eruiert und die notwendigen Handlungskonzepte (weiter)entwickelt werden. Dazu bedarf es enger Abstimmung und Kooperation der Akteure
auf kommunaler, Länder-und Bundesebene unter aktiver Beteiligung der Verbände und ihrer Strukturen.

Technische Ausstattung im gesamten Bildungssystem fördern

Der Bildungsauftrag der Jugendsozialarbeit als Teil der Kinder-und Jugendhilfe hat sich, ebenso wie der der Schule, im Kontext der Digitalisierung erweitert. Insbesondere kleine Träger können die nötigen Investitionsmittel nicht über den Kapitalmarkt erschließen. Die Refinanzierungsbedingungen/-möglichkeiten für Bildungsträger müssen mit Blick auf die notwendigen Investitionen angepasst werden. Zu berücksichtigen sind neben der technischen Infrastruktur auch die Datenschutzkonformität sowie notwendige Fort-und Weiterbildungs-bedarfe der Fachkräfte.

Rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen

Mehr denn je werden passgenaue Angebote benötigt, die den Lebenslagen junger Menschen in belasteten Situationen entsprechen und die den Kompetenzanforderungen an eine zukünftige Arbeitswelt Rechnung tragen. Um die dazu dringend erforderlichen niedrigschwelligen Angebote der Jugendsozialarbeit auch unabhängig von der wirtschaftlichen Lage einzelner Kommunen flächendeckend gewährleisten zu können, muss die rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit bei der Finanzierung von Angeboten für die Zielgruppen der Jugend-sozialarbeit erleichtert werden.

Ausbildungsbegleitendes Wohnen adäquat ausstatten

Jugendwohneinrichtungen als Teil der Jugendsozialarbeit müssen bedarfsgerecht ausgestattet werden. Die geringen staatlich erlaubten Rücklagen ermöglichen es den Einrichtungen kaum, angemessen auf die Anforderungen an eine moderne Infrastruktur zu reagieren. Technisch gut ausgestattete Arbeitsräume, um jungen Menschen das digitale Lernen und Arbeiten zu ermöglichen, sind ohne zusätzliche Unterstützung nicht zu realisieren.

Hilfen aus einer Hand: Assistierte Ausbildung qualifizieren

Die gesetzliche Neufassung der "Assistierte Ausbildung " sollte eine Verbesserung der Förderleistung für die Jugendlichen und die Betriebe erzielen. Stattdessen plant die Bundesagentur für Arbeit ein fragiles Instrument, das keine Rahmenbedingungen für Hilfen aus einer Hand und personelle Kontinuität bietet. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, dem im Interesse der betroffenen jungen Menschen entgegenzuwirken und auf die Ausschöpfung des deutlich höheren Potentials, das die Assistierte Ausbildung hat, hinzuwirken.