Die BAG EJSA im Gespräch mit Heidi Reichinnek (Die Linke)

17.05.2024

Die BAG EJSA im Gespräch mit Heidi Reichinnek (Die Linke)

Mentale Gesundheit junger Menschen

Heidi Reichinnek, Abgeordnete der Gruppe Die Linke im Deutschen Bundestag, hatte das Angebot der BAG EJSA zum Austausch über das Thema mentale Gesundheit von jungen Menschen gerne angenommen. Da sie kurzfristig in ihren Wahlkreis reisen musste, fand das Gespräch als Videokonferenz statt. Von der BAG EJSA nahmen Christine Lohn, Franziska Schmidt und Christiane Weidner daran teil.

Die BAG EJSA hatte den Abgeordneten angeboten, zum Verlauf des Bundesprogrammes Mental Health Coaches (MHC) zu berichten.

Als Projektleiterin des Programmes für die evangelischen Träger führte Franziska Schmidt in das Thema ein. Dem Bundesprogramm liegt der Beschluss einer interministeriellen Arbeitsgruppe zugrunde, die sich auf Forschungsergebnisse zur gesundheitlichen Situation junger Menschen nach der Pandemie stützt. Die MHC sind Teil des Bundesprogrammes „Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit“.  Von insgesamt 88 Standorten aus arbeiten MHC an über 100 Schulen ab Sekundarstufe 1. Darunter 22 evangelische Standorte, die an 28 Schulen mit insgesamt 27 Fachkräften tätig sind. Trotz der sehr kurzen Projektlaufzeit konnten die Stellen mit hochmotivierten qualifizierten Fachkräften besetzt werden, die sich vor Ort mit einem enorm hohen Beratungs- und Unterstützungsbedarf konfrontiert sahen.

Die Abgeordnete war im Gespräch daran interessiert, zu erfahren, was besser hätte gemacht werden können mit Blick auf Programmkonzipierung wie Umsetzung. Sie äußerte aber auch grundsätzliche Zweifel daran, dass angesichts des kleinen Programmumfangs und der begrenzten Laufzeit eine bundesweite Wirkung erzielt werden kann, unabhängig von Expertise und Motivation der Fachkräfte sowie der nachweisbaren Bedarfe.

Franziska Schmidt stellte den Mehrwert des Programmes vor allem in seiner Modellhaftigkeit heraus und verwies darauf, dass eine enge Zusammenarbeit mit den Schulsozialarbeiter*innen vor Ort seitens der MHC gesucht und gepflegt wird. Anhand von Beispielen gelungener Gruppenangebote zu den Themen Mobbing, Sucht sowie Angst- und Stressbewältigung illustrierte sie ihre Ausführungen. Der Vorteil der MHC ist demnach, dass sie Ressourcen für präventive Gruppenangebote haben und solche in Abstimmung mit den Bedarfen der jungen Menschen konzipieren und umsetzen, während die Schulsozialarbeiter*innen ihre Ressourcen auf die Einzelberatung fokussieren können. Wichtig wäre aber, dass die Ergebnisse der anstehenden Evaluation auch genutzt werden, um Elemente des Programmes bedarfsgerecht in den Regelbetrieb zu integrieren. Dazu bedarf es aber einer konstruktiven Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Gleichzeitig wird in der Evaluation der grundsätzliche Mangel an spezifischen, jugendgerechten Beratungs-, Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen deutlich werden, auf die belastete junge Menschen hin verwiesen werden können. Auch hier sieht die BAG EJSA dringenden politischen Handlungsbedarf.

Im weiteren Gesprächsverlauf wurden von Seiten der BAG EJSA die mühsamen Haushaltsverhandlungen thematisiert. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Unsicherheit über die Weiterführung einzelner Programme (Respekt Coaches, Garantiefonds Hochschule) dazu geführt, dass Träger das Vertrauen in die Bundesförderung verloren haben oder zumindest verunsichert sind. Christine Lohn machte deutlich, dass Strukturen, die jetzt zerschlagen werden, aufgrund von Fachkräftemangel und Auslastung der Träger vor Ort nicht einfach wieder aufgebaut werden können. Sie appellierte an die Abgeordneten, im Haushaltsverfahren das Koalitionsversprechen eines bedarfsgerecht ausgestatteten Kinder- und Jugendplanes (KJP) einzufordern. Außerdem verwies sie darauf, dass die geltende KJP-Richtlinien freie Träger bei der Refinanzierung von Personalstellen erheblich benachteiligt, da jeweils nur 80% der für eine Stelle im TvÖD veranschlagten Mittel in Anrechnung gebracht werden können. Damit erhöht sich der Eigenanteil der Träger erheblich, was dauerhaft nicht leistbar ist.

Die Gesprächsteilnehmerinnen bedankten sich am Ende für den erneut offenen und bereichernden Austausch und vereinbarten weiterhin in Kontakt zu bleiben sowie sich bei akuten Gesprächsbedarfen auch jederzeit kurzfristig zu melden.