Die BAG EJSA im Gespräch mit Peggy Schierenbeck (SPD)
Die Aufgaben der Jugendsozialarbeit im Kontext von Migration und Integration
Die BAG EJSA im Gespräch mit MdB Peggy Schierenbeck am 22.11.23
Teilnehmerinnen:
die Abgeordnete, Peggy Schierenbeck, SPD, Mitglied im Innenausschuss und in der Arbeitsgruppe Migration und Integration der Bundestagsfraktion, und ihre Mitarbeiterin Tonya Yotova
Für die BAG EJSA: Christine Lohn, Christiane Weidner
Im Gespräch wollte die Abgeordnete von der BAG EJSA v.a. erfahren, wo und in welcher Hinsicht die Integrationsarbeit durch Angebote der Jugendsozialarbeit (JSA) vor Ort gut funktioniert und die Bundesgesetzgebung dafür einen wirksamen Rahmen geschaffen hat.
Die BAG EJSA stellte zunächst fest, dass einige Verbesserungen in der aktuellen Gesetzgebung wünschenswert sind. Die konkrete JSA vor Ort und die Integration funktioniert dann gut, wenn alle lokal verantwortlichen Akteur*innen – Jugendmigrationsdienste (JMD), andere JSA- und Kinder- und Jugendhilfe- -Träger und die öffentlichen Stellen, Ämter, Behörden wie Schulen etc. – vernetzt, transparent, kooperativ, bereichs- und zuständigkeitsübergreifend miteinander zusammenarbeiten. Den JMD kommt hierbei eine zentrale Rolle zu, da sie sich neben der Beratung der jungen Menschen um die Vernetzung der örtlichen Akteur*innen bemühen oder diesen auch Schulungen zur aktuellen Rechtslage anbieten.
Problematisch ist, wie sehr potentielle, rechtlich mögliche Integrationschancen von den großen Ermessens- und Auslegungsspielräumen der lokalen behördlichen Verwaltungs- und Entscheidungsebene abhängen.
Vielerorts sind die Berater*innen, in Ämtern u. Behörden, angesichts der Komplexität und Bürokratie der zudem häufig veränderten Gesetzesgrundlagen überfordert.
Die Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Akteur*innen und zur aktiven Förderung der Integration der Zugewanderten von Behördenmitarbeiter*innen ist sehr unterschiedlich und personenabhängig. Die im Nachgang je Bundesland geregelte Auslegung der Bundesgesetzgebung stellt– neben den Vorteilen des Föderalismus wie der Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten und Bedarfe – ein Hindernis für effiziente Rechtsberatung und fachlichen Austausch der Berater*innen dar.
Christine Lohn stellt die Struktur der JMD vor: die BAG EJSA erhält als JMD-Bundesmittelzentralstelle die Gelder vom Bund und leitet sie an die Träger und Einrichtungen weiter. Die Landeskoordinator*innen nehmen eine Scharnierfunktion zwischen Bundes- und örtlich-kommunaler Ebene ein. So gibt es bundesweite Angebote, sowie auf Landes-Ebene etliche Gelegenheiten und Foren für Erfahrungs- und Fach-Austausch.
Als positives Beispiel für gelingende Integrationsarbeit durch JSA-Angebote wurde auf die Respect Coaches verwiesen, deren Arbeit – für interkulturelle/-religiöse Kompetenz, Toleranz und Demokratie, gegen Extremismen und Fremdenfeindlichkeit – sehr wertgeschätzt wird von Schulleitungen und Lehrer*innen. Deshalb freut sich die BAG EJSA – nach letztem Stand – über die nun doch geplante bundesseitige Weiterförderung. Als weiteres Beispiel wurde von einem konkreten Fall offener Kinder- und Jugendarbeit im Rahmen eines Jugendclubs der SozDia Stiftung in Berlin berichtet, das einen diskriminierungsfreiem Begegnungsraum für alle jungen Menschen anbietet. Jungen Zugewanderten wachsen, im sozialpädagogisch begleiteten Freizeitrahmen in die Gesellschaft hinein, erfahren Teilhabe und Toleranz und vertiefen ihre Sprachkenntnisse.
Einig waren sich die BAG EJSA und die Abgeordnete dahingehend, dass die Jugendphase eine generell für alle jungen Menschen anspruchsvolle Zeit ist und Flucht- oder Migrationserfahrungen eine unvergleichliche weitere Belastung über diese generellen Herausforderungen hinaus darstellen, die eine verstärkte Unterstützung und Begleitung der jungen Betroffenen rechtfertigt. Als Hauptbotschaft vom Parlamentarischen Frühstück (am 9.11.2023) benannte die BAG EJSA die für gelingende Integration nötige bedarfsgerechte bundesweite soziale Infrastruktur; insbesondere eine starke Kinder- und Jugendhilfe und Angebote der JSA. Zudem wurde der Wunsch nach mehr Sachlichkeit in politischen und öffentlichen Debatten geäußert. Wichtig ist darüber hinaus der Austausch auf allen Ebenen – vor Ort zwischen Anwohner*innen und Zugewanderten, unter Fachkräften und zwischen den zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und der Politik.
Der Abgeordneten ist es wichtig, in der Vergangenheit gemachte Fehler bei der Integration bei Neuankommenden nicht zu wiederholen. Deshalb sind einerseits integrationsförderliche Rahmenbedingungen zu schaffen und ist andererseits das Fordern von entsprechenden Integrationsbemühungen aus ihrer Sicht nötig.
Peggy Schierenbeck nimmt aus dem Gespräch mit, dass es neben ausreichenden Angeboten wichtig ist, dass integrationsförderliche Rechtsauslegung nicht mehr so stark vom Faktor Mensch abhängt. Eine Frage ist daher die gesetzgeberische Begrenzung von negativen Auslegungs- und Ermessenspielräumen der Verwaltung im Sinne der Integrationschancen der Zuwanderungsgesetzgebung. Auch sie sieht die große Relevanz der Vernetzung und Zusammenarbeit in den Kommunen aber auch in den Ländern.
Die in den letzten Jahrzehnten stark gewachsene Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe, ohne dass die Kommunen hierfür einen Ausgleich und nötige Mehrausstattung erhalten haben, machen einen besseren Finanzausgleich zwischen den föderalen Ebenen nötig.
Als weitere große Baustelle wurde der akute Fachkräftemangel angesprochen. Die Gesprächsteilnehmerinnen waren sich einig, dass alle jungen Menschen willkommen sein und ihnen Bildung und Integration ermöglicht werden müssen.
Abschließend betonte die Abgeordnete ihre große Wertschätzung der Beratungsarbeit der JMD und Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) und dass sie sich in den aktuellen Haushaltsverhandlungen für deren ausreichende Ausstattung eingesetzt habe. Zudem ist sie sehr an den angebotenen statistischen Zahlen zur JMD-Arbeit und daran, mit der BAG EJSA auch künftig im Kontakt zu bleiben, interessiert.