Die BAG EJSA im Gespräch mit Anja Reinalter (GRÜNE)

23.05.2023

Die BAG EJSA im Gespräch mit Anja Reinalter (GRÜNE)

Berufliche und soziale Integration

Christiane Weidner, Lisa Steinberg, Christine Lohn, Anja Reinalter (von links nach rechts)

Am 23. Mai 2023 trafen Christine Lohn, Lisa Steinberg und Christiane Weidner erstmalig Anja Reinalter in ihrem Büro im Deutschen Bundestag. Nach einer kurzen Vorstellung der verbandlichen Aktivitäten der BAGEJSA stieg die Abgeordnete direkt in das Thema berufliche Bildung ein.

Für die Soziale Arbeit, aber auch für Berufe im Dienstleistungssektor sieht sie großen Veränderungsbedarf, um dem drängenden Fachkräftemangel angemessen begegnen zu können. Die Abgeordnete berichtete von den unterschiedlichsten Erfahrungen und Beobachtungen aus ihrem eigenen beruflichen Kontext. Die Wahl eines Ausbildungs- oder Studienganges ist demnach ein relevantes Scharnier für den weiteren Lebensweg, auch wenn die erste Wahl nicht immer zu einem Abschluss führt. Anja Reinalter fokussierte hierbei auch die Rolle der Eltern und hinterfragte, inwieweit Eltern in den Angeboten der Jugendsozialarbeit mitgedacht werden. Die Abgeordnete beschäftigt zudem die übergeordnete Frage, wie junge Menschen so vorbereitet, begleitet und unterstützt werden können, dass sie einen für sie richtigen Weg erfolgreich beschreiten können. Bildung ist hierbei aus ihrer Sicht ein wesentlicher Angelpunkt und Faktor.

Christine Lohn führte aus, dass bei der Arbeit mit unter 18-jährigen natürlich auch die Eltern im Fokus der Sozialarbeitenden sind. Es ist aber auch wichtig, dass junge Menschen Ansprechpartner*innen haben, die außerhalb von Elternhaus und Schule verortet sind. Lisa Steinberg ergänzte, dass im SGB II die jungen Menschen bis 25 Jahre in der Bedarfsgemeinschaft verortet sind. Ein Auszug aus dem Elternhaus wird nur unter bestimmten Bedingungen gefördert. Im SGB VIII geht es ab dem 18. Lebensjahr hingegen um die Verselbstständigung (die Herkunftsfamilie profitiert i. d. R. nicht mehr von den Leistungen). Beide stimmten aber der Annahme der Abgeordneten zu, dass im Elternhaus häufig die Basis für die späteren Entscheidungen zur Berufswahl gelegt wird. Angebote der Jugendsozialarbeit im Übergang von der Schule in den Beruf müssen dort ansetzen und den Blick weiten für andere Möglichkeiten. Ziel muss es sein, dass junge Menschen bezüglich ihres beruflichen Lebensweges informierte Entscheidungen treffen können.

Kurz angesprochen wurde der aktuelle Berufsbildungsbericht, dessen Ergebnis mit Blick auf die jungen Menschen ohne beruflichen Bildungsabschluss (2,5 Mio) seit Jahren gleichbleibend hoch ist. In diesem Kontext erwähnte Anja Reinalter auch die jährliche Studie „IQB-Bildungstrends“ und es folgte ein kurzer Blick in den europäischen Vergleich und die weltweite Anerkennung, die das duale deutsche Ausbildungssystem genießt.

Lisa Steinberg führte die besondere Unterstützungsbedürftigkeit der benachteiligten jungen Menschen aus, die in der Regel nicht oder nur wenig Unterstützung aus dem Elternhaus erhalten. Hier bedarf es einer bedarfsgerecht ausgebauten sozialen Infrastruktur, um die notwendige Unterstützung und Begleitung in der schwierigen Phase des Übergangs von der Schule ins Arbeitsleben bewältigen zu können. Mit Blick auf die teils bereits Hilfesystem- und/oder schulfernen jungen Menschen betonte sie zur Frage der Berufsorientierung die Relevanz außerschulischer Angebote. Für junge Menschen sind solche Angebote und Kooperationen von Trägern außerhalb der Schule wichtig, dies wird noch zu wenig praktiziert. Zumeist wird auch ein mit der Schule und der späteren Arbeitswelt als Folge der Ausbildungszeit assoziierter Druck seitens der jungen Menschen empfunden. Der Berufsorientierungsprozess muss insgesamt positiver besetzt und weniger verzweckt ausgerichtet werden. Es braucht qualitative Berufsorientierungszeiten.

Der Themenkomplex der Teilzeitberufsausbildung konnte nur kurz angesprochen werden; doch auch hierzu äußerte die Abgeordnete großes Interesse und teilte die Sicht der BAG EJSA, dass deren Förderung und Ausbau wichtig wäre.

Alle Seiten bedankten sich für das angeregte und offene Gespräch und vereinbarten, weiter im Kontakt zu bleiben.