„Alles so schön bunt hier!“ Rassismuskritik als Querschnittsthema der Jugendmigrationsdienste

25.10.2022

„Alles so schön bunt hier!“

Rassismuskritik als Querschnittsthema der Jugendmigrationsdienste

Am 25. bis 26. Oktober 2022 trafen sich ca. 100 Mitarbeiter*innen der evangelischen Jugendmigrationsdienste und einige Gäste aus anderen Verbänden zu einer Fachtagung zum Thema „Rassismuskritik“. Auch Respekt Coaches nahmen in großer Zahl teil. Veranstaltungsort war die Evangelische Akademie Frankfurt, die zugleich Kooperationspartnerin war.

Was ist Rassismuskritik?

Paul Mecheril (Universität Bielefeld) führte als Keyspeaker in das Thema „Rassismuskritik“ ein. Wichtige Etappen seines Vortrags waren die Schwierigkeit, Gegenwartsrassismus zu thematisieren, Rassismus als Praxis der Vereindeutigung und Humandifferenzierung in Folge der Logik der Moderne und die Uneindeutigkeit von Rassismus, der sich oft als „Rassismus ohne Rassismus“ manifestiert. Das Anliegen der Rassismuskritik veranschaulichte er durch die Aussage: „Es geht nicht um eine polizeiliche Praxis, also auch nicht um die Identifizierung von Täter*innen. Es geht darum, Orte zu schaffen, an denen aus „Beschädigungen“ gelernt werden kann.“

Erkenntnisse aus den Workshops

Damit war das Feld bereitet für die fünf Workshops, in denen sich die Teilnehmer*innen dem Thema Rassismus näherten. Die Veranstalter*innen hatten sich entschieden, einen Workshop speziell für Mitarbeitende anzubieten, die sich als rassifizierten Gruppen zugehörig definieren, sowie einen Workshop für Mitarbeitende, die sich als „weiß“ definieren und sich mit Privilelgien und Machtassymmetrien im Team auseinandersetzen möchten. Für einige Teilnehmenden war es schon eine wichtige Erkenntnis, dass diese Separierung Sinn machte. Für die meisten Teilnehmer*innen des Workshops „Zwischen sichtbar und unsichtbar sein (BiPO-Mitarbeitende)“ war es die erste Gelegenheit, sich im Rahmen eines Safer Space austauschen zu können. Sie wünschen sich nun eine Möglichkeit der dauerhaften Vernetzung. Die „weißen“ Kolleg*innen konstatierten unter anderem, dass es auch im Alltag Räume braucht, um im Team über rassistische Erfahrungen zu sprechen.

Die leidige „Woher kommst Du?“-Frage

Großen Zulauf hatte der Workshop „Rassistische Mikroaggressionen im Beratungskontext“. Sowohl in dem Workshop als auch in der weiteren Plenumsdiskussion arbeiteten die Teilnehmer*innen sich ausführlich an der Frage „Woher kommst Du?“ ab. Teilnehmende des Workshops zum antimuslimischen Rassismus erlebten es als sinnvoll, diese Form des Rassismus noch einmal extra zu thematisieren. Ertappen sie sich doch selbst immer wieder dabei, über „die Muslime“ zu reden. Im Workshop „Safer Spaces“ ging es um die Frage, wie die JMD von Rassismus betroffene junge Menschen durch Power Sharing unterstützen können.

Wo kann es hingehen für die JMD?

Im abschließenden Podiumsgespräch äußerten Tagungsteilnehmer*innen ihre Vorstellungen zu einer Weiterentwicklung der JMD. Neben Rahmenbedingungen, die der Geldgeber garantieren muss – z.B. geringere Vorgaben zu Fallzahlen – gibt es vor allem Erwartungen an die JMD-Träger: Diese sollen mehr in Fortbildungen investieren und die Mitarbeiter*innen für Fortbildungen freistellen. Die Einrichtungen/Leitungen sollen sich klar gegen Rassismus positionieren. Sie müssen auch mit im Boot sein, wenn es darum geht, mehr BiPOC-Kolleg*innen für die Arbeit im JMD zu gewinnen und für ihre psychische Sicherheit in der Einrichtung Sorge zu tragen.

Für die Schulen wünschen sich die Respekt Coaches veränderte Curricula für die Lehreraus- und -fortbildung und mehr Lehrer*innen mit Migrationshintergrund.  Die JMD-Mitarbeiter*innen selbst haben noch viel zu reden, zu (be)denken und zu lernen. Dazu können auch „mehr Tagungen wie diese“ beitragen.