Digitaler Fachtag „Rassismuskritisches Arbeiten im JMD“
Im Mittelpunkt des halbtägigen Fachtags stand der Input von Prof. Dr. Nivedita Prasad (Alice Salomon Hochschule Berlin) zu „Rassismuskritik als Kern menschenrechtsbasierter Sozialer Arbeit – auch eine Frage der Haltung“. Einige Linien des Vortrags werden hier kurz referiert.
Einerseits werden in der Sozialen Arbeit wichtige rassismuskritische Ansätze entwickelt. Andererseits ist Soziale Arbeit in rassistische Machtverhältnisse eingebunden und reproduziert diese (oft unwissentlich).
Spezifische Fallen in der Sozialen Arbeit sind Paternalisierung, Normierung und das emanzipatorische Selbstbild, das Zivilisierungsmissionen befördert. Zudem erschwert die weiterhin sehr homogene Zusammensetzung von Teams den selbstkritischen Blick auf rassistische Routinen.
Mit Blick auf Finanzgebende und Politik besteht die Versuchung, Geschichten zu liefern, die vorurteilsgeprägte Erwartungen bestätigen und zu typischen Narrativen beitragen. Schon die Konstruktion von Gruppen als Adressat*innen Sozialer Arbeit in den Förderprogrammen ist problematisch und sollte nicht unreflektiert übernommen werden (z.B. Antisemitismusprogramme für Menschen mit Migrationshintergrund).
Für eine menschenrechtsbasierte Soziale Arbeit geht es um die Einsicht, dass eine rassismusignorierende Haltung selbst menschenrechtswidrig ist. In der Interaktion mit Teilnehmer*innen erläuterte Nivedita Prasad, dass es deshalb keine „Neutralität“ geben kann.
Die Praxis Sozialer Arbeit ist herausgefordert, Korrektive zu entwickeln, um (die Zuarbeit zu) Menschenrechtverletzungen in der eigenen Arbeit zu benennen und sichtbar zu machen. Es müssen Strukturen entwickelt werden, die das Recht auf effektive Beschwerde auch für Adressat*innen der Sozialen Arbeit umsetzen. Die Verankerung einer nicht-neutralen Haltung zu Rassismen im Leitbild ist eine weitere Möglichkeit, sich in Einrichtungen mit dem Thema auseinander zu setzen.
Zur Vertiefung der Vortragsinhalte tauschten die Teilnehmer*innen sich über ihre Grundwerte und Haltungen, über Erfahrungen mit Mandatskonflikten und über den bisherigen Umgang mit dem Thema „Rassismuskritik“ in den JMD-Teams aus. Abschließend formulierten sie ihren nächsten Schritt in der eigenen Praxis.
Dieser Fachtag war eine Kooperationsveranstaltung der Katholischen Jugendsozialareit Nordrhein-Westfalen und der BAG EJSA. Die Einladung richtete sich an Mitarbeiter*innen aller Trägergruppen. Die Resonanz war mit ca. 100 Teilnehmer*innen sehr groß.