Presseinformation 30. September 2020

Bildungsgipfel war eine vertane Chance - Jugendsozialarbeit fordert Corona-Bildungs-Rat

Düsseldorf/Freiburg/Berlin 30.09.2020
Die fragile Lage unseres Bildungssystems hat sich in der Corona-Pandemie überdeutlich gezeigt. Letzte Woche trafen sich im Rahmen des Digitalpakts Kultusminister*innen mit der Bundeskanzlerin, der Bundesbildungsministerin, dem Kanzleramtschef und der SPD-Vorsitzenden. Herausgekommen ist dabei zu wenig- eine vertane Chance, kritisieren die konfessionellen Bundesvereinigungen der Jugendsozialarbeit. Sie fordern einen Corona-Bildungs-Rat, der alle relevanten Akteur*innen auch aus der täglichen Schulpraxis einbezieht.

Schulen sind die zentralen Lern- und Lebensorte junger Menschen. Die Erfahrungen, die sie dort machen, tragen entscheidend zu ihrem Aufwachsen, ihrem Selbstbewusstsein und dem Gelingen von Bildung bei. Die Chancen, die junge Menschen durch schulische Bildung erfahren oder auch nicht, sind ausschlaggebend für eine gelingende gesellschaftliche Teilhabe und eine eigenständige Lebensgestaltung.

„Dem Bildungssystem obliegt eine extrem hohe Verantwortung für die Zukunft aller jungen Menschen“, betont Christiane Giersen, Vorständin der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA). „Gerade für diejenigen, die aufgrund vielfältiger Benachteiligung einen schwereren Zugang zum Bildungssystem haben, verschärft sich die Lage mit jeder Quarantäne-Verordnung wieder und wieder“, so Giersen weiter.

Erneute flächendeckende Schließungen müssen daher vermieden, digitales Lernen und hybride Unterrichtsformen an Schulen ermöglicht werden. Hierfür braucht es gute technische Voraussetzungen und didaktische Konzepte, die Kindern und Jugendlichen zeitgemäßes Lernen an verschiedenen Orten ermöglichen. Zwar wurde hierfür auf dem so genannten Bildungsgipfel schnelle finanzielle Unterstützung durch den Bund zugesagt, doch mangelt es mehr als sechs Monate nach Pandemie-Beginn weiterhin an der konkreten Umsetzung.

Die viel zitierte Vereinbarung zur Ausstattung von Lehrer*innen mit Laptops ist sicherlich ein erster Schritt, aber keine hinreichende Lösung für die drängenden Fragen. „Ein Dank der politisch Verantwortlichen für das Durchhalten und die Beachtung der Hygienevorschriften reicht bei Weitem nicht“, kritisiert Marion Paar, Generalsekretärin von IN VIA Deutschland und stellvertretende Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS). „Wir fordern einen Corona-Bildungs-Rat, der gezielt nach praktikablen Lösungen sucht. Schüler*innen, Lehrkräfte, Eltern sowie unsere sozialpädagogischen Fachkräfte an Schulen sind mit ihren Erfahrungen, Perspektiven und Problemanzeigen einzubeziehen“, so Paar weiter. Dieser Rat muss einen Austausch guter Beispiele und Konzepte, v.a. zu hybridem Unterricht befördern und eine Digitalstrategie mit entwickeln, die auf Bildungsgerechtigkeit abzielt.

Fachkräfte in der Schulsozialarbeit sowie der Jugendsozialarbeit an Schulen sind eine zentrale Verbindungsstelle zwischen Schüler*innen, Familien und Schulen. Ohne sie war und ist vielerorts das Kontakthalten und die Unterstützung vieler Schüler*innen nicht möglich. Sie müssen daher auch verbindlich in Handlungsstrategien bei Schul- und Klassenschließungen einbezogen und ihre technische Ausstattung im Kontext des Digitalpakts Schule sollte selbstverständlich sein.

Die Bildungspolitik kann sich angesichts der fragilen Lage weitere exklusive Austauschrunden mit hinter verschlossenen Türen erarbeiteten Konzepten nicht leisten.