BAG EJSA Newsletter

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Bundearbeitsgemeinschaft Jugend und Sozialarbeit
2023/12 BAG EJSA Migration_News (V)

Editorial

Liebe Leser*innen,

hiermit erhalten Sie den fünften und diesjährig letzten „Migration_News“-Newsletter zu asyl-, migrations- und integrationspolitischen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen, welche potenziell Auswirkungen haben werden bzw. bereits von Relevanz sind für die Jugendsozialarbeit (JSA) mit der Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrungen.

In dieser Ausgabe schlägt sich deutlich nieder, dass die letzten Monate gekennzeichnet waren durch weitere Verschärfung und Zunahme multipler Krisen deutschland-, europa- und weltweit. So auch findet die deutsche Migrationspolitik aktuell statt im Kontext weltweit beobachtbarer, immer drastischerer Klimawandelfolgen, weiterhin großer Fluchtbewegungen, eines fortdauernden Ukrainekriegs und eines neu und unvergleichlich dramatisch aufgeflammten Nahostkonflikts sowie weiterhin in allen Teilen der Welt spürbarer wirtschaftlicher Rezession und Inflation.
In diesen Zusammenhängen hat ein unsäglicher, scharf zu verurteilender populistischer und teils sogar rechter Ton Einzug gefunden in den öffentlichen und sogar offiziellen politischen Diskurs. - Es bedarf hier daher in mehrerlei Hinsicht der Versachlichung der Debatten.
Zudem werden die Rufe nach asyl-, migrations-, integrations- und somit auch sozialrechtlichen Verschärfungen in Deutschland - wie auf EU-Ebene - sowie v.a. auch nach mehr Abschiebungen in der Politik immer lauter. Letztere werden hierbei - verkürzt und irreführend - als die vermeintliche Lösung für überlastete Verwaltungsstrukturen und Kommunen dargestellt.
Angesichts des konfliktreichen gesellschaftlichen Umgangs mit dem Nahost-Konflikt ist nun - neben der fortlaufend wichtigen Auseinandersetzung mit dem Vorgehen gegen gesellschaftlichen sowie institutionellen und strukturellen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit - die Bekämpfung von Antisemitismus wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt. Leider jedoch kommt es in diesem Zug zu Polarisierungen bei den Diskursen zur Bekämpfung von Muslim- sowie Islamfeindlichkeit einerseits und von Antisemitismus andererseits. Unterdes fühlen sich viele Jud*innen auch in Deutschland gegenwärtig nicht mehr sicher, zugleich haben Muslim*innen das Gefühl, unter Generalverdacht zu stehen. - Dagegen ist in allen Diskursen und Kontexten deutlich zu machen, dass weder Antisemitismus noch Islamfeindlichkeit akzeptabel sind - ob von links, rechts oder aus der Mitte der Gesellschaft kommend - und kein Teil unseres weltoffenen, vielfältigen, multikulturellen, demokratisch geprägten Landes sind. Die klare, übergeordnete Entgegenung muss die Ablehnung jeder Form von Xenophobie sein und das Bekenntnis zu den an erster Stelle stehenden, unterschiedslos und diskriminierungsfrei geltenden Grund- und Menschenrechten aller Menschen - unabhängig von Herkunft, Nationalität, Sprache, Glauben oder Aufenthaltsstatus, ..., Geschlecht, sexueller Orientierung, ... .
Es gilt das Recht eines jeden Menschen auf ein freies, selbstbestimmtes Leben in Frieden und mit gesellschaftliche Teilhabe, Förderung und freien und gleichen Entfaltungschancen.

Ein weiteres, fundamental wichtiges Thema und eine große Belastung stellte seit Sommer (insbesondere auch für die Akteu*rinnen der Freien Wohlfahrtspflege und viele weitere in sozialen Bereichen Engagierte) die Frage des Bundeshaushalts für 2024 dar. Fortdauernd wurde Lobbyarbeit betrieben gegen die geplanten massiven Kürzungen und fehlenden Investitionen. Zu den Entwicklungen und aktuellen Aussichten: siehe u.s. ersten Artikel.

*** Zum Hintergrund des Newsletters und Form und Charakter von dessen Inhalten: Im Fokus stehen weiterhin bundespolitische und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen - die oft auch implizit oder explizit im europäischen bzw. internationalen Kontext zu betrachten sind - mit erwartbaren Auswirkungen auf die Integration von und soziale Arbeit mit Menschen mit Fluchterfahrung oder Migrationshintergrund. Die Informationen sollen anregend bzw. dienlich sein für die strategische und konzeptuelle Arbeit auf Landes- und Bundesebene und Interessenvertretung gegenüber Politik und Gesellschaft für die Zielgruppe. - Die Abschnitte „Publikationen“ und „Terminhinweise“ wiederum enthalten teils auch Praxishinweise/Informationen für Anwender*innen und im Bereich der sozialen Arbeit direkt tätige Fachkräfte. - Bei den anfangs angeführten Parlamentsnachrichten (hib-Infos) und BT-Drucksachen handelt es sich um eine reine Sammlung und Wiedergabe von Bundestagsvorgängen und bundestagsseitig erhobenen Daten von potenzieller migrations- und integrationspolitisches Relevanz. --- Angesichts des abgedeckten langen Zeitraums und des großen Umfangs ist der Newsletter eher zur interessenspezifischen Lektüre einzelner Meldungen (anhand des Inhaltsverzeichnisses mit den darin direkt verlinkten Beiträgen) geeignet, weniger zu Gesamtlektüre gedacht. ***

Trotz der geschilderten Verwerfungen, Krisen und vieler weiterer gegenwärtiger Herausforderungen
möchte allen Leser*innen abschließend noch eine möglichst schöne, friedvolle, gesunde weitere Winterzeit in 2023
und denen, die dieses begehen, ein besinnliches Weihnachtsfest
sowie Ihnen allen einen guten Wechsel in das neue Jahr 2024 wünschen.

Herzliche Grüße
Christiane Weidner
BAG EJSA-Referentin für Migrationspolitik und Lobbyarbeit

(15.12.2023 Newsletter-Versand;
Updates online: 21.12.23)

Inhalt

BUNDESHAUSHALT 2024

1. Aus Bundestag & Bundesregierung

Rund 13.500 Abschiebungen bis Ende Oktober 2023

BMI: Migrationsabkommen mit Georgien unterzeichnet

Reform des Ge­meinsamen EU-Aylsystems debattiert

Bekämpfung von polit. Islamismus sowie antisemitischem, auslandsbezogenem Rechtsextremismus

Thematisierung von Migrationspolitik im Rahmen der Debatte zur Halbzeitbilanz der Wahlperiode

Antisemitismus im Sport entschlossen bekämpfen

Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts

Rückführungsverbesserungsgesetz

Zahl der Menschen im Kirchenasyl in Deutschland

Aktueller Bericht des Instituts für Menschenrechte

Gesundheitsleistungen im AsylbLG

BMI: Deutsch-indisches Migrationsabkommen unterzeichnet

Visa für afrikanische Studierende u. Wissenschaftler*innen

Aufnahme von Schutzbedürftigen ohne Asylverfahren

Kriminalisierung der Seenotrettung verhindern

Sprach- u. Dialekterkennungssoftware beim Bamf

Moldau u. Georgien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft

Weiter­entwicklung des AsylbLWG

Kritik an Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak

Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer*innen

CDU: Bekämpfung von Antisemitismus, Terror und Hetze

Kosten von Bundesprogrammen gegen Extremismus

Muslimische Wohlfahrtspflege/ Extremismusausschluss bei vom Bund geförderten Projekten& Vereinen

Visa-Erteilungen im Jahr 2022

Grünes Licht für Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten

Update für Sozialgesetzbücher

Zahl eingereister afghanischer Ortskräfte

Kein kommunales Vetorecht bei Zuweisung von Migrant*innen

Stärkung der Antidiskriminierungsstelle umstritten

Regierung: Fachkräfteeinwanderung ist kein Risiko

Seewegschleusungen von Frankreich nach Großbritannien

Überstellungen im Dublin-Rahmen

Abschiebungen nach Mauretanien

Sonderbericht zum Bürokratieabbau

Förderung der Vielfalt an deutschen Hochschulen

Zurückweisungen an den Landgrenzen

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

Entlastung der Länder bei flüchtlingsbezogenen Kosten

Strategie für starke, wehrhafte Demokratie u. offene, vielfältige Gesellschaft

BT-Debatte über finan­zielle Unter­stützung ziviler Seenot­rettung im Mittelmeer

Zahl der seit 2013 abgeschobenen Eritreer*innen

Bezieher von Grundsicherungslleistungen für Arbeitssuchende

„Hate Aid“ wird 2024 weiter gefördert

Mehr Mittel für Antisemitismus-Meldestelle in 2024

Aussteigerprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz für Rechtsextremist*innen

Debatte über Bezahlkarte statt Geldleistungen für Asylbewerber*innen

Durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Asylverfahren

Beschluss des EU-Innenministerrats zum Asylsystem

Widerrufung von Flüchtlingsanerkennungen

Asylsuchende aus der Türkei

Innenausschuss beriet mit Faeser über Migrationspolitik

Debatte zur Kurswechsel in der deutschen Migrationspolitik

Anwerbung ausländischer Pflegekräfte

Gemeinsamer Schulunterricht

Niedriglöhne in Deutschland

Zahl unerlaubter Einreisen u. Abschiebungen im 1. Halbjahr 2023

Unterstützung von Binnenvertriebenen in der Ukraine

Aufnahme von gefährdeten Afghan*innen

Schutz geflüchteter Frauen in Deutschland

Verfahren zur Altersbestimmung

Zuwanderung wirkt verjüngend auf Sozialsysteme

Unerlaubte Einreisen 2014-2020

Bamf -Asylentscheidungen des im ersten Halbjahr 2023

Rund 44.500 Asylberechtigte zur Jahresmitte 2023

Mehr Kinder ausländischer Herkunft in Obhut der Jugendämter

Asylanträge von Frauen

Humanitäre Hilfe seit 2013

Nachfragen zum Bericht über Muslimfeindlichkeit

Rund 9.300 Zurückweisungen im 1. Halbjahr 2023

Fördermittel für Zentrum für Migrationsforschung

SGBII-Leistungsberechtigte mit ausländ. Staatsangehörigkeit

Austritte aus Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung

Hohes Fachkräftepotenzial internationaler Studierender

Sozialversicherungsschutz ausländischer Saisonbeschäftigter

2. Termin-/Veranstaltungshinweise

21.12.23 Europe Calling: Webinar "GEAS: Einigung bei der EU-Asylreform"

ab 12.1.24 (mehrere Termine) Online-Seminar: SGB II für die Migrationsberatung

17.1. Austauschforum zur aktuellen Unterbringungssituation

BumF-Grundlagenschulungen ab 22.1.

27.1. Migrationsrecht FoBi in Berlin

25.4. Caritas Brüssel Online-Talk zum gemeins. EU-Asylsystem

19.9. Bundesweiter JMD-& MBE-Aktionstag

3.1. Pressemitteilungen/Meldungen - Deutschland

Ampelkoalitions-Einigung zu Einbürgerung u. Abschiebung

Bundespolizeigesetzreform / Racial-Profiling

Weltflüchtlingsforum in Genf

Geheimer Migrationsdeal mit dem Irak

Rhetorik-Preis für Habecks Rede zum Existenzrecht Israels u. gegen Antisemitismus

Krieg im Nahen Osten spaltet auch in Deutschland

Aktuelle Migrationsgesetzgebung: Einbürgerungsreform & Rückführungsverbesserung

Migrationspolit. Positionierungen der Parteien (u.a. in EU-Wahlprogrammen)

Internationaler Tag der Menschenrechte - Forderungen angesichts vieler Defizite

Appell an KMK: Chancengleichheit& Bildungszugang für alle jungen Menschen

Statista: Asylanträge in Deutschland

Kinderarmut (Kinder ausländischer Eltern 2,4x häufiger betroffen)

PISA & Fragen von Bildunginvestitionen, Lehrkräftemangel, Zuwanderung u. Integration

Gemeinsame PM zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten

Islamkonferenz

BumF-Forderungen: Rechtsverletzungen bei umF beenden

Flucht, Asyl, Einwanderung - Themen u. Stichworte in der komplexen aktuellen Migrationsdebatte

Individualrecht auf Asyl

Innenminister*innen: robuster Außengrenzschutz

Schutzstatus Ukrainischer Geflüchteter bis März 2025 verlängert

Stellungnahme zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

Forderungspapier: Stopp von Rechtsverletzungen bei umA

Stellungnahme, Petition, Rechtsgutachten: Gegen Kriminalisierung von Seenotrettung

Fachkräfteeinwanderungsgesetz

BAG EJSA im BT: zu den Auswirkungen Migrationsgesetzgebung auf junge Migrant*innen

MPK, Kanzler-Länder-Treffen& Umsetzung desintegrativer, restriktiver Migrationspolitiken in den Bundesländern

Zivilgesellschaftliches Bündnis: Fünf-Punkte-Plan vor MPK

BVerfG-Urteil: Ausländerbehörde darf Visumpflicht für Familiennachzug nicht überspannen

Mehr Fairness u. Offenheit in der (Debatte rund um) Flüchtlingspolitik

Kabinettsbeschluss: Lockerung des Arbeitsverbots für Asylbewerber*innen

BMAS: Job-Turbo für Geflüchtete

Verteilmechanismus Königsteiner Schlüssel nicht mehr zeitgemäß

3.2. Pressemitteilungen/Meldungen - Europa und Welt

Mitgliedstaaten u. Parlament: EU einigt sich auf Asylreform

Frankreich: Einwanderungsgesetz verschärft

Malta u. Frontex kooperieren mit libyschen Milizen

England: Urteil des Obersten Gerichts gegen Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda

EU-Asylreform: Außengrenzverfahren für ab 6 Jährige geplant

Kooperation von Türkei u. Griechenland

EU-Justiz und Inneres-Ratssitzung: Asylreform

UN-Klimakonferenz: Fonds für ärmere Länder (Update)

EUGH-Urteile (u.a. zu Familienzusammenführung)

EU& Türkei: Wieder verstärkte asylpolitische Zusammenarbeit geplant

Studie: EU finanziert Menschenrechtsverletzungen in Tunesien u. Libyen

EU: globale Allianz gegen Schleuser

Tunesisches Grenzschutzzentrum von NL, Österr. & Dänem. mitfinanziert

Künftige Migrationspolitik in den Niederlanden

EU-Migrationsabkommen mit Ägypten

Asylverfahrensauslagerung: rechtswidrig & undurchführbar

Frontex: Höchste Zahl irregulärer Einreisen in die EU seit 2015

Schweden: Asylbewerber*innen müssen sich künftig für Sozialleistungen qualifizieren

Italien beschließt härteres Vorgehen gegen Migrant*innen

England: Abschreckungspolitik & Unterbringung Asylsuchender auf Lastkähnen

Dänemark: Harte Asylpolitik - Vorbild für weitere EU-Länder?

4. Publikationen

Bertelsmann-Studie: Antisemitismus, Rassismus u. gesellschaftlicher Zusammenhalt

WZB-Studie zur sozialen Segregation in 153 Städten

Bundesverband Mobile Beratung warnt: Rechtsextremismus dringt vor

Factsheet zur GEAS-Reform

IDA-Reader: Antifeminismus u. Feminismen der Migrationsgesellschaft

SVR-Vignettenexperiment zu Einbürgerungspräferenzen

The human costs of European migration policies in the Central Mediterranean

SVR-Positionspapier zur Weiterentwicklung des Staatsangehörigkeitsrechts

tdh-Bericht: Kinderrechtswidrige Praktiken an den EU-Außengrenzen

Gesundheitliche Versorgung schwangerer Frauen ohne Papiere

DeZIM: Einstellung Deutscher zur Einbürgerungsreform

Studie: Seenotrettung erhöht Flüchtlingszahlen im Mittelmeer nicht

SVR-Jahresbericht 2022

SVR: Kitas als Integrationsmotor: Für den Normalfall Vielfalt gut aufgestellt?

IAB: steigende Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter

IAB: Erwerbstätigkeit und Löhne von Geflüchteten steigen deutlich

5. Radio-/TV-Beiträge/Sendungen/Podcasts

MDR: Halten Grenzkontrollen Schleuser auf?

Detektor.fm: Asylkompromiss - Was bringt die EU-Asylreform?

Deutschlandfunk zu den Themen: Migration, Asyl, Integration

(Video) “Unter Druck? Die kommunale Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland und Europa”

BumF Podcast

(Video) Reform des EU-Asylrechts – Historischer Erfolg oder Rückschritt für Menschenrechte?

PRO ASYL Podcast: Vom Fliehen und Ankommen

6. Fortlaufende Wissens-/Infoportale/Datenbanken

European University Institut - relevante Meldungen aus Europa

European Council on Refugees and Exiles (Pressespiegel engl.)

7. Ausschreibungen

BMFSFJ & BMI: Weiterführung des Programms zu Integrationskursen mit Kind weiter

Fördermittel für Projekte zur Bekämpfung von Antisemitismus

8. Stellenanzeigen

BumF: Referent*in: Projekt "Netzwerk geflüchtete Mädchen u. junge Frauen"

bbt: Elternzeitvertretung für das Projekt "PartEl"

BV NEMO: Fachreferent*in "Wissen u. Dokumentation"

Projektmitarbeiter *in Bildungsberater*in für Geflüchtete - Berlin

Fachkräfte für die mobile JMD-Ausstellung YOUNIWORTH

Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen e.V. (Berlin)

9. Sonstiges

European University Institute: Call for papers

BumF: Neue Themenseite zum KJH-Primat

Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen: Projekt „FamPower²“.

Umfrage zur Situation (un)begleiteter minderjähriger Geflüchteter in Deutschland

BMI: FEG-Anwendungshinweise

BAMF-Flyer zu Fachkräfteeinwanderung

WIR-Netzwerk: Empfehlungen für Ländererlasse zu den §§ 25a und b AufenthG

Informationen& Arbeitshilfe zum Chancen-Aufenthaltsrecht

BUNDESHAUSHALT 2024

Spätestens seit Sommer betrieben Akteu*rinnen der Freien Wohlfahrtspflege, Verbände und Organisationen unermüdlich Lobbyarbeit auf allen Kanälen gegen die geplanten massiven Kürzungen und fehlenden Investitionen im Bundeshaushalt für 2024.
Große Erleichterung trat daher ein, als in der Bereinigungssitzung des Bundestagshaushaltsauschusses vom 16./17.11. viele der geplanten Kürzungen korrigiert und die Bereitstellung von mehr Mitteln verkündet wurde. (So etwa geringere Kürzung in der Migrationsberatung, zumindest etwas mehr Mittel für die unabhängige Asylverfahrensberatung als in 2023 und die weitgehende Rücknahme der Kürzungen für die Jugendmigrationsdienste und nun doch Fortbestand des Respekt-Coaches-Bundesprogramms.)
Umso größer war der Schock, als dann wiederum in Folge des Bundesverfassungsgerichtsurteils (das den zweiten Nachtragshaushalt von 2021 und die Umschichtung von ursprünglich zur Bewältigung der Corona-Krise bestimmten Mitteln in den s.g. Klima- u. Transformationsfonds (KTF) für rechtswidrig und nichtig erklärte) nicht nur der KTF auf Eis gelegt wurde, sondern auch die für Anfang Dezember vorgesehene abschließende Entscheidung für den gesamten Haushalt 2024.
Nun, mit der zwischen Bundeskanzler, Finanz- und Wirtschaftsminister ausgehandelten und am 13.12. verkündeten Entscheidung, steht der Bundeshaushalt für 2024 zwar doch, doch konkretere Details lassen noch auf sich warten.
(In jedem Fall aber soll die Schuldenregel nach Art. 115 GG nun - zumindest zunächst, ggf. vorbehaltlich weiterer Entwicklungen in der/m Ukriane/krieg - im kommenden Haushalt eingehalten und für 2024 keine neue Notlage ausgerufen werden. Daher werden Etat-Kürzungen für 2024 in Form erheblicher Spar-Beiträge der einzelnen Ministerien und großer Umschichtungen nötig. So etwa sollen klimaschädliche Subventionen abgeschafft, Ausgaben einzelner Ressorts reduziert und Bundeszuschüsse verringert werden. Am stärksten betroffen ist der KTF. Aus dem breiten, mehrere Ministerien betreffenden Feld von Bundesausgaben für soziale Bereiche ist bislang nur bekannt, dass es laut dem Finanzminister "keine Reduzierung von sozialen Standards geben" werde. Benannt wurde in diesem Kontext bislang nur, dass man dennoch durch mehr "Treffsicherheit" bei Sozialleistungen eine Einsparung von 1,5 Mrd. € erreichen wolle; als Beispiel wurde im Arbeitsmarktkontext die bessere Vermittlung von Geflüchteten aus der Ukraine benannt. Wiederum mit Blick auf die Kindergrundsicherung wurde bereits verkündet, dass diese - wie das Bürgergeld - unangetastet und in vollem Umfang erhalten bleibe. Bspw. aber soll andererseits die Einkommensgrenze, bis zu der ein Anspruch auf Elterngeld besteht, sinken. - Laut der politischen Opposition aber auch anderer Kritiker*innen (darunter u.a. Verbraucherschutz und Gewerkschaften) haben die Beschlüsse eine harte soziale Schieflage und würde der Haushalt auf Kosten der Bürger*innen (v.a. jedoch der Mittelschicht) saniert, die in 2024 mit höheren fianziellen Belastungen und Ausgaben zu rechnen haben.)
Die abschließenden Haushaltsberatungen werden jedoch frühestens im Januar stattfinden. (Die notwendige erneute Haushaltsausschussbereinigunssitzung wurde zunächst für den 18.1.24 angekündigt. Laut neuesten Meldungen könnte sich die abschließende Haushaltsberatung noch weiter verzögern und die Schlussabstimmung doch erst Anfang Februar erfolgen, da Abgeordete wegen verbleibender Rechtsunsicherheiten zunächst eine weitere Expertenanhörung ansetzen wollen. (15.12. Dlf).) In jedem Fall wird sich die endgültige Haushaltsverabschiedung - mit der abschließend noch nötigen Bundesratszustimmung - bis in den Februar ziehen. Für Verbände und Träger macht dies, wenn finanziell dazu in der Lage, im Rahmen der damit nötigen vorläufigen Haushaltsführung vorzeitige Maßnahmebeginne und somit lückenlose Projekt- und Maßnahmefortführungen möglich - jedoch in Form von Vorleistungen auf eigenes Risiko mit Blick auf später wirklich erfolgende Rückzahlungen. (15.11. SZ, 12.12. Diakonie, 13.12. SZ, Merkur, Tagesschau, t-online, Spiegel, NDR, lto, 14.12. Merkur, Dlf I / II, BT-hib 948/2023, BT-hib 948/2023)
Zumindest aber für die Felder der Jugendsozialarbeit scheint große Erleichterung angebracht, denn laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus sei mit der Haushaltseinigung die gute Nachricht verbunden, dass der Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und damit das Fördervolumen von BMFSFJ-Projekten nicht gekürzt werden. Damit sei die Weiterförderung der Projekte - wie z.B. von 'Demokratie leben!' oder des Kinder- und Jugendplans - in dem bisher geplanten Umfang möglich. (14.12. Facebook-Account des BMFSFJ) (Eher betroffen von Einsparungen scheinen das BMDV, BMBF, AA, BMZ, BMWK, BMEL und BMUV zu sein.)

1. Aus Bundestag & Bundesregierung

Rund 13.500 Abschiebungen bis Ende Oktober 2023

[14.12.] Im laufenden Jahr sind bis zum 31. Oktober 13.512 Personen aus Deutschland abgeschoben worden. Das geht aus der Antwort (20/9796) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/9541) hervor. Die im Zielländervergleich meisten Personen wurden nach Österreich (1.156), Georgien (1.137) und Nordmazedonien (1.009) abgeschoben. Unter den abgeschobenen Personen hatten den Angaben zufolge 1.179 die georgische Staatsangehörigkeit, 1.085 waren Türken, 1.062 Afghanen und 1.025 Nordmazedonier. Sie führen das Ranking der Staatsangehörigkeiten an. (20.12.2023 Bundestag-Presse-Kuzmeldungen: BT-hib 962/2023)

BMI: Migrationsabkommen mit Georgien unterzeichnet

[19.12.] Bundesinnenministerium:
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am 19.12.2023 im Zuge einer Reise in die georgische Hauptstadt Tiflis mit dem Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen, Dr. Joachim Stamp, ein gemeinsames Migrationsabkommen mit ihrem georgischen Amtskollegen Gomelauri unterzeichnet. "Wir werden mit dem Abkommen die bereits gute Zusammenarbeit bei der Rückführung von ausreisepflichtigen Menschen weiter stärken. Das ist ein weiterer Schritt zu einer wirksamen Begrenzung der irregulären Migration", sagte Innenministerin Faeser vor der Reise.
Die Migrationsvereinbarung dient als Grundlage, um künftig im Interesse beider Staaten irreguläre Migration dauerhaft zu reduzieren. Georgien kommt diesbezüglich eine besondere Bedeutung zu. Denn allein von Januar bis November 2023 kamen 15,6% der abgelehnten Asylerstanträge in Deutschland aus Georgien und Moldau. Auch mit der Republik Moldau werden aktuell Gespräche geführt, um eine entsprechende Vereinbarung auf den Weg zu bringen. (19.12. BMI)
(Siehe auch: BMI-Meldung 15.12.: BMI-Vorhaben umgesetzt: Migration, Integration, Sicherheit: Der Bundesrat hat heute einer Vielzahl wichtiger BMI-Gesetze zugestimmt: Georgien und Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten bestimmt)

[Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Einstufung beider Länder als "sicher" als unzutreffend. (11.10. BAfFZentren, 19.10. Pro Asyl & Landesflüchtlingsräte) ]

Reform des Ge­meinsamen EU-Aylsystems debattiert

[15.12.] Der Bundestag befasste sich am 15.12. erstmals mit einem Oppositions-Antrag zu den Themen der Reduzierung von Asylmigration und der weiteren Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Im Anschluss an die Debatte wurde Vorlage in den federführenden Innenausschuss überwiesen. (15.12. Zum Text sowie Video-Mitschnitt auf der Bundestags-Homepage)

[Weiteres: s.u. PM zu Europa]

Bekämpfung von polit. Islamismus sowie antisemitischem, auslandsbezogenem Rechtsextremismus

[14.12.] Das Bundestagsplenum befasste sich am 14.12. mit dem politischen Islamismus in Deutschland anlässlich eines Antrags aus den Reihen der Opposition. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Innenausschuss überwiesen. (Link zur Bundestags-Information sowie dem Video-Mitschnitt vom 14.12.)

Thematisierung von Migrationspolitik im Rahmen der Debatte zur Halbzeitbilanz der Wahlperiode

[14.12.] Der Bundestag befasste sich im Rahmen der Plenarsitzung am 14.12. in einer Debatte mit der Halbzeitbilanz der aktuellen 20. Wahlperiode. Dazu lag als Anlass ein Antrag aus den Reihen der Opposition vor. Darin wurde u.a. auch gefordert, „die irreguläre Migration nach Deutschland zu stoppen und die innere Sicherheit zu gewährleisten“, indem die Asylzuwanderung deutlich reduziert, der Außengrenzschutz gestärkt und Algerien, Marokko, Tunesien und Indien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Zudem sollten dem Antrag zufolge die Anreize für die s.g. Sekundärmigration nach Deutschland reduziert werden.
Der Antrag wurde mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der Union und bei Enthaltung der AfD abgelehnt.
(Link zur Bundestags-Information sowie dem Video-Mitschnitt vom 14.12.)

Antisemitismus im Sport entschlossen bekämpfen

[13.12.] Die Mitglieder des Sportausschusses von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verurteilen den terroristischen Angriff der Hamas auf den jüdischen Staat Israel vom 7. Oktober 2023 „auf das Schärfste“ und rufen dazu auf, Antisemitismus im Sport entschlossen zu bekämpfen. In einer gemeinsamen Erklärung anlässlich der Sportausschusssitzung zum Thema „Antisemitismus im Sport“ am 13.12. nennen es die Abgeordneten „absolut inakzeptabel“, dass jüdische Sportvereine aus Sicherheitsgründen zeitweise ihren Spielbetrieb einstellen mussten. Dies zeige die dringende Notwendigkeit, noch entschiedener als bisher gegen alle Formen von Antisemitismus im Sport vorzugehen. „Die jüdische Gemeinschaft braucht unsere Solidarität“, schreiben die Ausschussmitglieder. Diese Solidarität brauche es nicht nur in der akuten Phase der antisemitischen Eskalation, sondern langfristig und nachhaltig. Der Sport müsse ein Ort der Fairness, Toleranz und des respektvollen Miteinanders sein. Antisemitismus jedoch zerstöre diese Prinzipien und bedrohe die grundlegenden Werte, die der Sport fördern möchte. „Wir stehen solidarisch an der Seite der jüdischen Gemeinschaft und aller jüdischen Sportlerinnen und Sportlern“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.Der Sport dürfe der Gewalt niemals weichen. „Darum halten wir es für unerlässlich, dass die sportlichen Wettkämpfe und Spiele von Makkabi Deutschland in Sicherheit durchgeführt werden können“, machen die Abgeordneten von SPD, Union, Grünen und FDP deutlich. Polizei und Sicherheitsbehörden hätten dies zu gewährleisten und so den gewaltbereiten Antisemitismus in die Schranken zu weisen.

Der zu der Sitzung geladene Präsident von Makkabi Deutschland, dem Dachverband des jüdischen Sports, Alon Meyer, berichtete über verbale und auch körperliche Angriffe auf jüdische Sportlerrinnen und Sportler, die es auch vor dem 7. Oktober gegeben habe, die sich aber seitdem verstärkt hätten. Die meisten antisemitischen Vorfälle in den deutschlandweit 40 Ortsverbänden gebe es im Westen Deutschlands. Fast immer, zu 98 Prozent, fänden sie im Fußball statt, teils auch im Basketball aber auch beim Tennis. Betroffen seien zumeist unterklassige Mannschaften, sagte Meyer.
Der Makkabi-Präsident sieht in seinem Verband einen Brückenbauer. Makkabi-Events und Makkabi-Vereine seien interreligiös und interkulturell, „und somit bestens geeignet, um Brücken zu bauen, Wissen zu transportieren und Werte zu vermitteln“. Auch außerhalb des Aktionsrahmens von Makkabi zeige sich der Bedarf nach Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit mehr und mehr. Diese Arbeit geschehe vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels, der „veränderten Parteienlandschaft“ und, wie spätestens seit dem 7. Oktober 2023 jeder sehr deutlich spüren könne, „dem Einfluss von außen“. Die Arbeit von Makkabi-Deutschland sei also maßgeblich die des Bildungsteams von „Zusammen1“, sagte Meyer. Sie sei nicht nur einzigartig, sondern dringend notwendig.
Makkabis Rolle sei spürbar gefestigt - sowohl als Stimme des jüdischen Sports als auch bei der Expertise in Sachen Antisemitismusbekämpfung, sagte der Verbandspräsident. Seit 2020 sei mit der Finanzierung durch das Förderprogramm „Demokratie leben“ das wissenschaftlich und pädagogisch arbeitende Bildungsteam „Zusammen1“ etabliert worden. Basierend auf Erhebungen seien Maßnahmen unterschiedlicher Art erarbeitet worden - anwendbar auf alle Ebenen des Sportes, sagte der Makkabi-Präsident.

Der Sportwissenschaftler Jan Haut von der Universität des Saarlandes verwies darauf, dass sich der Sport von den Entwicklungen in anderen gesellschaftlichen Bereichen nicht unterscheide. Es gebe auch dort die „üblichen Erscheinungsformen des Antisemitismus“. Die antisemitischen Einstellungsmuster seien bei Mitgliedern von Sportvereinen kaum anders als in der übrigen Bevölkerung. Sowohl klassischer als auch sekundärer Antisemitismus würden von deutlichen Mehrheiten abgelehnt. „Bei Israel-bezogenem Antisemitismus wird die Mehrheit etwas knapper“, sagte Haut.
Stärker ausgeprägt sei die antisemitische Einstellung bei männlichen Sportvereinsmitgliedern. Insbesondere gelte das für Mitglieder in Fußballvereinen. Dies zeige, dass das Problem, wenn auch nicht ganz ausschließlich, so doch in besonderem Maße, den Fußball betreffe.
Sensibilisierung und Wissensvermittlung fänden beispielsweise im Rahmen des erwähnten Projekts „Zusammen1“ oder in der Bildungsarbeit der Deutschen Sportjugend statt, sagte der Experte. Insbesondere im Fußball gebe es nationale und internationale Initiativen gegen Antisemitismus. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zeichne Engagement gegen Diskriminierung mit dem Julius-Hirsch-Preis aus. Er habe zudem in seinen Landesverbänden „Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle“ eingerichtet, die Vorfälle bündeln und bewerten sowie die Vereine bezüglich des Umgangs damit qualifizieren und beraten sollen. (13.12. BT-hib 947/2023)

Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts

[11.12.] Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat am 11.12. wurde deutlich, dass die von der Bundesregierung geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts bei Sachverständigen auf ein geteiltes Echo trifft.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/9044) sieht vor, bei Einbürgerungen künftig Mehrstaatigkeit generell hinzunehmen. Zugleich soll eine Einbürgerung in der Regel bereits nach einem Aufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen auch schon nach drei Jahren. Beim Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes als einer Voraussetzung für eine Einbürgerung soll dem Entwurf zufolge gesetzlich klargestellt werden, dass „antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind.
Ausgeschlossen sein soll eine Einbürgerung auch im Fall einer Mehrehe oder wenn jemand durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet. Bei der Anspruchseinbürgerung gilt laut Vorlage mit Ausnahme bestimmter Fälle, dass der Lebensunterhalt für sich selbst und die unterhaltspflichtigen Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) oder Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) bestritten werden muss.

- Professor Sina Fontana von der Universität Augsburg sieht in der Reform „einen wichtigen Schritt zur Förderung von Integration und Teilhabe“. Das Gesetz entspräche den Anforderungen eines modernen Einwanderungslandes, sagte sie. Verfassungsrechtlich hoch problematisch sei aber die „Verschärfung beim Lebensunterhalt“. Die Regelung wirke sich als mittelbare Diskriminierung von Personengruppen aus, die sich in prekären Lebenssituationen befänden. Dies beträfe insbesondere Frauen und Menschen mit Behinderungen.
- Auch aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) darf Partizipation „nicht an das Einkommen oder die soziale Lage gebunden werden“, wie DGB-Vertreter Gerd Wiegel sagte. Die Verschärfungen beim Lebensunterhalt würden dieses Prinzip aber untergraben. Damit würden Menschen von der Einbürgerung ausgeschlossen, die zum Teil völlig unverschuldet in eine Notlage geraten seien. Die Verkürzung der Fristen und die Möglichkeit der Mehrstaatigkeit stießen indes beim DGB auf Zustimmung. Alles in allem sei das Gesetz ein „Meilenstein auf dem Weg zu einer modernen Einwanderungsgesellschaft“.
- Die Anerkennung der Mehrstaatigkeit wurde auch von Professor Tarik Tabbara von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin begrüßt. Dies zeige, dass in Deutschland künftig gleichberechtigte Teilhabe unabhängig von der Herkunft gelten solle. Der Entwurf enthalte aber Regelungen, die in der Praxis anfällig für Diskriminierungen seien. Das beträfe die Regelungen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung „und noch mehr die Regelungen zur Gleichberechtigung von Mann und Frau“. Es könne hier zu „pauschalisierenden und stigmatisierenden Umsetzungen“ kommen, was „absehbar vor allem die muslimische Bevölkerung treffen könnte“, sagte Tabbara.
- Trotz viele positiver Veränderungen werde die Situation der mehr als 126.000 von Staatenlosigkeit betroffenen Menschen in Deutschland durch das Gesetz nicht hinreichend erfasst, kritisierte Christiana Bukalo vom Verein Statefree. Sie forderte eine explizite Nennung von Staatenlosigkeit im Staatsangehörigkeitsgesetz. Die derzeit fehlende Nennung führe oft zur mangelhaften Anwendung der Regelung auf Staatenlose. Zugleich verlangte Bukalo einen erleichterten Staatsangehörigkeitserwerb durch staatenlose Kinder.
- Die in der Gesetzesbegründung angeführte Stagnation der Einbürgerungszahlen in Deutschland sei nicht zutreffend, sagte Wilhelm Kanther vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport. Die Zahl der Einbürgerungsanträge und der Einbürgerungen sei in den vergangenen Jahren bundesweit erheblich gestiegen. Die Einbürgerungsbehörden seien bereits jetzt überlastet, so Kanther. Er lehnte zugleich die vorgesehenen Absenkungen der Einbürgerungsvoraussetzungen ebenso ab wie die Mehrstaatigkeit. Die derzeit geltenden Einbürgerungsvoraussetzungen hätten sich seiner Einschätzung nach im Wesentlichen bewährt. Dass die erleichterte Einbürgerung eine verbesserte Integration zur Folge habe, sei nicht belegt. Vielmehr könne der Wunsch, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten ein wesentlicher Anreiz für verstärkte Integration sein - etwa für den verstärkten Erwerb der deutschen Sprache.
- Auch Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag sieht die Reform kritisch. Die Einbürgerung dürfe kein Selbstzweck sein. Sie müsse am Ende einer gelungenen Integration stehen. Der derzeit geltende Voraufenthalt von acht beziehungsweise in besonderen Fällen von sechs Jahren sei richtig, um sicherzustellen, dass sich die Bewerber erfolgreich in Deutschland integriert haben. „Davon sollte nicht abgewichen werden“, sagte Ritgen. Seiner Ansicht nach müsse auch der Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit Voraussetzung für die Einbürgerung sein.
- Daniela Schneckenburger vom Deutschen Städtetag sah ebenso wie ihre beiden Vorredner Vollzugsprobleme. Eine Beschleunigung der Einbürgerung werde es mit dem Gesetz nicht geben. Die zu erwartende hohe Anzahl von Neubewerbungen werde eher zu einer Verlangsamung der Bearbeitung führen. Grundsätzlich sieht Schneckenburger den Entwurf jedoch als einen Beitrag zu mehr Demokratie und Teilhabe an. Sie begrüßte die Absenkung der Wartezeit. Die Ausnahmen bei der Sicherstellung des Lebensunterhalts müssten durch einen Katalog klarer definiert werden, befand sie. Sie müssten auch so gefasst sein, „dass unbillige Härten für vulnerable Gruppe vermieden werden“.
- Die Reform sei dysfunktional und verkenne insbesondere die Implikationen der „Zeitenwende“, die gerade auch im Staatsangehörigkeitsrecht zu berücksichtigen seien, sagte Professor Matthias Friehe von der Universität für Wirtschaft und Recht Wiesbaden. Da sich Deutschland in einer systemischen Konkurrenz zum Autoritarismus befinde, stellten sich zumindest mehrfache Staatsangehörigkeiten mit autoritären Staaten als „Übel“ dar, die es zu vermeiden gelte, betonte er. Völlig unverständlich sei, warum in der aktuellen sicherheitspolitischen Situation Russen ermöglicht werden soll, ohne Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit Deutsche zu werden. Eine Loyalität mit dem russischen Regime und mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes würden sich wechselseitig ausschließen.
- Mit der Zulassung von Mehrstaatigkeit werde eine „Ineinssetzung von soziokultureller Identität mit Pässen betrieben“, sagte Ferdinand Weber von der Universität Göttingen. Es irritiere, „wie selbstverständlich die Anhänger des Doppelpasses diesen als Ausdruck von Modernität feiern und die Kritik als latent nationalistisch abtun, obgleich der Doppelpass seinerseits eine ethnokulturelle Herkunftslandbindung perpetuiert“, heißt es in seiner Stellungnahme. Es stimme keineswegs, dass der Doppelpass in einem „modernen“ Einwanderungsland selbstverständlich ist, befand Weber.
- Ulrich Vosgerau hält die weitere „Modernisierung“ des Staatsangehörigkeitsrechts „weder für sinnvoll noch für verfassungsgemäß“. Sie schade staatlichen Interessen und füge dem deutschen Volk Schaden zu, sagte er. Klar sei, dass jemand mit deutscher Staatsbürgerschaft nicht mehr abgeschoben werden könne. Das sei schon jetzt mit Blick auf die Aktivitäten des Remmo-Clans, der Silvester-Straftaten junger Männer mit Migrationshintergrund und der antisemitischen Demonstrationen ein Problem, „weil die alle eingebürgert sind“, sagte Vosgerau. (11.12. Heute im Bundestag hib 930/2023; siehe auch: 5.12. BT-hib 913/2023, 6.11. BT-hib 808/2023; Bundestags-Mediathek: 1. Lesung 30.11. und Lesung 11.12.
[Für kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft und Freien Wohlfahrt zum Gesetz: siehe PM unten]

Rückführungsverbesserungsgesetz

[11.12] Schritte in die richtige Richtung bei zahlreichen Änderungsvorschlägen: Das war überwiegend der Tenor in den Stellungnahmen der Sachverständigen, als sie am 11.12. im Ausschuss für Inneres und Heimat den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Rückführung“ (20/9463) in einer öffenlichen Anhörung bewerteten.
- Andreas Dietz, Verwaltungsgericht Augsburg, meinte, in seiner Zielsetzung, die Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer zu erleichtern, sei der Gesetzentwurf zu begrüßen - insbesondere durch Anpassung gesetzlicher Regelungen, die bisher Abschiebungsmaßnahmen erschwerten. Die Anpassungen könnten dazu beitragen, dass ungeklärte Identitäten ausreisepflichtiger Ausländer leichter und schneller geklärt und aufwendig vorbereitete Abschiebungen auch tatsächlich durchgeführt werden können. Es müsse aber gelten: Erst die Freiwilligkeit, dann der Zwang.
- Kay Hailbronner, Universität Konstanz, befand, der Gesetzentwurf unternehme mit der Erweiterung der Möglichkeiten zur Auslese und Auswertung von Datenträgern und der zum Vollzug von Ausreisepflichtigen erforderlichen Durchsuchungs- und Inhaftierungsmaßnahmen richtige Schritte auf dem Weg, die rechtsstaatlich gebotene Konkordanz zwischen dem Aufenthaltsrecht und der faktischen Situation wieder herzustellen. Der Gesetzentwurf sei eine Folge der Unfähigkeit des bisherigen Systems.
- Miriam Marnich, Deutscher Städte- und Gemeindebund, sah insbesondere in der aktuell angespannten Situation in einer großen Anzahl von Kommunen ein wichtiges Signal darin, dass der Staat sichtbare und seit langem bestehende Defizite bei der Rückführung ausreisepflichtiger Geflüchteter beseitigen und Rückführungsprozesse beschleunigen wolle. Für die Kommunen bedeute die konsequente Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht und die Entlastung der Ausländerbehörden, dass wieder mehr Ressourcen vorhanden seien, um sich auf die Schutzsuchenden mit Bleibeperspektive konzentrieren zu können.
- Für Berthold Münch, Deutscher Anwaltsverein, handelt es sich um einen Gesetzentwurf, der ganz wesentlich geprägt sei durch zahlreiche rechtlich fragwürdige, unverhältnismäßige Maßnahmen, die nicht nur zu Lasten der nach Deutschland geflüchteten Menschen und ihrer Helfer gehe, sondern auch zu ganz erheblichen Mehrbelastungen der beteiligten Behörden und Gerichte. Es sei eine schwerwiegende Unterlassung, dass keine Regelungen für die verpflichtende Beiordnung eines Verfahrenspflegers in Abschiebehaft- und Ausreisegewahrsamssachen angesprochen würden. Angesichts der vorgeschlagenen weitreichenden Verschärfungen der beiden Institute sei dies zur Stärkung des Rechtsschutzes unabdingbar.
- Klaus Ritgen, Deutscher Landkreistag, legte dar, die Glaubwürdigkeit des Asylrechts, die Solidarität der Bevölkerung mit den Schutzsuchenden und das Stabilitätsvertrauen in den Staat gingen verloren, wenn es den Behörden nicht mehr gelinge, die eigenen Entscheidungen zu vollstrecken. Die Regelungen im Gesetzentwurf seien wichtig, aber nur ein Baustein. So sei die Unterbringung von Asylsuchenden für die gesamte Dauer ihres Verfahrens in einer zentralen Einrichtung erforderlich. Die Liste der sicheren Herkunftsländer müsse erweitert werden.
- Daniela Schneckenburger, Deutscher Städtetag, meinte, zur Steuerung der Migration sei nicht nur die Rückführung ausreispflichtiger Personen zu thematisieren. Geduldete könnten nicht gegen ihren Willen zurückgeführt werden, so lange die Gründe für die Duldung bestünden. Sie lebten dann vor Ort in den Städten. Dies werde von Bund und Ländern bei den Finanzierungsregelungen und weiteren Unterstützungsmaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt. Es sei dringend notwendig, die Ausländerbehörden zu entlasten.
- Axel Ströhlein, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen, sprach von einem Schritt in die richtige Richtung, um Rückführungen zu erleichtern. Wichtig sei dabei, den Ausländerbehörden und zuständigen Polizeibehörden die Möglichkeiten und auch die Zeit einzuräumen, um Rückführungen vorzubereiten - und als Vorfrage, die Identität und Nationalität der Rückzuführenden zu klären. Hierzu bedürfe es insbesondere bei nicht kooperativen Personen sämtlicher Mittel wie der Auswertung mobiler Datenträger.
- Heiko Teggatz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bundespolizeigewerkschaft, begrüßte, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Rückführungsoffensive nun endlich umgesetzt werden solle. Er verwies darauf, dass die seit dem 16. Oktober dieses Jahres eingeführten temporären Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz zu einem signifikanten Rückgang von Feststellungen unerlaubter Einreisen nach Deutschland sowie zu einem Rückgang der Schleuserkriminalität geführt hätten.
- Irene Ußling, Ausländerbehörde der Stadt Wuppertal, machte Bedenken geltend - etwa im Zusammenhang mit der geplanten Einführung einer Wohnungsdurchsuchung. Diese solle unter Richtervorbehalt gestellt werden. Um eine Einheitlichkeit zu erreichen, solle die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen werden. Es dürfe hier für die Bundesländer keine Wahlmöglichkeit geben. Als positiv strich sie unter anderem heraus, dass im Interesse der behördlichen Maßnahmen der Ausreisegewahrsam verlängert werden soll.
- Der Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau führte aus, durch das beabsichtigte Gesetz würde eine Reihe wenig sinnvoller Regelungen, die bislang Abschiebungen oder Vorbereitungshandlungen hierzu wie Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam behindern, revidiert. Richtig sei aber auch, dass das Migrationsproblem niemals durch verbesserte und erleichterte Ausschaffung in den Griff zu bekommen sei, sondern einzig und allein durch konsequente Verhinderung bereits der Einreise von Ausländern, deren Einreise nicht aufgrund vorher erfolgter Prüfungen und Nachweise staatlich erwünscht oder sinnvollerweise staatlich zu dulden sei.
- Philipp Wittmann, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, erklärte, in dem Gesetzentwurf seien Reglungen vorgesehen, die zwar tief in individuelle Grundrechtspositionen eingriffen, aber verfassungsrechtlich wohl nicht von vornherein unzulässig seien. Allerdings dürfe es keinen wundern, wenn etwa eine AfD-Landrätin bewusst weit formulierte Regelungen anders interpretiere als ein Bürgermeister der Linken und die nachgeordneten Behörden. Damit bleibe es beim gegebenenfalls einzuschaltenden Haftrichter, nachts um zwei Uhr mit zum Teil nichtssagendem Gesetzestext, überwiegend kryptischer Durchführungsrichtlinie und mahnendem Grundgesetz auf den Knien die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme im Einzelfall sicherzustellen, für die der Gesetzgeber zwar maximal behördliche Spielräume, aber kaum brauchbare Bewertungskriterien vorgeben wolle.
- Anne Courbois, Deutsche Industrie- und Handelskammer, ging auf eine Formulierungshilfe des Bundesministeriums für Inneres und Heimat zu einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ein. Darin wird der hohe Arbeits- und Fachkräftebedarf der deutschen Unternehmen angesprochen. Courbois strich heraus, der Vorschlag sei geeignet, den Weg für einen schnelleren Einstieg von Geflüchteten in Beschäftigung zu ebnen und mit einer Neuregelung der Beschäftigungsduldung Erleichterungen für die rechtssichere Einstellung von geduldeten Menschen in Unternehmen zu bringen. (11.12. Bundestags Informationen (BT-hib 925/2023))
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Seit dem 6.12. liegt die Stellungnahme des Bundesrates (20/9642) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Rückführung“ (20/9463) als Unterrichtung dem Bundestag vor. Unter anderem begrüßt der Bundesrat darin, „dass die Voraussetzungen für das Betreten von Wohnungen Dritter und gemeinschaftlich genutzter Räumlichkeiten konkretisiert wurden“. Zugleich bittet er im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die zutreffenden Ausführungen der Einzelbegründung unmittelbar im Gesetzeswortlaut verankert werden könnten. Gesetzlich klargestellt werden sollte der Stellungnahme zufolge, dass bei dem Betreten von Wohnungen Dritter und gemeinschaftlich genutzter Räumlichkeiten die Belastungen von Minderjährigen, Familien mit Minderjährigen und weiterer besonders schutzbedürftiger Personengruppen besonders zu berücksichtigen sind. 
In ihrer Gegenäußerung führt die Bundesregierung dazu aus, dass in der Begründung zum Gesetzentwurf bereits ausdrücklich auf die Belastungen von Minderjährigen, Familien mit Minderjährigen und weiterer besonders schutzbedürftiger Personengruppen, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders zu berücksichtigen sind, hingewiesen werde. Ein darüber hinausgehender Regelungsbedarf im Gesetzestext selbst werde geprüft.
Der Regierungsentwurf des „Rückführungsverbesserungsgesetzes“ sieht vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Zudem sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können. Daneben enthält die Vorlage unter anderem weitere Maßnahmen zur erleichterten Identitätsfeststellung und zur erleichterten Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Für den Bereich der Organisierten Kriminalität soll ein Ausweisungstatbestand geschaffen werden, der an die Angehörigkeit zu Strukturen der Organisierten Kriminalität anknüpft und unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung ausgestaltet ist. Erleichtert werden soll die Ausweisung von Schleusern.
(6.12. Bundestags Informationen (hib 923/2023))
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In der Vorlage zur Innenausschussanhörung zum RückführungsverbesserungsG am 11.12. verweist die Bundesregierung auf die Vereinbarung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den Regierungschefs der Länder vom 10. Mai dieses Jahres, dass gesetzliche Regelungen angepasst werden sollen, „die Abschiebungsmaßnahmen verhindern oder zumindest erschweren“. Mit dem „Rückführungsverbesserungsgesetz“ sollen unter anderem die in dem Beschluss aufgeführten Maßnahmen, die das Ausländerrecht betreffen, entsprechend umgesetzt werden.
So soll die Fortdauer und die Anordnung von Abschiebungshaft künftig unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein, auch bei Folgeanträgen. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden laut Vorlage als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr im Rahmen der Sicherungshaft geregelt; zudem ist ein behördliches Beschwerderecht für den Fall der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags vorgesehen. Zugleich sieht der Gesetzentwurf vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Reduziert werden sollen die Fälle, in denen Staatsanwaltschaften bei Abschiebungen aus der Haft zu beteiligen sind.
Zudem sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können. Ferner soll mit dem Entwurf gesetzlich klargestellt werden, dass die Zuständigkeit für richterliche Anordnungen von Durchsuchungen im Zusammenhang mit Abschiebungen künftig bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit liegt.
Weiterhin möglich sein soll das frühzeitige Auslesen von Mobiltelefonen zur Identitätsklärung einer Person; dazu sollen gesetzliche Anpassungen aufgrund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen der Auswertung digitaler Datenträger im Asylverfahren erfolgen.
Vorgesehen ist ferner, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen ebenfalls künftig von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sein.
Daneben enthält die Vorlage weitere Maßnahmen zur erleichterten Identitätsfeststellung und zur erleichterten Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Für den Bereich der Organisierten Kriminalität soll ein Ausweisungstatbestand geschaffen werden, der an die Angehörigkeit zu Strukturen der Organisierten Kriminalität anknüpft und unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung ausgestaltet ist. Erleichtert werden soll die Ausweisung von Schleusern.
Darüber hinaus sind unter anderem Maßnahmen zur Entlastung der Ausländerbehörden vorgesehen. So sollen etwa Aufenthaltserlaubnisse für subsidiär Schutzberechtigte künftig mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren statt mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr erteilt werden. (5.12. Bundestags Informationen (hib 913/2023); siehe auch BT-hib 88/2023 vom 27.11. sowie Bundestags-Mediathek: 1. Lesung am 30.11. und Anhörung am 11.12.)
[Für kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft und Freien Wohlfahrt zum Gesetz: siehe PM unten]

Zahl der Menschen im Kirchenasyl in Deutschland

[7.12.] In den ersten neun Monaten dieses Jahres haben sich laut Bundesregierung insgesamt 1.989 Menschen in Deutschland im Kirchenasyl befunden. Im Gesamtjahr 2022 lag diese Zahl bei 1.763 nach 1.231 im Gesamtjahr 2021, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/9673) auf eine Kleine Anfrage weiter hervorgeht. (18.12. BT-hib 953/2023)

Aktueller Bericht des Instituts für Menschenrechte

[7.12.] Das Deutsche Institut für Menschenrechte kritisiert, dass die Bundesregierung bisher kaum Schritte unternommen habe, um das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur reformieren. In seiner Unterrichtung (20/9650) an den Bundestag zur Lage der Menschenrechte in Deutschland verweist das Institut darauf, dass die Bundesregierung sich in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet habe, den Diskriminierungsschutz des AGG weiterzuentwickeln, bisher aber kaum Bestrebungen des dafür zuständigen Bundesjustizministeriums erkennbar seien. [... In dem Bericht] geht es neben der Lage von Menschen mit Behinderungen unter anderem auch um die Risiken rassischer Diskriminierung durch polizeiliche Datenverarbeitung, um Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt, um die politischen Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen und um die Versammlungsfreiheit. (14.12. BT-hib 951/2023)

Gesundheitsleistungen im AsylbLG

[7.12.] Die Bundesregierung betont, dass nach Paragraf 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) eine medizinische Basisversorgung für Asylbewerber*innen gewährleistet werden muss. Dieser Anspruch werde ergänzt durch Paragraf 6 Absatz 1 AsylbLG. „Nach dieser Vorschrift können sonstige Leistungen im Einzelfall gewährt werden, wenn dies zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich oder zur Deckung der besonderen Bedürfnisse von Kindern geboten ist. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass zweitinstanzliche Gerichte daraus einen Leistungsanspruch auf Höhe der GKV-Leistungen ableiten würden“, schreibt die Regierung in einer Antwort (20/9672) auf eine Kleine Anfrage. (14.12. BT-hib 950/2023)

BMI: Deutsch-indisches Migrationsabkommen unterzeichnet

[5.12.] Deutsch-indisches Migrationsabkommen unterzeichnet: Abkommen zur Förderung der Mobilität von Studierenden, Auszubildenden und Fachkräften sowie zur gemeinsamen Bekämpfung irregulärer Migration und zur Rückführung nach klaren Verfahren.
Das am 5.12. im Rahmen der Indien-Reise von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock unterzeichnete deutsch-indische Migrations- und Mobilitätsabkommen ist das erste umfassende Abkommen im Migrationsbereich, das Deutschland mit einem Herkunftsland abschließt. Dieser Erfolg ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen beiden Ländern in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten. Der Koalitionsvertrag sieht den Abschluss ganzheitlicher Migrationsabkommen mit Herkunftsländern vor. Dem Abkommen mit Indien kommt daher Modellcharakter im Hinblick auf weitere Abkommen dieser Art zu.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Das deutsch-indische Migrations- und Mobilitätsabkommen ist ein Meilenstein für eine vertiefte deutsch-indische Partnerschaft im Migrationsbereich. Wir stellen die Weichen dafür, dass qualifizierte junge Inderinnen und Inder in Deutschland berufliche und praktische Erfahrungen sammeln, studieren, eine Ausbildung beginnen oder als Fachkraft arbeiten können. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Fachkräfte zu gewinnen, die wir auf dem deutschen Arbeitsmarkt dringend brauchen.
Gleichzeitig begegnen wir gemeinsam und konsequent der irregulären Migration und bekämpfen den Menschenhandel. Wir erleichtern die Rückkehr von ausreisepflichtigen Staatsangehörigen, indem wir klare Verfahren zu deren Identifizierung und Rückführung vorsehen."
Die Migrations- und Mobilitätspartnerschaft behandelt sowohl Aspekte der legalen Migration als auch der Rückkehrkooperation. Das Abkommen umfasst Vereinbarungen für die Förderung der fairen Mobilität von Fachkräften mit dem Ziel der Arbeitsaufnahme in einem der beiden Länder und von Studierenden und Auszubildenden, Fachkräften aus dem Kulturbereich, Journalistinnen und Journalisten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Zur Umsetzung wird eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu Migrations-, Rückkehr- und Mobilitätsfragen eingerichtet.
Migration qualifizierter Fachkräfte aus Indien nach Deutschland bietet großes Potenzial, um Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. In Deutschland leben bereits knapp über 200.000 indische Staatsangehörige; der ganz überwiegende Teil davon mit regulärem Aufenthaltstitel. Gleichzeitig halten sich über ca. 5.000 indische Staatsangehörige rechtswidrig in Deutschland auf. Indische Staatsangehörige stellen mit über 34.000 Personen auch die zweitgrößte Gruppe ausländischer Studierender in Deutschland. (5.12. PM des BMI; siehe hierzu auch Drucksache 20/8965 vom 20.10., Antwort auf eine kleine Anfrage)

Visa für afrikanische Studierende u. Wissenschaftler*innen

[1.12.] Zwischen 2012 und 2022 hat Deutschland 70.673 Studierenden aus afrikanischen Ländern sowie 2.349 afrikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Visa erteilt. Das geht aus der Antwort (20/9598) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage hervor. Die Gesamtzahl der abgelehnten Visa von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Afrika in den Jahren 2014 bis 2022 beträgt den Angaben zufolge 18.570 respektive 48.
Die Bundesregierung messe der Mobilität von afrikanischen Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine besondere Bedeutung zu. So arbeite die Regierung seit Jahrzehnten mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Alexander von Humboldt Stiftung (AvH) zusammen, die Stipendien an Studierende aus Entwicklungs- und Schwellenländern insbesondere aus Afrika vergeben und den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern organisieren. Ziel sei es, die wissenschaftliche und akademische Mobilität zu unterstützen, um somit weltweit belastbare Wissenschaftsbeziehungen und Kompetenzen dank der Qualifizierung von akademischen Fachkräften auszubauen und zur Entwicklung des Wissenschafts- und Wirtschaftssektors der Partnerländer in Afrika sowie Deutschlands beizutragen. (11.12. BT-hib 929/2023)

Aufnahme von Schutzbedürftigen ohne Asylverfahren

[30.11.] Im Zeitraum von 2017 bis zum 30. Juni 2023 sind laut Bundesregierung 22.038 Schutzbedürftige in Deutschland nach Paragraf 23 Absatz 2 und 4 des Aufenthaltsgesetzes aufgenommen worden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9596) auf eine Kleine Anfrage weiter ausführt, handelte es sich dabei um die Aufnahme bestimmter Ausländergruppen zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen Deutschlands und die Aufnahme von Resettlement-Flüchtlinge. In beiden Fällen seien dies Schutzbedürftige, die in Deutschland grundsätzlich kein Asylverfahren durchlaufen. Im genannten Zeitraum seien Einreisen aus der Türkei, Ägypten, Kenia, Griechenland, Äthiopien, Libanon, Jordanien sowie über den Evakuierungsmechanismus des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) aus Libyen über Niger erfolgt.

Kriminalisierung der Seenotrettung verhindern

[27.11.] "Kriminalisierung der Seenotrettung verhindern" lautet der Titel eines Oppositions-Antrags (20/9493) vom 27.11., der am 30.11. erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums stand und als Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte in den Ausschuss für Inneres und Heimat (federführend) überwiesen wurde (zur Behandlung voraussichtlich bzw. regulär in 2024).
In dem Antrag wendet sich die Fraktion gegen einen Passus einer Formulierungshilfe des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz“ der Bundesregierung (20/9463).
Die Formulierungshilfe enthalte auch eine Regelung zur „Einschleusung von Ausländern“, die nach einer Stellungnahme von mehr als 50 Organisationen „die rechtliche Grundlage dafür schafft, humanitäre Helferinnen und Helfer strafrechtlich zu verfolgen“, schreibt die Fraktion in der Vorlage. Künftig solle auch die humanitäre Hilfe zur unerlaubten Einreise in die EU strafbar sein, wenn „wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern“ gehandelt werde, was bei der Seenotrettung der Fall sei. Eine Begründung für diese „anhand des bloßen Gesetzeswortlauts kaum zu erkennende Verschärfung des Aufenthaltsrechts“ enthalte die Formulierungshilfe nicht.
Auf eine Frage einer Fraktions-Abgeordneten habe das BMI am 21. November 2023 erklärt, „dass eine Strafbarkeit nicht bestünde, weil eine Pflicht zur Hilfeleistung bestehe. Zudem seien Gerettete bei einer Übergabe an die zuständigen Behörden formal nicht eingereist, so dass keine Umgehung der Einreisekontrolle vorliege“, heißt es in der Vorlage ferner. Dennoch sei zu befürchten, „dass zumindest einzelne Staatsanwaltschaften in Deutschland einen Anfangsverdacht bejahen werden und dies zu umfangreichen Ermittlungsverfahren führen könnte“, führen die Abgeordneten weiter aus.
Die Bundesregierung fordern sie in dem Antrag auf, durch eine geänderte Formulierungshilfe sicherzustellen, „dass es zu keiner Kriminalisierung der Seenotrettung kommt“, indem die geplante Änderung des entsprechenden Passus im Aufenthaltsgesetz zurückgenommen und eine Ausnahmeregelung für die humanitäre Hilfe ergänzt wird. (29.11. BT- hib 895/2023)

Sprach- u. Dialekterkennungssoftware beim Bamf

[17.11.] Über den Einsatz der Sprach- und Dialekterkennungssoftware beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9419) auf eine Kleine Anfrage. Danach werde diese in der Regel bei der Asylantragsannahme durchgeführt, wenn die Antragsteller in einer Außenstelle des Bamf ihren Asylantrag stellen. Eingesetzt wurde die Software im vergangenen Jahr im Rahmen des Asylverfahrens in 29.632 Fällen und im ersten Halbjahr 2023 in 22.947 Fällen. 2022 stützte sie die Angaben der Antragsteller in 78% der Fälle, während dies bei 22% nicht der Fall war. In der ersten Hälfte des laufenden Jahres stützte sie die Angaben der Antragsteller laut Vorlage in 81%der Fälle, aber in 19% nicht.
Das „DIAS-Ergebnis (Dialektidentifizierungsassistent)“ liege den Entscheidern in der Verfahrensakte der Antragsteller vor und diene dazu, in der Anhörung konkrete und gezielte Fragen zur Herkunft stellen zu können. Das Ergebnis der Spracherkennung sei dabei lediglich ein Hinweis unter vielen und werde als eines von mehreren Indizien zur Herkunftsklärung herangezogen.

[16.11.] Mit breiter Mehrheit wurde im Bundestag am 16.11. der Gesetzentwurf der Koalition zur Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz, 20/8537) gebilligt. Damit soll ein „mittelfristig drohender Rückgang der Aufnahmemöglichkeiten für Spätaussiedler“ verhindert werden. Für das im Innenausschuss noch in Teilen geänderte Gesetz (20/9347) stimmten alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD, die sich enthielt. Zur Abstimmung lag ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit vor (20/9386). Zwei Änderungsanträge aus den Reihen der Oppositionsfraktionen fanden keine Mehrheit. (Link zu den schriftlichen Bundestagsberichten sowie Video-Mitschnitten zur 1. Lesung am 28.9., Anhörung am 13.11. sowie der Entscheidungssitzung am 16.11)

Moldau u. Georgien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft

[16.11./15.12.] Der Bundestag stufte am 16. November 2023 (2./3. Lesung) Georgien und die Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten ein. Mit breiter Mehrheit stimmte das Parlament für einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/8629, 20/900520/9243 Nr. 1.7). Einzig Die Linke stimmte gegen das Gesetz. 
Ein Entschließungsantrag, den die Unionsfraktion zu dem Regierungsentwurf vorgelegt hatte (20/8785), wurde mit 404 Stimmen abgelehnt. 252 Abgeordnete votierten namentlich für den Antrag. Auch ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zum Thema (20/7251) wurde mehrheitlich nach einfacher Abstimmung abgelehnt. Nur die AfD stimmte mit der Union. Zu den Gesetzentwürfen lagen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Inneres und Heimat (20/9284) vor.

Gesetzentwurf der Bundesregierung: Wie die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf (20/8629) darlegt, stellten georgische Staatsangehörige in Deutschland 4.322 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) im Jahr 2021, 8.865 im Jahr 2022 und 6.612 im Zeitraum von Januar bis Juli 2023. Georgien gehöre seit 2019 zu den zehn zugangsstärksten Herkunftsländern. Die Antragszahlen stiegen jährlich; im Jahr 2022 habe Georgien auf Platz fünf der zugangsstärksten Staaten gelegen.
Staatsangehörige aus der Republik Moldau stellten den Angaben zufolge 5.016 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) im Jahr 2021, 5.218 im Jahr 2022 und 1.910 im Zeitraum von Januar bis Juli 2023. Die Anerkennungsquote bei Antragstellenden aus Georgien und der Republik Moldau im Jahr 2022 betrug laut Bundesregierung jeweils rund 0,1 Prozent.
Zügigere Bearbeitung von Asylanträgen: Die Anträge von Asylsuchenden aus diesen Ländern sollen daher zügiger bearbeitet und entschieden werden können, sodass im Falle einer Ablehnung auch die Rückkehr schneller erfolgen kann, heißt es in der Vorlage weiter. Durch die Einstufung von Georgien und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten würden Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten schneller bearbeitet.
Im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag könne ihr Aufenthalt in Deutschland schneller beendet werden. Deutschland werde dadurch als Zielland für aus nicht asylrelevanten Motiven gestellte Asylanträge weniger attraktiv. Der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung für Asylantragsteller aus Georgien und der Republik Moldau bleibe dadurch unberührt.
Keine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat: Bei Staaten, die als sicher bestimmt werden, wird gesetzlich davon ausgegangen, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich vor nichtstaatlicher Verfolgung schützen kann, wie die Bundesregierung in der Begründung ausführt.
Die Bestimmung als sicherer Herkunftsstaat habe für das Asylverfahren zunächst die Folge, „dass vermutet wird, dass in diesem Staat keine Verfolgungsgefahr vorliegt“. Es gelte jedoch auch für Asylverfahren aus sicheren Herkunftsstaaten, dass der Antragstellende angehört wird und ihm Gelegenheit gegeben werden muss, individuelle Gründe vorzubringen, die gegen die vermutete Verfolgungssicherheit sprechen.

Der Bundesrat hatte am 20. Oktober keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf erhoben (20/9005). (Vgl. BT-hib 799/2023 vom 27.10.)

Gesetzentwurf der Union: Die CDU/CSU-Fraktion hatte in ihrem abgelehnten Gesetzentwurf (20/7251) ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz bei Antragstellern aus Georgien und der Republik Moldau nur in wenigen Einzelfällen vorlägen. Im Zeitraum von Januar 2021 bis Mai 2023 sei dies nur in 24 von 14.180 entschiedenen Asylverfahren (0,17 Prozent) von georgischen Staatsangehörigen und nur in sechs von 11.498 entschiedenen Asylverfahren (0,05 Prozent) von moldauischen Staatsangehörigen der Fall gewesen. Wie die Fraktion zugleich darlegte, können durch die Einstufung von Georgien und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten Asylverfahren ihrer Staatsangehörigen zügiger bearbeitet und – im Falle einer negativen Entscheidung über den Asylantrag – der Aufenthalt in Deutschland schneller beendet werden. Der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung bleibe dadurch unberührt.

Deutschland weniger attraktiv als Zielland: Mit dem Gesetzentwurf werde „zudem einer der Beschlüsse, die der Bundeskanzler gemeinsam mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 10. Mai 2023 zur gemeinsamen Flüchtlingspolitik von Bund und Ländern getroffen hat, zeitnah umgesetzt“.
Deutschland werde dadurch als Zielland für Personen, die Asylanträge aus nicht asylrelevanten Motiven stellen, weniger attraktiv, hieß es in der Vorlage weiter. Durch die „zahlreichen aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge“ würden Bund, Länder und Kommunen mit erheblichen Kosten für die Durchführung der Verfahren sowie für die Versorgung der in Deutschland aufhältigen Asylsuchenden belastet. Dies gehe im Ergebnis zulasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für sie weniger Kapazitäten zur Verfügung stünden.
(16.11. Bundestag: Text und Video-Mitschnitt ; siehe hier auch 12.10. 1. Lesung und 6.11. Öffentliche Expert*innen-Anhörung sowie BT-hib 811/2023 vom 6.11., BT-hib 801/2023 vom 30.10. und BT-hib 709/2023 vom 4.10.)
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Am 15.12. stimmte auch der Bundesrat dem zu, dass Georgien und Moldau künftig asylrechtlich als sichere Herkunftsstaaten gelten. Damit können Asylanträge schneller bearbeitet und in der Regel abgewiesen werden. [...]
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hüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow stimmte nicht für den Antrag. Er kritisierte die Ausweitung der Liste ausführlich. Immer mehr Staaten als sichere Herkunftsländer auszuweisen, sei "leider kein vernünftiger Weg", der langfristig durchgehalten werden könne, sagte der Linken-Politiker. Wichtiger wäre es, Staaten wie Marokko, Tunesien und Algerien dazu zu bringen, bei der Identifizierung und Rücknahme ihrer ausreisepflichtigen Staatsbürger besser zu kooperieren.
Kritik an der Einstufung hatten zuvor auch Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl geäußert. Die Organisation konstatierte in beiden Ländern "keine landesweite Sicherheit und keine Sicherheit für alle Gruppen".
Als sichere Herkunftsstaaten gelten bislang die Länder der Europäischen Union sowie für Ghana, Senegal, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Nordmazedonien, Albanien, Kosovo und Montenegro. (15.12. Tagesschau, Zeit, Stern, MDR)

Weiter­entwicklung des AsylbLWG

[16.11.] Der Bundestag beriet Mitte Nov. in erster Lesung erstmals über einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Asylbewerberleistungsgesetzes (20/9309, AsylbLWG), den die CDU/CSU vorgelegt hatte. Mit diesem soll erreicht werden, dass Leistungen nach dem AsylbLG nicht mehr 18 Monate, sondern 36 Monate gezahlt werden. Die Leistungshöhe soll sich nicht ändern. Die Fraktion will damit Anreize zur Migration senken, wie sie im Entwurf schreibt.
Die Federführung bei den weiteren Beratung zu der Vorlage liegt beim Ausschuss für Arbeit und Soziales. (Zum Video in der BT-Mediathek)

Kritik an Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak

[15.11.] Nach Protesten gegen Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak hatte der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am 15.11. die Lage und Rückkehrperspektiven der Jesiden in ihre Heimat erörtert. Dabei hinterfragten Abgeordnete die gesunkene Schutzquote von irakischen Jesiden in Deutschland und erinnerten an den einstimmigen Beschluss des Bundestags, die IS-Verbrechen gegen Jesiden als Genozid anzuerkennen. Vor dem Hintergrund einer weiterhin fragilen Sicherheitslage seien Abschiebungen nicht hinnehmbar, kritisierten einzelne Ausschussmitglieder.
Ende Oktober hatten vor dem Bundestag Angehörige der religiös-ethnischen Minderheit, die in Nordsyrien, der Türkei sowie im Nordirak beheimatet ist, gegen drohende Abschiebungen mit einem Hungerstreik demonstriert. 2014 waren Jesiden im Nordirak Opfer von brutalen Angriffen des „Islamischen Staates“ geworden. Jesidische Männer waren zu Tausenden von der Terrormiliz umgebracht, Frauen und Kinder versklavt worden. Zehntausende flüchteten, unter anderem nach Deutschland, wo sich heute die größte jesidische Diaspora weltweit befindet.
Die aus dem Bundestagsbeschluss erwachsende Aufgabe und Verpflichtung, sich für Rückkehrperspektiven einzusetzen, nehme die Bundesregierung sehr ernst, betonten Vertreter von Auswärtigem Amt (AA), Bundesinnenministerium (BMI) und Bundesentwicklungsministerium (BMZ) in der Sitzung des Ausschusses. Im März sei Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) in den Nordirak gereist. Zentral im Bemühen um eine Zukunft der Jesiden in ihrer Heimat sei das 2020 geschlossene Sindschar-Abkommen, erklärten Vertreter von AA und BMZ. In Gesprächen mit der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung dringe die Bundesregierung immer wieder auf die Umsetzung. Doch diese sei noch ausbaufähig, klärte der AA-Vertreter. Hoffnung mache zwar ein im irakischen Haushalt erstmalig vorgesehener Wiederaufbaufonds für die Region Sindschar im Nordirak, doch noch hinderten Minen und Sprengfallen des IS sowie zerstörte Häuser, Straßen, Schulen und Stromversorgung die Menschen an einer Rückkehr.
In ihrer Hilfe konzentriere sich die Bundesregierung neben Unterstützung der Strafverfolgung bewusst auf den Wiederaufbau sowie die Unterstützung der Geflüchteten, die im Nordirak noch immer zu Hundersttausenden in Camps lebten. Die Vertreterin des BMZ verwies konkret auf Programme zur Wiederinstandsetzung von Wohnraum und Infrastruktur, psycho-soziale Betreuung, Beschäftigungsmaßnahmen sowie Projekte zur lokalen Wirtschaftsförderung. Aufgrund der fragilen Sicherheitslage sei die Situation aber weiterhin schwierig, machte die BMZ-Vertreterin deutlich.
Anders als in den Jahren 2014 bis 2017 gehe man mit Blick auf den Irak aber nicht mehr von einer Verfolgung der Jesiden als Gruppe aus, erklärte wiederum der Vertreter des Bundesinnenministeriums. Demgegenüber räumte allerdings der AA-Vertreter ein, dass diese Einschätzung für die Provinzen Sindschar und Dohuk im Nordirak nur eingeschränkt gelten könne. Rückführungen fänden ausschließlich nach Bagdad statt.
Die Schutzquote des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für geflüchtete Jesiden aus dem Irak lag nach Angaben des BMZ 2022 bei 48,6 Prozent. Damit erhält etwa die Hälfte der asylsuchenden irakischen Jesiden Schutz in Deutschland, während Jesiden aus Syrien laut BMI fast immer als schutzbedürftig eingestuft werden. 2023 seien insgesamt 135 Personen in den Irak abgeschoben worden, so der BMI-Vertreter. Wie viele Jesiden darunter gewesen seien, dazu könne das BMI keine Angaben machen. Der Bund erfasse die Religionszugehörigkeit nicht.
Dass eine solche, im Fall der Jesiden entscheidende Information nicht erfasst werde, kritisierten einzelne Abgeordnete scharf. Andere thematisierten die Möglichkeit eines Abschiebestopps oder einer Stichtagsregelung für Jesiden und drängten zu einem noch entschiedeneren Einsatz für die Umsetzung des Sindschar-Abkommens. (16.11. BT-hib 871/2023)

Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer*innen

[15.11.] Im September dieses Jahres haben nach Angaben der Bundesregierung laut Ausländerzentralregister gut 13,74 Mio. Ausländer in Deutschland gelebt. Davon waren knapp 5,11 Mio. Staatsangehörige eines EU-Landes und gut 8,63 Mio. Drittstaatsangehörige, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/9336) auf eine Kleine Anfrage hervorgeht. Zum Vergleich: Im Dezember 2017 lag die Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer danach bei mehr als 10,62 Mio., von denen gut 4,58 Mio. die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes hatten und rund 6,04 Mio. die eines Drittstaates. (27.11. BT-hib 887/2023)

CDU: Bekämpfung von Antisemitismus, Terror und Hetze

[14.11.] Mitte Nov. legte die CDU/CSU-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) zur Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze vor (20/9310). Sie reagierte damit der Vorlage zufolge auf den Anschlag der palästinensischen Terrororganisation Hamas in Israel am 7.10. 2023, der die Bedrohungslage für jüdische Bürger auch in Deutschland verschärfe. Es sei unerträglich und nicht hinnehmbar, dass der Hamas-Terrorismus und Antisemitismus bejubelt und propagiert, auf Demonstrationen das Existenzrecht Israels öffentlich geleugnet beziehungsweise zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen wird. Der versuchte Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin in der Nacht zum 18. Oktober 2023 sei ein Alarmsignal für die Demokratie. Weiter heißt es, der Schutz jüdischen Lebens sei Staatsaufgabe und unverhandelbar. Juden müssten sich in Deutschland sicher fühlen können. Darüber hinaus schädigten derartige Taten den Zusammenhalt der Gemeinschaft und gefährdeten die Stabilität der Gesellschaft insgesamt. Der Staat sei hier daher in besonderem Maße zum Handeln aufgerufen.
Wie die Fraktion schreibt, weist das StGB Schutzlücken auf und trägt der gesamtgesellschaftlichen wie auch forensischen Bedeutung, die antisemitisch motivierten Taten zukommt, bislang nicht ausreichend Rechnung. Ziel des Gesetzentwurfs sei, die bestehenden Tatbestände noch deutlicher als bisher auf die vielen Fälle von Antisemitismus auszurichten - durch Schließung von Schutzlücken, aber auch durch verschärfte Strafandrohungen.
Im Einzelnen handele es sich hierbei um Landfriedensbruch, Sympathiewerbung und Volksverhetzung. Nach dem Entwurf sollen die Schutzlücken beim Landfriedensbruch geschlossen und der bisherigen Strafrahmen erhöht und die Strafbarkeit der sogenannten Sympathiewerbung im Rahmen von Paragraf 129 Absatz 1 und Paragraf 129a Absatz 5 Satz 2 StGB wiederhergestellt werden. Bei der Volksverhetzung (Strafbarkeit für das Leugnen des Existenzrechts des Staates Israel und für den Aufruf zur Beseitigung des Staates Israel) sollen die Schutzlücken ebenfalls geschlossen und der Strafrahmen der Volksverhetzung durch Einführung eines besonders schweren Falls erhöht werden.
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Zugleich legte die CDU/CSU-Fraktion einen zweiten Gesetzentwurf vor „zur Beendigung des Aufenthalts und Verhinderung der Einbürgerung antisemitischer Ausländer“ (20/9311). Danach sollen „zum besseren Schutz vor einer weiteren Verfestigung und Ausbreitung eines aus dem Ausland 'zugewanderten' Antisemitismus“ Änderungen im Aufenthalts-, Asyl- und Staatsangehörigkeitsrecht vorgenommen werden.
So will die Fraktion im Aufenthaltsrecht einen neuen Paragrafen einführen, demzufolge eine antisemitische Straftat in der Regel die Ausweisung nach sich zieht. Das Asyl- und Flüchtlingsrecht soll der Vorlage zufolge ergänzt werden, damit die Verurteilung wegen einer antisemitischen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten zur Nichterteilung beziehungsweise zum Verlust eines humanitären Schutzes in Deutschland führt.
Beim Staatsangehörigkeitsrecht dringt die Fraktion darauf, die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit von einem Bekenntnis zum Existenzrecht Israels und der Erklärung abhängig zu machen, dass der Einbürgerungsbewerber keine gegen die Existenz des Staates Israel gerichteten Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat. Bei Vorliegen „tatsächlicher, nicht erschütterbarer Anhaltspunkte für eine antisemitische Einstellung des Antragstellers“ soll eine Einbürgerung nach ihrem Willen ausdrücklich ausgeschlossen werden. Des Weiteren will die Union im Staatsangehörigkeitsrecht einen neuen Verlusttatbestand eingeführt sehen, „demzufolge Personen mit mindestens einer weiteren Staatsangehörigkeit im Falle der Verurteilung wegen einer antisemitischen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren“.

Der Bundestag beriet am 17.11. in erster Lesung über beide Vorlagen. Der Gesetzesentwurf zur Änderung des StGB zur Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze wurde sodann zur weiteren Beratung (u.a.; federführend) in den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen (16.11. BT-hib 872/2023) sowie der Antrag zur Beendigung des Aufenthalts und Verhinderung der Einbürgerung antisemitischer Ausländer“ (u.a.; federführend) in den Innenausschuss. (15.11. BT-hib 858/2023; 17.11. Plenarprotokoll S. 17515, 17.11. BT-Debatte zu beiden Anträgen: Video in der BT-Mediathek)

Kosten von Bundesprogrammen gegen Extremismus

[13.11.] Die Bundesregierung berichtet in ihrer Antwort (20/9270) auf eine Kleine Anfrage, dass die Haushaltsansätze der Bundesprogramme zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit dem Jahr 2001 über den Zeitraum von 23 Jahren in Summe gut 1,375 Mrd. € betragen. Die Haushaltsansätze für das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ belaufen sich seit 2010 auf knapp 134 Mio. €. Für das Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit im Sport sowie der Maßnahme „Fußball vereint gegen Rassismus“ sind seit 2021 im Haushalt gut 2,5 Mio. € veranschlagt worden.

Muslimische Wohlfahrtspflege/ Extremismusausschluss bei vom Bund geförderten Projekten& Vereinen

[13.11.] Die Bundesregierung betont in einer Antwort (20/9273) auf eine Kleine Anfrage, dass alle vom Bund geförderten Projekte und Vereine Personen unter Extremismusverdacht nicht beteiligen dürfen. Förderungen des Bundes für Organisationen und Projekte würden grundsätzlich die Auflage beinhalten, dass die Zuwendungsempfänger dafür sorgen müssen, dass Personen und Organisationen, bei denen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen vorliegen, nicht beteiligt werden. Dies gelte insbesondere für solche Organisationen oder Personen, die in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder erwähnt werden. Diese Auflagen würden regelmäßig überprüft, so die Regierung weiter. In der Anfrage ging es um den möglichen Einfluss extremistischer Akteure auf muslimische Wohlfahrtsverbände.
Aktuell werden demnach folgende muslimische oder alevitische Wohlfahrtsverbände auf Verbandsebene gefördert: Alevitische Gemeinde Deutschland KdöR (AABF), Ahmadiyya Muslim Jamaat e. V. (AMJ) vertreten durch An-Nusrat e. V., Islamisches Kompetenzzentrum für Wohlfahrtswesen e. V. (IKW), Sozialdienst muslimischer Frauen e. V. (SmF) und die Wohlfahrtsstelle Malikitische Gemeinde Deutschland e. V. (WMGD). „Diese muslimischen und alevitischen Wohlfahrtsverbände werden in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder nicht genannt“, heißt es in der Antwort weiter. (21.11. BT-hib 879/2023)

Visa-Erteilungen im Jahr 2022

[9.11.] 2022 sind rund 1,26 Millionen Visa durch deutsche Visastellen erteilt worden, die meisten davon für Anträge aus der Türkei (214.944), aus Indien (117.181) und aus Russland (60.700). Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/9236) auf eine Kleine Anfrage hervor. Zum Verhältnis der beantragten, zurückgezogenen beziehungsweise abgelehnten Visa macht die Bundesregierung keine direkten Angaben, sondern stellt diese Informationen nur als „VS - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft den Abgeordneten zur Verfügung, "[...] um unsachgemäße Schlussfolgerungen Dritter durch eine breite Veröffentlichung zu verhindern“. Denn solche unsachgemäße Bewertungen der Ablehnungszahlen einzelner Visastellen könnten dazu führen, dass es zu Spannungen im bilateralen Verhältnis komme; „dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der allgemeinen Migrationsdebatte und einem infolge zahlreicher Krisen und wirtschaftlicher sowie politischer Entwicklungen gestiegenen Migrationsdruck“.

Grünes Licht für Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten

[8.11.] Der Ausschuss für Inneres und Heimat hat den Weg für die Einstufung Georgiens und der Republik Moldau als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten frei gemacht. Gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke votierte das Gremium am 8.11. für einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/8629). Wie die Bundesregierung darin darlegt, stellten georgische Staatsangehörige in Deutschland 4.322 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) im Jahr 2021, 8.865 im Jahr 2022 und 6.612 im Zeitraum Januar bis Juli 2023. Georgien gehöre seit 2019 zu den zehn zugangsstärksten Herkunftsländern. Die Antragszahlen stiegen jährlich; im Jahr 2022 habe Georgien auf Platz fünf der zugangsstärksten Staaten gelegen.
Staatsangehörige aus der Republik Moldau stellten den Angaben zufolge 5.016 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) im Jahr 2021, 5.218 im Jahr 2022 und 1.910 im Zeitraum von Januar bis Juli 2023. Die Anerkennungsquote bei Antragstellenden aus Georgien und der Republik Moldau im Jahr 2022 betrug laut Bundesregierung jeweils rund 0,1 Prozent.
Die Anträge von Asylsuchenden aus diesen Ländern sollten daher zügiger bearbeitet und entschieden werden können, so dass im Falle einer Ablehnung auch die Rückkehr schneller erfolgen kann, heißt es in der Vorlage weiter. Durch die Einstufung von Georgien und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten würden Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten schneller bearbeitet. Im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag könne ihr Aufenthalt in Deutschland schneller beendet werden. Deutschland werde dadurch als Zielland für aus nicht asylrelevanten Motiven gestellte Asylanträge weniger attraktiv. Der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung für Asylantragsteller aus Georgien und der Republik Moldau bleibe dadurch unberührt.
Bei Staaten, die als sicher bestimmt werden, wird gesetzlich davon ausgegangen, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich vor nichtstaatlicher Verfolgung schützen kann, wie die Bundesregierung in der Begründung ausführt. Die Bestimmung als sicherer Herkunftsstaat habe für das Asylverfahren zunächst die Folge, „dass vermutet wird, dass in diesem Staat keine Verfolgungsgefahr vorliegt“. Es gelte jedoch auch für Asylverfahren aus sicheren Herkunftsstaaten, dass der Antragstellende angehört wird und ihm Gelegenheit gegeben werden muss, individuelle Gründe vorzubringen, die gegen die vermutete Verfolgungssicherheit sprechen. (8.11. BT-hib 827/2023)

Update für Sozialgesetzbücher

[8.11.] Der Ausschuss für Arbeit und Soziales stimmte am 8.11. umfangreichen Änderungen in verschiedenen Sozialgesetzbüchern zu. Ein entsprechender Gesetzentwurf (20/8344) der Bundesregierung zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Sozialgesetzbuches und weiterer Gesetze wurde in geänderter Fassung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der CDU/CSU-Fraktion angenommen. Die AfD-Fraktion und Die Linke enthielten sich.
Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen gehen unter anderem auf das Bürgergeldgesetz zurück. Die damit verbundenen Änderungen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch werden nun teilweise auf andere Gesetzbücher übertragen, unter anderem auf das Zwölfte Sozialgesetzbuch, in dem die Sozialhilfe geregelt ist. Außerdem sieht der Entwurf unter anderem Verbesserungen bei der Entschädigung von Gewalttaten (SGB XIV) und im Soldatenversorgungsrecht sowie Änderungen für Erwerbsminderungrentner und deren Wiedereinstieg in den Beruf vor.
Geändert wurde unter anderem, dass Menschen in der Erwerbsminderung künftig länger (sechs Monate) Zeit haben sollen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können, ohne Sorge, bei einem Scheitern ihren Status als Erwerbsminderungsrentner zu verlieren. Außerdem wurde der Eingliederungszuschuss verlängert, den Arbeitgeber beantragen können, wenn sie arbeitslose Bewerber einstellen. Ebenfalls nachträglich geändert wurde eine Verrechnung der Kosten für Lebensmittel und Strom mit den Regelsätzen für Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften.
Die Koalitionsfraktionen hoben hervor, dass es sich um ein technisch sehr komplexes Gesetz handele, das aber an vielen Stellen bedeutende Impulse setze. Die Kritik von AfD-Fraktion und Linksfraktion an dem weiter bestehenden Unterschied beim Schonvermögen für Bürgergeldbezieher und für Menschen, die Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter beziehen, wiesen sie mit dem Hinweis auf die unterschiedlichen Zielsetzungen der Sozialgesetzbücher II und XII zurück. Außerdem sei das Schonvermögen im SGB XII in den vergangenen Jahren deutlich angehoben worden, so die Koalitionsfraktionen. AfD und Linke kritisierten diese Ungleichbehandlung dennoch als unverständlich und der Situation älterer Menschen nicht angemessen. Die Unionsfraktion stellte zwar fest, dass die Ampel-Koalition die Chance verpasst habe, sich des Themas Altersarmut angemessen anzunehmen. Die Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner und die Anpassung der Regelsätze für Asylbewerber lobte sie dagegen.
Nicht durchsetzen konnten sich AfD und Linke mit ihren Anträgen zum Thema. Die AfD-Fraktion hatte in einem Antrag (20/6275) eine Angleichung der Vermögensfreibeträge bei Sozialhilfe und Bürgergeld gefordert. Die Linke hatte in ihrem Antrag (20/7642) verlangt, die Schlechterstellung von Menschen in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu beenden. Beide Anträge wurden mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt. (8.11. BT-hib 825/2023)

Zahl eingereister afghanischer Ortskräfte

[8.11.] Seit dem 15. Mai 2021 sind laut Bundesregierung mit Stand vom 30. Oktober 2023 insgesamt 4.122 afghanische Ortskräfte nach Deutschland eingereist. Zusammen mit ihren eingereisten Familienangehörigen beläuft sich ihre Zahl auf 19.345, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/9160) auf eine Kleine Anfrage weiter hervorgeht. Danach sind mit Stand vom 6. Oktober im Rahmen des Ortskräfteverfahrens 1.388 afghanische Ortskräfte - mit Familienangehörigen 5.975 afghanische Personen - noch nicht eingereist, für die eine Aufnahmeerklärung besteht. (21.11. BT-hib 880/2023)

Kein kommunales Vetorecht bei Zuweisung von Migrant*innen

[8.11.] Einen Antrag mit der Forderung nach einem Veto-Recht für Kommunen bei der Zuweisung von Migrant*innen scheiterte im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen in seiner Sitzung. Gegen die Vorlage einer Fraktion stimmten alle übrigen Fraktionen. (08.11.2023 BT-hib 831/2023, hib-Meldung zum Antrag vom 24.5.)

Stärkung der Antidiskriminierungsstelle umstritten

[8.11.] Ein Vorstoß der Fraktion Die Linke zur Erweiterung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und für einen verbesserten Schutz vor Diskriminierung ist in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwoch von den Sachverständigen unterschiedlich beurteilt worden. In dem der Anhörung zugrundeliegenden Antrag der Linksfraktion (20/2696) wird eine Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durch Einstufung als oberste Bundesbehörde gefordert.
Außerdem werden in dem Antrag Änderungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verlangt. So soll unter anderem der Begriff „Rasse“ gestrichen und durch „Diskriminierung aus rassistischen Gründen“ ersetzt werden. Die Diskriminierungsmerkmale sollen um das Merkmal „sozialer Status“ erweitert werden, da gerade der soziale Status den Betroffenen viele Chancen verwehre und andere Diskriminierungsmerkmale verstärke. Bestehende Schutzlücken sollen unter anderem mit einem umfassenden Verbandsklagerecht und verlängerten Klagefristen (besonders im Arbeitsrecht) geschlossen werden. Die Antidiskriminierungsstelle soll ein eigenes Klagerecht erhalten. Die Anhörung wurde von der Ausschussvorsitzenden Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) geleitet.
- Eva Andrades (Geschäftsführerin Antidiskriminierungsverband Deutschland, vorgeschlagen von der SPD-Fraktion) sagte, es sei derzeit ein „beängstigendes Ausmaß“ an Diskriminierung zu sehen. „Die Politik muss nun endlich ein Zeichen setzen, damit Diskriminierung konsequent bekämpft wird“, forderte Andrades. Studien würden zeigen, dass Fachkräfte Deutschland wegen Diskriminierungen verlassen würden. Wichtig sei unter anderem die Verlängerung von Fristen, wie in dem Antrag der Linksfraktion gefordert werde.
- Tabea Benz (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände,vorgeschlagen von der FDP-Fraktion) bezeichnete das gesetzliche Schutzniveau als ausreichend. Der Diskriminierungsschutz sei für die Arbeitgeber ein wichtiges Anliegen. Benz sprach sich aber gegen die Einführung eines Klagerechts für die Antdiskriminierungsstelle des Bundes aus, da diese damit ihrer gesetzlich zugeschriebenen Vermittlerfunktion nicht mehr hinreichend nachkommen könne. Die geforderte Ausweitung der AGG-Merkmale um das Merkmal sozialer Status sei „reine Symbolpolitik“ und steigere die Gefahr neuer Rechtsstreitigkeiten. Die Unternehmen hätten damit keine rechtssichere Handhabe mehr, wenn es darum gehe, erfolglose Bewerber abzulehnen. Die Einführung eines Verbandsklagerechts sei systemfremd.
- Vera Egenberger (Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung, vorgeschlagen von der SPD-Fraktion) hielt eine Reform des AGG für dringend geboten. Die Hürden, das AGG zu nutzen, seien zu hoch und machten das Gesetz daher nur bedingt wirksam. „Seit bekannt ist, dass eingewanderte Fachkräfte aus Drittstaaten in erheblichem Maße von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind und deswegen Deutschland auch wieder verlassen, ist deutlich, dass Rassismus als eine Diskriminierungsdimension nicht nur Betroffenen, sondern auch der deutschen Wirtschaft schadet“, sagte Egenberger. Auch sei es notwendig, die Aufgaben der innerbetrieblichen Beschwerdestellen zu schärfen, zu spezifizieren und zu verdeutlichen.
- Professorin Judith Froese (Lehrstuhl für Öffentliches Recht mit Nebengebieten, Universität Konstanz, vorgeschlagen von der CDU/CSU-Fraktion) hielt eine Umstrukturierung der Antidiskriminierungsstelle für nicht erforderlich. Maßnahmen zur Wahrung der Unabhängigkeit der Antisdiskriminierungsstelle seien bereits gesetzlich vorgegeben. Eine Organisation als oberste Bundesbehörde würde erheblich mehr personelle, technische und finanzielle Ressourcen erfordern. Die geforderte Streichung des Merkmals „Rasse“ und seine Ersetzung durch die Formulierung „Diskriminierung aus rassistischen Gründen“ sei nicht zu empfehlen. Dadurch könne es nämlich zu einer Absenkung oder andererseits zu einer juristisch schwer handhabbaren Ausweitung des Schutzniveaus kommen. Der Begriff „Rasse“ finde sich zudem im europäischen und internationalen Recht. Auch die Aufnahme des Merkmals „sozialer Status“ sei mit Blick auf die juristische Handhabbarkeit bedenklich. Der Begriff sei facettenreich und betreffe unterschiedliche Lebensbereiche; dies sei rechtlich kaum abbildbar und kaum handzuhaben.
- Noa K. Ha (Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung, vorgeschlagen von Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf die Unterstützung aus der Zivilgesellschaft für die Forderungen in dem Antrag. Dies betreffe insbesondere das Verbandsklagerecht, verlängerte Fristen sowie die Stärkung der Antidiskriminierungsstelle als oberste Bundesbehörde mit eigenem Klagerecht. Unter Bezug auf Untersuchungen wies Ha darauf hin, dass offenkundige Diskriminierung am stärksten schwarze Menschen betreffe. Besonders häufig sei Diskriminierung in den Bereichen Arbeit, Bildung und Justiz erlebt worden.
- Universitätsprofessor Felix Hartmann (Fachbereich Rechtswissenschaft, Institut für Arbeitsrecht, Freie Universität Berlin, vorgeschlagen von der CDU/CSU-Fraktion) sprach sich dagegen aus, im Gesetz auf eine Diskriminierung aus rassistischen Gründen abzustellen. Mit dieser Formulierung nehme der Gesetzgeber Bezug auf eine politische und soziologische Kategorie, der es an jeder definitorischen Klarheit fehle. Im Ergebnis drohe eine potentiell uferlose Ausdehnung des Antidiskriminierungsrechts. Eine Erweiterung um das Merkmal des sozialen Status lehnte Hartmann ebenfalls ab. Er verwies darauf, dass der soziale Status als Diskriminierungsmerkmal nicht im Unionsrecht verankert sei.
- Professorin Ulrike Lembke (Freie Rechtswissenschaftlerin und Expertin für rechtliche Geschlechterstudien, vorgeschlagen von der SPD-Fraktion) bezeichnete eine Änderung des AGG als notwendig. Die unzureichende Umsetzung der europäischen Vorgaben durch das AGG sei ebenso bekannt wie die mangelhaften Durchsetzungsmechanismen und deren Folgen. Die Mängel seien bis heute nicht behoben und führten dazu, dass Deutschland beim Diskriminierungsschutz in Europa weit zurückliege. „Die bald jahrzehntelange Duldung eines unionsrechtswidrigen Zustandes untergräbt das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat“, kritisierte Lembke in ihrer Stellungnahme. Es könne nicht nur darum gehen, die Europarechtskonformität des AGG herzustellen. Das sei nicht genug. Sie widersprach Befürchtungen, das Antidiskriminierungsrecht gefährde die Wettbewerbsfähigkeit und zeigte sich zuversichtlich, „dass die deutsche Wirtschaft auch ohne ungehinderte Diskriminierung wettbewerbsfähig ist“.
- Professor Mehrdad Payandeh (Bucerius Law School, Lehrstuhl für Internationales Recht, Europarecht und Öffentliches Recht, vorgeschlagen von der SPD Fraktion), sprach sich für eine Reform des AGG aus. Empfehlungen von UN-Gremien an Deutschland hätten den Reformbedarf eindringlich aufgezeigt. Auch das Ausmaß und die Bedeutung von Diskriminierung und Benachteiligung in Deutschland sollten bei der Entscheidung über eine AGG-Reform eine zentrale Rolle spielen. Zahlreiche Untersuchungen würden belegen, dass viele Menschen alltäglich Diskriminierung erfahren würden. Daher seien die Steigerung der Effektivität des gesetzlichen Schutzes vor Diskriminierung und die Erleichterung der Geltendmachung von rechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit Diskriminierung zentrale gesellschaftliche Anliegen.
- Remzi Uygyner (Fair mieten - Fair wohnen. Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, vorgeschlagen von der Linksfraktion) unterstützte die Einfügung des Merkmals „sozialer Status“ in das AGG. Der soziale Status werde sehr oft als Diskriminierungsgrund genannt. So würden Wohnungsvermietungen häufig abgelehnt, weil die Interessenten Bürgergeld beziehen würden. Das sei erniedrigend und stigmatisierend. Durch das Fehlen des Merkmals sozialer Status sei diese Art der Diskriminierung bisher nicht justiziabel. Beschwerden würden erfolglos bleiben.
(8.11. BT-hib 838/2023, Video-Stream zur öffentl. Anhörung im Rechtsausschuss)

Regierung: Fachkräfteeinwanderung ist kein Risiko

[6.11.] Die Bundesregierung verteidigt in einer Antwort (20/9095) auf eine Kleine Anfrage ihre Strategie zur Fachkräfteeinwanderung. Mit dem Gesetz und der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung würden die Rahmenbedingungen für die Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten insgesamt verbessert und damit die Chancen der Wirtschaft für eine erfolgreiche Anwerbung von ausländischen Fachkräften erhöht. „Da Gesetz und Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung keine Sonderregelungen in Bezug auf die Länder treffen und grundsätzlich branchenoffen ausgestaltet sind, werden sie für die Anwerbung von qualifizierten Fachkräften deutschlandweit und in allen Branchen die gleichen Chancen eröffnen. Die Bundesregierung erkennt keine branchen- oder länderspezifischen Anwerberisiken“, schreibt sie in der Antwort weiter. (14.11. BT-hib 853/2023)

Seewegschleusungen von Frankreich nach Großbritannien

[6.11.] Die Bundespolizei hat laut Bundesregierung mit Stand vom 30.10.23 bislang insgesamt sechs Ermittlungsverfahren mit Bezügen zum Phänomenbereich der Seewegschleusungen von Frankreich nach Großbritannien eingeleitet. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9099) auf eine Kleine Anfrage weiter ausführt, ermittelt die Bundespolizei aufgrund des Verdachts der Einschleusung von Ausländern nach oder durch Deutschland. (21.11.BT-hib 879/2023)

Überstellungen im Dublin-Rahmen

[2.11.] Überstellungen von Asylbewerbern im Rahmen des sogenannten Dublin-Systems sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (20/9067) auf eine Kleine Anfrage. Danach kam es im ersten Halbjahr 2023 zu insgesamt 41.006 Übernahmeersuchen von Deutschland an die Mitgliedstaaten. Die Zahl der Zustimmungen lag im genannten Zeitraum bei 29.000 und die der erfolgten Überstellungen bei 2.473, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Die Zahl der Übernahmeersuchen von Mitgliedstaaten an Deutschland betrug in der ersten Jahreshälfte 2023 den Angaben zufolge 7.290. Hier gab es laut Vorlage insgesamt 4.627 Zustimmungen sowie 1.875 erfolgte Überstellungen. (14.11. BT-hib 852/2023)

Abschiebungen nach Mauretanien

[31.10.] Abschiebungen nach Mauretanien sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (20/9025) auf eine Kleine Anfrage. Danach gab es in den ersten acht Monaten dieses Jahres eine solche Abschiebung. Insgesamt kam es den Angaben zufolge seit dem Jahr 2015 zu vier Abschiebungen nach Mauretanien. (8.11. BT-hib 822/2023)
Weiterhin informiert die BReg in ihrer Antwort darüber, dass es zum Herkunftsland Mauretanien keinen Asyllagebericht des Auswärtigen Amts (AA) gäbe.
Wiederum das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beobachte und analysiere die Situation in den Herkunftsländern der Asylsuchenden, darunter auch Mauretanien, laufend und anhand vielfältiger Quellen. Dazu wertet das Informationszentrum des BAMF alle relevanten Informationen über die Verfolgungssituation in den Herkunftsländern aus. Hierzu gehören neben den Lageeinschätzungen des AA unter anderem solche des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), der Nichtregierungsorganisationen und der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA). Außerdem werden Medien beziehungsweise verschiedene Internetquellen ausgewertet und die Erkenntnisse von Partnerbehörden vor allem im europäischen Ausland berücksichtigt. Bei der Bewertung wird auch die Rechtsprechung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit einbezogen. Die umfassenden Informationen zu den Herkunftsländern sind in einer Datenbank gesammelt und für die Entscheiderinnen und Entscheider jederzeit einsehbar. Dadurch wird sichergestellt, dass diese stets über die aktuelle Situation in den Herkunftsländern informiert sind. (31.10. 20/9025)

Sonderbericht zum Bürokratieabbau

[26.10.] Die Bundesregierung legte Ende Oktober einen Sonderbericht mit dem Titel „Bessere Rechtssetzung und Bürokratieabbau in der 20. Legislaturperiode“ (20/9000) vor. Wie die Bundesregierung darin schreibt, sei ihr „bessere Rechtssetzung und Bürokratieabbau“ ein wichtiges Anliegen. Ziel des Berichtes sei es, darzustellen, was die Bundesregierung in diesen Bereichen bereits unternommen habe und noch unternehmen wolle. Unter anderem wird in dem Bericht auf das geplante Bürokratieentlastungsgesetz IV verwiesen, dessen Eckpunkte dem Bericht als Anlage beigefügt sind. Zudem fasst der Bericht überblickartig und in Politikfeldern gegliedert abgeschlossene, laufende und geplante Maßnahmen in den Bereichen zusammen. „Im Zentrum stehen hierbei insbesondere Digitalisierungsprojekte sowie Maßnahmen zur Beschleunigung von Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren“, heißt es dazu.
Ferner gibt die Bundesregierung Auskunft über „Querschnittsmaßnahmen“ zur besseren Rechtssetzung und zum Bürokratieabbau, etwa den Digitalcheck, Praxischecks und Reallabore. Auch auf die deutsch-französische Initiative zum Bürokratieabbau wird in dem Bericht verwiesen.
Der als Unterrichtung vorliegende Bericht wurde zudem am 8.11. erstmals im Plenum beraten. (7.11. BT-hib 821/2023)

Auf den Seiten 17-19 des Berichts werden innerhalb des Abschnitts zu bereits abgeschlossenen, noch laufenden sowie geplanten Maßnahmen zu Besserer Rechtsetzung und Bürokratieabbau in einzelnen Politikfeldern explizit die Bereiche Integration sowie Asylrecht/Migration behandelt.

Förderung der Vielfalt an deutschen Hochschulen

[20.10.]  Berlin: (hib/CHA) Die mit einer Laufzeit von zwei Jahren angesetzte Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 1,72 Millionen Euro gefördert. Das geht aus einer Antwort (20/8976) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage hervor. Ziel der Initiative, die durch die Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz umgesetzt wird, sei es, die Diversität an deutschen Hochschulen zu fördern, schreibt die Bundesregierung.
Bisher werde mit der Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ beispielsweise ein Projekt gefördert, dass Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung ermutigt, zu studieren sowie ein Projekt zur Erhöhung des Frauenanteils in den Forschungsfächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. (1.11. BT-hib 804/2023)

Zurückweisungen an den Landgrenzen

[20.10.] Über die Zahl tatsächlich vollzogener Zurückweisungen an den deutschen Landgrenzen durch die Bundespolizei berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/8968) auf eine Kleine Anfrage. Danach wurden laut der Polizeilichen Eingangsstatistik der Bundespolizei mit Stand vom 28.9. an der deutsch-österreichischen Landgrenze in den ersten acht Monaten dieses Jahres 6.367 Zurückweisungen tatsächlich vollzogen nach 14.675 im Gesamtjahr 2022. Zusammen mit Zurückweisungen, „die zwar mit Ursprung zur Republik Österreich bestehen, aber nicht an der Landgrenze vollzogen werden“, erhöhen sich diese Zahlen den Angaben zufolge auf 18.853 im Zeitraum von Jan. bis einschließlich Aug. 2023 und 25.538 im gesamten Vorjahr. Bei den angegebenen Zahlen sind laut Bundesregierung noch „geringfügige Änderungen möglich“.
An der Landgrenze zur Schweiz wurden in den ersten acht Monaten dieses Jahres 8.002 Zurückweisungen tatsächlich vollzogen nach 3.644 im Gesamtjahr 2022, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. An der Grenze zu Frankreich waren es danach von Jan. bis Aug. 2023 insgesamt 100 (Gesamtjahr 2022: 312), an der Grenze zu den Niederlanden 52 (2022: 86), an der Grenze zur Tschechischen Republik 31 (2022: 210) und an den Grenzen zu Belgien sowie zu Polen jeweils 22 (2022: 86 beziehungsweise 55). An der Grenze zu Luxemburg gab es in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres laut Vorlage eine tatsächlich vollzogene Zurückweisung und an der Grenze zu Dänemark keine (2022: 32 beziehungsweise 42). (30.10. BT-hib 802/2023)

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

[20.10.] Mitte vergangenen Jahres hat es in Deutschland laut Bundesregierung rund 34,445 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben. Davon hatten rund 29,46 Mio. oder 84 % die deutsche Staatsangehörigkeit und rund 4,984 Mio. oder 14 % eine ausländische Staatsangehörigkeit, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/8967) auf eine Kleine Anfrage darlegt. Danach wurden im Jahresdurchschnitt 2022 rund 5,2 Mio. Regelleistungsberechtigte in der Grundsicherung für Arbeitsuchende gezählt. Darunter waren den Angaben zufolge rund 2,971 Mio. oder 57 % mit deutscher Staatsangehörigkeit und rund 2,229 Mio. oder 43 % mit ausländischer Staatsangehörigkeit. (27.10. BT-hib 800/2023)

Vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 28.8. (20/8151) auf eine andere Kleine Anfrage, der zufolge von den rund 34,45 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten rund 24,2 Millionen oder 70 Prozent sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte und rund 10,2 Millionen oder 30 Prozent sozialversicherungspflichtig Teilzeitbeschäftigte waren. Hinzu kommen danach noch rund 4,38 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigte. (6.9. BT-hib 632/2023)

Entlastung der Länder bei flüchtlingsbezogenen Kosten

[20.10.] Der Haushaltsausschuss stimmte am 11.10. dem Regierungsentwurf des Pauschalentlastungsgesetzes (20/8296) ohne Änderungen zu. Kernstück des Entwurfes ist die Entlastung der Länder bei den flüchtlingsbezogenen Kosten in 2023 um 3,4 Milliarden Euro. Für die Vorlage stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie die Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen von CDU/CSU und AfD. Der Entwurf wurde am Folgetag im Bundestagsplenum ohne Aussprache beschlossen.
[Der Bundesrat stimmte dem „Gesetz zur Einführung einer langfristigen Pauschalentlastung der Länder im Zusammenhang mit Fluchtmigration und zur Änderung des Mauergrundstücksgesetzes“ am 20.10. zu.]

Mit dem Gesetzentwurf setzte die Bundesregierung unter anderem die Beschlüsse der Ministerpräsidenten der Länder und des Bundeskanzlers vom 2. November 2022 und vom 10. Mai 2023 um. Technisch soll die Umsetzung erfolgen, indem die Länder im Jahr 2023 einen um 3,4 Milliarden Euro höheren Anteil aus der Umsatzsteuer erhalten. 2024 sollen die Länder noch 0,9 Milliarden Euro mehr aus dem Säckel der Umsatzsteuer erhalten. Mit der neuen Pauschale werde die bisher bestehende Pauschale für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge abgelöst.

Ferner erklärte die Bundesregierung in der Zielbeschreibung des Gesetzentwurfs, dass die Länder auch die Voraussetzungen für die Auszahlung der dritten Tranche des am 29. September 2020 beschlossenen Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienstes erfüllen. Für 2023 wird deshalb der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer um weitere 0,5 Milliarden Euro zulasten des Bundes erhöht.

Ein weiterer Punkt des Gesetzentwurfs ist die Auflösung des Fonds, in dem die Erlöse aus der Veräußerung von Mauer- und früheren innerdeutschen Grenzgrundstücken verwahrt wurden. „Der Zweck des Fonds ist nach 27 Jahren weitestgehend erfüllt“, schreibt die Bundesregierung. (11.10. BT-hib 738/2023, 13.9. BT-hib 642/2023, 20.10. BMF)

Strategie für starke, wehrhafte Demokratie u. offene, vielfältige Gesellschaft

[20.10.] Die Bundesregierung erarbeitet derzeit nach eigenen Angaben eine „Strategie für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft“. Wie sie in ihrer Antwort (20/8965) auf eine Kleine Anfrage ausführt, verurteilt sie „jede Form von Extremismus, tritt verfassungsfeindlichen Bestrebungen aus allen Phänomenbereichen gleichermaßen konsequent entgegen und bezieht dabei die jeweiligen phänomenbereichsspezifischen Besonderheiten gezielt in ihre Bekämpfungsstrategien ein“.
Vor diesem Hintergrund erarbeite sie die „alle Extremismusformen in den Blick nehmende Strategie für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft. Diese “umfassende Strategie„ werde sowohl repressive Ansätze der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden als auch präventive Ansätze der politischen Bildung, Demokratieförderung und Extremismusprävention beinhalten.
Gleichwohl sei der Rechtsextremismus “unverändert die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie und die Sicherheit in Deutschland„, heißt es in der Antwort vom 18. Oktober weiter. Dies zeige sich an der auf ohnehin hohem Niveau weiter steigenden Zahl rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten sowie zuletzt auch der Zunahme des rechtsextremistischen Personenpotentials. Angesichts dieses Bedrohungspotentials des Rechtsextremismus setze sie “daher − parallel und ergänzend zu ihrer ganzheitlichen Bekämpfung aller Formen des Extremismus − ihren konkret auf diesen Phänomenbereich zugeschnittenen Aktionsplan um", schreibt die Bundesregierung des Weiteren.
Ihr Kernanliegen sei es, “allen verfassungsfeindlichen Bestrebungen auch künftig entschlossen zu begegnen". Dazu gehöre die Bekämpfung von Extremismus ebenso wie anderer Formen der Demokratie- und Menschenfeindlichkeit. Die Strategie für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft richte sich daher auch “vehement gegen die Gefahren des islamistischen Terrorismus". (26.10. BT-hib 798/2023)

BT-Debatte über finan­zielle Unter­stützung ziviler Seenot­rettung im Mittelmeer

[19.10.] Die staatliche Finanzierung ziviler Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer führte am 19.10.23 zu einer scharfen Kontroverse im Bundestag geführt. Während Redner der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion ein Ende der Leistungen forderten, verteidigten Vertreter der Koalition die Zahlungen. Die Linke kritisierte wiederum, dass die Hilfen viel zu gering ausfielen.

Auszüge:
- Hakan Demir (SPD) [konterete AfD-Aussagen...] und nannte es unverschämt, Menschen als Schleuser zu bezeichnen, die sich für die Rettung anderer im Mittelmeer einsetzen. Auch sei längst wissenschaftlich erwiesen, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen der Seenotrettung und der Anzahl der Überfahrten gebe. „In Jahren, in denen wenig gerettet wurde, kamen nicht weniger Menschen, sondern mehr Menschen sind gestorben“, betonte Demir. Allein dieses Jahr seien bereits 2.440 Menschen gestorben.
Gebraucht werde eine EU-Seenotrettungsmission, die es aber nicht gebe. Daher sei die zivile Seenotrettung stärker gefragt, deren öffentliche Finanzierung nur ein „ergänzender Beitrag“ sei. Dabei sollte der Bundestag stolz darauf sein, die zivile Seenotrettung mit acht Millionen Euro zu fördern: „Jeder Euro, der dafür verwendet wird, dass ein Mensch gerettet wird, ist es wert.“
- Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) verwies demgegenüber darauf, dass seit 2014 mindestens 28.000 Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer ertrunken seien. Jeden Tag stürben etwa acht Menschen im Mittelmeer, wobei die Dunkelziffer noch viel höher liegen dürfe. „Das Sterben im Mittelmeer ist die zweitgrößte humanitäre Katastrophe nach dem Krieg in der Ukraine“, fügte Schäfer hinzu.
Die Pflicht zur Rettung Schiffsbrüchiger sei internationales Recht und eine Frage der Menschlichkeit. Daher sei sie dankbar, dass man vergangenes Jahr im Bundestag mit den Stimmen der Ampelkoalition, der CDU/CSU und der Linken jeweils zwei Millionen Euro pro Jahr bis 2026 zur Unterstützung der Seenotrettung beschlossen habe. „Das gilt, und das ist auch gut so“, betonte sie. Seenotrettung führe nicht zu mehr Flüchtlingen, „sondern zu weniger Toten“.
- Clara Bünger (Die Linke) beklagte, Menschen, die vor Gewalt, Repression und Elend übers Mittelmeer fliehen müssten, könnten dies nur mit seeuntüchtigen Booten tun, da sie ohne Visum keine Flugzeuge oder Fähren bekämen. Unzählige dieser Boote kenterten, und für die Betroffenen sei die zivile Seenotrettung die einzige Chance zu überleben. Es gebe auf dem Mittelmeer aber kaum noch Rettungsschiffe, da diese kriminalisiert, mit immensen Auflagen überzogen oder von Einsatzgebieten ferngehalten würden.
Die Bundesregierung habe zwar zu Beginn der Wahlperiode ein staatlich koordiniertes Seenotrettungsprogramm versprochen. Statt dessen habe die Koalition eine viel zu geringe finanzielle Förderung von Seenotrettungsorganisationen in Aussicht gestellt.  Zwei Millionen Euro seien ein „lächerlich kleiner Betrag“, doch werde selbst dieser „symbolische Beitrag“ nun in Frage gestellt. „Auf Druck von rechts knickt die Bundesregierung ein, allen voran Olaf Scholz“, kritisierte Bünger.
[Zum schriftlichen Bericht und zur Video-Aufzeichnung der Debatte im Innenausschuss am 19.10.]

Zahl der seit 2013 abgeschobenen Eritreer*innen

[19.10.] Zwischen Anfang 2013 und Ende August 2023 sind laut Bundesregierung insgesamt 1.637 Menschen mit eritreischer Staatsangehörigkeit abgeschoben worden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/8941) auf eine Kleine Anfrage ferner ausführt, waren im Ausländerzentralregister Ende August dieses Jahres 654 Personen mit eritreischer Staatsangehörigkeit erfasst, die in den Jahren 2013 bis 2023 eine oder mehrere Ausweisungsverfügungen erhalten haben. Dabei wird jede Person laut Vorlage insgesamt nur einmal mit der aktuellsten Ausweisungsverfügung gezählt. (26.10. BT-hib 798/2023)

Bezieher von Grundsicherungslleistungen für Arbeitssuchende

[19.10.] Die Zahl der Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in den vergangenen fünf Jahren ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (20/8934) auf eine Kleine Anfrage. Wie die Bundesregierung darin ausführt, gab es nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Jahresdurchschnitt 2022 insgesamt rund 5,20 Mio. Regelleistungsberechtigte. Im Jahresdurchschnitt 2021 waren es den Angaben zufolge noch gut 5,25 Mio. nach knapp 5,43 Mio. im Jahresdurchschnitt 2020. Im Jahresdurchschnitt 2019 gab es laut Vorlage knapp 5,48 Mio. Regelleistungsberechtigte und im Jahresdurchschnitt 2018 gut 5.79 Mio.
(26.10. BT-Hib 798/2023)
In den der Antwort beigefügten Tabellen mit Angaben zu dem "Bestand an Regelleistungsberechtigten (RLB), erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) und nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (NEF) nach ausgewählten Merkmalen" finden sich auch Angaben nach Staatsangehörigkeit (unterschieden werden hier die drei Kategorien; Deutschland, EU-Ausland und Drittstaaten). (20/8934 ab S. 14)

„Hate Aid“ wird 2024 weiter gefördert

[18.10.]  Die gemeinnützige Organisation „Hate Aid“ soll 2024 weiter aus dem Bundeshaushalt gefördert werden. Der Haushaltsausschuss beschloss am 18.10. im Rahmen der Beratungen des Einzelplans des Bundesministeriums der Justiz (BMJ), für das kommende Jahr einen Zuschuss von 600.000 Euro für „Hate Aid“ im Etat einzustellen. Damit soll laut Begründung des Änderungsantrages der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP das Projekt „Digitale Gewalt in einem volatilen Bereich“ unterstützt werden. Ferner soll die Arbeit der Organisation weiter digitalisiert werden. Im ursprünglichen Entwurf war keine Förderung von „Hate Aid“ vorgesehen. Im laufenden Jahr ist im Haushalt eine Förderung von 497.000 Euro eingestellt. Auch diese Förderung geht auf einen Beschluss des Haushaltsausschusses zurück.
Den um diverse Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen ergänzten Einzelplanentwurf nahm der Ausschuss nach Aussprache mit Bundesminister Marco Buschmann (FDP) mit Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen von CDU/CSU, AfD und Die Linke an.
[Selbstbeschreibung von HateAid: "Über uns: HateAid ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für Menschenrechte im digitalen Raum einsetzt und sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen engagiert. - HateAid stärkt die Demokratie im digitalen Raum.: Wir treten an, um die digitale Welt für alle zu einem positiven Ort zu machen. Unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion und vielem mehr. Dafür festigen wir immer und zuallererst demokratische Grundwerte. Indem wir bei digitaler Gewalt unmittelbar Beratung und rechtliche Unterstützung leisten. Indem wir Politik und Gesellschaft sensibilisieren für Missstände. Indem wir konkrete Lösungen schaffen für ein besseres Miteinander. - Das alles mit dem einen Ziel: ein Netz, in dem die Meinungsfreiheit gewahrt und Teilhabe ermöglicht wird.]

Auch den Zuschuss an die Stiftung Datenschutz erhöhte der Ausschuss, und zwar um 110.000 Euro auf 1,11 Millionen Euro. Damit solle die Arbeit der Stiftung als „unabhängige Diskussionsplattform und Informationsplattform zum Thema Datenrecht und Datenpolitik“ gestärkt werden, begründeten die Koalitionsfraktionen ihren Änderungsantrag. Zur Unterstützung der Arbeit des inzwischen im BMJ angesiedelten Nationalen Normenkontrollrates sollen ferner zusätzliche 210.000 Euro für Sachmittel zur Verfügung gestellt werden. Für die Gegenfinanzierung ihrer Änderungen nahmen die Koalitionsfraktionen zum einen Kürzungen in einem Titel zur Verwaltungskostenerstattung an die Länder vor, zum anderen erhöhten sie die Globale Minderausgabe.
Keinen Erfolg hatten die Oppositionsfraktionen mit ihren Änderungsanträgen. Die CDU/CSU-Fraktion hatte unter anderem wie im Vorjahr eine weitere Förderung des Instituts für Ostrecht in Höhe von 200.000 Euro gefordert. Zudem sprach sich die Fraktion dafür aus, die Förderung des Anne Frank Zentrums in Höhe von zwei Millionen Euro fortzusetzen. Damit solle Schülerinnen und Schülern weiterhin die Teilnahme am Anne-Frank-Tag ermöglicht werden, führte die Fraktion aus.
Die Fraktion Die Linke hatte gefordert, allgemein die Kürzungen der Zuschüsse für überregionale Fördermaßnahmen zurückzunehmen und den Ansatz von geplanten 264.000 Euro auf 2,5 Millionen Euro zu erhöhen. Im laufenden Jahr werden aus diesem Titel die Zuschüsse unter anderem für „Hate Aid“, das Anne Frank Zentrum und die Amadeu Antonio Stiftung finanziert. Vor allem diese drei Empfänger müssten weiter „auf einem hohen Niveau“ gefördert werden, verlangte die Fraktion.
Die AfD-Fraktion hatte hingegen die Kürzungen von weiteren Zuschüssen an Organisationen aus anderen Titeln gefordert. Unter anderem sprach sie sich dafür aus, auf die Anschubfinanzierung des „International Sustainability Standards Board“ in Höhe von 750.000 Euro zu verzichten. Wie im Vorjahr sprach sie sich zudem dafür aus, den Zuschuss an die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Höhe von 706.000 Euro komplett zu streichen. Unter anderem führte die Fraktion zur Begründung an, das „der AfD bis heute das demokratische Mitwirkungsrecht im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld verwehrt [wurde], was dazu führt, dass die Arbeit der Stiftung zusätzlich delegitimiert wird“.
Im Etat des Bundesministeriums der Justiz des Regierungsentwurfes (Einzelplan 07, 20/7800) sind für 2024 Ausgaben in Höhe von 1,03 Milliarden Euro vorgesehen (2023: 1,01 Milliarden Euro). Größter Ausgabeposten sind die Personalausgaben mit 435,2 Millionen Euro. Als Planstellen und Stellen sind wie in diesem Jahr 6.312 ausgewiesen.

Weitere Änderungen an dem Einzelplan sind noch in der Bereinigungssitzung möglich. Dann werden auch die Stellenpläne aufgerufen. (18.10. BT-hib 782/2023)

Mehr Mittel für Antisemitismus-Meldestelle in 2024

[18.10.] Der „Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus - RIAS e. V.“ soll 2024 mit deutlich höheren Zuschüssen rechnen können als bislang geplant. Der Haushaltsausschuss beschloss am 18.10. den im Haushaltsentwurf 2024 vorgesehenen Zuschuss um 390.000 Euro auf 990.000 Euro zu erhöhen. In dem dazu vorgelegten Änderungsantrag begründeten die Koalitionsfraktion von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP dies mit einer „bedarfsgerechten Anpassung“. Im laufenden Jahr beträgt der Zuschuss laut Haushaltsplan 1,1 Millionen Euro.
Im Rahmen der Beratungen zum Einzelplan des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) beschloss der Ausschuss zudem eine Förderung von Makkabi Deutschland e.V. Der jüdische Turn- und Sportverband soll „zur Stärkung des gesellschaftlichen Engagements durch Antisemitismusprävention und Antidiskriminierungsarbeit“ 400.000 Euro als Projektförderung erhalten. Im laufenden Jahr sind 200.000 Euro zur Unterstützung der „Makkabi-Spiele und der Makkabiade“ etatisiert.
Insgesamt sind 2024 damit im Titel „Zuschuss für die Förderung der jüdischen Gemeinschaft, der christlich-jüdischen Zusammenarbeit sowie des interreligiösen und interkulturellen Dialogs“, aus denen die vorgenannten Zuschüsse finanziert werden, Ausgaben in Höhe von 33,73 Millionen Euro (2023: 31,18 Millionen Euro) vorgesehen.
Den um diverse andere Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen ergänzten Einzelplan des BMI beschloss der Ausschuss nach Aussprache mit Bundesministerin Nancy Faeser (SPD) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen von CDU/CSU, AfD und Die Linke.
Die Änderungen der Koalitionsfraktionen bezogen sich neben der Förderung des jüdischen Lebens überwiegend auf den Sportbereich sowie auf die Förderung nationaler Minderheiten. Im Sportbereich sind beispielsweise nunmehr 1,25 Millionen Euro für das „Zentrum Safe Sport“ eingeplant. Laut Erläuterung des neuen Titels soll aus dem Ansatz „der Bundeszuschuss für die Ansprechstelle Safe Sport und der weitergehende Prozess des Aufbaus des Zentrum Safe Sport finanziert“ werden. Eine Gegenfinanzierung ist laut Änderungsantrag außerhalb des Einzelplans vorgesehen. Vertreter der Koalitionsfraktionen kündigten im Ausschuss weitere Änderungsanträge zur Bereinigungssitzung an.
Ohne Mehrheiten blieben die etlichen Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen, die sich auf alle Bereiche des Einzelplans bezogen. Unisono forderten die Oppositionsfraktionen, mit unterschiedlicher Nuancierung, beispielsweise mehr Mittel für den Sportbereich.
Die CDU/CSU hatte zudem unter anderem gefordert, die im Einzelplan vorgesehenen 20 Millionen Euro für die behördenunabhängige Asylverfahrensberatung komplett zu streichen. Zur Begründung führte die Fraktion an, dass diese Aufgabe bereits durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wahrgenommen werde. Mehr Mittel forderte die Fraktion hingegen im Bereich THW und Bevölkerungsschutz.
Die AfD-Fraktion hatte unter anderem eine Halbierung des Mittelansatzes für die „Durchführung von Integrationskursen nach der Integrationskursverordnung“ gefordert, und zwar auf 440 Millionen Euro. „Der Mitteleinsatz und die damit erzielten Ergebnisse sind nicht verhältnismäßig. Außerdem muss das System der Kostenabrechnung durch die freien Träger kritisch hinterfragt werden“, führte die Fraktion zur Begründung aus.
Die Fraktion Die Linke hatte sich für eine Erhöhung des Ansatzes für Integrationskurskosten ausgesprochen und dies mit der Anpassung an die „realen Bedarfe“ begründet. Zudem sprach sich die Fraktion für eine Rücknahme der Kürzungen im Bereich der Bundeszentrale für politische Bildung aus.
Im Einzelplan des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (Einzelplan 06, 20/7800) sind für 2024 Ausgaben in Höhe von 12,9 Milliarden Euro (2023: 13,1 Milliarden Euro) vorgesehen. Größter Ausgabeposten ist der Bereich Innere Sicherheit mit sechs Milliarden Euro. In dem Geschäftsbereich des Ministeriums wird für 2024 wie in diesem Jahr mit 85.998 Planstellen und Stellen gerechnet.

Weitere Änderungen sind noch in der Bereinigungssitzung möglich. Dann werden auch die Stellenpläne aufgerufen. (18.10.2023 BT-hib 779/2023)

Aussteigerprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz für Rechtsextremist*innen

[13.10.] Vom 1.1.2018-28.9.2023 ist laut Bundesregierung „eine niedrige zweistellige Zahl von (ehemaligen) Rechtsextremisten“ über das Aussteigerprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) aus der rechtsextremistischen Szene ausgestiegen. Bei der „Aussteigerhotline Rechtsextremismus“ des BfV gingen im genannten Zeitraum zirka 230 Anrufe ein, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/8832) auf eine Kleine Anfrage ferner schreibt. (24.10. BT-hib 793/2023)

Debatte über Bezahlkarte statt Geldleistungen für Asylbewerber*innen

[12.10.] Am 12.10. beriet der Bundestag auf Antrag einer Oppositionsfraktion zur Frage des Sachleistungsprinzips und die Einführung einer Bezahlkarte anstelle von Geldleistungen für Asylbewerber*innen. Nach erster Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen, federführend an Ausschuss für Arbeit und Soziales. (12.10. Text und Video-Mitschnitt zur Debatte auf der Bundestags-Homepage)

Durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Asylverfahren

[11.10.] Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Asylverfahren bis zu einer behördlichen Entscheidung hat im ersten Halbjahr 2023 laut Bundesregierung 6,6 Monate betragen. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/8787) auf eine Kleine Anfrage weiter hervorgeht, lag die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung über Erstanträge in der ersten Jahreshälfte bei 6,5 Monaten und bis zu einer behördlichen Entscheidung über Folgeanträge bei 6,8 Monaten. (18.10. BT-hib 769/2023)

Beschluss des EU-Innenministerrats zum Asylsystem

[4.10.] Um den Beschluss des EU-Innenministerrats vom 8. Juni 2023 zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem geht es in der Antwort der Bundesregierung (20/8637) auf eine Kleine Anfrage. Danach sieht die allgemeine Ausrichtung des Rates zur Asylverfahrens-Verordnung in Artikel 41b erstmalig die Einführung eines obligatorischen Grenzverfahrens für bestimmte Personengruppen vor. Dazu gehören den Angaben zufolge Personen, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung darstellen, sowie Menschen, die die Behörden getäuscht haben, und solche, bei deren Staatsangehörigkeit eine EU-weite Schutzquote von 20 Prozent oder weniger vorliegt.

Widerrufung von Flüchtlingsanerkennungen

[29.9.] Im ersten Halbjahr 2023 sind in Deutschland insgesamt 1.007 Asyl- beziehungsweise Flüchtlingsanerkennungen einschließlich subsidiären Schutzes sowie Abschiebungsverbote widerrufen worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/8592) auf eine Kleine Anfrage hervor. Danach kam es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bei insgesamt 9.905 Entscheidungen in Widerrufsprüfverfahren in 8.898 Fällen zu keinem Widerruf.

Asylsuchende aus der Türkei

[27.9.] In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind laut Bundesregierung 19.857 Asylanträge von Asylsuchenden aus der Türkei registriert worden nach 25.054 im vergangenen Jahr. Davon entfielen im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 16.594 auf Kurden, 2.735 auf Türken sowie 528 auf „sonstige“ und im Jahr 2022 insgesamt 20.400 auf Kurden, 3.992 auf Türken und 662 auf „sonstige“, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/8517) auf eine Kleine Anfrage weiter hervorgeht. (9.10. BT-hib 717/2023)

Innenausschuss beriet mit Faeser über Migrationspolitik

[27.9.] Der Innenausschuss beriet am 27.9. (nicht öffentlich) mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aktuelle innenpolitische Vorhaben erörtert. Die Ministerin unterrichtete dabei das Gremium über das Verbot der rechtsextremistischen Vereinigung „Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“.
Zu den weiteren Themen gehörten auch aktuelle migrationspolitische Fragen. Faeser verwies dabei unter anderem darauf, dass sie zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität in Ergänzung der Schleierfahndung zusätzliche flexible Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien angeordnet habe. Auch richte man mit Tschechien eine Taskforce gegen Schleuserkriminalität ein.
Die SPD-Fraktion thematisierte die bevorstehenden Beratungen im EU-Innenministerrat zu Migrationsthemen und fragte nach dem diesbezüglichen Stand der Verhandlungen.
Die CDU/CSU erkundigte sich danach, ob es EU-notifizierte stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen und zur Tschechischen Republik geben werde.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollte wissen, welche konkreten Schritte zur Umsetzung des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus aktuell im Fokus stehen.
Die FDP thematisierte mit Blick auf die neuen Maßnahmen an den Grenzen zu Polen und Tschechien den Unterschied zwischen Schleierfahndung und stationären Kontrollen.
Die AfD-Fraktion erkundigte sich danach, ob die Ressortchefin eine Einstellung freiwilliger Aufnahmeprogramme plane und warum sie dies gegebenenfalls nicht vorhabe.
Die Fraktion Die Linke fragte, ob es bei den Razzien gegen die „Artgemeinschaft“ Hinweise gegeben habe, dass die Betroffenen darauf vorbereitet gewesen seien.
(27.9. BT-hib 696/2023)

Debatte zur Kurswechsel in der deutschen Migrationspolitik

[22.9.] Am 22.9. wurde im Bundestagsplenum auf Antrag einer Oppositionsfraktion die Frage eines Kurswechsels in der deutschen Migrationspolitik.diskutiert.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte in der Debatte, dass man auf allen Ebenen gefordert sei, irreguläre Migration einzuschränken. Dabei liefere die Regierungskoalition „echte, substanzielle Lösungen“, während die Union nur darüber rede. „Wir steuern und ordnen Migration“, sagte die Ministerin.
[...]Faeser warnte in der Aussprache mit Blick auf Forderungen [...] nach einer Obergrenze bei den Migrationszahlen davor, „einfache Lösungen zu präsentieren, obwohl es die nicht gibt“. Zugleich verwies sie darauf, dass sie die Bundespolizei an den Grenzen insbesondere zu Polen und Tschechien mit mehreren Hundertschaften verstärkt habe, die dort erfolgreiche Schleierfahndung machten. Auch habe sie Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität auf den Weg gebracht.
Zudem werde die vom Bundeskabinett beschlossene Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsländer für eine deutliche Entlastung sorgen. Die Koalition schütze das individuelle Grundrecht auf Asyl auch vor Missbrauch und habe einen „klaren Kurs in der Migrationspolitik: Fachkräfte gewinnen, Humanität leben, irreguläre Migration beenden“. (22.9. Link zum gesamten BT-Bericht und Video-Mitschnitt)

Anwerbung ausländischer Pflegekräfte

[21.9.] Für Pflegeeinrichtungen wird es nach Angaben der Bundesregierung zunehmend schwieriger, offene Stellen mit Fachkräften und qualifizierten Hilfskräften zu besetzen. Infolge des demografischen Wandels werde die Zahl der Pflegebedürftigen weiter deutlich steigen. Zugleich werde das Potenzial der zur Verfügung stehenden Pflegekräfte schrumpfen, heißt es in der Antwort (20/8374) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage.
Deutschland brauche daher mehr Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte, um langfristig die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Dazu sei ein ganzes Bündel von Initiativen auf den Weg gebracht worden. Es gehe vorrangig darum, die Attraktivität der Ausbildung und des Arbeitsplatzes Pflege zu steigern und den Berufsverbleib zu erhöhen. Zu den ergänzenden Initiativen zähle die Fachkräfteanwerbung aus Drittstaaten.
Ein Element zur Unterstützung der Fachkräfteanwerbung ist den Angaben zufolge die Förderung der Deutschen Fachkräfteagentur (DeFa) durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Die DeFa habe den Auftrag, die Probleme und Hindernisse zu erkunden, die einer schnellen Einreise und Anerkennung der Fachkräfte im Wege stünden. Sie solle Behörden im In- und Ausland beraten sowie Unternehmen beim Dokumenten- und Antragsmanagement unterstützen. In den Jahren 2019 bis 2023 sei die DeFa vom BMG mit rund drei Millionen Euro gefördert worden. (2.10. BT-hib 707/2023)

Gemeinsamer Schulunterricht

[20.9.] Im September wurde im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgeabschätzung ein Oppositionsantrag zurückgewiesen, laut dem Kindern der Klassenstufen eins bis vier ein gesonderter Sprachunterricht angeboten werden sollte, wenn diese „nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, um eine Grundschule in Deutschland zu besuchen.“ Übernehmen sollten die gesonderten Deutschkurse aus Sicht der Antragsteller die Volkshochschulen. Die übrigen Fraktionen wiesen die Forderungen übereinstimmend zurück. (20.9. BT-hib 667/2023)

Niedriglöhne in Deutschland

[14.9.] Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage eine Antwort (20/8363) zum Thema Niedriglöhne in Deutschland vorgelegt, in der sie im Wesentlichen auf eine frühere Antwort (20/3209) verweist. Darin werden im Anhang ausführliche Datensätze zur Verteilung von Niedriglöhnen in Deutschland zusammengestellt, in denen sich auch die Unterscheidung zwischen "Deutschen" und "Ausländer[*innen]" findet.

Zahl unerlaubter Einreisen u. Abschiebungen im 1. Halbjahr 2023

[13./7.9.] Im ersten Halbjahr 2023 sind nach Kenntnis der Bundesregierung 45.338 unerlaubte Einreisen festgestellt worden. Hauptstaatsangehörigkeiten waren dabei syrisch mit 9.070 Fällen (20 Prozent), afghanisch mit 8.176 Fällen (18 Prozent) und türkisch mit 4.226 Fällen (neun Prozent), wie aus Antworten der Bundesregierung (20/8340 und 20/8274) auf zwei Kleine Anfragen hervorgeht. Die Zahl der Abschiebungen belief sich danach (20/8340) in der ersten Jahreshälfte 2023 auf 7.859. (19.9.2023 BT-hib 661/2023 und 18.9. BT-hib 651/2023)

[8.9.] Laut einer nur wenig älteren Antwort der Bundesregierung (20/8280) auf eine andere kleine Anfrage seien im ersten Halbjahr 2023 ihrer Kenntnis nach 7.861 Personen abgeschoben worden. Wie die Bundesregierung hier weiter ausführte, seien in der ersten Hälfte dieses Jahres 12.853 Abschiebungen vor und 520 Abschiebungen nach Übergabe der Person an die Bundespolizei abgebrochen worden. Als Grund des Abbruchs wird in der Vorlage unter anderem bei 6.717 Fällen „Stornierung des Ersuchens“ und bei 5.982 Fällen „nicht erfolgte Zuführung“ angegeben. (18.9. BT-hib 653/2023;  vgl. gleichlautende Antwort (20/8046) der Bundesregierung vom 18.8. auf eine noch frühere kleine Anfrage, 29.8. BT-hib 617/2023)

Unterstützung von Binnenvertriebenen in der Ukraine

[13.9.] Seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die Bundesregierung mehr als 850 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in der Ukraine und den Nachbarstaaten zur Verfügung gestellt. Das geht aus der Antwort (20/8349) auf eine Kleine Anfrage hervor, in der sich nach der „Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge im Ausland“ erkundigt wurde.
Mit den Mitteln der humanitären Hilfe werden laut Bundesregierung unter anderem Unterbringungsmöglichkeiten von Binnenvertriebenen in der Ukraine unterstützt. Dazu gehörten Notfallreparaturen an beschädigten Häusern sowie die Vermittlung von zentralen wie dezentralen Notunterkünften für notleidende Personen. Zudem unterstütze die Bundesregierung die Ukraine über die finanzielle Zusammenarbeit bei der Wiederherstellung von erschwinglichem Wohnraum für Binnenvertriebene in einem Umfang von rund 81 Millionen Euro und prüfe derzeit eine substantielle Erhöhung dieser Hilfen. (26.9. BT-hib 688/2023)

Aufnahme von gefährdeten Afghan*innen

[11.9.] Über die Aufnahme gefährdeter Afghanen in Deutschland berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/8322) auf eine Kleine Anfrage. Danach wurden im Rahmen der unterschiedlichen Verfahren zur Aufnahme von gefährdeten Afghanen mit Stand vom 25. August dieses Jahres 44.146 Aufnahmezusagen erteilt. Von den Menschen mit einer solchen Zusage sind 30.323 laut Vorlage bereits nach Deutschland eingereist.
Zirka 13.800 Personen mit Aufnahmezusage sind rein rechnerisch noch nicht eingereist, wie die Bundesregierung weiter ausführt. Hierbei lasse sich jedoch nicht pauschal sagen, dass diese Menschen noch auf eine Einreise nach Deutschland warten. Die Erfahrung zeige vielmehr, dass nicht alle Personen mit einer Aufnahmezusage auch von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, etwa weil sie zwischenzeitlich bereits in einem anderen Staat Schutz erhalten haben.
Mit Stand vom 18. August 2023 wurden den Angaben zufolge im Rahmen der Unterstützung bei der Ausreise 627 Personen durch einen von der Bundesregierung beauftragten Dienstleister im Iran und 1.330 in Pakistan betreut. (19.9. BT-hib 659/2023)

Schutz geflüchteter Frauen in Deutschland

[8.9.] Um den Schutz geflüchteter Frauen und Mädchen in Deutschland geht es in der Antwort der Bundesregierung (20/8279) auf eine Kleine Anfrage. Darin erkundigten sich die Fragesteller unter anderem danach, ob nach Ansicht der Bundesregierung für alle Frauen in Asylverfahren standardmäßig Anhörerinnen vorgesehen werden sollten, um die Hürden für die Benennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe zu senken, und was sie gegebenenfalls diesbezüglich plant.
Wie die Bundesregierung dazu ausführt, beinhalten die EU-Asylverfahrensrichtlinie und das nationale Asylrecht keinen Rechtsanspruch auf die Bearbeitung des Asylverfahrens durch eine Person eines bestimmten Geschlechts. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) versuche jedoch stets im Einzelfall unter Berücksichtigung der vorhandenen Personalkapazitäten dem Anliegen von vulnerablen Personen nach Mitarbeitenden und Sprachmittelnden eines bestimmten Geschlechtes nachzukommen. Alle Entscheidenden im Bamf seien zudem verpflichtend im Modul der EU-Asylagentur „Interviewing Vulnerable Persons“ geschult. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, für alle weiblichen Antragstellenden standardmäßig Anhörerinnen einzusetzen, sei daher nicht geplant. (20.9. BT-hib 662/2023)

Verfahren zur Altersbestimmung

[7.9.] Ein Verfahren zur Altersbestimmung mittels Ultraschalluntersuchung hat sich nach Angaben der Bundesregierung in einem Projekt als „teilweise valide“ herausgestellt. Eine Alternative zur Röntgenbildgebung und -befundung könnte somit gegeben sein, heißt es in der Antwort (20/8452) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage.
Jedoch habe im Gesamtergebnis mit der Auswertung der erhobenen Datenmenge eine vollumfängliche Übertragbarkeit bisher nicht nachgewiesen werden können. Insoweit sei ein Praxiseinsatz nicht geprüft worden.
Im Rahmen des Projektes wurde die Zuverlässigkeit des ultraschallbasierten Verfahrens zur Abschätzung der Volljährigkeit im Vergleich zum bisher genutzten Röntgenverfahren untersucht. Das Projekt wurde den Angaben zufolge am 31. Dezember 2021 beendet. (28.9. BT-hib 703/2023)

Zuwanderung wirkt verjüngend auf Sozialsysteme

[6.9./13.10.] Welche Auswirkungen die Zuwanderung auf die Sozialversicherungssysteme in Deutschland insgesamt hat, kann die Bundesregierung nicht im Detail beantworten. Das schreibt sie in ihrer Antwort (20/8270) auf eine Kleine Anfrage. Darin führt die Regierung unter anderem aus, dass es keine Zu- und Fortzugsstatistik gebe, die den Zuwanderungsgrund aufschlüssele. Die Fragesteller*innen wollten u.a. wissen, wie viele Menschen in den vergangenen 30 Jahren über das Merkmal Fachkräfteeinwanderung oder über ein Asylverfahren in den Statistiken der Sozialversicherung gelistet werden. Das Statistische Bundesamt (StBA) führe die amtliche Wanderungsstatistik, die im Sinne der Fragestellung die Fälle von Zuzügen nach Deutschland und Fortzügen aus Deutschland statistisch darstelle. Diese Statistik differenziere aber weder im Falle eines Zuzugs noch eines Fortzugs nach Zuwanderungsgründen oder Qualifikationsstatus, so die Regierung. Sie verweist aber ganz allgemein auf den tendenziell verjüngenden Effekt der Zuwanderung auf die Sozialsysteme: „Da Zuwanderung regelmäßig verjüngend auf die Bevölkerungsstruktur wirkt, kann sie in einer alternden Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels leisten.“ (25.9. BT-hib 684/2023)
[Siehe auch eine Debatte im Bundestag am 13.10. zu den Auswirkungen der Zu­wanderung auf die deutschen Sozialsysteme.]

Unerlaubte Einreisen 2014-2020

[5.9.] Die Zahl unerlaubter Einreisen in den Jahren 2014 bis 2020 ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (20/8281) auf eine Kleine Anfrage. Danach stieg die Zahl solcher Einreisen von 57.092 im Jahr 2014 auf 217.237 im Folgejahr und sank anschließend kontinuierlich auf 35.435 im Jahr 2020. Insgesamt umfasst die Polizeiliche Eingangsstatistik der Bundespolizei in den Jahren 2014 bis 2020 den Angaben zufolge 554.849 unerlaubte Einreisen. Wie die Bundesregierung dazu weiter ausführt, können die angegebenen Daten insbesondere im Zeitraum September 2015 bis März 2016 hinsichtlich Validität und Aussagekraft im Zusammenhang mit dem starken Zustrom von Drittstaatsangehörigen Einschränkungen unterliegen. (18.9.  BT-hib 649/2023)

Bamf -Asylentscheidungen des im ersten Halbjahr 2023

[5.9.] Im ersten Halbjahr 2023 sind laut Bundesregierung 924 Menschen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) als asylberechtigt anerkannt worden, während 20.427 Flüchtlingsschutz und 35.235 subsidiären Schutz erhielten. Ein Abschiebungsverbot gemäß Paragraph 60 V/VII des Aufenthaltsgesetzes wurde in 11.954 Fällen festgestellt, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/8222) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion weiter hervorgeht.
Die Gesamtschutzquote lag den Angaben zufolge bei 51,6 Prozent. Hauptherkunftsländer waren laut Vorlage Syrien mit insgesamt 38.854 Fällen vor Afghanistan mit 18.413 und dem Irak mit 1.756 Fällen. (13.9. BT-hib 645/2023)

Rund 44.500 Asylberechtigte zur Jahresmitte 2023

[31.8.] Mitte dieses Jahres haben in Deutschland rund 44.500 asylberechtigte Ausländer gelebt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/8182) auf eine Kleine Anfrage  hervor. Danach waren zum Stichtag 30. Juni 2023 im Ausländerzentralregister (AZR) 44.455 Menschen mit einer Asylberechtigung erfasst. Die drei Hauptstaatsangehörigkeiten entfielen demnach auf die Türkei mit 12.405 Asylberechtigten, Syrien mit 5.989 Betroffenen und Iran mit 5.363 Personen.
Die Zahl der zur Jahresmitte im AZR registrierten Menschen mit Flüchtlingsschutz betrug den Angaben zufolge 755.626. Hauptstaatsangehörigkeit war in diesen Fällen Syrien mit 373.887 Personen vor dem Irak mit 106.079 und Afghanistan mit 64.795.
Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, waren zu dem Stichtag 307.471 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach Paragraf 25 Absatz 2 Satz 1, 2. Alt. des Aufenthaltsgesetzes (subsidiärer Schutz) registriert. Hauptstaatsangehörigkeiten waren hier laut Bundesregierung Syrien mit 221.426 Fällen sowie Irak mit 22.491 und Afghanistan mit 19.076.
Mit Aufenthaltserlaubnissen nach Paragraf 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes, die wegen Abschiebungsverboten erteilt werden, seien zur Jahresmitte 174.845 Personen erfasst gewesen, heißt es in der Vorlage ferner. Die Hauptstaatsangehörigkeit entfiel demnach auf Afghanistan (112.922) vor Irak (10.497) und Syrien (6.581).
Die Zahl der zum Stichtag erfassten Personen mit einer Duldung gibt die Bundesregierung mit 224.768 an. Hauptstaatsangehörigkeit war der Vorlage zufolge Irak mit 27.954 Betroffenen, gefolgt von Afghanistan mit 16.067 und Nigeria mit 14.110. (12.9.2023 BT-hib 640/2023)

Mehr Kinder ausländischer Herkunft in Obhut der Jugendämter

[31.8.] Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit ausländischer Herkunft, die 2022 wegen Kindeswohlgefährdung von Jugendämtern aufgenommen wurden, ist im Vergleich zu 2021 leicht gestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/8187) auf eine Kleine Anfrage hervor.
Den Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe des Statistischen Bundesamtes zufolge, auf die die Bundesregierung verweist, lag der Anteil an Inobhutnahmen von Kindern mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteils 2022 bei 44 Prozent. 2021 waren es 41,6 Prozent.
Damit entsprächen die Zahlen weiter dem Anteil an Familien mit Migrationshintergrund und Kindern unter 18 Jahren in der Bevölkerung, schreibt die Bundesregierung in der Antwort. Dieser sei zwischen 2021 und 2022 nämlich ebenfalls von 40,1 Prozent auf 42,2 Prozent leicht angestiegen.
Für rassistische Diskriminierung durch Jugendämter im Zusammenhang mit Inobhutnahmen hat die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge keine Belege. Sie sei zwar „in der Vergangenheit vereinzelt mit Bürgereingaben befasst“ gewesen, in denen rassistische Diskriminierungen durch Jugendämter geschildert worden seien, heißt es in der Antwort. Doch diese Schilderungen hätten sich nicht „verifizieren lassen“. Die Linksfraktion hatte in ihrer Anfrage Rassismus-Erfahrungen von Familien in Jugend-, Standesämtern und Familiengerichten thematisiert. (11.9.  BT-hib 638/2023)

Asylanträge von Frauen

[15.8.] Von Januar bis Juni 2023 haben bisher 46.672 Frauen und Mädchen einen Asylantrag in Deutschland gestellt, darunter waren 20.557 unter 18 Jahre alt. Die meisten Antragstellerinnen kamen laut Bundesregierung aus Syrien (10.225), der Türkei (5.284) und Afghanistan (5.282), wie aus einer Antwort (20/8032) auf die Kleine Anfrage hervorgeht. Die Gesamtschutzquote habe bei 51 Prozent gelegen, bei den unter 18-Jährigen bei 60 Prozent. Antragstellerinnen aus Syrien und Afghanistan hätten mit 89 beziehungsweise 84 Prozent die höchsten Schutzquoten erreicht. Am geringsten war sie mit jeweils einem Prozent bei Antragstellerinnen aus Indien und Georgien.
In der Antwort führt die Bundesregierung tabellarisch auch entsprechende Daten für die Jahre 2021 und 2022 auf. Außerdem berichtet sie, wie viele Frauen seit 2021 einen Schutzstatus im Rahmen des Familienasyls erhalten haben. (21.8. BT-hib 606/2023)

Humanitäre Hilfe seit 2013

[1.8.] Die seit 2013 geleistete humanitäre Hilfe listet die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/7957) auf eine Kleine Anfrage auf. Sie differenziert dabei zwischen Zahlungen an Nichtregierungsorganisationen, Organisationen der Vereinten Nationen (VN) und an das Rote Kreuz/den Roten Halbmond. Mit 2,6 Milliarden Euro sind VN-Organisationen 2022 dabei die mit Abstand größten Empfänger deutscher Zahlungen.
Die Bundesregierung schreibt in ihrer Antwort: „Die Bundesregierung trägt auch so dazu bei, das multilaterale System schlagkräftiger zu machen. Seit dem Jahr 2016 bewegte sich der finanzielle Gesamtanteil von Förderungen von VN-Organisationen dabei konstant zwischen etwa 81 bis 87 Prozent gegenüber 13 bis 19 Prozent für Nichtregierungsorganisationen. Die absolute Zahl der NGO-Förderungen ist gleichzeitig kontinuierlich gestiegen.“
Für 2023 kalkuliert die Bundesregierung derzeit mit 1,8 Milliarden Euro an Zahlungen an VN-Organisationen. Die Antwort der Bundesregierung enthält ferner Angaben zu Kriterien für die Mittelvergabe im Auswärtigen Amt im Bereich der humanitären Hilfe. (15.8. BT-hib 599/2023)

Nachfragen zum Bericht über Muslimfeindlichkeit

[31.7.] Die Bundesregierung führt in ihrer Antwort (20/7932) auf eine Kleine Anfrage aus, was das BMI zum Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) schrieb. Dieser sei von der vorherigen Bundesregierung als unabhängiges Gremium eingesetzt worden „mit dem Auftrag, aktuelle und sich wandelnde Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit in Deutschland zu analysieren und als Ergebnis seiner unabhängigen Arbeit einen Bericht vorzulegen sowie Empfehlungen für den Kampf gegen Muslimfeindlichkeit zu erarbeiten“.
Zu der Frage, ob der Bundesregierung die Einbeziehung von Vertretern der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS) bekannt gewesen sei, heißt es in der Antwort des BMI: „Da es sich bei der Finanzierung der Koordinierungsstelle des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) um eine Projektförderung (Zuwendungen nach § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO)) handelte, bestand für den Zuwendungsempfänger keine Pflicht, das Bundesministerium des Innern und für Heimat vorab zu informieren.“
Nach Auskunft des UEM seien Angehörige der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS) zu erfolgten Angriffen auf Moscheegemeinden befragt worden. Die IGS sei jedoch nicht in die Erstellung des Berichts einbezogen gewesen, erklärt das BMI. (10.8. BT-hib 593/2023)

Rund 9.300 Zurückweisungen im 1. Halbjahr 2023

[27.7] An der deutsch-österreichischen Landgrenze, beziehungsweise an den dortigen Grenzkontrollstellen, wurden seit Jahresbeginn bis Ende des ersten Halbjahres 2023 (Stichtag: 30.6.23) insgesamt 4.489 Personen zurückgewiesen, wie die Bundesregierung in einer Antwort (20/7874) auf eine Kleine Anfrage schreibt. Sie bezieht sich dabei auf die Polizeiliche Eingangsstatistik der Bundespolizei. - Über die Hälfte (52,2%) der Personen wurden zurückgewiesen, weil sie nicht über gültige Reisedokumente verfügten. Am häufigsten wurden Menschen aus Syrien (10,9% der Zurückweisungen) und Afghanistan (10,6%) zurückgewiesen.
Im gleichen Zeitraum wurden an der deutsch-schweizerischen Landgrenze 4.787 Personen zurückgewiesen; dort waren fehlende Reisedokumente zu 84,1% der Grund. Fast die Hälfte (45,9%) der zurückgewiesenen Personen stammten aus Afghanistan.

Fördermittel für Zentrum für Migrationsforschung

[26.7.] Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) hat im vergangenen Jahr aus Bundesmitteln eine Fördersumme in Höhe von knapp 1,4 Mio. € erhalten. Diese setzen sich zusammen aus Förderungen durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ (rund 1,13 Mio. €), aus Mitteln der Förderrichtlinie „Teilhabe und Gemeinwohl“ (rund 172.000 €) und aus Mitteln der Förderrichtlinie „Gesellschaftliche Ursachen und Wirkungen des radikalen Islam in Deutschland und Europa“ (rund 97.000 €), wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/7868) auf eine Kleine Anfrage hervorgeht.

SGBII-Leistungsberechtigte mit ausländ. Staatsangehörigkeit

[25.7.] Gemäß der Antwort (20/7811) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage haben im vergangenen Jahr rund 5,20 Millionen Leistungsberechtigte nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) Regelleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen. Darunter waren rund 3,72 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und beliefen sich die Zahlungsansprüche auf insgesamt rund 36,6 Mrd. €.
Tabellarisch wird dabei auch aufgeschlüsselt, welchen Staatsangehörigkeiten die Leistungsberechtigten angehörten (s. ab Seite 10).
Demnach lag der Bestand an Berechtigten mit ausländischer Staatsangehorigkeit im Jahresdurchschnitt 2022 bei 2.229.313 Personen.
(Weitere Aufschlüsselungen nach Staastangehörigkeiten:
EU, EU-11 (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien, Kroatien), Drittstaatenangehörige, Osteuropa (Russische Föderation, Ukraine, Weißrussland, Republik Moldau), Westbalkanstaaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien), zugangsstärkste Asylherkunftsländer (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien).

Austritte aus Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung

[25.7.] Im vergangenen Jahr haben nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 261.000 Teilnehmer eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung begonnen. Zugleich traten der BA-Statistik zufolge im Jahr 2022 rund 263.000 Teilnehmer aus einer Förderung der beruflichen Weiterbildung aus, wobei dies in 81,6% der Fälle wegen erfolgreicher Beendigung der Maßnahme war, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/7816) auf eine Kleine Anfrage hervorgeht. Hierbei hatten 64.516 Personen, die die Maßnahmen in 2022 (nicht vorzeitig!) beendeten eine ausländische Staatsangehörigkeit. (s. S. 20)
(In den Statistiken wird lediglich zwischen Austritten insgesamt und nicht oder frühzeitiger Förderungsmaßnahmenbeendigung unterschieden. Es liegt keine Dimension vor, die für alle arbeitsmarkpolitischen Instrumente die erfolgreiche Teilnahme misst. Daher gibt die Dimension "Förderung nicht vorzeitig beendet" alternativ darüber Auskunft, ob eine Förderung - gemessen am ursprünglich geplanten - bis zum Endedatum erfolgt ist.)

Hohes Fachkräftepotenzial internationaler Studierender

[18.07.] Die Bundesregierung schätzt das Fachkräftepotenzial internationaler Studierender als sehr hoch ein und hat daher nach eigenen Angaben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um internationale Studierende für den Studienstandort Deutschland zu gewinnen. Das geht aus einer Antwort (20/7810) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage hervor.
So soll beispielsweise das im Juni vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung ausländischen Studierenden dabei helfen, einer Erwerbstätigkeit neben dem Studium nachgehen zu können. Auch fördere die Bundesregierung die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Sprachlern- und Prüfungsangeboten an den Goethe-Instituten im Ausland, um auf die steigende Nachfrage an Sprachkursen in den Hauptherkunftsländern der Fachkräfteeinwanderung zu reagieren, heißt es in der Antwort.

Sozialversicherungsschutz ausländischer Saisonbeschäftigter

[4.7.] Seit dem 1. Januar 2022 haben Arbeitgeber eine Meldepflicht über die Art der krankenversicherungsrechtlichen Absicherung von Saisonbeschäftigten, die kurzfristig beschäftigt sind. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/7659) auf eine Kleine Anfrage zum „Sozialversicherungsschutz von ausländischen Saisonbeschäftigten“ hervor.
Demnach ist aus dem Meldedatensatz des Arbeitgebers erkennbar, ob die kurzfristig beschäftigte Saisonarbeitskraft als gesetzlich oder privat krankenversichert beziehungsweise als anderweitig im Krankheitsfall abgesichert gekennzeichnet ist. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Nachweis eines Krankenversicherungsschutzes zu den Entgeltunterlagen zu nehmen. Weiter führt die Regierung aus, dass eine Person grundsätzlich dem System der sozialen Sicherheit des Staates unterliege, in dem sie beschäftigt sei. Eine in Deutschland bei einem deutschen Arbeitgeber als Saisonarbeitskraft beschäftigte Person unterliege deshalb in der Regel dem deutschen System der sozialen Sicherheit einschließlich den Regelungen zur Krankenversicherung.

2. Termin-/Veranstaltungshinweise

21.12.23 Europe Calling: Webinar "GEAS: Einigung bei der EU-Asylreform"

Europe Calling e.V. (https://europe-calling.de): Eil-Webinar “GEAS: Einigung bei der EU-Asylreform” - Do, 21.12.2023, 18-19 Uhr

Soeben haben sich Europaparlament, EU-Mitgliedsländer und EU-Kommission in den Trilog-Verhandlungen auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt.
Im Juni 2023 hatte die Zustimmung der deutschen Bundesregierung zur Verhandlungsposition der Mitgliedsländer heftige Diskussion ausgelöst angesichts von Plänen für Asylverfahren an den Außengrenzen und die Unterbringung der Asylsuchenden, auch von Kindern, in haft-ähnlichen Zentren. Bei Europe Calling wurde im Juni mit einem großen Webinar genau auf die Eckpunkte geschaut (Aufzeichnung hier).
Was steckt genau in der heutigen Einigung? Was bedeutet das für die Flüchtenden und die Aufnahme- und Ankunftsländer?
Dazu wird noch vor der Weihnachtspause ein Eil-Webinar für eine erste Einschätzung vorgenommen - nicht zuletzt, damit das Thema über die Feiertage nicht einfach untergeht.

Dabei sind:

  • Dr. Raphael Bossong, Flucht- und Migrationsforscherin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (zugesagt)
  • Birgit Sippel, MdEP, Verhandlerin für die GEAS-Reform der SPD (S&D) im Europaparlament (angefragt)
  • Cornelia Ernst, MdEP, Verhandlerin für die GEAS-Reform der LINKE (GUE/NGL) im Europaparlament (angefragt)
  • Erik Marquardt MdEP, Verhandler für die GEAS-Reform von Bündnis90/Die Grünen (Grüne/EFA) im Europaparlament (zugesagt)
  • Eine Vertreterin von Equal Rights Beyond Borders, einer griechisch-deutsche NGO Rechtshilfe für Flüchtende (zugesagt)
  • Moderation: Maximilian Fries, Geschäftsführer von Europe Calling e.V.

Anmeldung!: https://t1p.de/wz4tx

ab 12.1.24 (mehrere Termine) Online-Seminar: SGB II für die Migrationsberatung

Dieses eintägige Online-Seminar richtet sich an die Migrationsberatung und die, die Geflüchtete im Umgang mit Ämtern und bei der Integration in die Gesellschaft begleiten und unterstützen. In der Fortbildung werden die Basics der Probleme zwischen den Geflüchteten und den Jobcentern behandelt.
Zum Referenten: Harald Thomé, Sozialrechtsexperte. U.a. seit über 19 Jahren Durchführung von Fortbildungen für Wohlfahrtsverbände, Beratungsstellen, Sozialverbände sowie Juristenorganisationen u. Betroffenenorganisationen.
Online-Seminar-Termine (vorerst) 2024: 12. Jan., 01. Febr., 08. März, 25. April und 24. Mai. Ausschreibung und Anmeldung: hier.

17.1. Austauschforum zur aktuellen Unterbringungssituation

Online-Austauschforum zur aktuellen Unterbringungssituation am 17.01.2024, 9:30 - 12:30 Uhr:
Gemeinsam mit dem Bundesforum Vormundschaften veranstaltet der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. eine Kooperationsveranstaltung speziell für Vormünder*innen. Nach einem kurzen Input soll es vor allem einen Erfahrungsaustausch unter den Fachkräften geben, wie auf die oftmals kindeswohlgefährdenden Umständen in der Unterbringung und Versorgung reagiert werden kann.
Für Mitglieder vom BumF und/ oder dem Bundesforum Vormundschaften ist die Teilnahme kostenlos. Nicht-Mitglieder bezahlen 50 Euro. Die Teilnahmezahl ist auf 30 begrenzt.
Zur Anmeldung.

BumF-Grundlagenschulungen ab 22.1.

Monatliche Online-Grundlagenschulung des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. für die Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen. Neben den Schulungsinhalten wird es Raum für interaktiven Austausch und zur Reflexion der Herausforderungen und Haltungen im Arbeitsalltag geben.
Termine: 22.01., 29.02., 13.03., 15.04.2024. Je 10 - 13:30 Uhr:
Zur Anmeldung.

27.1. Migrationsrecht FoBi in Berlin

Ehe, Abstammung und Aufenthaltsrecht - Fortbildung des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins
Sem.Nr. 24-1 | RA'in Imeke de Weldige, RA und Notar Dirk Siegfried | 5 Std. Seminarzeit gem. FAO
Erörtert werden aus anwaltlicher und notarieller Sicht:
- Anerkennung/Wirksamkeit von Eheschließungen im Ausland.
- religiöse / traditionelle Eheschließung.
- Eheschließung im Inland unter Beteiligung von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
- Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Abstammung und möglicher Verlust bei Anfechtung der Vaterschaft.
- Vaterschaftsanerkennungen, Kollision verschiedener Abstammungsrechte, Eintragungen im Geburtenregister und deren Berichtigung.

Die Fortbildung richtet sich an im Migrationsrecht tätige Anwält*innen.

Referent*innen: Rechtsanwältin Imeke de Weldige, Rechtsanwalt und Notar Dirk Siegfried
Termin: 27.1.2024 | 11-17 Uhr (5 Zeitstunden nach FAO)
Ort: Alte Feuerwache | Axel-Springer-Straße 40/41 | 10969 Berlin
Teilnahmebeitrag: 100/130 € für Berufsanfänger*innen bis 2 Jahre Zulassung mit/ohne RAV-Mitgliedschaft; 160/220 € für RAV-Mitglieder/Nichtmitglieder  (jew. incl. MwSt.)
Anmeldungen (PDF) bitte bis 19.1.2024 per Post, Fax oder Mail an die Geschäftsstelle des RAV

25.4. Caritas Brüssel Online-Talk zum gemeins. EU-Asylsystem

Auf einen „Espresso Europa“: Die Kontaktstelle Politik Europa des Deutschen Caritasverband e.V. lädt ab Januar 2024 einmal im Monat bis zur Europawahl am 9.6.2024 für 30 Minuten ein zu Online-Diskussionen über aktuelle europäische Themen.
Am 25. April 2024, 10-10:30 Uhr zu dem Thema: "Das Gemeinsame Europäische Asylsystem"
Teilnahme ohn Anmeldung möglich über den folgenden Zoom-Link: Bitte hier klicken

19.9. Bundesweiter JMD-& MBE-Aktionstag

Beim jährlichen Aktiontag geben stets zahlreiche der rund 500 Jugendmigrationsdienste bundesweit Einblicke in ihre Arbeit.
Zum Bericht zum diesjährigen Aktionstag am 13.09.2023, bei denen sich die JMD v.a. auch gegen geplante Kürzungen im Haushaltsentwurf 2024 einsetzten, Politiker*innen der Bundes-, Landes- und Kommunalebene zum Gespräch einluden und ihre Türen für die Öffentlichkeit öffneten. - Das Interesse in 2023 war groß: Allein rund 100 Bundestagsabgeordnete kamen auf diese Weise mit JMD- und MBE-Mitarbeitenden und Ratsuchenden in persönlichen Austausch und viele von ihnen sicherten ihre Unterstützung zu.

3.1. Pressemitteilungen/Meldungen - Deutschland

Ampelkoalitions-Einigung zu Einbürgerung u. Abschiebung

[20.12.] Noch Mitte Dezember konnten die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts sowie das "Gesetz zur Verbesserung der Rückführung" nicht vom Bundestag beschlossen werden aufgrund von Unienigkeit in der Ampel. Mit einer am 20.12. veröffentlichten knappen Erklärung der Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wurde nun doch eine Kompromisseinigung verkündet. Beide Gesetze -mit denen sowohl Einbürgerung als auch Abschiebungen erleichtert werden sollen - könnten damit im Januar vom Bundestag beschlossen werden.
Kritiker*innen, Menschenrechtsorganisationen, Kirchen u.a. monieren u.a. den nach bishergem Textstand drohenden Ausschluss von unverschuldeten Sozialleistungsbezieher*innen von der Einbürgerung sowie die damit anstehende Einführung nicht menschenrechts-konformer Verschärfungen im Rahmen von Abschiebungen. (20.12. Stern, Tagesschau, Focus, Dlf, Tagesspiegel)

Bundespolizeigesetzreform / Racial-Profiling

[20.12.] Am 20.12. wurde der Entwurf für eine Modernisierung des Bundespolizeigesetzes vom Kabinett gebilligt. Hiermit sollen die Beamt*innen neuen Zugriff auf Telefondaten zur Überwachung bekommen und mehr Befugnisse für den Einsatz von Drohnen. Weiterhin soll hiermit mehr gegen Diskriminierungen durch Beamt*innen getan werden. Dem Problem des "Racial Profiling" soll u.a. mit Bescheinigungen beigekommen werden.
Das ausdrückliche Verbot rassistischer Diskriminierung im künftigen Bundespolizeigesetz stößt auf Zustimmung, aber auch auf Kritik.
So begrüß die Migrations- und Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), den nun vorgesehenen Diskriminierungsschutz. Wiederum die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, zeigte sich skeptisch, ob er wirksam werde sowie kritisierte den Reformentwurf als einseitig. Ihrzufolge müssten sich Menschen auf die Polizei verlassen und ihr vertrauen können. Deshalb sei es wichtig, dass das Bundespolizeigesetz einen Diskriminierungsschutz für alle garantiere, für die Polizei und die Bürger*innen; der vorliegende Reformentwurf tue dies ihrzufolge "leider nicht", sondern schütze v.a. die Polizei. Ataman kritisierte insbesondere die Regelungen zu verdachtsunabhängigen Personenkontrollen als verfassungsrechtlich problematisch, weil sie "Racial Profiling" eher begünstigen würden.
Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sei die Reform insgesamt dringend nötig, weil in der aktuellen Version aus dem Jahr 1994 Befugnisse zur Terrorabwehr, Nutzung künstlicher Intelligenz und Videotechnik fehlten. Mit Blick auf das "Racial Profiling" jedoch verwies sie darauf, dass die geplanten Regelungen in der Praxis kaum Wirkung zeigten und das Problem anders gelöst werden müsse. (20.12. Migazin, BMI, Tagesspiegel, Welt, Spiegel, TAZ, Tagesschau, rnd, FAZ)

Weltflüchtlingsforum in Genf

[13.-15.12.] In Genf wird das dreitägige Weltflüchtlingsforum veranstaltet. Zu den Teilnehmer*innen zählt auch Entwicklungsministerin Schulze. Dabei geht es nicht nur um dringend benötigte Gelder, sondern vor allem um Lösungen.
Rund 4.200 Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen, Hilfsorganisationen und Unternehmen sind im Genfer Kongresszentrum Palexpo zusammengekommen, darunter auch 300 Flüchtlinge. Bis Freitag wollen sie Lösungen finden für die 114 Millionen Menschen, die gerade weltweit vor Kriegen und Gewalt auf der Flucht sind - so viele wie nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Der Krieg in Nahost beherrsche gerade die Schlagzeilen, sagte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, zum Auftakt des Weltflüchtlingsforums, aber - so sein Appell: "Lasst uns die Flüchtlinge nicht vergessen, auch wenn in der Vielzahl der Herausforderungen einige größer und dringlicher erscheinen mögen."
Svenja Schulze vertritt Deutschland: Um Deutschland bei dem Treffen zu vertreten, ist Entwicklungsministerin Svenja Schulze nach Genf gekommen. Für sie geht es beim Weltflüchtlingsforum vor allem darum, die Länder zu unterstützen, die die meisten Flüchtlinge aufnehmen - und die sind nicht in Europa: "Dreiviertel der Flüchtlinge dieser Welt sind in Entwicklungs- und Schwellenländern. Und die sind oft damit überfordert, für diese Flüchtlinge wirklich Perspektiven zu bilden."
Dass die Flüchtlinge in die Schule gehen können, dass sie ins Gesundheitssystem kommen, dass sie arbeiten dürfen - das sei es, worum es auf diesem Weltflüchtlingsforum gehe, erklärt Schulze weiter. Deutschland unterstütze etwa Projekte in Jordanien und der Türkei, die 500.000 Kindern aus Syrien den Schulbesuch ermöglicht hätten. In Mauretanien helfe man bei der Integration von Geflüchteten aus Mali.
Flüchtlingsaufnahme soll weltweit verbessert werden: "Daran haben wir als Deutschland ein wirkliches Interesse. Denn wenn die Menschen in der Nähe ihrer Heimat bleiben können, dann können sie dort erst mal auch ein Zuhause finden und müssen nicht weiter fliehen. Und das ist etwas, wo wir unbedingt unterstützen wollen", so Schulze.
Nach 2019 ist es das zweite Weltflüchtlingsforum. Es geht zurück auf den "globalen Pakt für Flüchtlinge", den die Generalversammlung der Vereinten Nationen 2018 verabschiedet hat. Ein Versprechen der Staaten, die Aufnahme von Flüchtlingen weltweit zu verbessern und die Kosten besser zu verteilen. Doch dem UN-Flüchtlingshilfswerk fehlt Geld.
Dramatische Unterfinanzierung: "Allein für dieses Jahr brauchen wir noch 400 Millionen Dollar", erklärt UN-Hochkommissar Grandi. "Ich denke nicht, dass wir die bis zum 31. Dezember bekommen. Ich bin sehr beunruhigt. Wir mussten unsere Projekte bereits einschränken und Personal abbauen."
Und doch sei die dramatische Unterfinanzierung jetzt nicht das Hauptthema beim Weltflüchtlingsforum, sagt Peter Ruhenstroth-Bauer, Leiter der UN-Flüchtlingshilfe Deutschland. "Zentral an diesen drei Tagen ist, dass die Zivilgesellschaft, Unternehmen und Regierungen gemeinsam nach Lösungen suchen. Es geht also nicht nur darum, Spenden zu bekommen, sondern um einen gemeinsamen Lösungsweg für die aktuellen Herausforderungen." [...]

In der von einem Kardinal im Rahmen des Forums verlesenen Botschaft von Papstt Franziskus hieß es: „Jeder Mensch sollte die freie Wahl haben, ob er migrieren möchte oder nicht." Aber auch sollte jede*r „die Möglichkeit haben, in seinem eigenen Land ein würdiges Leben zu führen“.

UN-Hochkommissar für Flüchtlinge und Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) Filippo Grandi, kritisierte Versuche von Regierungen, Geflüchtete fernzuhalten, entweder durch den Bau von Grenzmauern- oder Zäunen oder Asylverfahren, die in andere Länder ausgelagert werden und forderte anstelle dessen Solidarität mit den Geflüchteten.
(12.12. Finanznachrichten,14.12. Tagesschau, Vaticannews.va, Kathpress.at, rnd)

Geheimer Migrationsdeal mit dem Irak

[15.12.] Bereits im Mai hat sich die Bundesregierung mit dem Irak auf eine gemeinsame Migrationsvereinbarung geeinigt - und hält dieses seitdem geheim. Recherchen zeigen, dass der Irak bei der Rückführung seiner Staatsbürger helfen soll. NDR, WDR und SZ liegt die schriftliche Erklärung zu Migration und Abschiebungen beider Länder vor. Die Opposition verlangt Aufklärung. (15.12. Tagesschau, NDR, SZ)

Rhetorik-Preis für Habecks Rede zum Existenzrecht Israels u. gegen Antisemitismus

[14.12.] Das Seminar für Allgemeine Rhetorik an der Universität Tübingen zeichnet den Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) für seine Video-Ansprache von Anfang Nov. zum Thema Israel und Antisemitismus mit dem Preis für die „Rede des Jahres“ aus. - Diese sei ein „Musterbeispiel für eine engagierte und bedeutsame politische Rede“, teilte die Universität mit. Habeck habe „mit Verve und hoher Emotionalität“ das Existenzrecht Israels verteidigt und auf die besondere Verantwortung Deutschlands hingewiesen.Weiter heißt es in der Begründung, Habecks Rede sei drei Wochen nach dem Angriff der Terror-Organisation Hamas auf Israel „geradezu herbeigesehnt“ worden. In einem zweifachen Plädoyer habe er einerseits das Existenzrecht Israels und dessen Recht auf Verteidigung bekräftigt und andererseits dem Antisemitismus innerhalb Deutschlands eine klare Absage erteilt. „Mit Kürze und Klarheit in Wortwahl und Satzbau präsentiert Habeck ein unmissverständliches Statement in einer schwierigen Problemlage – und bietet damit politische Führung“, urteilte die Jury.

Das Seminar für Allgemeine Rhetorik vergibt die Auszeichnung seit 1998. Sie wird für Reden vergeben, die aus Sicht einer Jury die politische, soziale oder kulturelle Diskussion entscheidend beeinflusst haben. Im vergangenen Jahr hatte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer die Auszeichnung erhalten. (14.12. Dlf; vgl Uni-Tuebingen, Evangelische-Zeitung, Informationsdienst Wissenschaft, SWR)

Krieg im Nahen Osten spaltet auch in Deutschland

[12.12.] Mit dem Krieg im Nahen Osten ist es einer Bertelsmann-Studie (s.u.: Publikationen) zufolge zu einem erschreckenden Anstieg antisemitischer Vorfälle und zugleich auch verstärkt zu antimuslimischen Anfeindungen in Deutschland gekommen. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die israelische Gegenoffensive seit dem 7. Oktober zeigten deutliche Auswirkungen auch hierzulande und offenbarten Risse in der Gesellschaft, hieß es am Dienstag bei Vorstellung einiger Ergebnisse des „Religionsmonitors 2023“ der Bertelsmann Stiftung. Die Studie, für die 2022 mehr als 4300 Personen ab 16 Jahren bundesweit befragt worden waren, hätte weit verbreitete Vorurteile und Stereotype offengelegt, die nun vom eskalierenden Nahost-Konflikt befeuert würden. (12.12. SZ,13.12. Migazin)

Aktuelle Migrationsgesetzgebung: Einbürgerungsreform & Rückführungsverbesserung

[11.12.] Nicht nur zwischen Regierung und Opposition gibt es Dissens, auch innerhalb der Ampelkoalition tut man sich insbesondere auch bezüglich des migrationspolitischen Kurses schwer.: Besonders FDP und Grüne liegen oft weit auseinander. So zeigte sich erneut bei Bundestags-Beratungen Ende November über beschleunigte Einbürgerungen (Staatsbürgerschaftsreform) und die Beseitigung von Abschiebungshindernissen (Rückführungsverbesserungsgesetz), dass die trennende Linie in diesem Politikfeld nicht immer nur zwischen Koalition und Opposition verläuft.

Zu den geplanten erleichterten Einbürgerungen hatte von Seiten der Opposition – zumindest zur generellen Tendenz – die Linke im November Zuspruch geäußert. Andererseits war aus den Reihen der Koalition selbst, von Seiten der Grünen über Politikerin Filiz Polat, (bei beiden Gesetzesvorhaben) Nachbesserungsbedarf angemeldet worden; bspw. mit Blick auf nötige weitere Entschärfungen und Ausnahmen bei der Lebensunterhaltssicherungspflicht (LUS) als Einbürgerungsvoraussetzung, wodurch nach dem aktuellen Entwurf noch viele ausgeschlossen würden, wie v.a. Frauen mit langjähriger Beschäftigung im Niedriglohnsektor, Alleinerziehende oder solche mit Pflegeverantwortung und daher nur geringer Rente oder solche Zugewanderten, die unverschuldet arbeitslos geworden sind sowie Menschen mit Behinderung, die den Bezug von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben. Diese kritische Einschätzung teilten insbesondere auch die von der SPD geladenen Sachverständigen im Rahmen der Bundestags-Innenausschuss-Anhörung am 11.12. und in der schriftlichen Stellungnahme (4.12.) des Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, sprach dieser von mittelbarer Diskriminierung im Sinne des Art. 3 GG.
Jedoch insbesondere die FDP will diese LUS-Regelung nicht aufweichen. (So spiele es laut des FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr für seine Fraktion keine Rolle, ob jmd. fünf oder acht Jahre im Land sei, wiederum aber sei in jedem Fall „Voraussetzung […], dass man seinen Lebensunterhalt sichern kann.“) Ende Nov. hatte die FDP dann sogar auch grundsätzliche Zweifel an den Einbürgerungserleichterungsplänen angemeldet: laut deren Generalsekretär Djir-Sarai sei jetzt "nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung". Wiederum Die CDU hatte bereits Anfang November mit Verweis auf antisemitische Parolen und Ausschreitungen bei pro-palästinensischen Demonstrationen einen Stopp der geplanten Staatsbürgerschaftsrechtsreform gefordert. Eine "Expresseinbürgerung" sende falsche Signale. Und in der Anhörung Ende November hatte der innenpolitische CDU-Sprecher, Alexander Throm, dann von einem „Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“ gesprochen sowie darauf verwiesen, dass für die dringend benötigten ausländischen Fachkräfte ohnehin eine schnelle Einbürgerung unwesentlich, wichtiger hingegen zügige Visaverfahren, ein rascher Familiennachzug sowie Unterstützung bei der Wohnungssuche seien.
Wiederum mit Blick auf die Forderung, in das Gesetz neben dem bereits enthaltenen Ausschlussgrund Antisemitismus auch noch ein verpflichtendes Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel von Einbürgerungswilligen aufzunehmen, waren sich CDU und FDP sofort einig. Von Seiten des innenpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, hieß es wiederum erst, dass man für eine Konkretisierung zwar generell offen sei, eine Einbürgerungsbehörde aber keine Ermittlungskompetenz habe und auch nicht zum Gericht werden könne. - Schon jetzt wird von einem Einbürgerungswilligen verlangt, "dass seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist". Der aktuelle konkretisierende Formulierungsvorschlag der Ampel lautet nun: "Antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes."

[Laut einer repräsentativen Umfrage (zwischen Ende März und Anfang Mai) des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (Dezim; s.u. Publikationen) fanden die von der Ampel-Koalition im Rahmen der Staatsbürgerschaftsreform geplanten Absenkungen der Hürden  für die Einbürgerung (v.a. für ehemalige s.g. Gastarbeiter*innen) noch im Frühjahr bei etwa die Hälfte der Bevölkerung Zustimmung. (Ob sich die Einstellungen zur Reform durch die jüngsten Entwicklungen und Debatten zu Asylpolitik und Arbeitskräfteeinwanderung seither womöglich verändert haben, geht aus der Untersuchung nicht hervor.
Wiederum laut dem, Co-Leiter der Abteilung Integration am DeZIM, Niklas Harder könnte „Kurzfristig [...] die Zahl der Einbürgerungsanträge durch die Reform steigen. Langfristig würde sie unter den aktuellen Bedingungen in erster Linie zu früheren, aber nicht unbedingt zu mehr Einbürgerungen führen. Es wäre wichtig, die zuständigen Behörden bei der Reform mitzunehmen. Bereits jetzt gibt es teilweise sehr lange Wartezeiten. Um die Zahl der Einbürgerungen zu erhöhen, müsste die Leistungsfähigkeit der Verwaltung gestärkt werden.“]

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Zu den geplanten Vorhaben zur Verbesserung der Rückführung hatte das BMI am 12.10. den ersten Entwurf vorlegt und die Bundesregierung am 25.10. den Gesetzentwurf beschlossen, der danach in das parlamentarische Verfahren ging.
Seitens der CDU hatte es Lob gegeben zumindest für den verlängerten Ausreisegewahrsam im Rückführungskontext und es war auch begrüßt worden, dass die Ampel nun erste Anstrengungen unternehme, um Abschiebungshindernisse zu beseitigen. Ebenso aus den Reihen der FDP waren die Vorschläge für schärfere Abschieberegeln aus dem SPD geführten Innenministerium bereits im Sommer begrüßt worden. Wiederum laut des CDU-Innenpolitikers Christoph de Vries seien diese jedoch nicht ausreichend und zudem wäre es noch weitaus wichtiger, die Kontrolle darüber zurückzugewinnen, wer einreise. Hingegen aus Linker Sicht zeige das Gesetzesvorhaben, dass sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP „dem gesellschaftlichen Druck von Rechts“ gebeugt habe (Clara Bünger, Abgeordnete der Linken).
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte mit Blick auf das s.g. „Rückführungsverbesserungsgesetz“ v.a. lobend von den dabei geplanten Verfahrensvereinfachungen gesprochen und betont, wer vollziehbar ausreisepflichtig sei, müsse Deutschland auch verlassen. Wiederum aus Koalitionsreihen war klare Kritik von Grüner Seite gekommen, die die auch in der Zivilgesellschaft vertretene Position äußerte, dass der Entwurf teils Maßnahmen vorsehe, die einen „Eingriff in elementare Grundrechte“ darstellten (Filiz Polat). Jedoch sprach sie sich nicht grundsätzlich dagegen aus, sondern betonte lediglich, die Fraktion wolle daher genau prüfen, ob dies gerechtfertigt sei.
Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae hingegen hatte Ende Nov. lobend von einer Reform mit Augenmaß gesprochen.
Wiederum seitens vieler Länder-Innenminister*innen, die in den vergangenen Monaten besonders Druck auf die Bundesregierung ausgeübt hatten, Migration zu begrenzen, war bereits nach Gesetzesentwurfsvorlage Ernüchterung geäußert worden, da laut diesem maximal 600 zusätzliche Abschiebungen pro Jahr vorgesehen bzw. möglich sind.

Verfassungs- sowie europa- und völkerrechtliche Bedenken angesichts massiver Grundrechtseinschränkungen und -eingriffe durch die geplanten Neuregelungen werden dabei seit Monaten von zahlreichen Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen geäußert – u.a. mit Blick auf neu geschaffene Straftatbestände für Geflüchtete, erweiterten Polizei-Kompetenzen (z.B. hinsichtlich der Genehmigung, künftig bei der Suche nach Auszuweisenden bzw. deren Dokumenten auch die Räume Dritter zu durchsuchen) sowie angesichts der Verlängerung des Ausreisegewahrsams. So etwa wirft Pro Asyl der Bundesregierung vor, die Rechte der Betroffenen dem „rechtspopulistischen Diskurs“ zu opfern und kritisierte die Regeln als unverhältnismäßig: "Die Zahl der Abschiebungen ließe sich selbst durch die restriktivsten neuen Abschieberegeln lediglich um wenige Hundert erhöhen, was somit in keinem Verhältnis zu den damit einhergehenden Rechtsverletzungen steht." 
Auch in einer Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbands ist man alarmiert angesichts der „weitreichende[n] Eingriffe in das Recht auf Freiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf Privatsphäre“.
Wiederum auch mit Blick auf bereits fürher veröffentlichte Pläne des BMI, mutmaßliche Angehörige krimineller Clans oder anderer Gruppierungen der Organisierten Kriminalität leichter abzuschieben – ggf. auch ohne eine rechtskräftige Verurteilung, sondern bereits bei Anhaltspunkten zu eigenen kriminellen Aktivitäten - äußerten Rechtsexperten bereits im Sommer Zweifel. Sie betonten, dass Ausweisungen als Eingriff in Grundrechte immer im Einzelfall gerechtfertigt sein müssten und nicht allein wegen der Mitgliedschaft in einer bestimmten Familie möglich wären. Und selbst wenn Behörden zu dem Schluss kämen, dass Ausweisungsgründe vorliegen, steht Betroffenen immer noch der Klageweg offen und ist eine sofortige Ausweisung somit unmöglich. Während etwa die Gewerkschaft der Polizei das Vorhaben von Innenministerin Faeser unterstützt hatte, war der Vorstoß bereits seitens der Grünen als nicht-rechtsstaatlich abgelehnt worden.

Für Betroffene und Behörden bleiben unabhängig von inhaltlichen Änderungen aber auch die unterschiedlichen Zuständigkeiten und Regelauslegungen ein Problem und werden bei der Umsetzung weiterhin zu Irritationen und Zeitverzug führen. So wird auch seitens verschiedener Expert*innen grundsätzlich und weiterhin Skepsis mit Blick auf die bisherige wie künftige Umsetzung der Gesetze geäußert. So monierte etwa Victoria Rietig, Migrationsexpertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, dass in Deutschland v.a. die zerstückelten Zuständigkeiten das Problem seien, welche das Gesetz jedoch an keiner Stelle angehe. „Unsere Forschung zeigt ganz klar, dass Rückkehr, Entscheidungen und Vollzug von Abschiebungen in Deutschland uneinheitlich und oft unfair sind“. Ihr zufolge könnte die Rückkehrpolitik nur durch eine Strukturreform könne einheitlicher und dadurch auch fairer werden.: „Wir empfehlen deshalb, dass die Politik insgesamt stärker zentralisiert sein sollte: Das heißt nicht die Kommunalebene, sondern mindestens die Landesebene und langfristig die Bundesebene sollte die Abschiebungsentscheidungen treffen und dann auch vollziehen, damit nämlich dann ähnlich gelagerte Fälle auch ähnlich behandelt werden.“

[Zahlen: Laut Angaben von Ende Nov. lag die Zahl der ausreisepflichtigen Ausländer*innen bis Ende August 2023 bei 261.925. Dabei sind nicht alle Ausreisepflichtigen abgelehnte Asylsuchende; hinzu gehören etwa auch Menschen, als Tourist*innen oder Studierende nach Deutschland gekommen sind und deren Visum oder Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist. 155.448 von den Ausreisepflichtigen wiederum sind Menschen mit einem abgelehnten Asylantrag, doch nur rund 19.500 von ihnen haben keine Duldung. Zählt man diejenigen hinzu, die aus anderen Gründen als einem abgelehnten Asylantrag ausreisen müssen und auch keine Duldung haben, kommt man auf rund 50.000 ausreisepflichtige Personen.] 

(2.8. MIGAZIN; 4.8. DLF I / II; 9.8. Dlf, 22.8. Migazin, 24.8. Tagesschau, 18.10. BMI,18.10. Pro Asyl, 25.10. BMI, 24.10. Welt; 26.10. NDR; 1.11. Flüchtlingsrat Berlin e.V., 2.11. Tagesschau, 11.10. ZEIT, Spiegel, lto; 12.11. WELT, 15.11. Diakonie, 22.11. Mediendienst Integration, 28.11.Dlf, Tagesschau; 29.11. WiWo, MIGAZIN, Tagesspiegel, SZ, MSN, 30.11. Migazin, Stuttgarter-Zeitung, Dlf, 11.12. Migazin)

Migrationspolit. Positionierungen der Parteien (u.a. in EU-Wahlprogrammen)

[11.12.] Grüne: Beim Grünen Parteitag (23.-26.11.) waren im Programm zur EU-Parlamntswahl (am 9.6.24) v.a. Passagen heftig umstritten, in denen es um eine Regulierung von Migration ging. Letztlich scheiterte die Grüne Jugend beim Bundesparteitag Ende November mit dem Versuch, grünen Minister*innen und Fraktionen in Bund und Ländern die Zustimmung zu weiteren Asylrechtsverschärfungen zu verbieten. (Mit einem Dringlichkeitsantrag wollte sie erreichen, dass Grüne überhaupt keine Verschärfungen des Asylrechts mittragen - weder in Deutschland noch auf EU-Ebene.) Im verabschiedeten Antrag, den der Parteivorstand vorgelegt hatte, steht nun: "Steuerung, Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu. Wir wollen Kapazitäten ausbauen, die soziale Infrastruktur stärken und tragfähige Strukturen schaffen." Weiterhin sprechen sich die Grünen aber für die Förderung der zivilen Seenotrettung durch den Bund aus.

Linke: In ihrem bereits im September präsentierten um beim Parteitag am 18.11. weiter diskutierten Programmentwurf untermauerte die Linke ihre flüchtlingsfreundliche Position. So etwa lehnt sie die derzeit von der EU geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ab. Die Reform sieht u.a. vor, dass mehr Menschen Asylverfahren direkt an den EU-Außengrenzen durchlaufen, wenn sie wenig Aussicht auf Asyl haben, und so schneller abgeschoben werden können. Zwar finden sich nicht wortwörtlich frühere Forderung nach "offenen Grenzen für alle Menschen" im Programmentwurf, jedoch der Wunsch nach mehr "humanitären Visa zur legalen Einreise und/oder die Aufhebung des Visazwangs für Schutzsuchende". Zudem sollten Flüchtlinge grundsätzlich "unabhängig von ihrer Herkunft" ähnlich schnell und unbürokratisch aufgenommen werden, wie dies bei den ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland der Fall war. Zudem betont die Linke (entgegen der Wagenknet-Tendenzen) ihre grundsätzlich proeuropäische Einstellung. "Die Europäische Union verkörpert für viele die Hoffnung auf Frieden und Freiheit". Aber auch deutliche Kritik an der realen Entwicklung der EU wird genannt: "Während Regierungen und große Unternehmen die Wirtschaftsunion forciert haben, blieb die Entwicklung einer Sozialunion meilenweit dahinter zurück." Die Linke stehe daher "gegen die Befürworter*innen einer marktradikalen EU als auch gegen das nationalistische Konzept eines 'Europas der Vaterländer'".

SPD: Bei der s.g. Europadelegiertenkonferenz am 28.1.24 wird die SPD die Bundesliste der Partei für die Europawahl aufstellen und das Wahlprogramm der SPD zur Europawahl beschließen.
Doch auch bereits beim jüngsten SPD-Parteitag am 9.12. war Migrationspolitik in Deutschland sowie auf europäischer Ebene bereits ein wichtiges Thema. In seiner Parteitagsrede betonte Scholz, dass genauso, wie die irreguläre Migration begrenzt werden müsse, auch die Einwanderung von Fachkräften gefördert werden sollte. Seine umstrittene Forderung nach Abschiebungen in großem Stil wiederholte er nicht, dafür warb er eindringlich für die Einwanderung von Fachkräften. „Deutschland braucht als Einwanderungsland auch weiter die Perspektive, diejenigen aufzunehmen, die für das Wachstum und den Wohlstand dieser Gesellschaft erforderlich sind“.
Am Ende beschloss die Partei einen aus rund 60 Anträgen zusammengeführt Kompromissantrag der Parteiführung zum Thema Migration mit dem Titel „Deutschland ist ein Einwanderungsland – wir gestalten Einwanderung“:
- Zum Thema der Rückführung abgelehnter Asylbewerber*innen wird im Antrag die Förderung einer freiwilligen Ausreise hervorgehoben, während es zur erzwungenen Abschiebung nur heißt, dass diese dann „erforderlich“ ist, wenn die freiwillige Ausreise „abgelehnt“ wird. Mehr Geschwindigkeit wird lediglich bei der laut Antrag aktuell zu langwierigen Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerber*innen explizit gefordert.
- Zivile Seenotrettung stellt laut Antrag „eine Verpflichtung aus dem internationalen Seerecht“ dar und dürfe, da sie „diese Aufgabe und humanitäre Verantwortung übernimmt, Menschen aus Not zu retten […] auch nicht kriminalisiert werden“. Sie wird daher weiter seitens der SPD unterstützt. (Wiederum nicht eindeutig ist, ob mit dem Antrag die geplante Aufenthaltsgesetzreform geändert wird. Nach dem bisherigen Entwurf soll selbst auch die uneigennützige Schleusung von Menschen künftig unter Strafe gestellt werden. (Migazin 27.11.) Ein aktuelles Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass die geplante Gesetzesverschärfung damit auch die private Seenotrettung erfassen und unter Strafe stellen könnte.) - Während Italien private Seenotrettung als Einmischung in innere Angelegenheiten betrachtet und auf EU-Ebene zu kriminalisieren versucht, beschloss der Bundestag, sie mit jährlich 2 Mio. € bis 2026 zu fördern. Der Bundeskanzler wiederum sieht die staatliche Finanzierung skeptisch.
- Die Familienzusammenführung für subsidiär Schutzbedürftige will die SPD laut Antrag wieder ermöglichen, „weil sie eine wichtige Voraussetzung für gelingende Integration in unsere Gesellschaft ist“. – Dies entspricht auch der Vereinbarung im Koalitionsvertrag.
Die Jusos wiederum waren mit Anträgen gescheitert, in denen sie die Abschaffung der Grenzschutzagentur Frontex und einen Abschiebestopp in den Irak forderten sowie sich gegen Teile der europäischen Asylreform stellten, welche letztlich von Bundeskanzler Scholz und Innenministerin Nancy Faeser auf EU-Ebene unterstützt wurden.

FDP: Der Europaparteitag findet parallel zur SPD, am 28.1.24., statt.

CDU: Die CDU/CSU stellt ihre Listen nach und nach für jedes Bundesland einzeln auf, einige Landeslisten sind bereits beschlossen. Bei Anruf in der Parteizentrale am 6.12. hieß es, ein konkretes Datum zur Veröffentlichung des konsolidierten CDU/CSU-Europawahlprogramms stehe noch nicht fest.
Unterdes stellte die Partei (am 11.12.) den 70-seitigen Entwurf eines neuen CDU-Grundsatzprogramms mit dem Titel "In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen" vor, in dem eine klare Verschiebung zum Konservativeren hin erfolgt und betont wird, dass Deutschland "ein christlich geprägtes Land" sei. Der Migrationskurs wird verschärft und explizit auf eine s.g. deutsche "Leitkultur" gesetzt.  Zu letzterer gehören aus CDU-Sicht u.a. die Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen, der Rechtsstaat, Respekt und Toleranz. Diese Leitkultur müsse von allen, die in Deutschland leben wollten, ohne Wenn und Aber anerkannt werden. Es wird betont, dass „Jüdisches Leben“ zu Deutschland “gehört“, wiederum mit Blick auf Muslim*innen heißt es, diejenigen, „die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Der islamistische Terrorismus und der politische Islam werden als unterschätzte Gefahren angesehen. In der Migrationspolitik fordert die Partei eine Drittstaatenlösung. "Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen." Bei positivem Asylverfahrensausgang soll zunächst der sichere Drittstaat vor Ort Schutz gewähren. Zudem soll es jährliche Kontingente schutzbedürftiger Menschen geben.

(11.9. tagesspiegel, Zeit; 25.9. tagesschau; 6.10. vorwaerts; 9.11.Migazin, 18.11. Tagesschau, 21.11. Migazin, 25.11. SZ, taz.de; 26.11. Zeit, merkur, spiegel, zdf-heute, Migazin, Dlf, MDR, taz.de, 9.12. Welt,  Vorwärts, 10.12. Migazin, Zeit, Tagesschau, Migazin;11.12. CDU, Zeit, taz, SZ, Tagesschau I / II , Handelsblatt,  MDR, DLF, Migazin sowie - abbgerufen am 6.12. - ZDF-Themenseite: Europawahl 2024 - Aktuelle Nachrichten und Hintergründe, FDP, Deutscher Naturschutz Ring, Die Linke, Landeszentrale für politische Bildung BW: Linkes Programm/ Grünes-Programm )

Internationaler Tag der Menschenrechte - Forderungen angesichts vieler Defizite

Am 10.12. wird jährlich der internationale Tag der Menschenrechte begangen. Hintergrund ist, die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Rahmen einer Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) am 10.12.1948. (10.12.22 EU-Rat)
Menschenrechtsorganisationen und viele weitere Akteur*innen weisen auf diesen Tag hin und mahnen angesichts zahlreicher Defizite in der Umsetzung; bspw.:
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Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. forderte anlässlich des Gedenktags den Familiennachzug zu subsidiär Geschützten mit dem Familiennachzug zu Personen mit Schutz nach Genfer Flüchtlingskonvention gleichzustellen, da die Beschränkung des Familiennachzugs Grund- und Menschenrechte verletzt.:
"Nachdem die Ampel–Koalition 2021 in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hatte, den Familiennachzug anzugleichen und anschließend zwei Jahre lang nichts passiert ist, haben Bund und Länder in ihrem Beschluss vom 07. November 2023 dieses Versprechen zurückgenommen und damit die Hoffnungen von vielen tausend Familien zerstört.
Das Kontingent von 1000 Personen pro Monat für Menschen mit subsidiärem Schutz und die damit einhergehende Ungleichbehandlung widersprechen grund– und menschenrechtlichen Vorgaben. Deutschland ist durch die Europäische Menschenrechtskonvention und das Grundgesetz zur Gleichbehandlung von Schutzsuchenden verpflichtet.
Hinzu kommt, dass auch 2022, wie schon in den Vorjahren, das Kontingent nicht ausgeschöpft wurde. Nur 9000 der 12000 möglichen Visa wurden erteilt. Gleichzeitig leben tausende Familien getrennt. Kinder leben häufig jahrelang ohne ihre Eltern. Das verletzt ihr Menschenrecht auf Familie und erschwert das Ankommen an einem neuen Ort enorm.
Mitte dieses Jahres gab es über 80.000 Terminanfragen zur Beantragung eines Visas für nahe Angehörige. Nicht alle davon haben Erfolgsaussichten. Gerade durch die Problematik der drohenden Volljährigkeit der Kinder, werden Anträge ungültig. Wären alle Terminanfragen statthaft würde es mit der Kontingentregelung sieben Jahre dauern, allen Antragstellenden ein Visum zu erteilen.
Es braucht dringend einheitliche Regelungen zum Familiennachzug, die ein unbürokratisches und schnelles Verfahren garantieren. Wir fordern das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und das Leid der Familien zu beenden." (10./11.12. Bumf)
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Die Organisation Seebrücke verkündete hierzu: „[…] von Menschenrechten hören und sehen wir derzeit nichts, im Gegenteil. Während hierzulande die meisten Menschen die Feiertage im Warmen verbringen werden, ist die Situation an Europas (Außen-)Grenzen nach wie vor katastrophal. Menschen sterben im Mittelmeer und harren in Zeltlagern aus. Und es wird nicht besser.
Die zunehmende Verschärfung des Asylrechts und damit die faktische Abschaffung grundlegender Menschenrechte, die von Rassismus und Ressentiments geprägte Debatte darüber, eine Politik, die die tatsächlichen Probleme in der Sozial- und Bildungspolitik nicht angeht und stattdessen Asyl zur Krise erklärt. Das wollen wir nicht akzeptieren. Mit unserer Kampagne Solange es still ist, sind wir laut wollen wir diesen Winter auf diese Verhältnisse aufmerksam machen und lautstark kundtun, welche Zustände wir nicht länger hinnehmen werden. 
Für uns ist klar: Solange Menschenrechte abgebaut werden, gehen wir auf die Straße! […]
[…] mit unserer Kampagne [machen wir] deutlich, dass wir nicht schweigen, wenn Menschenrechte abgebaut werden, dass wir immer wieder laut sein werden für eine Politik, die den Schutz der Menschen an die erste Stelle stellt und sie keinen weiteren Gefahren aussetzt. Laut für eine Politik, die sich nicht von rechten Narrativen treiben lässt, sondern Standhaftigkeit beweist und konsequent für Menschenrechte eintritt. Laut für grenzenlose Solidarität!
Als Reaktion auf die geplanten Asylverschärfungen in Deutschland und die historisch gravierendste Einschränkung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) haben am 26. November tausende Menschen in ganz Deutschland und Österreich demonstriert.
Bei den Protesten haben wir das EU-Parlament aufgefordert, die historischen Asylverschärfungen zu stoppen und sich für die Einhaltung der Menschenrechte für alle einzusetzen. Das individuelle Recht auf Asyl muss die Grundlage unseres Schutzsystems bleiben. An die Bundesregierung appellierten wir, endlich ihr Wahlversprechen einzulösen, sich für eine menschenrechtsbasierte Migrationspolitik einzusetzen und gegen die sogenannte Reform zu stimmen!
Am 07. Dezember wurden die Verhandlungen über die Asylverschärfungen im Europäischen Parlament fortgesetzt. Eine endgültige Einigung steht noch aus. Es ist aber davon auszugehen, dass es noch in diesem Jahr zu einer politischen Einigung kommen wird. Die Verhandlungen werden am 18. Dezember wieder aufgenommen.
Für uns ist das aber kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, im Gegenteil. In der Stop-GEAS-Kampagne haben wir uns mit über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammengeschlossen, um gemeinsam für eine solidarische Migrationspolitik einzutreten. Wenn das eins zeigt, dann, dass die Zivilgesellschaft mit diesen Entwicklungen nicht einverstanden ist. Das werden wir auch im kommenden Jahr mit Blick auf die Europawahlen lautstark zum Ausdruck bringen, denn:
Solange um Europa Zäune gebaut werden, streiten wir für ein Europa, das Brücken baut!" (10.12. Seebruecke)

Appell an KMK: Chancengleichheit& Bildungszugang für alle jungen Menschen

[8.12.] Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion und bei einem Gespräch bei der Kultusminister*innen-Konferenz in Berlin übergab der Verband Jugendliche ohne Grenzen seinen Appell “Gleiches Recht auf Bildung für alle!" den Minister*innen der Länder sowie der Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration Reem Alabali-Radovan. (8.12. jog)
In dem Appell heißt es: "Chancengleichheit und Zugang zu Bildung sollten für alle jungen Menschen in Deutschland gewährleistet sein. Aber das ist im Moment nicht der Fall. Uns - jungen Geflüchteten - werden Bildungschancen genommen und wir stehen unter enormem Druck und können nie durchatmen.
Gemeinsam fordern wir, dass junge Geflüchtete das gleiche Recht auf Bildung und Bildungspausen erhalten wie alle anderen Menschen in Deutschland.
1. Wir müssen ohne Angst lernen können: [...]

2. Recht auf Pause: [...]
3. Recht auf Schule für Alle: [...]
4. Wertschätzung und Anerkennung: [...]"

[PM/ Kurzversion vom Nov.; Langvervsion]

Statista: Asylanträge in Deutschland

[8.12.] Von Januar bis November 2023 wurden in Deutschland insgesamt 325.801 Asylanträge gestellt.
Dabei wurden allein im November 35.316 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das sind deutlich mehr als im Vorjahresmonat.
Im Vergleich zum gesamten Vorjahr ist eine massive Steigerung zu verzeichnen. Dennoch erreichen die Zahlen bei weitem nicht das Niveau aus den Jahren 2015 und 2016. Damals flohen besonders viele Menschen nach Europa. (Die Gesamtzahl der Asylanträge (Jahreswerte) setzt sich zusammen aus der Anzahl der Asylerstanträge und der Anzahl der Folgeanträge.)
Zu den drei Hauptherkunftsländern von Asylbewerber*innen in Deutschland gehörten im Jahr 2023 an erster Stelle Syrien, gefolgt von Afghanistan und der Türkei.

Wiederum Personen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, müssen in Deutschland und in anderen EU-Ländern kein reguläres Asylverfahren durchlaufen (und sind damit in der Statistik über Asylanträge nicht enthalten). Sie können zunächst ohne Visum einreisen und erhalten ohne die Prüfung ihres Aufenthaltsrechts einen temporären Schutz-Status. Bis Ende Oktober 2023 wurden in Deutschland etwa 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gezählt. Eine genaue Zahl lässts sich jedoch nicht mit Sicherheit feststellen. Einige Personen könnten weitergereist oder zurück in die Ukraine gegangen sein.
(Siehe: 8.12. Statista Research Department: Anzahl der Asylanträge (insges.) in D. 1995-2023 und Anzahl der monatl. Asylanträge (Erstanträge) in D. Jan. 22  - Nov. 2023)

Kinderarmut (Kinder ausländischer Eltern 2,4x häufiger betroffen)

[6.12.] Laut einer Studie des UN-Kinderhilfswerks Unicef leben mehr als eine Million Kinder in Deutschland dauerhaft in Armut. Der Anteil armer Kinder und Jugendlicher ist dem Forschungsbericht nach seit einem Jahrzehnt unverändert hoch. Damit rangiert Deutschland im unteren Mittelfeld der reichen Länder: auf Platz 25 der insgesamt 39 untersuchten Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäischen Union (EU).
Einige Gruppen von Kindern sind ganz besonders häufig von Armut betroffen, auch in Ländern, in denen Kinderarmut im Durchschnitt selten vorkommt. Dazu gehören Kinder, die geflüchtet oder migriert sind. Bspw. sind Kinder, deren Eltern eine ausländische Staatsangehörigkeit haben, 2,4-mal häufiger von Einkommensarmut betroffen als Kinder, deren Eltern keine ausländische Staatsangehörigkeit haben. Aber auch Kinder von Alleinerziehenden, Kinder mit Behinderungen oder Sinti und Roma sind dem Report zufolge besonders häufig von Armut betroffen – auch wenn sie in einem reichen Land leben.
Unicef forderte die Politik auf, effektiver und nachhaltiger in Kinder und Jugendliche zu investieren. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte den Bericht einen „Weckruf“ und räumte ein, Deutschland habe bei der Kinderarmut „ein verfestigtes Problem“. Die Studienergebnisse sieht sie als Mahnung, dem Kampf gegen Kinderarmut höchste Priorität einzuräumen“. Sie wolle daher mit der Kindergrundsicherung ab dem Jahr 2025 Armut in Deutschland bekämpfen.

In der EU sind laut Unicef rund sechs Millionen Kinder unmittelbar von Einkommensarmut betroffen. Hinzu kommen nach dem Bericht viele weitere Kinder, deren Familien es sich nicht leisten können, die Wohnung ausreichend zu heizen, abgenutzte Kleidung zu ersetzen oder für genügend Lebensmittel, geschweige denn Spielzeug zu sorgen.
Kinder, die dauerhaft oder immer wieder in Armut leben müssen, zeigen laut Bericht häufig soziale und emotionale Verhaltensauffälligkeiten. Viele von ihnen wiesen einen geringeren Wortschatz auf und erkrankten häufiger an Depressionen als Kinder, die in Wohlstand aufwachsen.

Die Autoren des Berichts bilanzieren, dass die Politik es weitgehend in der Hand hat, Kinderarmut effektiv zu bekämpfen. Daher dürfe nicht bei der Bekämpfung der Kinderarmut gespart werden. Sebastian Sedlmayr von Unicef Deutschland: „Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen appellieren wir deshalb an die Bundesregierung sowie die Länder und Kommunen, trotz der aktuellen Haushaltskrise mehr für Kinder zu tun, die in Armut leben. Neben einer effektiven Kindergrundsicherung geht es dabei um den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur für Kinder“. (6.12. Unicef, Migazin, Tagesspiegel, Dlf Nova, 8.12. Dlf, MDR)
(Zum Download des englischsprachige Unicef-Berichts "Child Poverty in the Midst of Wealth")

PISA & Fragen von Bildunginvestitionen, Lehrkräftemangel, Zuwanderung u. Integration

[5.12.] In der neu veröffentlichten PISA-Studie zum internationalen Vergleich von Lernleistungen haben die deutschen Schüler*innen so schlecht wie noch nie abgeschnitten, womit der bereits langjährige Trend sich weiter fortsetzte.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht als einen Grund die Folgen der Schulschließungen während der Coronapandemie. Im internationalen Vergleich sei Distanzunterricht in Deutschland weniger mit digitalen Medien bestritten worden.
Kultusministerkonferenzvorsitzende Günther-Wünsch (CDU) verwies u.a. auf die Heterogenität der Schülerschaft als Erklärung; ein Drittel der Schüler*innen hätte Deutsch nicht als Muttersprache. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Düll, verwies ebenfalls auf große Sprachbarrieren und die nötige individuelle Förderung der Betroffenen, für die es aber nicht ausreichend Personal gäbe. Wiederum die Bildungsgewerkschaften machen vor allem den Lehrermangel für das schlechte Abschneiden verantwortlich. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft „Verband Bildung und Erziehung“, Brand, betonte, Vertretungsstunden und Schulausfälle hätten Konsequenzen sowie benannte als weiteren Grund die ungenügende Digitalisierung der Schulen sowie die große soziale Ungleichheit. Auch die Gewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft“ skandalisierte, dass sich die Abhängigkeit der schulischen Leistungen vom Elternhaus seit mehr als 20 Jahren nicht verringert hat.
Laut Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger müsste Bildung in jedem Kabinett und jeder Landesregierung ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Als Bund stehe man bereit, die für die Bildung zuständigen Länder massiv zu unterstützen. Von Bildungspolitiker*innen bundesweit und fraktionsübergreifend kamen erneute Forderungen nach einer nationalen Bildungsstrategie.
Klar ist, dass es keine monokausale Begründung für das schlechte Abschneiden der Schüler*innen hierzulange gibt.
Rechten Stimmen, die v.a. migrantische Jugendliche dafür verantwortlich machen wollen, ist dies entgegen zu halten sowie auch die Tatsache, dass der Negativtrend der PISA-Ergebnisse bereits seit Jahren stetig zunimmt und der dafür hauptverantwortliche Mangel an Investitionen in den Bildungsapparat nichts mit Zuwanderung zu tun hat.

Hintergrundinformationen: Im Ergebnis zeigt die Studie, dass sich viele der seit Jahren bestehenden und diskutierten Krisen des deutschen Bildungssystems teilweise weiter zuspitzen. Kernthesen sind unter anderem:
- Die Pandemie hat große Auswirkungen, ist aber nicht der einzige Grund für die schlechter werdenden Leistungen weltweit.
- Die Bildungsungerechtigkeit in Deutschland bleibt größer als in vielen anderen Staaten.
- Die Gruppe der „Risikoschüler*innen“ nimmt noch einmal deutlich zu.
- Jugendliche mit Migrationshintergrund haben einen gravierenden Leistungsrückstand.

26% der Jugendlichen haben inzwischen einen Migrationshintergrund (Verdopplung ggü. 2012), d.h. beide Eltern oder sie selber (=1. Generation; 9% der Schülerschaft) wurden im Ausland geboren. Im Vergleich zu ihren Mitschülern schnitten sie erneut deutlich schlechter ab. Dies erklären die Forschenden jedoch nicht nur damit, dass mehr als die Hälfte von ihnen kein oder kaum Deutsch zu Hause spricht. Betont wird auch deren sozioökonomischer Status: Bundesweit gelten 25 % der Schüler*innen als sozial benachteiligt, unter denjenigen mit Migrationshintergrund liegt ihr Anteil wiederum bei 42%.
(Differenzierung ist jedoch auch hier nötig: So haben hier geborene Migrant*innen (2. Generation) weniger verloren als die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund!)

V.a. ist auf den übergreifenden Befund zu verweisen, der sich durch die mehr als 20 Jahre Pisa-Studie zieht und erneut bestätigt wird: Die zwischen den Leistungen sozial benachteiligter und wiederum privilegierter Schüler*innen klaffende Lücke ist in Deutschland stärker ausgeprägt als in vielen anderen Staaten. Einen Hauptgrund für dieses Leistungsgefälle sieht die OECD in dem sozioökonomischen Unterschied.
(5.12. OECD (PISA 2022 | Ländernotiz für Deutschland), Dlf, Tagesspiegel, Spiegel, Handelsblatt, NDR, taz)
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[13.12.] In Sachsen ist eine Debatte darüber entbrannt, ob der hohe Anteil an Migranten in den Schulklassen deren Integration und das Lernen erschwert. Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) sieht die Schulen im Freistaat wegen der hohen Zahl von Kindern und Jugendlichen mit ausländischen Wurzeln an der Belastungsgrenze. Integrationsarbeit könne ihmzufolge in einer Klasse nur bis zu einem Anteil von etwa 30 Prozent an Schülern mit Migrationshintergrund geleistet werden. Piwarz führte das schlechte Abschneiden Deutschlands in der aktuellen Pisa-Studie auch darauf zurück. „Wir stellen fest, dass die Schülerschaft immer heterogener wird. Schüler, die in Sachsen in die erste Klasse kommen, weisen Entwicklungs- und Leistungsunterschiede von mehr als zwei Jahren auf. Das zeigt, dass etwas falsch läuft.“ Der Unterschied hänge unter anderem auch, aber nicht nur, mit dem Migrationsgeschehen zusammen. Die Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die aus anderen Ländern stammten, habe sich in weniger als zehn Jahren verdreifacht. „Das geht nicht spurlos am Bildungssystem vorüber.“
Sachsen hatte bereits angekündigt, einen Teil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nicht mehr in Regelklassen zu unterrichten, um das Schulsystem zu entlasten. Laut Piwarz soll das Konzept ab dem Schuljahr 2024/2025 umgesetzt werden. Man werde die jugendlichen Geflüchteten in den zwei oder drei verbleibenden Jahren ihrer Schulpflicht kaum mehr zu einem Abschluss führen können. „Wir müssen vielmehr zusehen, ihnen zuallererst Deutsch zu vermitteln und sicherzustellen, dass sie eine Ausbildung beginnen können.“ [...]
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) widersprach dem Minister. Der sächsische GEW-Chef Burkhard Naumann wertete die Äußerungen als Versuch, von hausgemachten Problemen abzulenken. „Kultusminister Piwarz hat zwar recht, dass unser Bildungssystem an der absoluten Belastungsgrenze ist. Doch das Problem entstand nicht plötzlich durch die Zuwanderung, sondern ist Ergebnis jahrelang verfehlter Bildungspolitik.“ [...] (13.12. Migazin)
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[14.12.] Laut neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamt in Wiesbaden haben Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2022 insgesamt 176,3 Mrd. € für Bildung ausgegeben. Nominal (also nicht preisbereinigt) ergäbe sich daraus ein Zuwachs von rund 5,3% oder 8,9 Mrd. € im Vergleich zu 2021. In die Schulen floss 2022 mit 87,5 Mrd. € rund die Hälfte (49,6%) der öffentlichen Bildungsausgaben, 40,5 Mrd. € entfielen auf die Kindertagesbetreuung (23%) und 35,4 Mrd. € auf die Hochschulen (20,1%).
Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerung hätten die öffentlichen Haushalte damit in 2022 insgesamt 2090 € je Einwohner*in für Bildung ausgegeben, nach 2011 € je Einwohner*in in 2022. Bezogen auf die Einwohner*innen unter 30 Jahren beliefen sich die Bildungsausgaben im vergangenen Jahr auf 6940 € pro Kopf, nach 6737 € in 2021. (14.12. Tagesschau, Zeit, Evangelische-Zeitung, rnd, Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten, Dlf)

Gemeinsame PM zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten

[30.11.] Presseerklärung von dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V., Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V., Kinder- und Jugendhilfe Rechtsverein e.V., Sächsichen Flüchtlingsrat und der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen:
Der Handlungsdruck, adäquate Betreuung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete bereitzustellen ist groß und es braucht dringend Lösungen. Diese müssen jedoch in jedem Fall dem Kindeswohl entsprechen und sich innerhalb des Rahmens des SGB VIII bewegen!
Momentan sind allerdings vielerorts Entwicklungen zu beobachten, die dies missachten. Ein negatives Beispiel lieferte das Sächsische Ministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt im Erlass vom 28. September 2023 unter der Überschrift „zur Schaffung von Kapazitäten zur kindeswohlsichernden Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern“. Hier wird neben den in den vergangenen Monaten beinahe schon „üblichen“ (und deshalb nicht minder skandalösen!) Standardabsenkungen für die Zielgruppe der umF (Absenkung der räumlichen Standards, Betreuungsschlüssel, Fachkräftegebot), geregelt, dass männliche umF ab 16 Jahren in  Aufnahmeeinrichtungen für Erwachsene untergebracht werden können.
Diese Regelung entpricht keinesfalls dem Kindeswohl. Denn bei unbegleiteten Minderjährigen liegt schon allein aufgrund der Tatsache, dass sie unbegleitet und minderjährig sind, eine Kindeswohlgefährdung vor. Es stellt eine ungerechtfertigte Zuschreibung dar, wenn bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten ab einer fiktiven Altersstufe oder wegen des Geschlechts, aufgrund der Eigenschaft als "unbegleitet", "minderjährig" und "Flüchtlinge" eine geringere Schutzbedürftigkeit unterstellt wird.
Helen Sundermeyer vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. betont: „Alle Kinder und Jugendlichen müssen entsprechend ihrer Bedarfe untergebracht werden. Aufnahmeeinrichtungen sind keine Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und entsprechen nicht dem Kindeswohl.“
Zur vollständigen Presseerklärung (PDF).

Islamkonferenz

[21.11.] Nach den Auseinandersetzungen über den Nahost-Konflikt auch auf deutschen Straßen ist das Thema Antisemitismus in den Mittelpunkt des diesjährigen Treffens der Deutschen Islamkonferenz gerückt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte dort von muslimischen Verbänden ein deutlicheres Bekenntnis gegen Judenhass. Sie appelliere gerade an die großen Islamverbände, den Kampf gegen Antisemitismus noch sichtbarer voranzutreiben. Es reiche nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Terror und Antisemitismus zu stellen, ohne dies auch in Moscheen oder den eigenen Social-Media-Kanälen zu kommunizieren, sagte sie. (21.11. Migazin, BMI, Zeit, TAZ, DW)

BumF-Forderungen: Rechtsverletzungen bei umF beenden

[21.11.] Forderungspapier: "Es ist 5 nach 12: Rechtsverletzungen bei unbegleiteten geflüchteten Kindern und Jugendlichen" vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. (BumF), Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e. V., den Flüchtlingsräten Berlin, Niedersachsen, NRW, Thüringen und Sachsen, Jugendliche ohne Grenzen, lifeline - Vormundschaftsverein im Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. und terre des hommes Deutschland e.V..
Unbegleitete Minderjährige haben die gleichen Rechte wie alle anderen Kinder und Jugendlichen und sind zwingend im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe unterzubringen. Während gerade sie als vulnerable Gruppe auf den umfangreichen Leistungskatalog des SGB VIII angewiesen sind, sind derzeit akute Einschränkungen ihrer Rechte zu beobachten. Das Kindeswohl ist für sie nicht mehr gewährleistet.
Im Forderungspapier werden die unterschiedlichen Rechtsverletzungen in Kürze dargestellt und die Bundesregierung, die Bundesländer und die Kommunen dazu aufgefordert, dafür zu sorgen, dass diese und weitere Rechtsverletzungen geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Zukunft unterbunden werden. -> Zur Meldung / zum Forderungspapier.
(vgl. 6.12. Migazin, 8.12. Sonntagsblatt)

Flucht, Asyl, Einwanderung - Themen u. Stichworte in der komplexen aktuellen Migrationsdebatte

[Sept.-Dez.] Migration und Asyl und die Frage von deren Steuerung bzw. Steuerbarkeit sind in Deutschland - wie auch in anderen europäischen Ländern - hochbrisante Dauerthemen in öffentlichen und politischen Debatten. In Deutschland geht es – ähnlich wie nach den Fluchtbewegungen ab 2015, obgleich die Zahlen von damals nicht annähernd erreicht sind* – aktuell erneut um die Frage, ob und wie die Zuwanderung restriktiver gestaltet werden kann. (*Bis einschließl. Sept 2023 registrierte das BAMF 233.744 Asylerstanträge (= Zunahme um rund 73% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum; jedoch waren es 722.370 Asylerstanträge in 2016 und 441.899 in 2015) + rund 1,1 Mio. hier lebende ukrainische Geflüchtete, die keinen Asylantrag stellen müssen). In der Migrationsdebatte werden dabei viele Vorschläge gemacht, um die - in delegitimierendem Ton so bezeichnete - "irreguläre Einwanderung" und den - mittlerweile selbst von demokratischen Parteien (Merz, CDU) mit vergiteten, populistischen Parolen angeprangerten - s.g. "Sozialtourismus" zu begrenzen. Der Bundeskanzler und die Bundesregierung haben einen härteren Kurs eingeschlagen, doch der konservativen Opposition und selbst Teilen der Regierung (v.a. der FDP) reicht das noch nicht. Bund und Länder ringen regelmäßig nach gemeinsamen Lösungen, aber auch mit gegenseitigen Schuld- und Zuständigkeitszuweisungen.
Andererseits betonen regelmäßig vor allem Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Forschungsinstituten, dass Zuwanderung für Deutschland - als Wirtschaftsstandort sowie angesichts des demographischen Wandels für das Gesundheits- und Sozialsystem - substanziell ist. Zudem gibt es unzählige bekannte Beispielen für gelungene Integration. Dennoch sind derzeit die Stimmen am lautesten, die eine starke Kontrolle und Reduzierung der Einwanderung fordern.
Die Debattenlage ist komplex (vgl. u.a. Übersicht vom 6.11.2023 vom Dlf):
- Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern (s. z.B. auch 18.9. Tagesschau oder 7.11. BR) - EU-Verfahren an den EU-Außengrenzen (31.10. Zeit, Spiegel) - Abschiebungen, sichere Herkunftsstaaten, Grenzkontrollen, Sachleistungen statt Geld - Leistungskürzungen für Asylbewerber*innen - Verschärfung des europäischen Asylrechts - Reaktivierung des EU-Türkei-Abkommens und Schaffung ähnlicher Abkommen mit weiteren Ländern, insbesondere in Nordafrika (z.B. 28.11. WDR) - restriktivere Einbürgerungsvoraussetzungen - Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit - Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl (vgl. auch 23.11. Migazin) - ... Und bei all dem der populistische Ton in der Asyldebatte (nicht nur bei der AfD, sondern auch der CDU/CSU) ...

Die Menschenrechte der Betroffenen rücken dabei immer weiter in den Hintergrund. Zudem finden in den Debatten auch viel zu wenig solche Stimmen Gehör, die glaubhaft und sachlich darlegen, dass es keine einfachen, simplen Lösungen gibt; siehe bswp.:
- Bernd Kasparek vom „Rat für Migration“ im MiGAZIN-Gespräch zu Grenzkontrollen, Drittstaaten-Deals und dem Kontrollanspruch der Politik: Der Anwerbestopp vor 50 Jahren hat gezeigt, dass die Kontrolle von Migrationsbewegungen nicht funktioniert. [...] Migration ist immer ein heiß umkämpftes Thema in der Politik und ich habe den Eindruck, dass sehr oft Wissen dazu fehlt, was Migration ist und wie sie mit der Gesellschaft zusammenhängt. Es gibt sehr viele Mythen darüber, was der Staat machen kann in Anbetracht der Migration. Deswegen ist es wichtig, dass es ein Gremium gibt, in dem Migrationsforscherinnen und -forscher sich austauschen und aus dem heraus ihr Sachverstand in die gesellschaftlichen Debatten eingespeist werden kann. (3.12. Migazin)
- Migrationsforscher Hannes Schamman; „Wenn Kriege und Krisen entstehen, sind Menschen gezwungen zu flüchten. Die Hauptbotschaft in der aktuellen Debatte sollte deshalb sein, dass eine hundertprozentige Steuerung von Migration nicht funktionieren kann. Diesen Mut, sich das einzugestehen, sollte man haben“ (19.9. tagesschau.de)

Individualrecht auf Asyl

[3.8.] Mit seinem Vorstoß zur Abschaffung des Individualrechts auf Asyl hat der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU- Bundestagfraktion, Frei, die Debatte um das Asylrecht wieder einmal angefacht. (Vgl. Vorstöße von CSU-Chef Markus Söder (Z.B. erneut am 23.11. Migazin)) Der SPD-Fraktionsvize Wiese sieht hiermit „eine wichtige humanitäre Errungenschaft, die die Mütter und Väter des Grundgesetzes aus gutem Grund nach dem zweiten Weltkrieg dort installiert haben“ (SZ 19.7.2023) in Gefahr. Dabei scheint dieses Recht offensichtlich sehr dehnbar zu sein, ist es doch beständig Gegenstand von Veränderungen, von daher lohnt es sich schon, dieses Recht genauer unter die Lupe zu nehmen. - Der Autor des vorliegenden Migazin-Artikels, Prof. Dr. Suitbert Cechura, geht in seinem Artikel auf das Grundgesetz, die UN-Flüchtlingskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention sowie EU-Asylregeln ein, aber auch auf politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität und von "Fluchtursachen" allgemein. - Dabei macht er deutlich, dass die Entwicklungshilfe/zusammenarbeitspolitiken nur einen unwirksamen "Tropfen auf einen heißen Stein" darstellt gegenüber den größtenteils von kapitalistischen Interessen geprägten Auslands- sowie entsprechend den Wirtschaftsbeziehungen der industrialisierten westlichen Länder: Mit Blick auf den Export von Rohstoffen aus afrikanischen Ländern in die EU und die so genannten "Wirtschaftsflüchtlinge" (die als Geflüchtete zu den Opfern der vielen Kriege (auch des Westens) u.a. auf dem Balkan, im Nahen- und mittleren Osten sowie in Afrika hinzu kommen), schreibt er: "Wenn dort Flächen für Rohstoffabbau, Agrargüter wie Blumen und Gemüse für den europäischen Markt und nun auch noch für die Herstellung von grünem Wasserstoff im großen Stil genutzt werden, dann beinhaltet dies immer auch Vertreibung von Menschen aus diesen Gegenden. Diese finden sich dann oft in wüstenähnlichen Regionen wieder, die sie kaum oder gar nicht ernähren oder in Lagern der UN. [...] Wenn Politiker über die wachsenden Flüchtlingsströme klagen, die inzwischen überwiegend als illegale Migranten bezeichnet werden, dann präsentieren sie sich als die Opfer einer Entwicklung, die das Ergebnis ihrer langjährigen Handels-, Wirtschafts- und Militärpolitik ist. Schließlich haben sie mit Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen EU und Afrika für den Zustand gesorgt, dass viele Menschen aus der Region die Flucht ergreifen und auf ein Auskommen in den Metropolen des Kapitalismus setzen. [... Und] die gleiche Entwicklung wie in Europa findet auch in den USA statt, die erfolgreich ihren Hinterhof Mittel- und Lateinamerika ruiniert hat."
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[25.7.] Ein Großteil der Bürger*innen in Deutschland ist für eine Beibehaltung des individuellen Asylrechts in der EU. Das ergab eine Forsa-Umfrage für das Magazin „Stern“. Demnach befinden 64% der Befragten es für richtig, dass das individuelle Asylrecht in der Europäischen Union erhalten bleibt – also jeder einzelne politisch Verfolgte in der EU Asyl beantragen darf. Der Vorschlag von CDU-Politiker Frei, das Recht auf Asyl abzuschaffen, findet in Deutschland damit keine Mehrheit – auch nicht unter CDU-Wählern. Im Umkehrschluss unterstützt jedoch jeder Dritte eine Abschaffung des Asylrechts – darunter viele AfD-Wähler (56%). (Stern, Focus, MIGAZIN; 26.7. HH Abendblatt, Merkur)

 

Innenminister*innen: robuster Außengrenzschutz

[27.11.] Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser und der österreichische Innenminister Gerhard Karner waren am 27.11.23 beim Visegrad-Treffen zu einem Arbeitsgespräch im ungarischen Szeged an der serbischen Grenze. Auf Einladung Tschechiens (aktuelles Vorsitzland) war Deutschland damit auf Innenminister-Ebene erstmals beim Treffen von Polen, Ungarn, der Slowakei und Tschechien dabei. Nach dem Arbeitsgespräch machten sich die Innenminister selbst ein Bild vom ungarischen Grenzschutz an der serbischen Grenze.
Themen beim Treffen der V4 waren die Migrationslage auf dem Balkan, die Bekämpfung der organisierten Schlepperkriminalität sowie der EU-Außengrenzschutz. Österreich brachte in diesem Zusammenhang auch die Kooperation mit EU-Anrainerstaaten wie Tunesien auf die Tagesordnung. Dort hat Österreich ein Ausbildungszentrum für den Grenzschutz mit aufgebaut.
Österreichs Innenminister hierzu: "Um den Druck auf die EU-Außengrenze und die illegale Migration innerhalb Europas zu verringern, ist es nötig, eng mit den Herkunfts- und Transitstaaten zusammen zu arbeiten. Wir müssen verhindern, dass sich die Menschen in die Hände von Schleppern begeben und sich auf den gefährlichen und oft todbringenden Weg nach Europa machen. Deshalb müssen wir die Staaten in Nordafrika beim Grenzschutz sowie bei ihren Bemühungen unterstützen, das Ablegen von Schlepperbooten zu verhindern. Es braucht Festland-Sicherung, nicht Seenot-Rettung."
Beim EU-Außengrenzschutz wollen die Innenminister weiter Druck auf die EU-Kommission machen, um eine rechtlich und technisch robustere Sicherung der Grenzen zu erreichen. Zur Schleppereibekämpfung ist im Januar 2024 ein operativer Austausch der Ermittler in Wien geplant. Hier will Österreich mit den V4 und Deutschland noch enger bei der Schleppereibekämpfung zusammenarbeiten. Vor allem mit Strukturermittlungen und der Aufdeckung der Finanzströme sollen die Geschäfte der organisierten Schlepperkriminalität nachhaltig bekämpft werden.
Um die Schlepper schon im Vorfeld zu bekämpfen, ist die österreichische Polizei massiv auf dem Balkan engagiert. (Derzeit unterstützen 33 Polizist*innen Serbien bei der Grenzsicherung zu Nordmazedonien, führen in Ungarn bis zu 70 Polizist*innen gemeinsam mit slowakischen und tschechischen Kolleg*innen Grenzraumkontrollen zu Serbien durch und werden mit deutschen und ungarischen Polizist*innen gemeinsame Zugkontrollen durchgeführt. Zudem sichern rund 40 Polizist*innen mit der "Operation Fox" das Vorfeld der österreichischen Grenze zu Ungarn.)
Auf dem Balkan gab es im vergangenen Jahr rund 405.000 Aufgriffe irregulärer Migrant*innen. In diesem Jahr verzeichnen die Behörden eine Steigerung von rund 8% Prozent. Allerdings stellen die Behörden eine zunehmende Routenverschiebung fest – so versuchen die Schlepper die intensiven Grenzpunkt- und Grenzraumkontrollen Österreichs zu umgehen und weichen auf die Küstenroute über Bosnien, Kroatien und Slowenien aus. Das zeigt auch die Zahl der Asylanträge in Österreich, die bis Oktober um 42% gesunken ist. Ebenso ist ein starker Rückgang der Aufgriffe im Burgenland in den vergangenen Wochen wahrnehmbar. (27.11. Österreichisches Innenministerium)

Schutzstatus Ukrainischer Geflüchteter bis März 2025 verlängert

[24.11.] BMI: Schutzstatus der Geflüchteten aus der Ukraine wird bis März 2025 verlängert - Bundesrat stimmt Verordnung des Bundesinnenministeriums zu
Die Aufenthaltserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine, die vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind und in Deutschland Schutz erhalten haben, gelten bis zum 4. März 2025 fort. Dies hat das BMI durch Rechtsverordnung festgelegt. Dieser Rechtsverordnung simmte der Bundesrat am 24.11. zu. Die Betroffenen müssen damit keinen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsstatus stellen und es sind keine damit verbundenen Termine bei den Ausländerbehörden notwendig. Grundlage für die weitere Verlängerung des vorübergehenden Schutzes ist ein Beschluss der EU-Mitgliedstaaten Ende September 2023. Die Verlängerung des Aufenthaltsstatus soll sowohl für eine Entlastung der Betroffenen als auch der Ausländerbehörden sorgen. Die Kostenersparnis beträgt für die Verwaltung der Länder einmalig etwa 10 Mio. €..
Derzeit leben in Deutschland rund 1,1 Mio. Menschen, die im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24.2.22 nach Deutschland eingereist sind. Rund 350.000 von ihnen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Unter den erwachsenen Geflüchteten sind rund zwei Drittel Frauen. (24.11. BMI, Stern, Dlf, 27.11. Asyl.net, Verordnung (Bundesratsdrucksache 537/23))

Stellungnahme zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

[25.11.] Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen forderten fast 30 Verbände und Organisationen - darunter der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V., XENION, Pro Asyl, Women in Exile, JUMEN und zahlreiche Flüchtlingsräte - die vollständige und effektive Umsetzung des „Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt" (Istanbul-Konvention) und bekräftigt verschiedene Forderungen zum effektiven Schutz vor Gewalt für geflüchtete Mädchen und FLINTA*! -> Zur Stellungnahme.

Forderungspapier: Stopp von Rechtsverletzungen bei umA

[21.11.] Forderungspapier: "Es ist 5 nach 12: Rechtsverletzungen bei unbegleiteten geflüchteten Kindern und Jugendlichen"
Unbegleitete Minderjährige haben die gleichen Rechte wie alle anderen Kinder und Jugendlichen und sind zwingend im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe unterzubringen. Während gerade sie als vulnerable Gruppe auf den umfangreichen Leistungskatalog des SGB VIII angewiesen sind, sind derzeit akute Einschränkungen ihrer Rechte zu beobachten. Das Kindeswohl ist für sie nicht mehr gewährleistet. Im Forderungspapier werden die unterschiedlichen Rechtsverletzungen in Kürze dargestellt. Die unterzeichnenden Organisationen* fordern die Bundesregierung, die Bundesländer und die Kommunen dazu auf, dafür zu sorgen, dass diese und weitere Rechtsverletzungen geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Zukunft unterbunden werden.

* BumF – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V., Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e. V., Flüchtlingsrat Berlin e.V., Flüchtlingsrat NI e.V.
Flüchtlingsrat NRW e.V., Flüchtlingsrat Thüringen e.V., Jugendliche ohne Grenzen, lifeline - Vormundschaftsverein im Flüchtlingsrat SH e.V., Sächs. Flüchtlingsrat e.V., terre des hommes Deutschland e.V.

Stellungnahme, Petition, Rechtsgutachten: Gegen Kriminalisierung von Seenotrettung

[20.11.] Gemeinsame Stellungnahme von 53 Organisationen vom 20.11.: Keine Kriminalisierung der Seenotrettung!: "Wir sind alarmiert über die geplanten Änderungen des Aufenthaltsgesetzes, die das Bundesministeriums des Innern und für Heimat dem Bundeskabinett vorgelegt hat. Die Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) bietet die rechtliche Grundlage, humanitäre Arbeit weiter einzuschränken und humanitäre Helferinnen und Helfer strafrechtlich zu verfolgen. Diese Kriminalisierung widerspricht der im Koalitionsvertrag hervorgehobenen Pflicht zur Seenotrettung und Verantwortung, diese nicht zu behindern. [...]"
Ein neues Rechtsgutachtender Rechtswissenschaftler Professor Valentin Schatz von der Leuphana Universität Lüneburg und Professor Aziz Epik von der Universität Hamburg (veröffentlicht am 8.12.) kam nun ebenso zu dem Schluss, dass mit der geplanten Reform des Aufenthaltsgesetzes die zivilen Seenotretter im Mittelmeer kriminalisiert werden könnte.
(21.11. & 27.11. & 10.12. Migazin)
Weiterhin: zur Mitzeichnung der Petition: "Keine Haft für zivile Seenotrettung" von Sea-Watch, LeaveNoOneBehind, United4Rescue, SOS Humanity und Seebrücke.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz

[19.11.] Am 18. Nov. trat die erste Stufe des neuen „Fachkräfteeinwanderungsgesetzes“ in Kraft. Damit gilt für Arbeitskräfte, die über die „Blaue Karte“ einreisen, eine niedrigere Gehaltsschwelle. Fachkräfte aus nicht-reglementierten Berufen mit in Deutschland anerkannten ausländischem Abschluss können nun auch in anderen Branchen arbeiten. Zudem wurde die s.g. Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems eingeführt. - Zu den Auswahlkriterien gehören Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Weiterhin müssen ausländische Fachkräfte künftig (statt wie zuletzt 58.400 €) ein Mindestgehalt von rund 43.800€ brutto jährlich erreichen. Vor dem 29.3.23 eingereiste Asylbewerber*innen, die eine Qualifikation und ein Jobangebot haben, sollen – bei Rücknahme ihres Asylantrags – eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen können. Bislang war dafür erst eine Ausreise und dann umständliche Bemühungen um ein Arbeitsvisum vom Ausland aus nötig. Hochqualifizierte Fachkrafte aus dem Nicht-EU-Ausland sollen künftig nicht nur Ehepartner*in und Kinder, sondern auch Eltern und Schwiegereltern mitbringen dürfen. Voraussetzung für den Familiennachzug ist aber Lebensunterhaltssicherung für alle Angehörigen, Sozialleistungen beantragen können die Eltern also nicht.
Trotz Fachkräftemange insbesondere in der Pflege und im Handwerk sind die entsprechenden Verbände und auch weitere wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen jedoch skeptisch:
Die Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) sieht im Gesetz keine Lösung für das Fachkräfteproblem. da der Fachkräftemangel in den Pflegeberufen ein weltweites Problem darstelle sowie da die Rahmenbedingungen für Pflegefachpersonen in Deutschland nicht attraktiv seien.
Wiederum der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, bemängelte, dass das beste Gesetz nicht nütze "wenn zu viel Bürokratie zu bewältigen ist, und wenn es an der Umsetzung hapert“. Vor allem den kleinen und mittelständischen Betrieben fehle es an konkreten Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen bei der Suche und Rekrutierung handwerklich qualifizierter Fachkräfte im Ausland sowie bei der Integration vor Ort.
Der Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, warnte vor Verteilungskämpfen und mahnte, für Zugewanderte müssten ausreichend bezahlbarer Wohnraum sowie Schul- und Kitaplätze für den Familiennachzug zur Verfügung gestellt werden. Zudem erinnerete er daran, dass man die Menschen, die bereits hier sind, nicht aus dem Blick verlieren dürfe. So müssten Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderungen, Ältere, bereits Zugewanderte und auch Frauen besser in Arbeit integriert werden.
Laut Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), weise das Gesetz, sie verdeutlichte abre auch, dass es gerade in den Branchen, in denen es große Fachkräftelücken gäbe, meist aber auch strukturelle Probleme - wie schlechte Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen - gäbe. Weiterhin müsten ihrzufolge vorhandene Potenziale besser ausgeschöpft werden.
Der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zufolge sei das FEG ein wichtiges Willkommens-Signal, es könne aber nur ein erster Schritt sein. V.a. kritisierte der BDA, dass die Migrationsverwaltung schon jetzt völlig überlastet sei, so dass Arbeitskräfte, die bereits einen Arbeitsvertrag haben und direkt mit der Arbeit beginnen könnten, monatelang auf ihre Arbeitserlaubnis warten müssten. 
Wohlfahrtsverbände betonen, das Fachkräfteeinwanderung neben Bürokratieabbau und effizienten bürgerfreundliche Verfahren v.a. gute Integrationsförderung, ausreichend ausgestattete, qualifizierte Beratungsstrukturen sowie eine bedarfsgerechte flächendeckende soziale Infrastruktur insgesamt brauche.
(29.6. Diakonie-BW, 10.8. Evangelisch.de, 30.9. Dlf, Spiegel, 16.11. Arbeitsagentur.de, 19.11. Migazin)

BAG EJSA im BT: zu den Auswirkungen Migrationsgesetzgebung auf junge Migrant*innen

[09.11.] Zu dem historischen Datum waren 24 Vertreter*innen aus dem Parlamentarischen Raum (von SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU) der Einladung der BAG EJSA gefolgt, sich über die Auswirkungen der aktuellen migrationspolitischen Gesetzgebung auf junge Geflüchtete und Zugewanderte und deren Integrationschancen auszutauschen.
Anhand von Berichten der von der BAG EJSA geladenen Expert*innen wurde an konkreten aktuellen Gesetzen aufgezeigt, wo Nachteile für die Zielgruppe und Nachbesserungsbedarfe bestehen. Es wurde aber auch verdeutlicht, wie sehr Integrationschancen von regionalen bzw. lokalen Gegebenheiten und dem jeweiligen Agieren der Behörden abhängen. Wiederum die offene Kinder- und Jugendarbeit stellte sich als einen toleranten, diskriminierungs- und leistungsdruckfreien Begegnungsraum dar, an dem auch junge Migrant*innen teilhaben und hier, mit sozialpädagogischer Begleitetung, in die Gesellschaft hineinwachsen, Sprache lernen, sich engagieren und ihre Persönlichkeitsentwicklung stärkende Integration erfahren können.
Die BAG EJSA vermittel als Voraussetzung für gelingende Integration v. a. eine bedarfsgerechte bundesweite soziale, bildungs- und gesundheitsbezogene Infrastruktur (v.a. der Jugendsozialarbeit!; und mit Blick auf die spezifische Zielgrppe auch der JMD) und dass die Träger vor Ort mehr Unterstützung von Bund und Ländern bedürfen.
Zudem wurde zu einer sachlichen Debatte gerade auch in der Politik aufgerufen, ohne Nutzung populistischer oder gar rechter Diskurse. [Zum Facebook-Eintrag; zum Kurzbericht auf der Homepage.]

MPK, Kanzler-Länder-Treffen& Umsetzung desintegrativer, restriktiver Migrationspolitiken in den Bundesländern

Am 6.11. einigten sich die Ministerpräsident*innen der Bundesländer auf einen Katalog an Forderungen zur Migrationspolitik, darunter die Einführung einer (von Wohlfahrtsverbänden als diskriminierend und integrationsfeindlich wirkend beurteilten) Bezahlkarte für Asylsuchende (im Kontext des populistischen, wissenschaftlich längst widerlegten Arguments, die Bargeldverorgung stelle einen "Pull-Faktor dar), Begrenzung des Familiennachzugs (der laut KoaV erleichtert werden sollte!), Verbesserung der Kontrollen an EU-Binnengrenzen, die Wiederbelebung des (in der Praxis menschenrechtswidrigen!) EU-Fluchtabkommens mit der Türkei. Außerdem wurde gefordert, das Asylrecht in einer parteiübergreifenden Kommission weiterzuentwickeln.

Bei dem anschließenden Treffen mit dem Bundeskanzler einigten sich die Ministerpräsident*innen mit Olaf Scholz in der Nacht vom 6. auf den 7.11.23 de facto darauf, die aktuelle Politik der Ausgrenzung, Abschiebung und Abschottung weiter zu verstärken:
- Asylverfahren: Insgesamt soll die Zahl der im Wege der Fluchtmigration Kommenden deutlich und nachhaltig gesenkt werden. Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als 5% beträgt, sollen zügiger als bisher abgeschlossen werden.Ziel ist, das Asyl- und das anschließende Gerichtsverfahren bei ihnen jeweils in 3 Monaten abzuschließen. In allen anderen Fällen sollen die Asylverfahren regelhaft nach sechs Monaten beendet sein. (Vgl. eine krtische Analyse von Pro Asyl: Abschiebungen in Zeiten flüchtlingsfeindlicher Debatten – Rechtsstaatlichkeit adé? vom 18.10.)
- Die Mitte Oktober eingeführten Grenzkontrollen an den Landesgrenzen zu Österreich, zur Schweiz, zur Tschechischen Republik und zu Polen sollen aufrechterhalten werden. Die Länder und die Bundespolizei wollen weiter eng bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität und der irregulären Einwanderung zusammenarbeiten. (Anfang Dezember beschloss die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Verlängerung der Grenzkontrollen bis zunächst Monatsmitte, da ihren Angaben zufolge die aktuellen Zahlen belegen würden, dass die Maßnahmen wirken. Es seien 3300 unerlaubte Einreisen festgestellt und zahlreiche Schleuser aufgegriffen worden. (16.11., 25.11. u. 4.12. Dlf; 4.12. rnd, SZ, Tagesschau) Am 8.12. erfolgte dann von Faser die Ankündigung, die Grenzkontrollen über den 15.12. hinaus für mindestens 2 Monate zu verlängern. (8.12. Welt, Zeit.de)
- Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen: Die bestehende Flüchtlingspauschale des Bundes soll ab dem nächsten Jahr zu einer von der Zahl der Schutzsuchenden abhängigen Pro-Kopf-Pauschale weiterentwickelt werden ("atmendes System"). Ab 2024 zahlt der Bund für jeden Asylerstantragssteller eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro. (die Länder hatten 10.500 Euro gefordert.) In der ersten Hälfte des Jahres 2024 soll es eine Abschlagszahlung von 1,75 Milliarden Euro geben. Die neue Pauschale und Anpassungen bei Leistungen für Asylbewerber*innen würden laut dem Beschlusspapier im kommenden Jahr zu einer Entlastung bei Ländern und Kommunen von rund 3,5 Mrd. € führen - basierend auf den Zugangszahlen dieses Jahres. (6.11. BReg (Video), Zeit (I) (II), Welt (Video), Handelsblatt; 7.11. Pro Asyl, DW, ZDF, BR (Radio), Tagesschau I / II, Deutschlandfunk, FAZ, Zeit, 8.11. Welt, 11.11. Dlf, 6.12. Diakonie BY)
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In den Bundesländern findet die seitens der Länderchef*innen besprochene desintegrative, restriktive Migrationspolitik bereits Anwedung:

Thüringen: [13.12.] In den kommenden Monaten soll es in Thüringen nach Angaben von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) landesweit eine Bezahlkarte für Asylbewerber*innen geben. Damit folgt das Bundesland dem Bayerischen Vorbild. (13.12. Migazin)
[4.12.] Im Landtag legte die CDU Anfang Dezember einen Gesetzesentwurf vor, nach dem Aufgaben gebündelt und konsequenter Abgeschoben werden soll. Dafür sollen eine zentrale Ausländerbehörde sowie Aufnahme- und Rückführzentren für Geflüchtete geschaffen werden. Danach soll die Bleibeperspektive Geflüchteter zum Verteilkriterium werden; bei geringen Aussichten sollen sie erst gar nicht in die Kommunen verteilt werden, sondern in landeseigenen Aufnahme- und Rückführzentren unterkommen,wo sie ggf. bis zu zwei Jahre verbleiben sollen. Vorbild sind die Ankerzentren in Bayern. (4.12. Migazin)
[1.12.] In den zwei Thüringer Landkreisen Eichsfeld und Greiz erfolgte zum 1.12. die Umstellung von Sozialleistungen (Einführung der s.g. Bezahlkarte) für bestimmte Geflüchtete. Die Betroffenen bekommen monatlich einen geringeren Geldbetrag als vorher bar ausgezahlt, dafür wird zusätzlich die Bezahlkarte mit einem limitierten Betrag aufgeladen. Zudem kann die Karte nur regional begrenzt genutzt werden. Die Thüringer Migrationsbeauftragte verurteilte dies als stigmatisierend und kritisierte, dass diese Form der Bezahlkarte Menschen "einschneidend und ungerechtfertigt in ihrer Lebensgestaltung" einschränkt. (1.12. SZ, MDR, 3.12. Migazin)

Hessen [28.11.]: Nach den Landtagswahlen im Herbst haben sich CDU und SPD auf Eckpunkte für eine Koalition geeinigt. Ihr sechs Seiten langes Papier soll eine Grundlage für den möglichen schwarz-roten Koalitionsvertrag sein. Die beiden Parteien bekennen sich darin zu einer Begrenzung der Migration und zum Schutz der europäischen und deutschen Außengrenzen unter anderem mit stationären Grenzkontrollen. Zudem ist eine Rückführungsoffensive verankert. Gemeinsam mit den Kommunen soll eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt werden. Verbände und Initiativen fürchten, dass die mögliche kommende Landesregierung eine restriktive Integrationspolitik verfolgen könnte. „Die sich hier andeutende hessische Integrationspolitik atmet fast ausschließlich den Geist von Desintegration und Restriktion statt auf positive Anreize zu setzen“, teilten die unterzeichnenden Organisationen (u.a. Diakonie Hessen, Parität Hessen, DGB Hessen Thüringen, AWO Fulda , Pro Asyl) des Aufrufs „Hessen braucht eine Integrationsoffensive“ am Dienstag mit. In den Eckpunkten werde kein Wort verloren über Fördervorhaben für eine gesellschaftliche und arbeitsmarktorientierte Integration. [28.11. Migazin, FR-Hessen; 12.11. Migazin]

Bayern [18.10.]: Bereits vor der Landtagswahl am 8.10. hatte die CSU einen künftig noch rigideren Kurs in der Migrationspolitik und das Durchsetzen solcher Forderungen gegenübre der Bundesregierung angekündigt. Zu ihren Stichworten zählten im Wahlkampf: wirksamen Begrenzung illegaler Zuwanderung, schnellere und umfassendere Abschiebung krimineller Ausländer*innen, schnellere Asylverfahren, beschleunigte Rückführungen, mehr s.g. sichere Herkunftsstaaten, Asyl-Entscheidungszentren an der EU-Außengrenze, kein schnellerer Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft, mehr Beamte für die bayerische Grenzpolizei sowie eine "Integrationsobergrenze" von 200.000 Menschen pro Jahr für ganz Deutschland. (14.9. Merkur, 7.10. BR,7.11. BR, 17.11. Merkur, 23.11. STMI BY)
Kurz nach der Landtagswahl formulierte die Geschäftsführendenkonferenz der Diakonie Bayern in ihrer Erklärung "Kein Raum für Extremismus, Populismus und ausgrenzende Polemik" Erwartungen an eine zukünftige Staatsregierung in Bayern: "Angesichts der zahlreichen Herausforderungen erwarten wir eine gemeinsame Kraftanstrengung aller politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure, Spaltungstendenzen in der Gesellschaft entgegenzutreten." Sie wendet sich gegen jede Form der Ausgrenzung, Verächtlichmachung und Diffamierung einzelner Personengruppen - wie Menschen mit Migrationshintergrund. Insbesondere das Grundrecht auf Asyl sei „nicht verhandelbar“, eine zukünftige Staatsregierung müsse bei der Migrationspolitik humanitäre Aspekte beachten und Integration fördern. Versuchen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu unterhöhlen, will die Diakonie Bayern entschieden entgegentreten sowie sieht sie die zukünftige Staatsregierung zur Gewährleistung einer ausreichenden Finanzierung sozialer Angebote und zur aktiven Arbeit an der Behebung des Fachkräftemangels verpflichtet. (18.10. Diakonie-BY)

[5.10.] Bereits im Herbst sprach sich der Präsident des Deutschen Landkreistages, Sager, für einen verstärkten Einsatz von Sach- anstelle von Geldleistungen aus. (5.10. Dlf)

Zivilgesellschaftliches Bündnis: Fünf-Punkte-Plan vor MPK

[3.11.] Ein zivilgesellschaftliches Bündnis* forderte im Vorfeld der Ministerpräsident*innenkonferenz (6.11.) in einem Fünf-Punkte-Plan eine zukunftsfähige Asyl‑, Aufnahme- und Integrationspolitik:
"Aktuelle Herausforderungen bei der Aufnahme geflüchteter Menschen machen mehr denn je deutlich: Es braucht eine gut funktionierende Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik. Statt Geflüchtete gesellschaftlich und rechtlich auszugrenzen, ist ein Umdenken nötig, um ihre Aufnahme zu meistern und sich unserer Gesellschaft bietenden Chancen zu nutzen. Die derzeitigen Abschottungs- und Abwehrdiskussionen helfen dabei nicht. Sie halten Menschen auf der Flucht auch nicht davon ab, ein Leben in Sicherheit zu suchen. Was es braucht, sind lösungsorientierte und pragmatische Ideen für eine gute Aufnahme und schnelle Integration. Eine vorausschauende Politik muss für die nächsten Jahre mitplanen. Im öffentlichen politischen Diskurs vermissen wir faktenbasierte und menschenrechtsgeleitete Vorschläge. Vergessen werden oft die Erfolge der Flüchtlingsaufnahme der letzten Jahre sowie die der Aufnahme von einer Million geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Dabei zeigen die Beispiele: Die Gesellschaft kann viel, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“: Dieses Grundrecht sowie das Bekenntnis des Grundgesetzes zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten – wie dem
Menschenrecht, Asyl zu suchen – müssen stets Maßstab der deutschen Politik sein. Dies muss auch konsequent für nach Deutschland geflüchtete Menschen gelten und darf nicht in
Frage gestellt werden.
Gemeinsam fordern wir als Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wohlfahrtsverbände von der Bundesregierung und den Landesregierungen folgende Maßnahmen für eine funktionierende Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik: 1. Eine zukunftsorientierte Aufnahme für Asylsuchende, 2. Fokus auf Integration und Partizipation, 3. Sozialrechtliche Eingliederung statt Ausgrenzung, 4. Unterstützungsstrukturen erhalten und dem Bedarf anpassen, 5. Eine Sozialpolitik, die alle mitdenkt, 5. Eine Sozialpolitik, die alle mitdenkt. [...]
Viele Probleme, die wir aktuell erleben – etwa auf dem Wohnungsmarkt und bei Schul- und Kitaplätzen – betreffen viele Menschen in unserer Gesellschaft. Sie sind nicht erst mit den aktuell ankommenden Schutzsuchenden entstanden und werden auch nicht durch deren Abschreckung und Abwehr gelöst. Entsprechend braucht es eine Sozial- und Bildungspolitik, die alle mitdenkt."

* Zu den unterzeichnenden Organisationen gehören u.a.: die Diakonie Deutschland, der AWO Bundesverband, Paritätische Gesamtverband, Deutsche Caritasverband e.V., das FORUM MENSCHENRECHTE, Landesflüchtlingsräte, PRO ASYL, Amnesty International Deutschland und terre des hommes Deutschland.

BVerfG-Urteil: Ausländerbehörde darf Visumpflicht für Familiennachzug nicht überspannen

[2.11.] Ausländerbehörden dürfen für den Familiennachzug von Ausländern die Pflicht zur Einholung eines entsprechenden Visums nicht überspannen. Wird von einem abgelehnten Asylbewerber und Vater von zwei Kindern für sein Aufenthaltsrecht ein Visum zum Familiennachzug verlangt, kann die geforderte Visa-Antragstellung in seinem Heimatland und die damit verbundene lange Familientrennung das Grundrecht auf Schutz der Familie verletzen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss. (2.11. BVerfG AZ: 2 BvR 441/23; 4.12. Migazin)

Mehr Fairness u. Offenheit in der (Debatte rund um) Flüchtlingspolitik

[1.11.] Pro Asyl: Menschenrechte sind nicht verhandelbar! - 10 Argumente für Fairness und Offenheit in der Flüchtlingspolitik: Wie viele Akteur*innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft seit 2015 - insbesondere aber den vergangenen Monaten - feststellen, werden in politischen und öffentlichen Debatten flüchtlingspolitische Fragen immer mehr missbraucht, um die Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Versäumnisse und infrastrukturelle Mängel hierhin zu verschieben. Immer mehr populistische und teils rechte Vokabeln und Diskurse werden genutzt. (Etwa das Argument der wissenschaftlich bereits längst wiederlegten "Pull-Faktoren" oder der nicht nur bedenkliche, sondern auch falsche Begriff der "irregulären"/"illegalen" Migration zur Diskreditierung der Zugewanderten und zur Legitimierung von Abschottung, Abschiebung und Kriminalisierung.)
Pro Asyl hat daher 10 Argumente für Fairness und Offenheit in der Flüchtlingspolitik zusammengestellt unter dem Motto: Menschenrechte sind nicht verhandelbar!: #Aufnahmefähigkeit - #Abschiebungen - #Sachleistungen - #Geldtransfers - #Arbeitszwang - #Grenzschließungen - #Obergrenze - #Asylrecht- #Migrationsabkommen - #Gewaltmaßnahmen ...

Kabinettsbeschluss: Lockerung des Arbeitsverbots für Asylbewerber*innen

Geflüchtete in Deutschland durften nach bisheriger Rechtslage frühestens nach 3 Monaten (in vielen Fällen aber auch erst nach deutlich längeren Fristen) arbeiten. Mit Blick auf viele unbesetzte Stellen in der deutschen Wirtschaft und eine bessere Integration beschloss die Bundesregierung am 1.11. gewisse Lockerungen der Arbeitsverbote. Sie erhofft sich in Folge dessen neben einer höheren Beschäftigung von Asylsuchenden auch eine Entlastung von Städten und Gemeinden mit Blick auf Sozialleistungen entlasten. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/asylsuchende-arbeitsmarkt-100.html
(Die Arbeitserleichterungen sind jedoch Teil des aktuellsten Migrationspakets, auf dessen Eckpunkte sich die Spitzen von SPD, Grünen und FDP bereits Anfang Oktober einigten, in dessen Rahmen es größtenteils um Maßnahmen zur Abwehr und Abschiebung geht, nicht um Integration. So hatte Innenministerin Nancy Faeser den ersten Gesetzespaket-Teil zur Ermöglichung schnellerer Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber*innen bereits Ende Oktober im Kabinett auf den Weg gebracht. Die 1. Lesung im Bundestag zum s.g. Rückführungsverbesserungsgesetz fand wiederum am 30.11. statt. (s.o.))

Bei den Lockerungen der Arbeitsverbote ginges v.a. um drei Änderungen:
- Asylbewerber*innen in Erstaufnahmeeinrichtungen dürften künftig bereits nach sechs statt neun Monaten arbeiten.
- Abgelehnte Asylbewerber*innen können im Fall von Beschäftigung oder Ausbildung eine Duldung erhalten; hierfür wurde der Einreise-Stichtag auf den 31.12.22 verlängert (bisher 31.08.18).
- Künftig sollen Ausländerbehörden ihre Zustimmung zur Beschäftigung von geduldeten Ausländer*innen künftig im Regelfall erteilen, nicht mehr nur als Ermessensentscheidung der Behörde.

Für die Beschäftigungsduldung gibt es neben der Stichtagsänderung weitere Erleichterungen: künftig wird dafür "nur noch" vorausgesetzt, dass zuvor 12 statt bisher 18 Monate lang eine sozialabgabenpflichtige Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von nur 20 statt 35 Wochenstunden bestand.
Andere Hürden - wie etwa die vollständige Lebensunterhaltssicherungspflicht aus eigener Kraft, ohne Sozial- o.a. -leistungsbezüge - bleiben jedoch erhalten.

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen - darunter Pro Asyl - aber auch Vertreter*innen und Stakeholder aus Wirtschaft und Handwerk fordern schon lange weitreichendere Reduzierungen bis hin zu einer vollständigen Abschaffung der Arbeitsverbote für Geflüchtete. Kleine vermeintliche Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt reichten nicht aus, sagte der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Alaows. Nötig sei vielmehr, dass alle Arbeitsverbote vollständig abgeschafft würden, da sie die Menschen aus der Gesellschaft ausgrenzten. Angesichts des Arbeitskräftemangels seien derartige Bestimmungen der falsche Weg. Pro Asyl forderte stattdessen eine Ausweitung von Sprachkursen sowie eine schnellere Anerkennung ausländischer Schul- und Bildungsabschlüsse, so dass Geflüchtete in den Berufen arbeiten könnten, für die sie bereits in ihren Herkunftsländern ausgebildet wurden.
(30.09. Tagesschau, 02.10. BECK aktuell, MDR, 05.10. Pro Asyl, SZ, 31.10. FAZ, WirtschaftsWoche, 01.11. RND, Tagesschau, Deutschlandfunk, Pro Asyl, NDR-Interview mit Reem Alabali-Radovan, Beauftragte der BReg für Integration u. Antirassismus, SPD; 8.11. Netzwerk WIR schaffen berufliche Perspektiven)

BMAS: Job-Turbo für Geflüchtete

[18.10.] Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften wollen Hunderttausende Geflüchtete schneller in Arbeit bringen. Die Arbeit solle jeweils „so passgenau wie möglich“ ausfallen, aber auch „so schnell es irgend geht“ angetreten werden laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Auftakt bildete ein Treffen mit Spitzenvertreter*innen von der Bundesagentur für Arbeit und Verbänden der Wirtschaft, Gewerkschaften, Unternehmen und Kommunen am 18.10. und eine weitere Runde hierzu am 20.11.
In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Namen „Jetzt in den Job: Integration in Arbeit lohnt sich“ erklärten sich die o.g. Akteur*innen bereit, den von der Bundesregierung geplanten „Jobturbo“ zu unterstützen. Mit dem Programm sollen Geflüchtete, die noch nicht gut Deutsch sprechen, schneller in Arbeit gebracht werden.
Laut Bundesminister Heil gehe es mit dem Programm nicht nur um Versorgung und Schutz, sondern auch darum, echtes Ankommen und Perspektiven in Deutschland zu schaffen. Er äußerte sich damals zuversichtlich, dass den Jobcentern ab 2024 ausreichend Mittel aus dem Haushalt zur Verfügung stehen werden, um den „Jobturbo“ unterstützen zu können. Die JC sollen den Geflüchteten entsprechend ihrer Fähigkeiten und Qualifikationen Arbeitsstellen vermitteln und sie dabei unterstützen, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Dabei soll der Berufseinstieg mit einem Sprachniveau ab B1 oder A2 möglich sein. (Bislang galt nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ein nachgewiesenes Sprachniveau von mindestens B2). Als erste unterstützende Maßnahme wurde Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, zum neuen Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten ernannt.
Mit dem Programm sollen anfangs sogleich 400.000 Geflüchtete, die Hälfte von ihnen aus der Ukraine, direkt angesprochen werden.
Gleichzeitig wurde klar gemacht, dass Geflüchtete auch Mitwirkungspflichten hätten. Laut Heil soll es Kürzungen beim Bürgergeld geben, wenn Arbeitsangebote nicht angenommen werden. (18.10. Capital, Handelsblatt, Morgenpost, 19.10. ZDF, 20.10. Spiegel, 25.10. FR, 16.11. Welt, 20.11. Merkur, Stern, Deutsche-Handwerks-Zeitung, TAZ, 21.11. Merkur, Tagesspiegel, 27.11. Welt, 18.10. SZ, 4.12. Welt)

Weitere PM zum Thema:
- In einem Interview Ende Nov. betonte Minister Heil: „Die Rekordbeschäftigung, die wir haben, verdanken wir zu einem starken Teil der Zuwanderung. Also die meisten Menschen wandern in unseren Arbeitsmarkt ein und nicht in die Sozialsysteme.“ (19.11. Focus, 22.11. EpochTimes, 27.11. Welt)
- Interview mit BA-Vorstand Terzenbach: Berufstätigkeit ist der Weg zur Integration (26.11. Migazin) Im Gespräch erklärt er, worauf es ankommt und welche Forderungen er an die Regierung stellt.

Verteilmechanismus Königsteiner Schlüssel nicht mehr zeitgemäß

[31.07.] Berliner Senatorin Kızıltepe stellt den Königsteiner Schlüssel (Verteilmechanismus für Flüchtlinge in Deutschland) als nicht mehr zeitgemäß infrage.
Zu dem Diskurs hieß es aus dem Hamburger Senat, dass es keine Mehrheit für eine Neuberechnung des Königsteiner Schlüssels gebe, der Senat sei aber der Auffassung sei, dass die tatsächliche Aufnahme bei der Verteilung neu ankommender Geflüchteter künftig berücksichtigt werden sollte, da viele Geflüchtete zwar nach dem Königsteiner Schlüssel zur Aufnahme einem bestimmten Bundesland zugewiesen würden, aber dennoch viele den Wohnort wechselten. Bund und Länder seien daher im Gespräch darüber, das Ausländerzentralregister zum zentralen Instrument für das Management der Migration zu entwickeln.
Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte wiederum, Kızıltepe lenke von den eigentlichen Problemen ab; in Deutschland müsse nicht die Verteilung geändert werden, sondern der Zuzug von Flüchtlingen begrenzt. (MIGAZIN)

3.2. Pressemitteilungen/Meldungen - Europa und Welt

Mitgliedstaaten u. Parlament: EU einigt sich auf Asylreform

[20.12.] Mit dem Ziel, die s.g. irreguläre Migration einzudämmen, haben das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten eine Einigung über eine umfassende Reform der Asyl- und Migrationspolitik der EU erzielt. Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) will die Europäische Union nach jahrelangem Streit die Lehren aus den Jahren 2015 und 2016 ziehen. (Der Asyl-Pakt umfasst dabei 5 Gesetze: die Screening-Verordnung, geänderte Eurodac-Verordnung, geänderte Verordnung über Asylverfahren (APR), Verordnung zur Verwaltung von Asyl und Migration und die Krisenverordnung).
Wesentliche Inhalte sind schärfere Asylregeln, Asylverfahren an den Außengrenzen sowie ein obligatorischer Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedsländern, um Hauptankunftsländer wie Italien oder Griechenland zu entlasten. Zentral ist dabei, dass ankommende Asylbewerber*innen mit geringer Bleibechance schneller und direkt von der EU-Außengrenze abgeschoben werden sollen. Staatsangehörige, deren Asyl-Anerkennungsquote bei unter 20 % liegt, sollen an der Grenze festgehalten werden für die dortige Asylanspruchsprüfung innerhalb von zwölf Wochen („Schnellverfahren“). Menschen ohne Aussicht auf Asylanspruch sollen direkt abgeschoben werden.
Wiederum die s.g. Krisenverordnung regelt das Vorgehen der EU-Staaten bei einem besonders starken Anstieg der Migration. Ankommende dürfen dann zum Bsp. länger unter haftähnlichen Bedingungen an der Grenze festgehalten werden.
Der s.g. Solidaritätsmechanismus soll überlasteten Staaten an der Außengrenze mit Aufnahmeprogrammen oder Ausgleichszahlungen helfen. An dem Dublin-Grundsatz, dass der EU-Staat für einen Asylbewerber*in zuständig ist, in dem dieser angekommen ist, ändert die Reform jedoch nichts.

Aus der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsorganisationen werden die Reformvorhaben teils bereits seit Jahren auf das Schärfste kritisiert.
So sprach die Organisation Pro Asyl nach dem jetzigen Beschluss vom nun "beschlossen[en] Abbau der Menschenrechte von Geflüchteten in Europa".
"Die geplante Reform ist menschenrechtswidrig und wird zu mehr Leid, mehr Pushbacks und mehr Gewalt an den EU-Außengrenzen führen", kritisierte auch Julia Duchrow, die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. "Sie wird bestehende Herausforderungen nicht lösen, sondern verschärfen."
Laut Dr. Andreas Grünewald von Brot für die Welt ist dies "ein schwarzer Tag für den Flüchtlingsschutz und für das Friedensprojekt Europa“.
Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. (BumF) spricht von einem menschenrechtlichen Skandal.
Steffen Feldmann, Vorstand für Internationales beim Deutschen Caritasverband, machte mit Blick auf die EU-Einigungen deutlich: "In der Politik sind Kompromisse notwendig. Allerdings nicht um jeden Preis. Menschenrechte sind die Basis unseres Zusammenlebens und keine Verhandlungsmasse. Wenn damit begonnen wird, sie in Frage zu stellen, wird dies gravierende Folgen für das Zusammenleben in Deutschland, Europa und der Welt haben."

Auch im EU-Parlament gab es Gegner*innen, die sich jedoch nicht durchzusetzen vermochten gegen die Positionen von EU-Kommission, EU-(Innen-)Rat und den meisten Mitgliedsländern.
So etwa bezeichnete die EU-Abgeordnete Cornelia Ernst von den Europäischen Linken die Einigung direkt im Anschluss an die langen Verhandlungen als  "die massivste Verschärfung des Europäischen Asyl- und Migrationsrecht seit Gründung der EU". Das individuelle Recht auf Asyl sei de facto tot. "Künftig werden Asylsuchende an der Grenze inhaftiert, auch bei Familien mit Kindern aller Altersstufen soll das möglich sein."

Zum weiteren Verlauf: Nach der vorläufigen Einigung werden die Arbeiten auf technischer Ebene in den kommenden Wochen fortgesetzt, um die Einzelheiten der neuen Verordnungen zu konkretisieren. Danach wird die vorläufige Einigung den Vertreter*innen der Mitgliedstaaten zur Bestätigung vorgelegt. (Im Rahmen einer COREPER-Sitzung, einem Unterorgan des Ministerrates der EU zur Vorbereitung von Entscheidungen des Ministerrates) Das neue EU-Rechtspaket wird vermutlich in circa zwei Jahren in Kraft treten. Dann wird es wiederum sehr schnell gehen, denn die neuen Regelungen sind größtenteils Verordnungen, die direkt und unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten, also nicht erst einer eigenen Umsetzung in nationale Rechte bedürfen. Das bedeutet aber auch, dass in Deutschland der Bundestag dem Ganzen zustimmen muss/ müsste.
(8.12. Proasyl, 20.12. Welt, MDR. Zeit, FAZ, Spiegel, DW, BMI, Proasyl, Mediendienst-Integration, brot-fuer-die-welt.de, Caritas, BumF, EU-Rat, Euronews)

Frankreich: Einwanderungsgesetz verschärft

[20.12.] Nach mehreren gescheiterten Anläufen innerhalb der stark polarisierten politischen Landschaft Frankreichs hat die Regierung nun ihr umstrittenes Immigrationsgesetz in verschärfter Fassung durch das Parlament (Senat und Nationalversammlung) gebracht. - Aus Protest reichte ein Minister seinen Rücktritt ein.
Mit dem Vorhaben will die Regierung eigenen Angaben nach Einwanderung besser kontrollieren, aber vorgeblich auch Integration verbessern. Der verabschiedete Gesetzestext ist deutlich restriktiver als der ursprüngliche. Reguläre Migrant*innen sollen gewisse Sozialleistungen wie Wohnzuschüsse und Familiengeld erst später als bisher erhalten. Das Parlament soll über jährliche Immigrationsquoten debattieren. Zudem soll die Straftat des irregulären Aufenthalts wieder eingeführt werden. Auch sollen Doppelstaatler, die Straftaten gegen Ordnungskräfte begehen, die französische Nationalität verlieren.
Wiederum eine bisherige Kernmaßnahme des Regierungsvorhabens, nach dem bisher ohne Aufenthaltspapiere arbeitende Migrant*innen in Berufen mit Personalmangel einen vorübergehenden Aufenthaltstitel bekommen sollen, wird nun doch nur noch in deutlich eingeschränkter Form kommen. (20.12. Zeit, ZDF, Spiegel, Dlf, Tagesschau)

 

Malta u. Frontex kooperieren mit libyschen Milizen

[14.12.] In einer großen Recherche haben Lighthouse Reports, der Spiegel und weitere Journalist*innen aufgedeckt, dass Frontex und Malta systematisch Koordinaten von Booten mit fliehenden Menschen mit einer Milizengruppe aus Libyen teilen. Die Milizengruppe Tareq Bin Zeyad (TBZ) wird von Saddam Haftar, dem Sohn des ostlibyschen Warlords Khalifa Haftar, geführt und wird mit Menschenhandel in Verbindung gebracht. Seit Mai betreibt die Gruppe ein Schiff im zentralen Mittelmeer, das ebenfalls TBZ heißt, mit dem sie bereits über 1000 Menschen auf dem Mittelmeer abgefangen und illegal zurück nach Libyen verschleppt haben. (14.12 Seebruecke)

England: Urteil des Obersten Gerichts gegen Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda

[12.12.] Anfang Dezember (6.12.) schloss Großbritannien einen neuen Vertrag mit Ruanda, der Ruandas Status als sicheres Drittland für Asylsuchende garantieren soll. Mit der Unterzeichnung durch den dafür extra nach Kigali gereisten Innenminister James Cleverly will die britische Regierung den vom Supreme Court* als rechtswidrig verworfenen Plan wiederbeleben, aus Frankreich über den Seeweg eingereiste Geflüchtete (vergangenes Jahr waren mehr als 45.000 Menschen über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen) ohne Erlaubnis nach Ruanda zu fliegen, statt sie Asyl in Großbritannien beantragen zu lassen.
(*Erst Mitte November hatte das Urteil des Obersten Gerichts in London das Urteil der Vorinstanz betsätigt, wonach es zwar legal wäre, Asylsuchende in ein sicheres Drittland zu schicken, aber Ruanda keine ausreichenden Garantien gegen ihre mögliche Abschiebung in ihr Herkunftsland biete. Es bestehe hingegen die Gefahr, dass Asylbewerber*innen in dem ostafrikanischen Land kein faires Verfahren erhielten. Der Supreme Court berief sich u.a. auf Erfahrungsberichte des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR.)
Am 12.12. stimmte dann auch das Unterhauhs (das britische Parlament) dem umstrittenen Gesetzesentwurf zu. Der drohende dortige Showdown mit dem rechten und liberalen Flügel der regierenden Konservativen Partei wurde dadurch aber auch nur auf Januar verschoben. Denn das Notstandsgesetz geht den Abgeordneten des rechten Tory-Flügels nicht weit genug und sie fordern weitere Verschärfung. Wiederum der liberale Flügel der Partei will eine weitere Einschränkung des Asylrechts nicht mittragen, da Großbritannien dann gegen seine Verpflichtungen nach der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen würde.

[Hintergrund/ Entwicklung: Der alte britische „Ruanda-Deal“, gegen den im Nov. geurteilt wurde, sah nicht vor, dass abgeschobene Flüchtlinge von Runanda aus Asyl in Großbritannien beantragen (wie es Deutschland mit ausgelagerten Asylzentren und dortigen Verfahren vorsieht), sondern, dass sie dann Asyl in Ruanda beantragen. Jedoch kann GB unmöglich den Ausgang eines ruandischen Asylverfahrens festlegen noch Flüchtlingen Schutz vor Abschiebung aus Ruanda versprechen. - Das gilt letztlich für alle Drittstaaten-Asylmodelle, und somit ist das Urteil auch für Europa und Deschland relevant.
Die britische Regierung hatte bereits direkt nach dem Urteil angekündigt, am Ruanda-Deal festzuhalten und dies so nun umgesetzt. Laut des neuen Innenministern James Cleverly und des Premierminister Rishi habe der Supreme Court ja nicht gegen das Prinzip von Abschiebungen in Drittstaaten an sich geurteilt und man hatte offenbar bereits im November einen weiteren Vertrag mit Ruanda vorbereitet, um die vom Gericht genannten Defizite anzugehen. Sunak hatte auch hier schon Bereitschaft geäußert, geltende Gesetze zu ändern oder internationale Konventionen zu überprüfen, um die Ruanda-Pläne am Ende umzusetzen. Im Gespräch ist der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dies würde auch dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Zuständigkeit entziehen, über GB zu urteilen. (Im Sommer 2022 hatte der EMRK in Straßburg den bisher einzigen geplanten Flug mit Asylsuchenden nach Ruanda per einstweiliger Verfügung in letzter Minute gestoppt.)]

In Deutschland hält der Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), trotz des abschlägigen Urteils des höchsten britischen Gerichts an einer Drittstaatenregelung für Deutschland fest. „Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass eine Drittstaatsregelung wünschenswert ist, es aber noch keinen geeigneten Staat gibt, der Willens und rechtsstaatlich dazu in der Lage ist“. Er wiederholte die Ansicht des britischen Premiers, wonach das Urteil keine grundsätzliche Ablehnung der Möglichkeit von Drittstaatsverfahren darstelle. (Tagesschau 19.12.22; 7.12.23 watson.ch, 6.12. TAZ, BBC.com, 5.12. Migazin, Aljazeera.com, 15.11. TAZ 1, 2, 3, Spiegel, FAZ, WELT, SZ; 16.11. Tagesspiegel; 12.12 .Zeit, Handelsblatt, Tagesschau, ZDF)

EU-Asylreform: Außengrenzverfahren für ab 6 Jährige geplant

[7.12.] Die Europäische Union will mit Blick auf die EU-Parlamentswahlen im kommenden Jahr noch vor Weihnachten die bereits seit vielen Jahren erörterte Reform des eigenen Asylrechts auf den Weg bringen. Daher ist der Zeit- und Erfolgsdruck bei den aktuellen Verhandlungen enorm. „Ein Scheitern können wir uns nicht leisten“, heißt es aus Verhandlungskreisen, „es wäre Wasser auf die Mühlen der Feinde Europas.“ Die Erfolge extrem-rechter Parteien wie in Italien, Skandinavien oder zuletzt in den Niederlanden bereiten in Brüssel große Sorge. Die Hoffnung ist, mit einer Einigung auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) könnte ein befürchteter Rechtsruck bei den Europawahlen im Juni verhindert werden.
Dabei jedoch gehen die Einigungen immer mehr in Richtung menschen(rechts)verachtender Politiken.
Bei den neuesten Verhandlungen von Unterhändler*innen des EU-Parlaments, der EU-Staaten und der EU-Kommission am 7.12. über die großangelegte EU-Asylreform entschied der EU-Rat am Ende, das Mindestalter für die künftig geplanten Grenzasylverfahren im Gesetzesvorschlag von zwölf auf sechs Jahre zu senken. Damit könnte die EU künftig auch Kinder an der EU-Außengrenze festhalten, um ihr Recht auf Asyl in Schnellverfahren zu prüfen und sie von dort aus zügiger wieder abschieben zu können. Menschenrechtsorganisationen protestieren auf das Härteste dagegen.
So etwa bezeichnete die Expertin für Flucht und Migration bei der Hilfsorganisation „Save the Children Deutschland“, Meike Riebau, den Vorschlag als „Skandal“. Ursprünglich hatte die Ampel-Regierung die Position vertreten, dass Familien mit Kindern sowie unbegleitete Minderjährige aus den Schnellverfahren zur Asylprüfung an der EU-Außengrenze ausgenommen werden sollten, da diese mit haftähnlichen Bedingungen verbunden sein werden. Jedoch am 5.12. hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits erklärt, Deutschland werde dem Gesetzestext auch zustimmen, wenn die Ausnahme nicht gelinge. - Eine endgültige Einigung wird für die nächste Verhandlungssitzung am 18.12. erwartet. (Hier wird der Fokus auf der Verhandlung der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung liegen. Im EU-Parlament soll im März 2024 abgestimmt werden.)
Der Advocacy Manager für Flucht und Migration bei Save the Children Deutschland, Marvin Mc Neil, brachte es auf den Punkt: „Wir stehen an einem Scheideweg. [...] Wird die Festung Europa Realität oder entscheidet sich die EU für Humanität und Menschenrechte? Der Umgang mit geflüchteten Kindern wird zeigen, für welche Werte wir in Europa stehen. [...] Die anstehende Reform wird über Jahre das Schicksal aller Kinder bestimmen, die in Europa Schutz vor Krieg, Verfolgung, Ausbeutung, Zwangsehe und extremer Armut suchen. [...]
Die EU muss die Gelegenheit nutzen, um das schon jetzt menschenfeindliche Asylsystem zu einem Besseren zu wenden. Wir brauchen einen kinderfreundlichen Migrationspakt und keinen, der das Einsperren von Kindern zulässt.“
Die Kinderrechtsorganisation fordert die Bundesregierung daher auf, sich klar für den Schutz von Kindern in den künftigen Regelungen einzusetzen. (4.10. Migazin, WiWo,  6.12. Suttgarter-Zeitung, 7.12. Dlf, 8.12. FAZ, Detektor.fm, 10.12. savethechildren, 10.12. Migazin, 12.12. Perspektive-online)

Kooperation von Türkei u. Griechenland

[7.12.] Nach einer mehrjährigen politischen Eiszeit zwischen den Nachbarländern Türkei und Griechenland reiste der türkische Präsident Erdogan in Begleitung etlicher Minister*innen in die griechischen Hauptstadt. Die Reise und das als „Höchster Kooperationsrat“ bezeichnete Arbeitstreffen, das auch die erste Begegnung mit dem 2019 ins Amt gewählten griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis darstellt, wird als Zeichen der Entspannung gewertet.
Zu den besprochenen Themen gehörten Migration, Energie, Tourismus und Klima. Verkündet wurde, dass die beiden Länder mit dem Ziel der Begrenzung „illegaler Migration“ eine engere Zusammenarbeit der Küstenwache und der Polizei planen. (7.12. Tagesspiegel, Dlf, DW, Tagesspiegel)

EU-Justiz und Inneres-Ratssitzung: Asylreform

[5.12.] Bei der Ratssitzung in der Konstellation „Justiz und Inneres“ am 4.-5.12. legte der spanische EU-Ratsvorsitz seinen Fortschrittsbericht über das Migrations- und Asylpaket der EU-Ministerrunde vor.
Die Minister*innen wurden auch über den Sachstand in Bezug auf die externe Dimension der Migration informiert. Dabei geht es um die EU-Politik zur Bewältigung von Herausforderungen im Bereich Migration, die die EU ebenso betreffen wie andere Kontinente und Länder. Die Kommission berichtete über die jüngsten Fortschritte bei der Zusammenarbeit mit Drittländern. (zum ausführlichen Bericht auf der Seite des Rats)

Der Rat und das Europäische Parlament führen derzeit sogenannte Trilogverhandlungen über fünf Gesetzgebungsdossiers. Mit diesem Paket wird das gemeinsame europäische Asylsystem reformiert und es soll ein gemeinsamer EU-Rahmen entstehen, der alle Aspekte des Asyl- und Migrationsmanagements abdeckt. Die beiden Organe möchten vor Ablauf dieser Legislaturperiode die Verhandlungen abschließen und die verschiedenen Legislativvorschläge förmlich annehmen.
(Siehe auch weitere Informationen auf den Rats-Seiten: Migrations- und Asylpolitik der EU / Asyl- und Migrationsvorschriften der EU)
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Hintergrundinformationen:
Kern der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ist eine Notstandsregelung in s.g. Migrationskrisen („Krisenverordnung“) mit dem Ziel, Zuwanderung effektiver zu kontrollieren und einzudämmen. Das soll u.a. erreicht werden, indem ein Teil der Asylanträge bereits an den EU-Außengrenzen bearbeitet wird. Durch dieses s.g. Screening sollen Migrant*innen mit geringen Aufnahmechancen erst gar nicht in die EU gelangen. Darauf verständigten sich die Mitgliedstaaten bereits in den vergangenen Monaten, wobei in den verschiedenen EU-Gremien an der s.g. Asylreform bereits seit der Fluchtbewegung ab 2015 schleppend gearbeitet wird.

Zahlreiche Deutsche und Europäische Menschenrechtsorganisationen – darunter Terre des Hommes und Amnesty International, Pro Asyl und etliche Flüchtlingsräte – warnen vor der EU-Reform. Grundrechte in Asylverfahren könnten durch eine solche Notregelung eingeschränkt werden und dies könne schnell instrumentalisiert werden. Auch Fachleute bezweifeln, ob die geplanten Asyl-Schnell-Verfahren an den EU-Außengrenzen – von Kritiker*innen als „Migrationshaft“ bezeichnet – fair verlaufen können. (Amnesty zufolge haben der EuGH und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass unabhängig eine Situation im rechtlichen Sinne Haft darstellen könne unabhängig von der formellen Deklaration als solcher von staatlicher Seite.) Kritiker*innen vergleichen die Zustände der zu erwartenden Rechtlosigkeit in den „Haftlagern“ mit denen in dem griechischen Flüchtlingslager Moria, da die Mitgliedstaaten selbst für die Einhaltung der Verfahrensstandards zuständig sein sollen. Zudem wird die Gewährleistung regulären Rechtsschutzes bezweifelt, da es an der EU-Außengrenze – wie in Moria – an spezialisierten Anwält*innen fehlt.
Weiterhin ist zu befürchten, dass – wenn erst einmal eingeführt – diese Verfahren auf weitere Herkunftsländer und Geflüchtetengruppen ausgeweitet werden könnten. (Zunächst soll das Grenzverfahren nur bei Menschen aus Ländern angewendet werden, die im EU-Schnitt eine Anerkennungsquote von unter 20 % haben.) Wiederum bspw. in Bulgarien wird diese Praxis rechtswidriger Inhaftierung bereits durchgeführt. Laut einer Studie von terre des hommes (s. Publikationen), die die Situation in Ungarn, Griechenland, Bulgarien und Polen betrachtet, sind sogar minderjährige Geflüchtete bereits jetzt von Migrationshaft sowie illegalen Pushbacks betroffen.
Des Weiteren umfasst die Reform die Veränderung der Kriterien für sichere Drittstaaten mit dem Ziel der Ausweitung der Liste. Nach der Redefinition müssten Staaten die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) dann nicht mehr unterzeichnet haben, sondern hat nur die jeweilige Situation vor Ort im Wesentlichen den GFK-Standards zu entsprechen. Dabei könnte ein Land sogar auch bei Ausnahme mancher unsicherer Landesteile insgesamt noch als sicherer Drittstaat gelten. Einzige Voraussetzung für eine Abschiebung in solche sichere Drittstaaten soll dann noch sein, dass die Menschen eine „Verbindung“ zu diesem Land haben; wobei die Definition dessen dann im Ermessen des für das Asylverfahren zuständigen EU-Mitgliedstaats liegen soll. (Diese Bestimmung würde es bspw. Italien ermöglichen – bei Zustimmung der Regierung in Tunis – über das Mittelmeer kommende Migrant*innen nach Tunesien zurückschicken, nur weil sie das Land beim Transit passierten.)
Laut Linken-Politikerin Clara Bünger würde diese Neudefinition und solche Verfahren eine Demontage des europäischen Asylrechtes und des Menschenrechtsschutzes darstellen.
NGOs europaweit sind wiederum zudem alarmiert, da sich Italien dafür einsetzt, dass Seenotrettungsmaßnahmen auch als Instrumentalisierung gewertet werden können. - Deutschland hingegen unterstützt private Seenotretter*innen finanziell; wobei auch hierzulande Stimmen dagegen lauter werden.
Pro Asyl spricht in Bezug auf die Reform insgesamt von einem „Frontalangriff auf das Asylrecht“. Der Leiter der Europaabteilung der Menschenrechtsorganisation, Karl Kopp, kritisierte das letztliche Mitgehen der Bundesregierung bei den EU-Reformplänen als „historischen Fehler“. Damit würde der Ausverkauf von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in Kauf genommen. Ähnlich äußerte sich Amnesty International.

Ein weiterer Punkt der Reform ist die Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU. Die Binnenländer sollen künftig freiwillig, aber verbindlich (s.g. „Solidaritätsmechanismus“) die Aufnahme von Schutzsuchenden zusagen, deren Anzahl anhand einer Quote festgelegt werden soll. Staaten, die keine oder weniger geflüchtete Menschen aufnehmen, sollen entweder Sachleistungen (etwa Hilfe im Verfahren) erbringen oder Geld zahlen. (Man einigte sich auf 20.000 € pro nicht aufgenommenen Geflüchteten anstelle der ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagen 22.000 €). Einen verpflichtenden Verteil-Mechanismus soll es nur im Krisenfall geben, da solche Festlegungen bereits während der Flüchtlingsbewegung 2015 an der Weigerung Ungarns, Tschechiens und Polens, Schutzsuchende aufzunehmen, gescheitert waren. Diese Länder werden absehbar bei ihrer Blockade bleiben (und stimmten auch zuletzt gegen eine verpflichtende Verteilung als Teil des Kompromissvorschlags). 
(3.5., 6.6., 6.6.  11.6., 15.6., 28.9., 4.10., 29.11. FR; 29.9. Pro Asyl, 4.10. Dlf; 5.12. Evangelische-Zeitung, Evangelisch.de)

UN-Klimakonferenz: Fonds für ärmere Länder (Update)

[30.11.] Auf der Weltklimakonferenz in Dubai hat der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate, einen neuen Investmentfonds im Volumen von 30 Mrd. US-Dollar (27,5 Mrd. €) angekündigt, um mehr Kapital in Klimaschutzprojekte zu lenken. Der Fokus liege auf Märkten in Entwicklungsländern, teilte die Präsidentschaft der COP28 mit. Zusammen mit privaten Geldgebern sollen bis 2030 insgesamt bis zu 250 Mrd. Dollar mobilisiert werden.
Schwerpunkte der geplanten Investitionen sind die klimafreundliche Energiewende, der entsprechende Umbau industrieller Prozesse sowie neue Klimaschutz-Technologien.
Zum Konferenzauftakt hatten Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate überraschend zugesagt, jeweils 100 Mio. US-Dollar (umgerechnet etwa 92 Mio. €) für den Ausgleich von Klimaschäden in besonders verwundbaren Staaten zur Verfügung zu stellen. Damit fließt erstmals Geld in den im vergangenen Jahr beschlossenen Fonds. Auch Großbritannien, die USA und Japan machten Zusagen. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze forderte nun weitere Länder auf, sich ebenfalls zu beteiligen. "Auch China und andere Schwellenländer sollten dem Beispiel der Vereinigten Arabischen Emirate folgen und sich am neuen Fonds beteiligen".
Entwicklungsländer und kleine Inselstaaten fordern seit Jahren Ausgleichszahlungen für Klimaschäden, denn die Verursacher sind vor allem die reicheren Industrie- und Schwellenländer. Nachdem die Industriestaaten das Thema lange an den Rand gedrängt haben, wurde auf der Klimakonferenz 2022 in Sharm-el Scheich die Errichtung eines neuen Fonds zum Ausgleich von Schäden ("Loss and Damage") beschlossen.
Dieser Fonds kann auch als ein Beitrag zur (klimaschädenfolgen-bedingten) "Fluchtursachenbekämpfung" gesehen werden. (30.11., 1.12. tagesschau; 1.12. Dlf)

EUGH-Urteile (u.a. zu Familienzusammenführung)

- Nichtzurückweisungs-Grundsatz (non-refoulement) gilt nicht bei Rücküberstellungen innerhalb der EU: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Befugnisse von Gerichten bei einer geplanten Rücküberstellung Geflüchteter in einen anderen EU-Staat geklärt. Er urteilte, dass europäische Gerichte nicht prüfen dürfen, ob Asylbewerber*innen nach einer Rücküberstellung in andere EU-Staaten die Zurückweisung in ihr Herkunftsland droht und ihnen dort eine Verfolgung bevorstehen könnte. „Der zweite Mitgliedstaat, bei dem ein Antrag gestellt wird, prüft grundsätzlich nicht, ob die Gefahr einer mittelbaren Zurückweisung besteht“, so die Richter. Denn sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, hat jeder Mitgliedstaat davon auszugehen, dass die übrigen Mitgliedstaaten das Unionsrecht, insbesondere die Grundrechte, beachten. (30.11. Migazin)

- Kopftuchverbot in Verwaltung kann rechtmäßig sein: Der Gerichtshof der Europäischen Union räumt öffentlichen Verwaltungen ein Ermessen zur Ausgestaltung eines neutralen Arbeitsumfelds ein. Er entschied (Urteil vom 28.11.23 - C-148/22), dass ein Verbot des Tragens sichtbarer Zeichen, die weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen erkennen lassen, keine Diskriminierung darstellt, wenn es allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal der Verwaltung angewandt wird und sich auf das absolut Notwendige beschränkt. Ob dies der Fall sei, müssten die nationalen Gerichte entscheiden. Der EuGH hatte in den vergangenen Jahren bereits mehrfach entschieden, dass Unternehmen das Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz verbieten können. - Hintergrund: Im vorliegenden Fall war einer Büroleiterin in Belgien das Tragen eines Kopftuchs am Arbeitsplatz untersagt worden. Die Gemeinde entschied, ihren Arbeitnehmer*innen allgemein das Tragen von auffälligen Zeichen ideologischer oder religiöser Zugehörigkeit zu verbieten. Die Frau sah sich in ihrer Religionsfreiheit verletzt und diskriminiert. (28.11.Migazin, beck-aktuell, SZ, rnd, lto)

- Nur geringer Schutzanspruch von Flüchtlingseltern: Laut einer EuGH-Entscheidung sind EU-Staaten nicht dazu verpflichtet, Eltern von anerkannten minderjährigen Flüchtlingen internationalen Schutz zu gewähren. Lediglich der Familienverband müsse gewahrt werden, etwa durch einen Aufenthaltstitel für die Eltern oder Zugang zu Beschäftigung und Bildung. (Es ging in den Fällen um Menschen aus dem westafrikanischen Guinea, die nach Belgien kamen und selbst nicht die Voraussetzungen für internationalen Schutz erfüllten. (Az. C-374/22 u.a.)) (23.11. Tagesspiegel, Migazin)

- Rechtmäßigkeitsprüfung bei Haft: Gerichte in EU-Staaten müssen von sich aus prüfen, ob eine erlassene Haft gegen einen Migrant*innen oder Asylbewerber*innen rechtmäßig ist. In seinem Urteil betonte der EuGH, dass jede Inhaftierung eines Drittstaatsangehörigen einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Freiheit darstelle. Bei Unrechtmäßigkeit müsse die betroffene Person unverzüglich freigelassen werden. (9.11. Migazin)

- Ausweisung straffälliger Eltern begrenzt: Der EuGH urteilte in zwei Fällen aus Spanien und Großbritannien, dass straffällig gewordene Nicht-EU-Bürger*innen nicht ohne Weiteres ausgewiesen werden dürfen, wenn sie allein für ein Kind sorgen und das Kind EU-Bürger*in ist. (15.9. Migazin)

- Familienzusammenführung: Im Sommer entschied der EUGH in den verbundenen Rechtssachen C-273/20 und C-355/20 (Familienzusammenführung mit einem minderjährigen Flüchtling) und in der Rechtssache C-279/20 (Nachzug eines volljährig gewordenen Kindes), dass die Ablehnung der Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der Familienzusammenführung an den Elternteil eines während dieses Verfahrens volljährig gewordenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings gegen das Unionsrecht verstößt. Gleiches gilt für den Fall, dass ein solcher Antrag von einem minderjährigen Kind gestellt wird, das volljährig geworden ist, bevor sein Vater als Flüchtling anerkannt wurde. (21.8. Migrationsrecht.net)

EU& Türkei: Wieder verstärkte asylpolitische Zusammenarbeit geplant

[29.11.] Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind kompliziert, der Beitrittsprozess liegt seit Jahren auf Eis. U.a. in der Flüchtlingspolitik und beim Handel sieht sich die EU angewiesen auf das Land. Daher machte die EU-Kommission neue Vorschläge für eine (Wieder-)Annäherung.
In einem gemeinsamen Berich der EU-KOM und des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik (sowie zugleich Vizepräsident der Kommission von der Leyen), Josep Borell, heißt es, die Bemühungen um eine Überbrückung der größten Differenzen müssten fortgesetzt werden, damit sich mit der Türkei eine für beide Seite vorteilhafte Partnerschaft entwickle. Laut dieser Bewertung habe die Türkei in verschiedenen Fragen eine konstruktive Haltung an den Tag gelegt, doch bleibe der Prozess der Wiederannäherung zerbrechlich.
Allerdings habe die EU eindeutig ein strategisches Interesse an einem stabilen und sicheren Umfeld im östlichen Mittelmeerraum und an beiderseits vorteilhaften Beziehungen mit der Türkei. Die EU-Kommission empfahl daher, die Gespräche über die Modernisierung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei wieder aufzunehmen – allerdings erst, wenn Ankara verhindert, dass über das türkische Hoheitsgebiet die Sanktionen gegen Russland umgangen werden können.
Zudem erhofft sich die EU-Kommission viel von der Zusammenarbeit im Bereich Migration. Hier dringt die EU darauf, dass das Abkommen von 2016 effektiver umgesetzt wird, etwa indem die Türkei künftig wieder Geflüchtete von den griechischen Inseln zurücknimmt und die s.g.„illegale Einreise“ von Migrant*innen verhindert.
Gleichzeitig sollen die EU-Staaten prüfen, ob türkische Bürger*innen leichter Visa bekommen könnten. Hochrangige Gespräche in den Bereichen Wirtschaft, Energie und Verkehr sollen nach Willen der Kommission wieder aufgenommen werden – wiederum jedoch nur unter der Bedingung, dass die Türkei illegale Gasbohrungen im Mittelmeer unterlässt. Dies hatte in der Vergangenheit zum Streit mit Griechenland und Zypern geführt. (29.11. MIGAZIN, EU-KOM (pdf engl))

Studie: EU finanziert Menschenrechtsverletzungen in Tunesien u. Libyen

[29.11] In den vergangenen Jahren haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihre Bemühungen verstärkt, die Migration über das Mittelmeer einzuschränken. Eine der wichtigsten Strategien dafür ist die Bereitstellung von Mitteln für Ausrüstung und Ausbildung der Küstenwache und Grenzpolizei für nordafrikanische Staaten.
Hierbei kommt es laut einer Studie von Ende Nov. bei den von der EU mitfinanzierten Grenzschutzinitiativen in Tunesien und Libyen regelmäßig zu schweren Menschenrechtsverletzungen. - Den Bericht hatte die Grünen-Fraktion im EU-Parlament in Auftrag gegeben.
Untersucht wurden EU-finanzierte Programme mit der Küstenwache und der Grenzpolizei in Tunesien und Libyen von 2018 bis 2023. Dem Bericht zufolge gibt es Beweise für Menschenrechtsverletzungen durch tunesische und libysche Behörden innerhalb der von der EU finanzierten Programme.
Die Studienautor*innen bezeichnen dies als klaren Widerspruch gegen das EU-Recht. Die EU sei - auch bei Aktivitäten außerhalb ihrer Grenzen - zu einem Menschenrechts-konformen Einsatz ihrer Mittel verpflichtet.
In der Studie wird zudem eine umfassende Bewertung der Menschenrechtslage in Tunesien und Libyen durch die EU gefordert. Solange die Situation vor Ort nicht berücksichtigt werde, sollten keine weiteren Mittel zugewiesen oder ausgezahlt werden. Laufende Programme müssten rechtzeitig und regelmäßig auf ihre Menschenrechtslage hin überprüft werden, Anpassungen zeitnah stattfinden und Programme bei Menschenrechtsverstößen ausgesetzt werden. Das EU-Parlament müsse bei der Planung und Überwachung dieser Programme eine Schlüsselrolle spielen.
Zudem verfehle diese Politik ihre Ziele: So habe sich die Zahl der Ankünfte in Italien 2023 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Auch die Zahl der Menschen, die im Mittelmeer ihr Leben verloren, sei gestiegen. Seit Beginn des Jahres starben oder verschwanden laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) beim Versuch der Überquerung bereits fast 2.500 Menschen. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.

Auch die Grünen machten klar, dass es keine Abkommen mit Drittländern geben darf, wenn es keine Überwachung der Grundrechte, keine demokratische Kontrolle und keine parlamentarische Aufsicht gibt.
Auf Basis der Studie fordern die Grünen im EU-Parlament Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Online-Petition auf, EU-Finanzierungen an den Schutz der Menschenrechte zu knüpfen. (29.11. Migazin)

Zum kostenfreien Download der Studie "Beyond borders, beyond boundaries. Eine kritische Analyse der finanziellen Unterstützung der EU für Grenzkontrollen in Tunesien und Libyen" (Verfasst wurde die Studie von Estela Casajuana, Wissenschaftlerin bei Profundo, einer unabhängigen Forschungsorganisation mit Sitz in den Niederlanden. Mitautorin ist Giorgia Jana Pintus, Projektbeauftragte bei der italienischen Nichtregierungsorganisation ARCI.)

Zur Petition: https://act.greens-efa.eu/borders (bei Abruf am 13.12. knapp über 16 Tausend Unterschriften) EU-Mittelmeerpolitik verfehlt Ziel

EU: globale Allianz gegen Schleuser

[28.11] Mehrere Hundert Delegiert aus knapp 60 Ländern haben auf Einladung der EU-Kommission über die Bekämpfung internationaler Schleuser beraten. Das Treffen soll künftig jährlich stattfinden und neben den Mitgliedstaaten auch Partnerländer, internationale Organisationen, aber auch Online-Plattformen mit einbeziehen. Kommissionspräsidentin von der Leyen strebt den Aufbau eines globalen Netzwerks im Kampf gegen Schleuserkriminalität an, die es aus ihrer Sicht neben der bilateralen Abkommen entlang aller Migrationsrouten brauche, an denen die EU bereits arbeite.
Ein neuer Fokus soll dabei das s.g. „digitale Schleusen“ sein, da Schlepper ihre Dienste meist in den sozialen Medien anbieten. Wichtigstes Ziel wiederum soll die Prävention sein: Migrant*innen sollten sich gar nicht erst in die Scleuser-Hände begeben. Nötig sei die internationale Überarbeitung von Rechtsvorschriften gegen Menschenschmuggel sowie die bessere Zusammenarbeit von  Strafverfolgungsbehörden und Staatsanwaltschaften.
Auch aber müsse es - ebenso nach Ansicht der Kommissionspräsidentin, die auf das Fachkräftemangel-Rekordhoch in der EU verwies - mehr legale Wege für Migrant*innen geben.
Die EU brauche Migration. „Aber Migration muss von Recht und Gesetz gesteuert werden und nicht von Kriminellen“, erklärte von der Leyen. Ob und welche legalen Fluchtwege für Menschen in Not geschaffen werden sollen, ließ die Kommissionspräsidentin allerdings offen. [28.11. EU-Kom-Vertretung in D., Europarat, EU Comission (Englisch), Migazin, Euronews, Evangelisch.de, Tagesspiegel)

Tunesisches Grenzschutzzentrum von NL, Österr. & Dänem. mitfinanziert

[24.11.] Die EU ringt um die Umsetzung der Asylreform. Aber viele Länder glauben nicht daran, dass gemeinsame Abstimmungen zur Reduzierung irregulärer Migration alsbald gelingen werden. Dänemark, Österreich und die Niederlande haben nun im Alleingang ein Grenzschutzzentrum im südlichen Tunesien, in der Stadt Nafta an der Grenze zu Algerien (u.a. zur Ausbildung für Grenzpolizisten), mitfinanziert. (BMI.gv.at, Kleinezeitung.at, Die Presse.com, Krone.at, Welt.de)

Künftige Migrationspolitik in den Niederlanden

[22.11.] Nach seinem klaren Sieg bei den Wahlen am 23.11. in den Niederlanden strebt der Rechtspopulist Geert Wilders die Regierungsbildung an und will dabei das Thema der Begrenzung der Einwanderung in den Mittelpunkt rücken.
Seine Positionen zum Thema Migration gingen stets Hand in Hand mit seinen islamfeindlichen Positionen. Als etwa Donald Trump vor der US-Wahl mit der Idee eines Einreiseverbots für Menschen aus muslimisch geprägten Ländern hausieren ging, machte Wilders sich für dieselbe Idee stark. Zum Thema Asyl und Einwanderung äußerte er sich in der Vergangenheit wiederum widersprüchlich. So gäbe es ihmzufolge in einer der letzten Wahldebatten "größere Probleme als den Kampf gegen die Flut von Asylbewerbern und Einwanderern", jedoch hieß es im Wahlprogramm der PVV: "Asylbewerber schlemmen an herrlichen kostenlosen Buffets von Kreuzfahrtschiffen, während niederländische Familien bei den Lebensmitteln sparen müssen." Die Partei forderte in ihrem Wahlprogramm einen "Asylstopp", die Einführung von Grenzkontrollen und die Abschiebung syrischer Asylbewerber*innen sowie die Abchaffung der doppelten Staatsbürgerschaft.
Auch aus Sicht deutscher Politiker*innen hat das Thema Migration die Niederlande-Wahl entschieden. Dies sorgt auch hierzulade für Besorgnis und es wird nun auch hierzulande gefordert, daraus Lehren für die Bundesrepublik abzuleiten. (23.11. Stern, Spiegel, Zeit; 24.11. FR, Spiegel, 25.11. FR, nzz.ch; 28.11. IPG-journal, 6.12. Tagesschau, srf, rnd, Zeit)

EU-Migrationsabkommen mit Ägypten

[21.11.] Die EU-Kommission will schnellstmöglich eine "operative Partnerschaft zur Bekämpfung des Migrantenschmuggels" mit der Regierung in Kairo vereinbaren. Mit dem Gazakrieg werden diese bereits älteren Pläne aus Brüssler Sicht noch einmal dringlicher. (Vgl. Statewatch Leaks I./ II von EU-Dokumenten)
Der Migrationsdeal umfasst 23 Mio. € für Ägyptens Küstenwache, 87 Mio. € für ein „Grenzverwaltungsprojekt“ sowie 20 Mio. € aus dem EU-Nachbarschaftsfonds NDICI für das ägyptische Innenministerium, das davon Ausrüstung beschaffen soll.
Vorbild des Migrationsdeals mit Ägypten ist seitens der EU-Kommission im Juli ohne die eigentlich notwendige Beteiligung der 27 Mitgliedstaaten mit Tunesien geschlossene Abkommen. Im Gegenzug für die Abkommen erhalten die beiden Regierungen zusätzliche EU-Mittel im Rahmen s.g. „Talentpartnerschaften, die temporäre Arbeitsmigration durch Visaerleichterungen begünstigen.
Mitte November traf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Kairo.
Anfang Oktober waren ägyptische Behörden in das Hauptquartier von Frontex nach Warschau gereist, da das Land auch Interesse an einer Arbeitsvereinbarung mit der EU-Grenzagentur hat. Österreich, Spanien und Italien unterstützen die Polizei in Ägypten außerdem mit Ausbildungsmaßnahmen. Weitere Maßnahmen zur Migrationsabwehr und Strafverfolgung, darunter auch die Zusammenarbeit mit der EU-Polizeiagentur Europol und Frontex, sind vorgesehen.
Weiterhin laufen die Bemühungen der EU um weitere Zusammenarbeit und (funktionierende) Vereinbarungen mit der Türkei wie auch um Migrationsabkommen mit Libyen und Marokko.
(9.7., 8.8., 21.11. nd; 17.7. ZDF; 24.7. rnd; 19.9. nzz; 23.9. Dlf; 11.10. euobserver; 25.10. Politico.eu; 26.10. SZ; 27.10., 17.11. Puls24; 31.10. reuters; 4.11. Welt; 16.11. statewatch, 18.11 AFP, WR, Dlf)

 

Asylverfahrensauslagerung: rechtswidrig & undurchführbar

[20.11.] Es gibt unzählige (menschen-)rechtliche und operative Einwände gegen die Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer. Dies wäre mit geltendem EU-Recht und internationalen Vereinbarungen unvereinbar; allein bereits, da die Rechtmäßigkeit der Verfahren in Drittstaaten nicht garantiert werden können. (Siehe berreits die Verhältnisse auf den griechischen Inseln und das britische Gerichtsurteil zu Ruanda). Es käme de facto mindestens zu Verstößen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention („Non-Refoulement“ = Verbot von Zurückweisung), die Antifolter-Konvention der Vereinten Nationen und die Europäische Menschenrechtskonvention.
Fraglich ist auch, woher die Kapazitäten dafür kommen sollen und wie der Transport von hunderttausenden Menschen pro Jahr in Drittstaaten logistisch bewerkstelligt werden soll? Hinzu kommt, dass die meisten von der EU (und Deutschland) in den Blick genommenen Länder die Rolle als ausgelagerte Asylzentren selbst weitestgehend ablehnen (vgl. Niger und Tunesien), trotz hoher aus Büssel dafür gebotener Summen.
Nötig ist mehr Realpolitik, weniger Scheinheiligkeit und keine Nutzung populistischer, veremeintlich einfacher "Lösungs"vorschläge.
Denn es ist Fakt, dass die Zahl der Vertriebenen weltweit weiter zunehmen wird - wenngleich nur ein verhältnismäßig geringer Teil von ihnen Europa als Ziel hat.
Daher sollten die europäischen Länder die praktische Unterstützung für de facto hauptsächlich aufnehmende Länder in Form von finanzieller und logistischer Hilfe ausbauen, aber auch bspw. mit mehr Resettlement-Plätzen. Weiterhin müssen Außen- und Wirtschafts-, nicht nur Entwicklungspolitiken der europäischen Länder auch viel mehr, dauerhaft und nachhaltig dazu beitragen, dass weniger Menschen zur Flucht gezwungen werden, sondern gute Perspektiven in ihren Heimatländern vorfinden. (Es mangelt an Zugängen zu grundlegenden Dingen wie sauberem Trinkwasser, Nahrung, Bildung oder Gesundheitsversorgung in vielen Ländern des globalen Südens und besteht keine nachhaltge Klimawandelresilienz.)
Aber auch konkret Zuwanderung nach Europa wird weiter andauern und zunehmen, unabhängig von Abschottungs- und Abschreckungsversuchen. Daher sollten auch in Deutschland alle Gesellschaftsfelder darauf vorbereitet und eingestellt werden und ist v.a. die (für alle Bürger*innen wichtige und aktuell zu wenig vorhandene) notwendige Infrastruktur zu schaffen (Wohnen, Bildung, Gesundheit, Ämter, Sprach/Integrationskurse, ÖPNV, ...). Insgesamt sollte Integration schnellstmöglich erfolgen können (so auch - nach frühestmöglichen Zugängen zu Sprachkursen - in Schule und Arbeitsmarkt). (vgl. 15.11. Pro Asyl (ausführlich!), 16.11. Brot für die Welt-Blog, 20.11. Frankfurter Rundschau, Neue Züricher Zeitung)

Frontex: Höchste Zahl irregulärer Einreisen in die EU seit 2015

[15.11.] In den ersten zehn Monaten dieses Jahres haben mehr als 331.000 Menschen versucht, auf irreguläre Weise in die EU zu gelangen. Das war laut EU-Grenzschutzagentur Frontex für diesen Zeitabschnitt der höchste Wert seit 2015. Die höchste Zahl der Einreiseversuche habe es mit rund 144.000 auf der Route über das zentrale Mittelmeer (von Libyen und Tunesien über Sizilien und Malta) gegeben. Rückläufig waren dagegen mit rund 97.000 die versuchten Einreisen auf der Route über den westlichen Balkan. Frontex führt das auf striktere Visaregelungen der Balkanländer zurück. Einen sprunghaften Anstieg verzeichneten die EU-Grenzschützer auf der Westafrika-Route zu den Kanarischen Inseln. Dort wurden seit Jahresbeginn fast 28.000 irreguläre Einreiseversuche registriert (fast doppelt so viele wie von Jan.-Okt. 2022). (15.11. Handelsblatt, SZ, Zeit; 16.11. Dlf)

Schweden: Asylbewerber*innen müssen sich künftig für Sozialleistungen qualifizieren

[10.11.] Schweden hatte bislang im EU-Vergleich ein recht hohes Leistungsniveau für anerkannte Asylbewerber. Nun ist eine Änderung der Sozialpolitik vorgesehen: die aktuelle konservative, von den rechtsnationalen Schwedendemokraten unterstützte Regierung möchte die Bedingungen für den Bezug von Sozialleistungen verschärfen. Asylbewerber*innen sollen sich zukünftig erst einmal durch Arbeitssuche und -aufnahme für Sozialleistungen qualifizieren müssen, bevor sie diese in Anspruch nehmen können. (Bisher genügte es, eine Aufenthaltsgenehmigung zu haben und seit mindestens einem Jahr in Schweden gemeldet zu sein, um Anspruch auf die gleichen Sozialleistungen wie Einheimische zu haben. Nach der Reform sollen diese Leistungen nach einem Jahr nicht mehr automatisch fließen.)
Die genauen Anforderungen werden derzeit von einem Komitee geprüft. (10.11. Welt, 29.11. Focus, 1.12. Welt)

Italien beschließt härteres Vorgehen gegen Migrant*innen

[18.9.] Italiens rechtsnationale Regierung hat zur Eindämmung der irregulären Migration über das Mittelmeer ein Bündel an härteren Maßnahmen beschlossen. So wurde das Militär beauftragt, spezielle Abschiebelager einzurichten.
Am Vortag Am Sonntag hatten die italienische Ministerpräsidentin Meloni und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gemeinsam Lampedusa besucht. Von der Leyen hatte Italien die Unterstützung der EU zugesagt und in einem 10-Punkte-Plan unter anderem einen erweiterten Einsatz der Grenzschutzagentur Frontex angekündigt. (18.9. Tagesschau)

England: Abschreckungspolitik & Unterbringung Asylsuchender auf Lastkähnen

[7.8] Weil die Unterbringung von Geflüchteten der britischen Regierung zu teuer ist, werden Asylsuchende jetzt auf einem Lastkahn untergebracht. Die ersten Männer gingen Anfang August an Bord der ehemaligen Hamburger Asylunterkunft. (Diese hatte Mitte der 1990er Jahre Ölarbeiter sowie Asylsuchende und Obdachlose beherbergt und war für etwa 200 Personen ausgelegt; nun wurde die Kapazität auf 500 erhöht. Die Feuerwehrgewerkschaft warnte deshalb vor Risiken.)
Die Maßnahme ist so umstritten wie die gesamte Asylpolitik. - Premierminister Rishi Sunak will damit sowohl das Platzproblem bei der Unterbringung von Migrant*innen lösen als auch hohe Kosten durch Hotelzimmer vermeiden. Daher auch will die Regierung will noch weitere, ähnliche Lastkähne einsetzen.
Dies gehört zu der Intention des Premierministers, Migrant*innen mit drastischen Gesetzen abzuschrecken. So wird, wer ohne Erlaubnis das Land betritt, in Haft genommen, soll so schnell wie möglich abgeschoben werden und darf nicht mehr Asyl in Großbritannien beantragen – ohne Rücksicht auf die persönlichen Umstände.
Steve Valdez-Symonds von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hierzu: "Es scheint, dass diese Regierung alles tun wird, um Asylsuchenden das Gefühl zu geben, in diesem Land unwillkommen und unsicher zu sein“. Er warnte vor einer „Retraumatisierung“ von Flüchtlingen, die Krieg und Vertreibung entkommen sind.
Zudem kündigte die Regierung an, die Geldstrafen für Unternehmen und Vermieter deutlich zu erhöhen, die irregulär eingereiste Migranten beschäftigen oder unterbringen.

Die Zahl irregulär eingereister Menschen stieg im vergangenen Jahr auf 45 000, obwohl konservative Kräfte angekündigt hatten, mit dem Brexit werde die Migration abnehmen. Allerdings gibt es seitdem kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU. [8.8. CNN, 7.8. Migazin; 18.7. APnews.com, Euronews.com]

Dänemark: Harte Asylpolitik - Vorbild für weitere EU-Länder?

[3.7.] In Dänemark gibt es seit Jahren beim strengen Umgang mit Asylsuchenden parteiübergreifend Einigkeit. Immer wieder verhallte internationale Kritik - nun wird das Land mehr und mehr zum Modell. Inzwischen steht eine breite Mehrheit sowohl der Politiker als auch der Dän*innen hinter der harten Ausländerpolitik. Und hinter der Absicht, die Anzahl der Asylsuchenden mit fast allen Mitteln niedrig zu halten.
Scharfe Kritik kam und kommt nicht nur von NGOs und linken Parteien im eigenen Land, sondern auch von der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und der EU-Kommission. Die dänische Regierung beeindruckt solche Kritik kaum.
Für die Nachbarländer Schweden und Finnland ist Dänemark mit seiner harten Asylpolitik inzwischen ein Vorbild. Und für Deutschland..? (3.7. nzz.ch, 22.9. wiwo, 28.9. Tagesschau, 2.10. web.de)

 

4. Publikationen

Bertelsmann-Studie: Antisemitismus, Rassismus u. gesellschaftlicher Zusammenhalt

[13.12.] Antisemitismus und Rassismus: Der Nahost-Krieg offenbart Risse in der deutschen Gesellschaft
Vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Nahostkonflikts gibt unser neues Factsheet einen ersten Einblick in die Ergebnisse einer Studie zu antisemitischen und antimuslimischen Einstellungen in Deutschland.

Der aktuelle Krieg im Nahen Osten infolge des Terrorangriffs der Hamas gegen Israel am 7. Oktober wirkt sich auch in Deutschland aus – und offenbart Risse in der Gesellschaft. Besorgniserregend ist zum einen ein immer offener zutage tretender Antisemitismus, der sich auch in einem Anstieg antisemitischer Übergriffe äußert. Neben linkem und rechtem Antisemitismus ist vor allem Antisemitismus in der muslimischen Bevölkerung in den Fokus der öffentlichen Debatten gerückt. Zugleich erfahren aber auch auch Muslim:innen derzeit in hohem Maße Anfeindungen.
Wie verhindern wir, dass sich antisemitische und antimuslimische Vorurteile und Hatespeech in der derzeitigen politischen Krise weiter verstärken? Wie können wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt angesichts der aktuellen Lage sichern? Und wie können wir allen Formen menschenverachtender Haltungen – antisemitischen wie antimuslimische – erfolgreich entgegentreten?
Vor dem Hintergrund dieser drängenden Fragen gibt unser Factsheet "Antisemitismus, Rassismus und gesellschaftlicher Zusammenhalt" einen ersten Einblick in die Ergebnisse unserer in Vorbereitung befindlichen Studie zu antisemitischen und antimuslimischen Einstellungen in Deutschland. Die Grundlage bildet der Religionsmonitor 2023, der auch international vergleichende Daten liefert. Die Zahlen für den Religionsmonitor wurden vor der aktuellen Verschärfung des Nahostkonflikts erhoben, werfen aber ein Licht auf wichtige zugrunde liegende Faktoren.

Israelbezogener Antisemitismus inzwischen salonfähig
Der Religionsmonitor 2023 zeigt: Besonders salonfähig ist ein israelbezogener Antisemitismus. So stimmen insgesamt 43 Prozent der Bevölkerung der Aussage zu, was der Staat Israel mit den Palästinensern mache, sei im Prinzip nichts anderes, als was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht hätten. Diese Haltung findet sich nicht nur im rechtsextremen politischen Spektrum; auch Anhänger:innen der CDU/CSU, SPD, FDP und Linken stimmen dieser Aussage in hohem Maße zu, mit Anteilen zwischen 43 und 54 Prozent. Bei Anhänger:innen von Bündnis 90/Die Grünen findet man diese Meinung deutlich seltener.
"Natürlich ist Israelkritik nicht automatisch antisemitisch. Doch oft werden vermeintlich israelkritische Positionen einfach übernommen, ohne ihre antisemitische Dimension zu erkennen", so unser Experte für deutsch-israelische Beziehungen, Stephan Vopel. "Vorurteile, auch unbewusste, können ein gefährliches Einfallstor bieten für eindeutig antisemitische Ideologie. Umso wichtiger ist es, frühzeitig durch entsprechende Bildungsangebote Wissen und Urteilsfähigkeit zu vermitteln", so Vopel.
Zudem finden sich israelbezogene antisemitische Einstellungen in stärkerem Maß bei Menschen, die zugewandert und in einem Land aufgewachsen sind, das weniger sensibilisiert ist für die Bedeutung, die der Holocaust für das deutsche Selbstverständnis und die daraus erwachsene Verantwortung hat. Auch Muslim:innen, die ihre Religion stärker praktizieren, zeigen häufiger antisemitische Haltungen. "In manchen Herkunftsländern muslimischer Einwander:innen wird Antisemitismus zum Teil religiös begründet. Daher sollten Lesarten des Islam gestärkt werden, die nicht gesellschaftlich spalten, sondern als Brücke zwischen den Menschen wirken können", so unsere Religionsexpertin Yasemin El-Menouar.

Muslime unter Generalverdacht
Gleichzeitig sind auch antimuslimische Vorbehalte in der deutschen Gesellschaft stark verbreitet: So empfinden 52 Prozent der Bevölkerung den Islam als "sehr" oder "eher bedrohlich". 54 Prozent der nichtmuslimischen Bevölkerung in Deutschland sehen im Islam "in erster Linie eine politische Ideologie" und 58 Prozent sind der Meinung, islamistische Terroristen fänden Rückhalt in der muslimischen Bevölkerung. "Diese Gleichsetzung zwischen Islam und Islamismus führt dazu, dass Muslime häufig unter Generalverdacht stehen, wenn Islamisten Gräueltaten anrichten", sagt El-Menouar. "Antisemitische wie antimuslimische Vorurteile führen zu gesellschaftlicher Spaltung. Wir müssen uns ihnen entgegenstellen, auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewahren", erklärt sie.
Unser Factsheet benennt sechs konkrete Handlungsempfehlungen, wie die Gesellschaft antisemitischen und antimuslimischen Vorurteilen und Ressentiments begegnen und zu mehr Aufklärung und Verständigung beitragen kann. Dies und weitere Ergebnisse unserer Untersuchung lesen Sie in der folgenden Publikation.

Publikation der Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Antisemitismus, Rassismus und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Zusatzinformationen: Die Publikation "Antisemitismus, Rassismus und gesellschaftlicher Zusammenhalt" ist Teil des Religionsmonitors 2023. Die Daten dafür wurden im Juni und Juli 2022 erhoben. Insgesamt wurden 10.657 Menschen in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Polen sowie den USA befragt. In Deutschland haben sich 4.363 Menschen an der Befragung beteiligt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung.
Mit dem Religionsmonitor untersuchen wir seit 2008 ländervergleichend die Rolle von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Religionsmonitor 2023 beschäftigt sich mit den Fragen der Religiosität in Zeiten multipler Krisen und der Frage von Vielfalt, Solidarität und Toleranz gegenüber Andersgläubigen. Die Erkenntnisse der Studien liefern Hinweise für ein gelingendes Zusammenleben.
Hintergrundinfos: Zugehöriges Projekt: Religionsmonitor
Ansprechpartner:innen: Dr. Yasemin El-Menouar, Senior Expert – Religion, Werte und Gesellschaft und Stephan Vopel, Director.

WZB-Studie zur sozialen Segregation in 153 Städten

[8.12.] Mithilfe von Daten der Kommunalstatistik und der Bundesagentur für Arbeit hat Marcel Helbig, Forscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), eine soziale Landkarte der 153 größten deutschen Städte entwickelt. Dafür hat er nicht nur die räumliche Verteilung armer Menschen untersucht, sondern auch herausgearbeitet, wo Menschen mit hohem Einkommen, hoher Bildung oder auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit wohnen. Ein zentrales Ergebnis: Arme Menschen leben vor allem in ostdeutschen Städten und im Ruhrgebiet zunehmend in bestimmten Wohnvierteln. In süddeutschen Städten geht der Trend dagegen zu mehr sozialer Durchmischung – ein Grund ist der besonders angespannte Mietmarkt.
Soziale Segregation meint die ungleiche räumliche Verteilung verschiedener sozialer Gruppen. Im untersuchten Zeitraum (2005 bis 2022) hat sich vor allem die Armutssegregation verschärft, also die ungleiche Verteilung von Menschen, die staatliche Transferleistungen beziehen. Sie hat besonders stark in Städten zugenommen, in denen bereits ein hohes Segregationsniveau erreicht war. (zur Rangliste der Städte hier).
Vor allem in den ostdeutschen Städten hat sich die Armutssegregation zugespitzt und 2021 ein deutlich höheres Niveau als in den anderen Regionen erreicht (siehe Grafik). Besonders die soziale Schere zwischen den Plattenbausiedlungen einerseits und den Innenstädten oder Vororten andererseits ist größer geworden. Auch in den norddeutschen Städten ist die Armutssegregation hoch, sie hat sich aber weniger dynamisch entwickelt. In den Städten des Ruhrgebiets ist von 2013 bis 2020 ein beständiger Anstieg der Armutssegregation zu beobachten – begleitet von einer wachsenden Armutsquote. Eine besondere Situation ist in den süddeutschen Städten zu beobachten: Hier ist die ungleiche Verteilung von Armut rückläufig. Zum einen hat der wirtschaftliche Aufschwung dazu geführt, dass hier kaum Armutsquartiere entstanden sind. Zum anderen bedingt der angespannte Mietmarkt eine stärkere soziale Durchmischung; so können sich aufgrund der hohen Mieten auch Menschen mit mittlerem Einkommen oft nur noch Wohnungen in ärmeren Stadtteilen leisten.

Für alle untersuchten Städte zeigt sich, dass die Verteilung bei Kindern noch ungleicher ist als in der Gesamtbevölkerung. Das heißt: Gerade arme Haushalte mit Kindern konzentrieren sich in bestimmten Stadtvierteln. Ein positiver Trend lässt sich in ostdeutschen Städten beobachten: Die Anzahl der Stadtteile, in denen mehr als die Hälfte aller Kinder von Sozialleistungen lebt, ist hier seit 2010 deutlich zurückgegangen. Grund dafür ist die positive wirtschaftliche Entwicklung, sodass weniger Familien mit Kindern auf Transferleistungen angewiesen sind. Anders sieht die Entwicklung in den Städten des Ruhrgebiets aus: Hier lebten 2021 mehr Kinder als zuvor in Stadtteilen, in denen mindestens die Hälfte der Haushalte mit Kindern staatliche Unterstützung erhält (siehe Grafik).

Wiederum zeigt sich aber auch in allen Städten, dass dort, wo besonders viele arme Menschen wohnen, auch besonders viele Menschen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit leben (siehe Grafik). Vor allem in ost- und norddeutschen Städten sowie in den Städten des Ruhrgebiets erfolgte ab 2013 die Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland besonders in die von Armut geprägten Stadtteile. Bis 2013 gab es in den ostdeutschen Städten nur einen geringen Zusammenhang zwischen Ausländeranteilen und Armut.

Die Studie misst soziale Segregation auch über die räumliche Verteilung von Menschen mit akademischem Abschluss und mit hohem Einkommen. Im Blick auf hohe Bildung und hohe Einkommen ist die Segregation jedoch weniger stark ausgeprägt als bei der Armut. Allerdings steigt mit der Größe einer Stadt auch die Bildungs- und Einkommenssegregation. Besonders in Städten über 500.000 Einwohner verteilen sich Akademiker*innen und Menschen mit hohem Einkommen sehr ungleich.

Die sozialräumliche Segregation ist nicht in allen Städten gleich. Die Studie identifiziert verschiedene Muster. So gibt es eine Gruppe von Städten, in denen sich Armut stark im Zentrum konzentriert. In einer anderen Gruppe von Städten wohnen im Zentrum vor allem Akademiker*innen; das betrifft besonders Universitätsstädte. Für ostdeutsche Städte wiederum zeigt sich das Muster, dass arme Menschen in den großen Plattenbausiedlungen leben. Einige süddeutsche Städte stehen für ein relativ homogenes Muster mit wenig Segregation. (8.12. WZB)

Die Untersuchung beruht auf bislang einzigartigen Daten: Neben Daten der Kommunalstatistik für 101 deutsche Städte wurden erstmals auch räumlich vergleichbare Daten der Bundesagentur für Arbeit für 153 Städte ausgewertet. Der Datensatz ist frei verfügbar: https://doi.org/10.7802/2633.
Die Studie ist als WZB Discussion Paper erschienen und als Download (PDF) verfügbar: Marcel Helbig: Hinter den Fassaden. Zur Ungleichverteilung von Armut, Reichtum, Bildung und Ethnie in den deutschen Städten. P 2023-003. November 2023.

Bundesverband Mobile Beratung warnt: Rechtsextremismus dringt vor

[4.12.] Bundesverband Mobile Beratung - Jahresrückblick/ Jahresbericht 2023: Wie Rechtsextremismus näher rückt – und was dagegen hilft:
"Extrem rechte Vorfälle an Schulen, der bundesweit erste AfD-Landrat, die Verbote von „Hammerskins“ und „Artgemeinschaft“, Razzien gegen „Reichsbürger“, erstarkender Antisemitismus: Das Thema Rechtsextremismus stand 2023 immer wieder im Fokus der medialen Berichterstattung. Doch was ist jenseits dieser bundesweit viel diskutierten Ereignisse passiert? Wie hat sich die extreme Rechte im vergangenen Jahr entwickelt? Und welche Maßnahmen haben demokratisch Engagierte ergriffen, um Rechtsextremismus entgegenzuwirken?
In seinem ersten Jahresrückblick trägt der BMB die Expertise von rund 50 Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus zusammen. Der Bericht zeigt:
- Rechtsextremismus ist 2023 näher gerückt: ins private Umfeld, in die Nachbarschaft, an den Arbeitsplatz. Menschen, die sich dagegen engagieren, sind geforderter denn je – und zugleich ermüdet. Die Widerstandskraft der Zivilgesellschaft ist schwächer geworden.
- Trotzdem haben demokratisch Engagierte 2023 eine Reihe von Strategien umgesetzt, um Rechtsextremismus und Demokratiegefährdung die Stirn zu bieten. Mit Gegendemos, breiten Bündnissen und Aufklärungsarbeit ist es ihnen vielerorts gelungen, die Handlungsfähigkeit der extremen Rechten einzuschränken.
- Politiker*innen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene müssen sich an die Seite der Menschen stellen, die sich für die Demokratie einsetzen. Das heißt auch: Sie müssen sich klar von der AfD abgrenzen und demokratische Antworten auf die Probleme unserer Zeit finden. Andernfalls wird die extreme Rechte 2024 weiter vordringen."
(Zur Publikation; vgl. ARTE-TV Beitrag; Pressemeldungen vom 4.12. Migazin, Evangelisch.de (I)/ (II), Fr

Factsheet zur GEAS-Reform

[Dez. 23] Fact Sheet zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems des Vereins Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) - "Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Demokratie und Menschenrechte".

 

IDA-Reader: Antifeminismus u. Feminismen der Migrationsgesellschaft

[Nov. 23] Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA): Antifeminismus und Feminismen der Migrationsgesellschaft:
Das Thema Antifeminismus taucht zunehmend in der Jugendarbeit und politischen Bildung auf. Als Gegenbewegung zu Emanzipation und als eigenständiges Ideologiephänomen innerhalb einer extrem rechten Weltsicht, bietet es Anschlussmöglichkeiten für unterschiedliche gesellschaftliche Akteur*innen. Im Zusammenschluss mit rassistischen Ressentiments und traditionellen Werten positionieren sich diese aus verschiedenen Perspektiven gegen eine diverse Gesellschaft und die darin verankerten Feminismen.
Insbesondere Feminismen, die von der weißen Ausrichtung feministischer Bewegungen abweichen und diese in Frage stellen, werden zur Zielscheibe. Die in der bundesdeutschen Migrationsgesellschaft verankerten Lebensrealitäten marginalisierter Communitys werden parallel dazu in feministischen Kontexten lauter mitgedacht. Schwarze, migrantisierte, jüdische, behinderte und lesbische FINTA* kritisieren deutlich die Vorherrschaft weißerPerspektiven im Feminismus. Das selbstbewusste Teilen von Erfahrungen und das Einfordern eines intersektionalen Feminismus gehen mit verstärkter Abwehr und Feindseligkeiten gegenüber intersektionalen Feminist:innen einher.
Der Reader beschäftigt sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit Antifeminismus, Feminismen der Migrationsgesellschaft und deren enger Verbindung. Dabei werden in der Auseinandersetzung mit Antifeminismus ideologische Verknüpfungen und gesellschaftliche Anknüpfungsfähigkeit hervorgehoben. Beiträge zu Feminismen in der Migrationsgesellschaft beschäftigen sich mit communitybezogenen Feminismen und Kritiken am weißen Feminismus.  Umfassend kommen auch Stimmen aus der Praxis zu Wort. Im letzten Teil des Readers werden Projekte vorgestellt und der Kontext der Jugendverbandsarbeit beleuchtet. Schließlich erläutert ein Glossar zentrale Begrifflichkeiten wie „Familismus“, „Femizid“ oder „Incel“.

Ansgar Drücker, Sebastian Seng, Lea Winterscheidt (Hg.): Antifeminismus und Feminismen der Migrationsgesellschaft. Düsseldorf 2023: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V., Eigenverlag 2023, 141 Seiten. - Bis zu drei Exemplare des Readers können bei IDA gegen eine Versandpauschale von 3 € zuzügl. der gewichtsabhängigen Portokosten über die IDA-Website unter www.IDAev.de/publikationen/reader bestellt werden.
Alternativ ist der Reader hier als PDF-Datei zum Download verfügbar.

 

SVR-Vignettenexperiment zu Einbürgerungspräferenzen

[29.11.]  Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts hat der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) 1.500 Personen im September 2023 online befragt. Im Rahmen einer Vignettenstudie konnten diese über die Einbürgerungsbegehren von Personen mit verschiedenen Eigenschaften entscheiden.

Die Analyse der Einstellungen der deutschen Bevölkerung zu Einbürgerungen zeigt:

  • Befragte befürworten Einbürgerungen eher, wenn eine gute Integration der Antragsstellenden anhand von Sprachkenntnissen und Erwerbstätigkeit nachgewiesen wird und diese schon länger hier leben.
  • Zudem gibt es gewisse herkunftslandbezogene Präferenzen. So werden britische Staatsangehörige im Vergleich zu Personen aus der Türkei und Indien bei der Einbürgerung vorgezogen.
  • Ältere Befragte lehnen den sog. Doppelpass tendenziell ab. Sie bevorzugen Neubürger und Neubürgerinnen, die ihre frühere Staatsangehörigkeit bei Einbürgerung abgeben wollen.

Die SVR-Kurzinformation „Wer soll eingebürgert werden? Ergebnisse eines Vignettenexperiments zu Einbürgerungspräferenzen“ kann hier heruntergeladen werden: https://www.svr-migration.de/publikation/wer-soll-eingebuergert-werden

The human costs of European migration policies in the Central Mediterranean

[22.11.] In a report of Médecins Sans Frontières (MSF) states: “With almost 2,200 children, women, and men reported missing or dead in the Central Mediterranean this year, 2023 has already earned the unenviable record of being the deadliest year on this migration route since 2017”. The organisation “denounces the violent border practices and deliberate inaction of European states that have led to more deaths at sea”. (22.12. msf.org)
Download: "No one came to our rescue”: The human costs of European migration policies in the Central Mediterranean pdf

SVR-Positionspapier zur Weiterentwicklung des Staatsangehörigkeitsrechts

[23.11.] Der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat erarbeitete Gesetzentwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG-E) wurde im August 2023 von der Bundesregierung vorgelegt zur Beratung im Bundestag im Dezember.
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) sieht im Entwurf das Potenzial, die Einbürgerungszahlen in Deutschland nachhaltig zu erhöhen und erläutert in seinem Positionspapier, welche Chancen und Risiken mit der geplanten Weiterentwicklung des Staatsangehörigkeitsrechts einhergehen. So werden durch die Verkürzung der für einen Anspruch auf Einbürgerung erforderlichen Aufenthaltsfristen sowie die Zulassung der Mehrstaatigkeit bei Einbürgerung werden zentrale Einbürgerungshürden beseitigt. Die unlimitierte Weitergabe doppelter Staatsangehörigkeit über Generationen hinweg wirft laut SVR jedoch auch demokratiepolitische Fragen auf. Mit Blick auf das Einbürgerungskriterium der Lebensunterhaltssicherung empfiehlt der SVR, am Status quo festzuhalten: Der Bezug von Sozialleistungen ist dann kein Einbürgerungshindernis, wenn ihre Inanspruchnahme nicht zu vertreten ist. Wiederum befürwortet der SVR, dass das für die Anspruchseinbürgerung geforderte Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes um einen deklamatorischen Zusatz ergänzt wird, der u. a. antisemitisch oder rassistisch motivierte Handlungen explizit als Ausschlussgrund nennt. Er verweist jedoch darauf, dass der Zusatz weitgehend unbestimmte Rechtsbegriffe beinhaltet. Damit die mit der Reform bezweckte erleichterte Einbürgerung gelingen kann, ist es aus Sicht des SVR notwendig, die praktische Umsetzung mitzudenken. Nur wenn die Einbürgerungsbehörden entsprechend vorbereitet und adäquat ausgestattet werden, kann eine wachsende Zahl an Einbürgerungsanträgen zeitnah bearbeitet werden. [Download der Publikation, Link zur Pressemitteilung]

tdh-Bericht: Kinderrechtswidrige Praktiken an den EU-Außengrenzen

[Nov. 23] Terre des hommes zeigt mit dem aktuellen Bericht "Vor Mauern und hinter Gittern - Wie Kinder und Jugendliche an den Außengrenzen der EU rechtswidrig zurückgeschoben und inhaftiert werden" am Beispiel von Ungarn, Griechenland, Bulgarien und Polen die aktuelle Entwicklung kinderrechtswidriger Praktiken von Pushbacks und Migrationshaft auf. Der Bericht bezieht sich auf die Erfahrungen und Hinweise zivilgesellschaftlicher Projektpartnerorganisationen und verweist auf die Mitverantwortung der EU, deren Institutionen das Verhalten der Mitgliedsstaaten billigen und stützen. Die Folgen für Betroffene sind gravierend: Infolge von Migrationshaft, die immer gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstößt, leiden Kinder und Jugendliche häufig an Depressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen und Angstzu­ständen. Auch die Erfahrung von Gewalt gegen sie selbst oder Verwandte und Freunde im Rahmen von Pushbacks ist für Kinder und Jugendliche traumatisierend und begleitet sie oft ein Leben lang.
Die Europäische Union macht sich dabei für die Verletzung von Kinderrechten an den europäischen Außengrenzen mitverantwortlich. Zahlreiche Beispiele dafür finden sich im Bericht: vom europäischen Pilotprojekt zum Grenzschutz in Bulgarien über die EU-Finanzierung haftähnlicher Einrichtungen auf Griechenland bis hin zur Rolle der EU-Agentur FRONTEX. Mit Blick auf die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist zu befürchten, dass die Reform die bestehenden Missstände an den europäischen Außengrenzen weiter verschärft, indem sie den Rechtsverletzungen einen europäischen Rahmen gibt. terre des hommes fordert daher die Entscheidungsträger*innen in der EU auf, diese unsäglichen Reformpläne zu stoppen und Zugang zu Asyl statt rechtswidriger Abschiebung, Kindeswohl statt Lagerhaft und faire Asylverfahren statt beschleunigter Grenzverfahren zu gewährleisten.

Gesundheitliche Versorgung schwangerer Frauen ohne Papiere

[Nov. 2023] Arbeitspapier der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität: „Gesundheitliche Versorgung von Frauen ohne Papiere im Rahmen von Schwangerschaft und Geburt“
Die Handreichung ist hier elektronisch abrufbar.
Inhalt: Frauen ohne Papiere haben in Deutschland grundsätzlich einen Anspruch auf Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz, können diesen aber aufgrund der im Aufenthaltsgesetz festgeschriebenen Übermittlungspflichten de facto nicht in Anspruch nehmen, ohne eine Abschiebung zu riskieren. Der fehlende Zugang zu gesundheitlicher Versorgung in Schwangerschaft und Geburt steht in deutlichem Gegensatz zu internationalen Menschenrechtsverträgen. Mit dem Arbeitspapier werden die bestehenden Zugangsbarrieren dargestellt sowie aber auch verschiedene lokale Lösungen aufgezeigt, diese zu reduzieren sowie werden fachpolitische Forderungen formuliert, wie der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung rund um Schwangerschaft und Geburt für Frauen ohne Papiere zu verbessern ist. In das Arbeitspapier eingeflossen sind die Ergebnisse einer Online-Befragung, die von Januar-Februar 2023 durchgeführt wurde und an der sich 70 Personen aus Anlauf- und Beratungsstellen über alle Bundesländer hinweg beteiligt haben.

Kontakt: Die Koordination der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität liegt derzeit bei der Diakonie Deutschland.
Ansprechperson: Dr. Maike Grube, MPH. Zentrum Gesundheit, Rehabilitation und Pflege. Diakonie Deutschland (Telefon: +49 30 652 11-1455, E-Mail: maike.grube@diakonie.de), Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., Caroline-Michaelis-Str.1, 10115 Berlin. www.diakonie.de

DeZIM: Einstellung Deutscher zur Einbürgerungsreform

[Nov. 2023] Publikationstyp: Arbeits-/Diskussionspapier: Wie beurteilt die deutsche Bevölkerung die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts? - Eine Analyse des DeZIM.panels 
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Allerdings lag das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial in Deutschland im Jahr 2021 nur bei etwas über zwei Prozent. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bezogen auf die Einbürgerungsquote von einem Prozent deutlich hinter anderen EU-Ländern. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts soll ein beschleunigter Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft geschaffen werden. Dazu gehören Neuerungen wie die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit, die Reduzierung der Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland von acht auf fünf Jahre und die Senkung der erforderlichen Sprachkenntnisse für ältere Menschen auf ein Mindestniveau. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie die geplanten Reformvorschläge in der deutschen Bevölkerung aufgenommen werden, und beleuchtet, wie groß das Interesse an der deutschen Staatsangehörigkeit unter den Menschen ist, die in Deutschland leben, aber bislang keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Aus dem Report (S.2): Zentrale Ergebnisse
• Jede*r Zweite befürwortet unter bestimmten Voraussetzungen eine Absenkung der Bedingungen für die Erlangung des deutschen Passes, während ein Drittel dies kritisch betrachtet.
• Die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft wird von etwas weniger als der Hälfte der Bevölkerung in Deutschland befürwortet.
• Die Absenkung der für die Staatsbürgerschaft erforderlichen Sprachkenntnisse wird von knapp jeder*m Dritten positiv gesehen, etwas mehr als jede*r Zweite lehnt dies allerdings ab.
• Ungefähr jede zweite Person, die derzeit keinen deutschen Pass hat, ist aktuell daran interessiert, ihn zu beantragen, oder hat ihn bereits beantragt.
• Eingewanderte Frauen haben ein stärkeres Interesse, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen, als eingewanderte Männer.

[ISBN: 978-3-948289-62-1. Siegel, Madeleine; Köhler, Jonas; Chouaibi, Doreen; Dollmann, Jörg; Jacobsen, Jannes; Lietz, Almuth; Schmälzle, Michaela (2023): Wie beurteilt die deutsche Bevölkerung die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts? Eine Analyse des DeZIM.panels. DeZIM.insights 11, Berlin: Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM).; Download: FA-5906.pdf ]

Studie: Seenotrettung erhöht Flüchtlingszahlen im Mittelmeer nicht

[3.8] Laut Aussagen vieler Politiker, die sich für deren Verbot einsetzen, erhöhe Seenotrettung im Mittelmeer die Zahl Geflüchteter. Diese Behauptung widerlegt eine Studie von Auto*innen der Universität Potsdam, der Hertie School (Centre for International Security) und des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung DeZIM e.V. in Berlin sowie der Harvard Universität (Institute for Quantitative Social Science) in Cambridge. Ihnen zufolge wurde die Zahl der Grenzübertritte auf dem Seeweg zwischen 2011-20 offenbar nicht von staatlich oder privat durchgeführten Such- und Rettungsaktionen beeinflusst. Vielmehr sind die entscheidenden Faktoren die Fluchtursachen; Konflikte sowie die Wirtschaftslage in den Herkunftsländern; genauer die Veränderungen der Konfliktintensität, der Rohstoffpreise und Naturkatastrophen sowie durch Wetterbedingungen, Währungsumtausch und Luftverkehr zwischen den Ländern Nordafrikas, des Nahen Ostens und der EU.
Wiederum die rechtswidrige Praxis der Pushbacks durch die libysche Küstenwache hat der Studie zufolge die Zahl der Überquerungsversuche reduziert. Jedoch ist das Abfangen und Zurückbringen von Booten nach Libyen mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden und auch die Menschenrechtssituation in Libyen selbst ist untragbar. So auch sind sind beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mehrere Verfahren anhängig. (3.8. Studie (Englisch): "Search-and-rescue in the Central Mediterranean Route does not induce migration: Predictive modeling to answer causal queries in migration research", DeZIM; 7.8. Migazin)

 

SVR-Jahresbericht 2022

[2.8.] Im Februar des Jahres 2022 startete Russland seinen bis heute andauernden Angriffskrieg auf die Ukraine, der die größte Fluchtbewegung innerhalb Europas seit Ende des Zweiten Weltkriegs auslöste und zur erstmaligen Aktivierung der Richtlinie zum temporären Schutz durch die EU führte. Diese und weitere Entwicklungen begleitete der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) gemäß seinem Mandat, als unabhängiges Gremium Politik und Öffentlichkeit wissenschaftsbasiert zu beraten, und behandelt er in seinem Jahresbericht für 2022.
Weitere Inhalte und Themen sind u.a..

  • Die Rolle von Migrant*innen als Leistungserbringende und -empfangende im deutschen Gesundheitswesen. Warum dieses ohne ausländische Fachkräfte vor dem Kollaps stünde, erläutert Prof. Vorländer. Zudem wird in einem Interview mit Prof. Leyendecker auf das Konzept der Live-in-Care und die Herausforderungen in Bezug auf Arbeitsrecht und Teilhabemöglichkeiten der ausländischen Betreuungskräfte eingegangen.
  • Dass die erlebte Integration in Deutschland um einiges besser ist, als die mediale Debatte vermuten lässt, zeigen die Daten des jüngsten SVR-Integrationsbarometers. (Artikel von Prof. Helbling und Prof. Poutvaara)
  • Aktuelle Gesetzesinitiativen: der Rat äußerte sich u. a. im Rahmen von Stellungnahmen und einer Anhörung im Deutschen Bundestag zum Chancen-Aufenthaltsrecht sowie zum Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren. Zudem veröffentlichte er ein Positionspapier zur geplanten Novellierung der Fachkräftezuwanderung.
  • Eine Studie mit Befunden aus dem Integrationsbarometer 2020 zu antimuslimischen und antisemitischen Einstellungen sowie eine Studie zum Stand der Integration von (Spät‑)Aussiedlerinnen und (Spät‑)Aussiedlern, die in Kooperation mit dem BAMF-Forschungszentrum erstellt wurde.
  • Politische Partizipation: Die SVR-Vorsitzende Petra Bendel äußerte sich, wie bereits in 2021, auch in 2022 wiederholt zu den geplanten Veränderungen im Bereich der Einbürgerung und griff dabei auch ein Papier des wissenschaftlichen Stabs auf, in dem dieser Szenarien zur Entwicklung des künftigen Einbürgerungsaufkommens von syrischen Flüchtlingen veröffentlicht hatte.
  • Bedeutung von Rechtsumsetzung, Digitalisierung und Zusammenarbeit über alle Ebenen: Im Kontext der verschiedenen Themen, die den SVR und seinen Stab beschäftigten, wurde mehrfach deutlich, dass die Rechtssetzung allein zu kurz greift und es eine verstärkte Aufmerksamkeit auf Fragen der Rechtsumsetzung in Behörden im In- und Ausland, auf eine beschleunigte Digitalisierung von Prozessen und eine koordinierte Zusammenarbeit von Stellen auf allen föderalen Ebenen braucht.  

Der Jahresbericht dokumentiert, welche Themen den SVR und seine Geschäftsstelle 2022 beschäftigt haben und steht unter diesem Link zur Verfügung: https://www.svr-migration.de/jahresbericht/

 

SVR: Kitas als Integrationsmotor: Für den Normalfall Vielfalt gut aufgestellt?

[1.8.23] Seit dem 1. August 2013 haben Kinder nach vollendetem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Dank des vollzogenen Ausbaus und zahlreicher Reformen wurden in der frühkindlichen Bildung deutliche Fortschritte erzielt. Auch die Sprachbildung für Kinder mit Zuwanderungsgeschichte wurde in den vergangenen zehn Jahren ausgebaut. Und dennoch: Wie eine Kurzinformation des wissenschaftlichen Stabs des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) zeigt, werden die Bedarfe zugewanderter Kinder noch nicht hinreichend berücksichtigt. Damit die Kita Integrationsmotor wird, muss der Kitazugang für die Zielgruppe verbessert und Maßnahmen zur Qualitätssicherung gezielter ausgerichtet werden. 
Angebote der Kindertagesbetreuung müssen dafür ausgebaut und Maßnahmen zur Qualitätssicherung gezielter ausgerichtet werden. Die Sprachstandsdiagnostik muss überarbeitet und eine diversitätssensible Haltung in Kindertageseinrichtungen weiter gefördert werden. Vor allem für Kitas in besonders herausfordernder Lage sollte deshalb – ähnlich wie im Schulbereich – ein dauerhaft angelegtes ‚Startchancen-Programm‘ aufgelegt werden, damit sie ihrem Bildungsauftrag gerecht werden können und attraktiv bleiben für qualifizierte pädagogische Fachkräfte. -> Zur SVR-Kurzinformation „Integrationsmotor Kita. Wie gut ist die frühkindliche Betreuung auf den Normalfall Vielfalt eingestellt?“ & zur PM.
[Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) ist ein unabhängiges, interdisziplinär besetztes Expertengremium, das die Politik handlungsorientiert berät und der Öffentlichkeit sachliche Informationen zur Verfügung stellt. Er wird gefördert durch das Bundesministerium des Inneren und frü Heimat.]

IAB: steigende Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter

IAB*-KURZBERICHT 14/2023: Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter: Erwerbstätigkeit steigt ein Jahr nach dem Zuzug
Mit mehr als einer Million Personen ist Deutschland nach Polen das wichtigste Zielland für ukrainische Geflüchtete seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Die erfolgreiche Integration dieser Menschen in den Arbeitsmarkt und ihre Teilhabe auch in anderen Bereichen der Gesellschaft stellt eine zentrale Herausforderung dar. Es wird untersucht, wie sich die Arbeitsmarktintegration der seit Ende Februar 2022 zugezogenen ukrainischen Geflüchteten entwickelt hat.
Zusammenfassung der Ergebnisse:
-  Nach den Ergebnissen der zweiten Welle der IAB-BiB/FReDA-BAMF-SOEP Befragung sind im Durchschnitt 18% der ukrainischen Geflüchteten im Frühjahr 2023 erwerbstätig. Die Erwerbstätigkeitsquote steigt zwölf Monate nach Ankunft auf 28%.
- Etwa die Hälfte der ukrainischen Geflüchteten üben eine Tätigkeit aus, die unterhalb ihres beruflichen Qualifikationsniveaus vor dem Zuzug liegt.
- Die mittleren Bruttomonatsverdienste der vollzeitbeschäftigten ukrainischen Geflüchteten liegen mit 2.550 Euro unter dem Durchschnittsverdienst aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland.
- Die Arbeitsmarktintegration von ukrainischen Geflüchteten gestaltet sich bei den Frauen, vor allem bei Müttern mit Kleinkindern, schwieriger als bei den Männern. Frauen haben im Vergleich ein höheres Risiko der Nichterwerbstätigkeit und der Beschäftigung unterhalb ihres Qualifikationsniveaus sowie niedrigeremittlere Verdienste.
- Der Abschluss von Deutschkursen, insbesondere auf fortgeschrittenem Niveau, sowie gute Deutschkenntnisse verbessern die Arbeitsmarktchancen und Verdienste der Geflüchteten. Angesichts der hohen Teilnahmequote von über 60% an Sprach- und Integrationsmaßnahmen zum Befragungszeitpunkt ist nach Abschluss der Kurse eine beschleunigte Integration zu erwarten.

Autor*innen: Kosyakova, Yuliya, Herbert Brücker, Kseniia Gatskova & Silvia Schwanhäuser (2023): Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter: Erwerbstätigkeit steigt ein Jahr nach dem Zuzug. (IAB-Kurzbericht 14/2023), Nürnberg, 8 S. DOI:10.48720/IAB.KB.2314,Bezugsmöglichkeiten (PDF): Open Access
IAB*: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung - Die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. Kurzberichte: Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

IAB: Erwerbstätigkeit und Löhne von Geflüchteten steigen deutlich

IAB*-KURZBERICHT13/2023: Entwicklung der Arbeitsmarktintegration seit Ankunft in Deutschland: Erwerbstätigkeit und Löhne von Geflüchteten steigen deutlich
Zum Jahresende 2022 lebten in Deutschland (die seit Beginn des russischen Angriffskriegs geflohenen ukrainischen Staatsangehörigen nicht mitgezählt) knapp 2,2 Millionen Menschen, die als Schutzsuchende gekommen sind. Die große Mehrheit hat anerkannte Schutzansprüche und beabsichtigt, in Deutschland zu bleiben. Die erfolgreiche Integration dieser Schutzsuchenden ist von hoher Relevanz für Arbeitsmarkt, Sozialstaat, Gesellschaft und Politik. Es wird untersucht, wie sich Arbeitsmarktintegration, Leistungsbezug und Bildungserwerb der bis 2019 zugezogenen Schutzsuchenden entwickelt haben, um Schlussfolgerungen für die weiteren Erwerbsverläufe dieser Gruppe und auch der später zugezogenen Geflüchteten zu ziehen.
Zusammenfassung der Ergebnisse:
- Rund 70% der bis Jahresende 2022 zugezogenen Geflüchteten haben einen rechtlich anerkannten Schutzstatus, die meisten werden voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben.
- Sechs Jahre nach Ankunft in Deutschland zeichnen sich in allen Dimensionen der Arbeitsmarktintegration erhebliche Fortschritte ab.
- 54% der Geflüchteten mit einer Aufenthaltsdauer von sechs Jahren sind erwerbstätig. Davon arbeiten zwei Drittel in Vollzeit und 70 Prozent üben eine qualifizierte Berufstätigkeit aus.
- Auch die 2015 zugezogenen Geflüchteten erreichen im Befragungsjahr 2021 eine Erwerbstätigenquote von 54 Prozent.
- Die mittleren Bruttomonatsverdienste von Vollzeiterwerbstätigen belaufen sich bei sechsjähriger Aufenthaltsdauer auf gut 2.000 Euro.
- Innerhalb der ersten sechs Jahre nach Zuzug besuchte ein Drittel der erwachsenen Geflüchteten Schulen und Hochschulen oder absolvierte Ausbildungen und Weiterbildungsmaßnahmen.
- In mehreren Dimensionen der Arbeitsmarktintegration zeigt sich ein erhebliches Gefälle zulasten der Frauen, das unter anderem im Zusammenhang mit ihrer Sorgearbeit steht.

Autor*innen: Brücker, Herbert, Philipp Jaschke, Yuliya Kosyakova & Ehsan Vallizadeh (2023): Entwicklung der Arbeitsmarktintegration seit Ankunft in Deutschland: Erwerbstätigkeit und Löhne von Geflüchteten steigen deutlich. (IAB-Kurzbericht 13/2023), Nürnberg, 8 S. DOI:10.48720/IAB.KB.2313 Bezugsmöglichkeiten (PDF): Open Access
* IAB: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung - Die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit
Kurzberichte: Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

5. Radio-/TV-Beiträge/Sendungen/Podcasts

[20.12.] phoenix plus: Fachkräfte dringend gesucht (15:13 Min)
Film von Aydogan Makasci, phoenix 2023
In Deutschland fehlen in vielen Branchen tausende Arbeitskräfte – zum Beispiel in der Pflege und der Informatik. 400.000 bis 500.000 Fachkräfte aus dem Ausland braucht es nach Schätzungen jährlich, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken.
Um den Standort Deutschland attraktiver zu machen, hat die Ampelkoalition ein neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet. Es sieht unter anderem ein Punktesystem vor und soll nicht zuletzt auch massiv bürokratische Hürden abbauen.
Autor Aydogan Makasci hat sich mit zugewanderten Fachkräften ausgetauscht und auch mit anderen Betroffenen über das neue Gesetz gesprochen. Einigkeit herrscht zumindest in einem Punkt: Fachkräfte dringend gesucht! (20.12. Video phoenix TV)

MDR: Halten Grenzkontrollen Schleuser auf?

Illegal nach Deutschland – im Sommer und im Herbst 2023 vergeht kein Tag, an dem die Bundespolizei an den Grenzen zu Polen und Tschechien keine Migranten aufgreift. Immer wieder kommt es zu gefährlichen Verfolgungsfahrten mit Schleusern - die Bundespolizei macht Jagd auf Schlepper. Im Oktober führt Bundesinnenministerin Nancy Faeser stationäre Grenzkontrollen ein. Ist das Problem damit gelöst? Dieses Jahr haben bis Ende November 305.000 Flüchtlinge zum ersten Mal in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das sind schon mehr als im gesamten Jahr 2022. Viele von ihnen wurden über Polen oder Tschechien nach Deutschland geschleust. Die meisten kommen in Transportern nach Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Für die Schlepper ist das Geschäft lukrativ. Je mehr Personen sie in ein Auto pferchen, desto ertragreicher ihr Geschäft. Um die 10.000 Euro zahlen die Flüchtlinge für die illegale Reise über die Balkanroute, die meisten kommen aus Syrien und Afghanistan, oft über die Türkei. Vor allem an den Grenzen zu Polen und Tschechien wird das im Sommer und Herbst dieses Jahres zu einem immer größeren Problem: Mehrere tausend unerlaubt Eingereiste greift die Bundespolizei jeden Monat im Grenzgebiet auf. Immer wieder liefern sich Schleuser gefährliche Verfolgungsjagden mit der Polizei. Mehrmals kommt es zu Unfällen. In Sachsen stirbt dabei sogar eine Geschleuste, in Bayern geht die Fahrt für sieben Passagiere eines Kleinbusses tödlich aus. Wenn Schlepper gefasst werden, drohen ihnen mehrere Jahre Gefängnis. Aber wie viele von ihnen werden geschnappt und wie werden sie verurteilt? Die Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster (CDU) und Michael Stübgen (CDU), fordern deshalb seit Mai vorübergehende Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien. Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser wartet lange ab. Im Oktober entschließt sie sich endlich. Was hat sich jetzt an den Grenzen verändert? Es scheint so, als sei die illegale Migration tatsächlich deutlich zurückgegangen. Immer weniger Schleuser werden festgenommen. Weniger Flüchtlinge kommen in den Erstaufnahme-Einrichtungen an. Zeigen die Grenzkontrollen Wirkung und ist das Thema illegale Migration damit „vom Tisch“? exactly-Reporter Jörg Winterbauer ist vor und nach Einführung der Grenzkontrollen unterwegs mit Polizeibeamten, beobachtet Fahndungsfahrten, Aufgriffe und ein Gerichtsverfahren, in dem Schleuser abgeurteilt werden.

Detektor.fm: Asylkompromiss - Was bringt die EU-Asylreform?

[8.12.] Detektor.fm: Sendereihe "Zurück zum Thema": Sendung vom 8.12. zum Thema "Asylkompromiss - Was bringt die EU-Asylreform?"
Das EU-Parlament und der Rat der EU verhandeln über die geplante Asylreform. Doch was beinhaltet die Reform und was für Veränderungen bringt sie?
Die Asylpolitik in der EU soll reformiert werden. Bereits im Juni 2023 hat sich der Rat der Europäischen Union, bestehend aus den Fachministerinnen und -ministern der Mitgliedsstaaten, auf eine gemeinsame Position zur geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt. Nun geht der Gesetzgebungsprozess zur Asylreform in die nächste Runde. Die Verhandlungen zu der Reform zwischen dem Europaparlament und den Mitgliedsstaaten sind angelaufen. Mit am Tisch sitzt auch die EU-Kommission. Sie hatte die Reform im Jahr 2015 vorgeschlagen. Seitdem haben die Mitgliedsstaaten über eine Einigung verhandelt.

Viel Uneinigkeit beim Asylkompromiss
Bis es zu einem Asylkompromiss kommen kann, müssen sich Rat, Parlament und Kommission noch bei einigen Punkten einigen. Etwa bei den geplanten beschleunigten Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen für Asylsuchende mit wenig Aussicht auf Schutz. Dadurch soll das Abschiebungsverfahren auf zwölf Wochen verkürzt werden. Anders als die meisten Mitgliedsstaaten fordert die Bundesregierung, dass Familien mit Minderjährigen unter 12 Jahren keine Außengrenzverfahren durchlaufen. Das Europaparlament verlangt ebenfalls Ausnahmen. Ein weiterer Streitpunkt sind die sicheren Drittstaaten. Die Mitgliedsstaaten wollen selbst festlegen, wann Geflüchtete in einen sicheren Drittstaat zurückgebracht werden können. Auch die Verteilung der Geflüchteten auf die EU-Staaten sorgt für Uneinigkeit. Zunächst wollte das Parlament die Staaten dazu verpflichten, den Ländern an den Außengrenzen Asylbewerberinnen und -bewerber abzunehmen. Der Rat der Europäischen Union ist jedoch nur zu einem finanziellen Ausgleichsmechanismus bereit.
Was sind die Forderungen und Vorschläge in den aktuellen Verhandlungen? Und wie groß wird die Veränderung für die deutsche Asylsituation durch die neuen Beschlüsse sein? Darüber spricht detektor.fm-Moderator Lars Feyen in dieser Folge von „Zurück zum Thema“ mit Prof. Birgit Glorius. Sie ist Professorin für Humangeografie mit dem Schwerpunkt Europäische Migrationsforschung an der Technischen Universität Chemnitz und Teil des Sachverständigenrats für Integration und Migration der Bundesregierung.
Redaktion: Ina Lebedjew, Naomi Asal, Bruno Richter, Florian Drechsler.
(Zum Hör-Beitrag (ca. 10 Minuten): https://detektor.fm/politik/zurueck-zum-thema-asylkompromiss)

Deutschlandfunk zu den Themen: Migration, Asyl, Integration

Thema /  Migration (Hör- und Schriftbeiträge)

Zu den EU-Asylrechtsreform-Beschlüssen
Interviews: Migrationsforscher: EU-Asylreform „für die akuten Probleme keine Erleichterung“ (11:5 Min., 21.12.)
Reaktionen aus Berlin: Bundesregierung erwartet „Entlastung“ (4:16 Min., 21.12.)
EU-Einigung - Lieber streng als gar nicht (29:06 Min., 20.12.)
Düpont (CDU) | Konzentration auf „tatsächlich Schutzbedürftige“ (7:41 Min., 20.12.)
Interviews: Ernst (Linke): Einigung ist „Niederlage“ für die Rechtsstaatlichkeit (9:44 Min., 20.12.)
Berlin: Reaktionen (der Bundesregierung) auf die EU-Asylreform (2:43 Min, 20.12.)
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Verschiedene Themen
EU-Migrationspolitik - Migrationsforscher: Italien schafft Spagat zwischen Aufnahme (Fachkäfte) und Abwehr (7:13 Minuten, 14.12.)
EU-Asylreform - Stand der Beratungen zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten (03:07 Minuten, 7.12.)
Migrationspolitik - EU-Parlament und Mitgliedsstaaten verhandeln über EU-Asylreform (03:30 Minuten, 7.12.)
Migrationspolitik - Großbritannien will Zuwanderung massiv begrenzen (08:29 Minuten, 6.12.)
Abschiebepraxis – Baden-Württemberg macht Druck Zeitfragen (06:29 Minuten, 27.11.)
Asyl und Abschiebung – Neues Gesetz, altes Kompetenzwirrwarr Hintergrund (18:54 Minuten, 24.11.)
Antisemitismus-Debatte: Politik nutzt Thema aus, um zu spalten - Interview mit Autorin Deborah Feldman, Deutsch-Amerikanisch-Jüdische Schriftstellerin und Publizistin (15.11.)
Großbritannien: Abschiebung Asylsuchender nach Ruanda rechtswidrig (04:41 Minuten, 15.11.)
Migrationsdebatte: Politischer Streit um „taktische Spielchen“ (03:20 Minuten, 12.11.)
Flucht und Einwanderung: Was Bund und Länder an der Migrationspolitik verändern wollen (49:27 Minuten, 8.11.)
Migrationsforscherin Judith Kohlenberger: „Abschotten, abschrecken, auslagern hat nichts gebracht“ (08:00 Minuten , 8.11.)
Asyl in IndustrieländernAnreize und Limits für Geflüchtete (29:08 Minuten, 8.11.)
EU-Asylreform: Alter Streit um Migration und Lastenteilung (18:57 Minuten, 6.11.)
Soziologin Claudia Diehl: Migration: Welche Probleme zu lösen sind – und mit welchen wir leben müssen (06:51 Minuten, 6.11.)
Migrationsgipfel: Dietmar Woidke (SPD): Die Länder müssen Geschlossenheit signalisieren (12:50 Minuten, 6.11.)
Kommentar Migrationsgipfel - Für eine Realpolitik, die Grundwerte berücksichtigt (04:18 Minuten, 04.11.)
Neue Heimat Brandenburg - Gekommen, um zu bleiben (44:21 Minuten, 4.11.)
Migrationsgipfel: Boris Rhein: „Wir haben die Belastungsgrenze erreicht“ (12:30 Minuten, 3.11.)
Macht der Sprache - Wie andere EU-Länder über Migration diskutieren (23:04 Minuten, 2.11.)
Fachkräfte erwünscht - Welche Zuwanderung wollen wir? (71:21 Minuten, 25.10.)
Migrationspolitik - Wie Bürokratie die Integration von Geflüchteten verhindert (30:49 Minuten, 22.10.)
MigrationsforscherBrücker: Schutzsuchende nicht vom Arbeitsmarkt ausschließen (10:08 Minuten, 13.10.)
Flüchtlinge fürs Handwerk? – Interview mit Jörg Dittrich, ZDH-Präsident (8:25 Minuten, 7.10.)
Mehr illegale Übertritte: Unterwegs an der deutsch-polnischen Grenze (05:43 Minuten, 5.10.)
EU-Asylkompromiss: Migrationsforscher: „Placebo-Reform, die keine Probleme löst“ (08:24 Minuten, 4.10.)
Migration: Aufgeheizte Stimmung und mögliche Lösungen (70:12 Minuten. 2.10.)
EU-Krisenverordnung: Migrationsforscher: Standards für Asylsuchende schon jetzt verletzt (07:21  Minuten, 29.9.)
Krisenverordnung: Jetzt gibt es neue Probleme (01:08 Minuten, 29.9.)
EU-Asylreform - Kommentar: Krisenverordnung ist kein großer Wurf (03:13 Minuten, 28.9.)
EU-Krisenverordnung - Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU): Einigkeit bei Migration hält Rechtsradikale in Schach (9:39 Minuten, 28.9.)
Interview mit Martin Schulz (SPD)Asylbewerber beim Zahnarzt: Wie wir über Migration reden (12:37 Minuten, 28.9.)
Asyldebatte: Außenministerin Baerbock für klare Regeln an EU-Außengrenzen (12:14 Minuten, 25.9.)
Dänemarks harter Kurs als Vorbild? (6:12 Minuten, 22.9.)
Politologe Thorsten Faas: Warum sich die Parteien beim Asylthema so schwer tun (34:27 Minuten, 18.9.)
Reform des europäischen Asylsystems (62:05 Minuten, 28.7.)
EU-Asylsystem: Friedenspreisträger Navid Kermani kritisiert Politik der Abschottung (09:54 Minuten, 18.6.)
Migrationsforscher Koopmans: Das wird ein tödliches Asylsystem bleiben“ (07:51 Minuten, 8.6.)
Migration: Die Regeln in Europa werden strenger (06:28 Minuten, 27.4.)
Geschichte des Asylrechts: Wer darf kommen, wer darf bleiben? (43:47 Minuten, 20.4.)
Die Vergessenen - Geflüchtete Frauen in Deutschland (und weltweit) (54:37 Minuten, 24.3.)
Unsichere Einreisewege: Asyl bekommt nur, wer auch ankommt (49:36 Minuten, 17.3.)
Pro Asyl - Demontage des europäischen Asylrechts befürchtet (08:33 Minuten, 9.2.)
[...]

(Video) “Unter Druck? Die kommunale Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland und Europa”

Aufzeichnung des 172. Webinars vom 27.11. von Europe Calling “Unter Druck? Die kommunale Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland und Europa”
Video: https://youtu.be/nXsWNVYrwfk / Podcast: https://europecalling.podigee.io/172-flucht-kommunen
Zusammenfassung:
- Katja Dörner, die Bonner Oberbürgermeisterin und Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages hat begonnen. In Bonn seien besonders der fehlende Wohnraum und kaum freie Kita- und Schulplätze ein Hauptproblem. Gleichzeitig sei die Stimmung in der Stadtgesellschaft unterstützend, sowohl in der Politik als auch bei den Bürger:innen. Für sie ist der aktuelle von Angst und hart-klingenden Vorschlägen geprägte Diskurs schädlich. Statt Lösungen, die die Kommunen nicht forderten, wie flächendeckende Zahlkarten, sollte mehr getan werden, z.B. bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse und bei der Baugesetzgebung.
- Richard Reischl, der Erste Bürgermeister der Gemeinde Hebertshausen im Landkreis Dachau beschrieb, wie in seiner Gemeinde fünfmal mehr Geflüchtete aufgenommen werden als in den anderen Gemeinden des Landkreises und gleichzeitig die AfD mit ihrer Hetze das schlechteste Ergebnis im Landkreis einfährt. Hebertshausen behandelt die Menschen so, wie man sich das selbst in der Situation wünschen würde, einfach menschlich, wie er es ausdrückte. Die Betriebe in der Region suchen händeringend Arbeitsplätze und die Gemeinde stellt hier aktiv Kontakte her. Ob beim Bäcker oder Elektriker vor Ort, beim Bauen von Spielplätzen oder der Pflege von Sportplätzen. Für ihn ist das der beste Weg. Er begrüßte auch die Lockerungen bei den Arbeitsverboten und forderte hier mehr. Gleichzeitig war er sehr kritisch gegenüber der Rhetorik seiner eigenen Partei, der CSU.
- Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration der Stadt Düsseldorf, berichtete über die Situation in der Landeshauptstadt. Mit der größten ukrainischen Community in NRW seien die Herausforderungen seit dem russischen Angriffskrieg in manchen Phasen sehr hoch gewesen. Gerade die Unterbringung sei in Düsseldorf schwierig. Über 100 Liegenschaften hat die Stadt angemietet und akquiriert aktuell auch neue Flächen dauerhaft, vor allem seit Corona, leerstehende Büroflächen, um auch für zukünftige Herausforderungen gewachsen zu sein. Sie beschrieb, dass gerade 2015/2016 viel gelernt wurde und diese Strukturen jetzt wieder gut funktioniert haben. Düsseldorf sei nicht überfordert, aber ohne mehr finanzielle Unterstützung des Landes und Bundes überdehnt die Aufnahme aktuell den Haushalt. Trotzdem gäbe es einen parteiübergreifende Konsens für eine humanitäre Aufnahme.
- Professor Haci-Halil Uslucan hat in seiner Präsentation (im Video/Datei wird die nächsten Tage hier verfügbar sein) den Blick auf die psychologischen Aspekte von Flucht und Integration. Beginnend mit der Sprache und Kommunikation zum Thema, die oft angst-betont ist, hin zu dem Blick auf Diskriminierungserfahrungen der Geflüchteten, aber auch in den Generationen der Türkeistämmigen. Die Ablehnung gerade von Roma-Familien und muslimischen Familien in der Aufnahmegesellschaft sei immer noch besonders hoch. Das belaste Geflüchtete zusätzlich zu den oftmals traumatischen Fluchterfahrungen auch psychosozial stark, und erschwere dadurch letztlich Integration in das Arbeitsleben, in Bildung und in der Nachbarschaft. Hier braucht es politisches Handeln, z.B. durch mehr Ressourcen für psychotherapeutische Begleitung, mehr Kenntnis und Unterstützung in Unterkünften.
- Julia Scheuer vom Projekt Moving Cities beschrieb in ihrer Präsentation wie sie mit Hilfe europa-weiter Netzwerke und Fallstudien erfolgreiche, solidarische Migrationspolitik sammeln und, im nächsten Schritt, mit Kommunen und Entscheidungsträgerinnen teilen. Auch um anderen Diskurs zu stärken, der zeigt, dass solidarische Aufnahme möglich und erfolgreich sein kann. Mehr dazu hier: https://moving-cities.eu/de Als Beispiel sprach sie über Zürich, wo mit der Einführung einer stadtweiten City-ID einfach und bürokratie-arm, alle Bewohner:innen Zugang zu sozialer, städtischer Infrastruktur gewährt werden.

Klar wurde in der Diskussion: Pauschal von “Überforderung” zu sprechen, führt nicht weiter und stimmt auch nicht. Hart-klingende Maßnahmen helfen auch wenig bzw. Sind kontraproduktiv. Vielmehr forderten die Gesprächsteilnehmer*innen eine lösungsorientierte Politik, die Bedarfe erfasst und zielgenau Kommunen unterstützt. Dazu gehöre auch eine Verteilung von Geflüchteten, die nicht einfach nach finanziellen Gesichtspunkten (dem so genannten Königsteiner Schlüssel) funktioniere, sondern Faktoren wie Verfügbarkeit von Wohnraum, Bildungseinrichtungen, Betreuungsplätze und Arbeitskraft-Bedarfe mit einschließt. Hier gibt es mit match’in und rematch bereits Ansätze, die auch z.B. künstliche Intelligenz nutzen.
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Hintergrund zu Europe Calling [Selbstbeschreibung]: "Europe Calling ist das wahrscheinlich größte politische Webinar-Format in Europa. Seit 2017 haben in bisher 147 Webinaren über 150.000 Menschen aus Europa und der Welt teilgenommen und kommen so direkt mit politischen Entscheidungsträger:innen, führenden Wissenschaftler:innen, Interessensträger:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft ins Gespräch.
Gemeinsam schaffen wir einen offenen, transnationalen Raum für Bürger:innen aus ganz Europa und geben ihnen damit eine Stimme in den prägenden europäischen Diskussionen unserer Zeit.
Unsere Ziele: politische Prozesse, deren Hintergründe und politische und ökonomische Machtstrukturen transparent und damit hinterfragbar zu machen // die demokratische Öffentlichkeit über nationale Grenzen hinaus in Europa und international zu stärken // die Qualität politischer Entscheidungen durch Bürger:innenbeteiligung zu stärken // Desinformation, fake news und politischem Populismus entgegenzuwirken durch eine Kultur der Beteiligung und demokratischem Diskurs // Organisationen der demokratischen Zivilgesellschaft mit ihren Anliegen den Zugang zu interessierten Bürger:innen zu eröffnen // Einfluss- und Beteiligungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Bürger:innen bei der Nutzung dieser Möglichkeiten zu unterstützen.
Alle Webinare werden aufgezeichnet und sind hier anschaubar: https://www.youtube.com/c/EuropeCallingWebinars/videos

BumF Podcast

Ab sofort gibt es eine eigene Podcastreihe vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
Der Podcast mit dem Titel: “Der Podcast vom BumF und nicht vom BAMF” richtet sich in erster Linie an alle, die mit jungen Menschen mit Fluchterfahrung arbeiten. Aber auch alle anderen sind eingeladen, mitzuhören. Den Podcast gibt es auf allen gängigen Streaminplattformen.
Die erste, am 13.11. veröffentlichte Folge des neuen Podcastformats zum Thema Empowerment ist erschienen.: Alle reden davon, aber was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff? Wie kann Empowerment in der Arbeit mit jungen Menschen mit Fluchterfahrung umgesetzt werden?
Darüber sprechen Livia Giuliani und Adora Udogwu vom BumF mit Seedy Saidykhan vom Fluchtraum Bremen und Jameela Mearajdin von MPower. Die erste Folge kann hier gehört werden.
Im Januar geht es mit der nächsten Folge zum Thema Beteiligung von jungen Volljährigen weiter: Was bedeutet Partizipation? Wie kann am Hilfeplanverfahren beteiligt werden, wenn es darum geht, Unterstützung für junge Volljährige zu erhalten?

(Video) Reform des EU-Asylrechts – Historischer Erfolg oder Rückschritt für Menschenrechte?

Aufzeichnung (Video) der 157. Ausgabe von Europe Calling am 15.6.2023 zum Thema “Reform des EU-Asylrechts – Historischer Erfolg oder Rückschritt für Menschenrechte?”
Am 8.6.2023, haben sich die Innenminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten auf ihre Position zur Reform des Gemeinsamen Asylsystems der EU (GEAS) geeinigt. Darin enthalten sind u.a. die Einrichtung von Zentren an den EU-Außengrenzen, in denen in bestimmten Fällen beschleunigte Verfahren durchgeführt werden sollen. Hierbei sollen auch Familien mit Kindern über mehrere Monate in diesen Zentren untergebracht werden. Zudem soll die Verteilung der Geflüchteten in Europa neu geregelt und verbindlicher werden. Länder, die an dieser Verteilung nicht teilnehmen wollen, sollen sich für 20.000 € pro Geflüchteten davon freikaufen können.
Besonders in Deutschland hat dieser Kompromiss, dem auch die deutsche Bundesregierung in Person von Bundesinnenministerin Nancy Faeser zugestimmt hat, zu heftigen Diskussionen geführt.
Von einem “Historischem Erfolg” (Faeser) bis zu einem “Freibrief für Menschenrechtsverletzungen” (Amnesty) ist die Rede. Auch innerhalb der Regierungsparteien SPD und Bündnis90/Die Grünen gibt es heftige Auseinandersetzungen über diese Zustimmung im Rat.
In diesem Eil-Europe Calling vom 15. Juni 2023 wurde mit den zugeschalteten Gästen und zugeschalteten Bürger*innen über den Beschluss der Mitgliedsländer gesprochen. Behandelt wurden u.a. die Fragen: Was steckt genau hinter diesem Beschluss? Was bedeutet er für ankommende Flüchtende, was für die Kommunen? Welche Möglichkeiten gibt es, in den Verhandlungen mit dem Europaparlament noch Änderungen zu erreichen?
Die Gäste waren: Gerald Knaus, Migrationsforscher & Gründungsvorstand European Stability Initiative // Anna Lührmann, Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt // Farbod Mahoutchiyan, Kinderrechtsexperte bei der Kinerschutzorganisation Plan International Deutschland e.V. // Erik Marquardt, MdEP, Migrationsexperte der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament // Sophie Scheytt, Asylexpertin bei Amnesty International in Deutschland. /// Moderation: Dr. Maximilian Fries (Geschäftsführer von Europe Calling).

PRO ASYL Podcast: Vom Fliehen und Ankommen

In dem Podcast-Format "Vom Fliehen und Ankommen" wird über Themen und Probleme gesprochen, die bei Pro Asyl zur alltäglichen Arbeit zu Flucht und Migration gehören. Gesprochen und diskutiert wird mit Expert*innen und Betroffenen über die aktuelle Situation. Der Podcast richtet sich sowohl an Menschen, die bereits im Bereich der Flüchtlingshilfe haupt- oder ehrenamtlich tätig sind, als auch an Interessierte ohne Vorerfahrungen.
Bisherige Folgen: Haftlager an den Außengrenzen - die neue GEAS Reform 35:20 Min., 8.6., Die aktuelle Lage im Sudan 17:17 Min., 29.4. Ein Jahr Flucht aus der Ukraine 34:41 Min., 24.2., Pushbacks auf der Belarus-Route56:08 Min., Dez. 22., #RechtAufZukunft - Das Chancen-Aufenthaltsrecht auf der Zielgeraden? 59:47 Min., Nov. 22, Ukraine-Flüchtlinge - Wie geht es weiter? 17:19 Min. Sept. 22, Gewalt an der griechischen Grenze 15:17 Min., Aug. 22, Jede Zweite Abschiebehaft ist rechtswidrig 27:47 Min., Aug. 22, Familiennachzug 26:18 Min., Juni 22, Der lange Weg raus aus Afghanistan 47:06 Min., Mai 2022. (Anhörbar auf: Spotify / Apple Music / Google Podcast / Amazon Music)

6. Fortlaufende Wissens-/Infoportale/Datenbanken

European University Institut - relevante Meldungen aus Europa

Meldungs-Beispiele/ Auszüge:

13.11. International law or national identity? How the German and Polish governments framed whether to accept Syrian and Ukrainian refugees

11.11. Lorenzo Piccolo gave an interview on the Italy-Albania deal with Euronews Albania - Is the Rama-Meloni migrant deal legal, ethical? (Video)

06.11. The worsening predicament for LGBTQ+ people in Uganda: how a new law could increase displacement

23.10. How female migrants use entrepreneurship to create meaningful places of connection: A look at Ukrainian women in Poland

17.10. The role of cities in shaping immigrant rights: the case of Houston, Texas

18.09. Why Canada is Facing an Exodus of Skilled Migrants

07.08. What do trade agreements have to do with migration policy?
Preferential trade agreements (PTAs) aim to facilitate trade between two or more countries by doing things such as cutting tariffs or facilitating investment, but new research shows that more than 70% of all PTAs signed in the last decade also contain provisions on international migration. […]

31.07. There’s still strong support for Ukrainian refugees across Europe: new evidence from eight countries.

28.7. Human trafficking in the spotlight: (Robert Schuman Centre) In this interview, migration expert Luigi Achilli discusses the thin line between smuggling and trafficking, reevaluates traditional narratives of victimhood, and suggests policy-makers should consider the reasons behind the choices migrants make as well as the nuanced layers of human interactions. ...

18.7. 'The constrained displacement of asylum-seekers in France: how emergency became a long-lasting policy', by Maxime Christophe, Migration Policy Centre blog.
During the 2015 “refugee crisis” in Europe, temporary transit centres emerged in France as a tool to prevent urban street camps by relocating migrants to other localities. Seven years later, transit centres, intended as temporary emergency humanitarian structures, still exist. In fact, they also have become an institutionalised cornerstone of France’s migration policy and accommodation system. Hence, the emergency crisis response has had an enduring impact on policy. ...

11.7. 'Why liberal refugee policies need enemies', by Oliviero Angeli, Migration Policy Centre blog.
In 2022 Europe experienced the largest refugee influx since World War II. Europe’s response to the Ukrainian refugee movement drew positive headlines at first. Later, however, frustration and disappointment prevailed. The oft-invoked paradigm shift toward a humanitarian refugee policy failed to materialise. Instead, the first ever activation of the EU Temporary Protection Directive triggered a debate about preferential treatment of Ukrainian refugees, who are legally treated as equal to recognised refugees without having to go through an asylum procedure. Europe’s extraordinary openness to Ukrainian refugees illustrates, in the eyes of many, how unequal the treatment of different asylum seekers is. Migrant organisations in particular regard it as a betrayal of the universalist promise of refugee law,...

3.7. 'What role have employers had in Italian migration policy-making? A behind the scenes analysis', by Diego Caballero Vélez, Migration Policy Centre blog.
Italy has changed its migration laws several times over the years. Who’s influenced the legislative process? - Employers. [...] The results of this research demonstrate that trade unions, employers’ associations, and religious groups all played their parts (directly or indirectly) in shaping the migration legislative landscape. As policy-makers look at current reforms to migration policy, it is crucial to take into account the complex and historical role that employers have played. ...

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(Das European University Institute (EUI / Europäische Hochschulinstitut EHI) ist eine internationale Lehr- und Forschungseinrichtung für Postgraduierte und -doktorand*innen und eine unabhängige Einrichtung der Europäischen Union, die von den Mitgliedstaaten gegründet wurde, um zur kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklung in den Wirtschafts-, Geschichts-, Rechts-, Politik- und Sozialwissenschaften in einer europäischen Perspektive beizutragen. Sitz ist Florenz. Unterstützt wird das EUI vom EU-Programm ERASMUS+.
Wiederum das Robert Schuman Centre stelt eine inter-disziplinäre Forschungszentrum innerhalb der EUI dar.)

European Council on Refugees and Exiles (Pressespiegel engl.)

Regelmäßige Newsletter des "European Council on Refugees and Exiles" (ECRE PRESS REVIEW und Weekly Bulletin (engl.)) aus Brüssel, Belgien, zu Entwicklungen in der Welt/ international, in der EU und in einzelnen europäischen Ländern (Meldungs-Beispiele/ Auszüge)

(21.12.) ECRE PRESS REVIEW:
INTERNATIONAL DEVELOPMENTS
- GLOBAL REFUGEE FORUM (Reuters) More than $2.2 billion promised for global refugee crisis at UN forum: Countries and businesses at a major U.N. forum pledged more than $2.2 billion towards a global displacement crisis and promised jobs for tens of thousands of refugees in an outcome the United Nations chief said would help "stem the tide of misery".

EUROPEAN DEVELOPMENTS
- MIGRATION PACT (POLITICO) EU strikes historic migration deal: The European Union on Wednesday broke years of political deadlock by agreeing on a deal that will significantly change how the bloc limits migrant entry, moves migrants around EU countries and effectively makes it easier to deport unsuccessful asylum seeker applicants.
- See also: (EUobserver) New EU political deal on asylum alarms rights activists: A political agreement on the EU-wide asylum reforms was finally reached on Wednesday (20 December), following years of debates.
- And more: (Guardian) EU reaches asylum deal that rights groups say will create ‘cruel system’: EU negotiators have reached agreement on rules aimed at spreading the cost and responsibility for hosting asylum seekers across the bloc, limiting the number of people coming in and making it easier to deport those whose claims fail.
- And even more: (Euractiv) EU south hails new migration pact but traps remain: Southern European member states such as Greece and Italy rushed to welcome the new EU migration pact, but there are still questions about whether the new rules will ease the burden of first-line countries.
- STRATEGIC PARTNERS (EUobserver) EU seeks migrant deal with Egypt in January: The European Commission is hoping to reach a new agreement with Egypt in January as it steps up efforts to curtail irregular migration towards Europe.
- TUNISIA-EU PARTNERSHIP (El País) Tunisia reactivates its collaboration with the EU in the fight against irregular immigration: Tunisia has reactivated its collaboration as a border agent of the European Union.

(8.12.) EDITORIAL: Asylum reforms: Parliament fights its corner

(5.12.) EUROPEAN DEVELOPMENTS (in the EU)
- AGENDA: euronews: EU countries need to curb irregular migration to prevent far-right surge, says Manfred Weber - "People want to see results. And that means, practically speaking, we have to lower the number of irregular arrivals," the leader of the centre-right European People's Party (EPP) said on Wednesday morning.
- RETURN: EU Observer: Migrant return bill 'obstructed' as EU states mull new position - EU states may drop their 2019 position on a bill on returning rejected migrants and instead put forward new ideas that include "innovative solutions" to work around illegal pushbacks.
- PACT: euractiv: Spanish Presidency seeks migration deal by year-end, though divisions persist - The European Parliament and the Council have disagreements on provisions regarding protection of human rights during the screening process.

NATIONAL DEVELOPMENTS (in single European countries)
- GERMANY: EU Observer: Germany moves to criminalise NGO search-and-rescue missions - The draft changes open up a realm of "legal uncertainty," says Gericke. "The cleanest way to prevent sea "rescue and other humanitarian aid from being unintentionally criminalised would be to drop the amendment."
See more: Schengen visa: Germany’s Plans to Criminalise Sea Rescue & Humanitarian Aid Sparks Concerns - More than 50 organisations have expressed their concerns over Germany’s proposed legal amendments to make saving persons from drowning in the Mediterranean and transporting them to the shore a criminal act, punishable by a maximum imprisonment period of ten years.
- GERMANY: Schengen Visa: Germany Introduces New Legislation to Expedite Migrant Returns - The Interior Minister of Germany, Nancy Faeser, has unveiled a new deportation legislation for sending unsuccessful asylum seekers back to their home countries in a bid of the government to address immigration concerns.

7. Ausschreibungen

BMFSFJ & BMI: Weiterführung des Programms zu Integrationskursen mit Kind weiter

[6.12.] Bundesfamilienministerium und Bundesinnenministerium führen Programm zu Integrationskursen mit Kind weiter
Die Kinderbeaufsichtigung bei Integrationskursen hat sich im Bundesprogramm "Integrationskurs mit Kind: Bausteine für die Zukunft" als wirksames und erfolgreiches Modell zur Integration insbesondere von Müttern erwiesen. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem laufenden Programm werden das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) die integrationskursbegleitende Kinderbeaufsichtigung in den Jahren 2024 bis 2026 - vorbehaltlich der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel - mithilfe des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) im Programm "Integrationskurs mit Kind Plus: Perspektive durch Qualifizierung" weiter fördern. Die Förderrichtlinie wurde - vorbehaltlich der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel - auf www.esf.de veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten. Träger, die berechtigt sind, Integrationskurse durchzuführen, können seit dem 6.12.23 eine Förderung beantragen.

Integrationskurse mit Kinderbeaufsichtigung erleichtern die Teilnahme für Eltern, die ihre Kinder in räumlicher Nähe gut beaufsichtigt wissen. Gleichzeitig ebnet das Angebot den Kindern sowie auch den Eltern den Übergang in das Regelangebot der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Beaufsichtigungskräfte eine Qualifizierung erlangen. So können Fachkräfte gewonnen werden, die in vielen Bereichen der Kinderbetreuung fehlen. Der Fokus des geplanten neuen Programms liegt daher insbesondere auf der Gewinnung, der Qualifizierung und dem Einsatz von Kinderbeaufsichtigungspersonen und damit auf potentiellen Fachkräften.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir setzen auf Integration von Anfang an. Das gilt natürlich auch für Eltern mit kleinen Kindern, die – oftmals als Geflüchtete vor Krieg und Terror – nach Deutschland gekommen sind. Mit unserem Angebot können die Eltern an den Integrationskursen teilnehmen, während ihre Kinder in der Nähe spielen können und gut beaufsichtigt werden."

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: "Der Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung gehört zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Umso wichtiger ist es, vielfältige Möglichkeiten zu nutzen, um Fachkräfte für die Kindertagesbetreuung zu gewinnen und zu binden. Ich freue mich, dass wir die Integrationskurse mit Kind weiterführen können, denn sie schaffen beides: Unterstützung bei der Integration von Familien und beim Einstieg in ein wichtiges Berufsfeld."

Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste Instrument der Europäischen Union zur Förderung der Beschäftigung in Europa. Er verbessert den Zugang zu besseren Arbeitsplätzen, bietet Qualifizierung und unterstützt die soziale Integration. Mit der Fortsetzung des Engagements des Bundes soll die Überführung der integrationskursbegleitenden Kinderbeaufsichtigung in kommunale Strukturen weiter vorangetrieben werden.

Beratung zum Bundesprogramm: Weitere Informationen finden Sie unter www.esf.de sowie https://www.fruehe-chancen.de/intmikiplus.
Fragen rund um die Fördervoraussetzungen und das Antragsverfahren zum Bundesprogramm beantwortet die Servicestelle "Integrationskurs mit Kind Plus" telefonisch unter 030 390 634 730 sowie per E-Mail unter service@integrations-kibe.de. Eine finanztechnische Beratung kann unter 030 544 533 712 erfolgen.
Die administrative Betreuung des Förderportals Z-EU-S erfolgt durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV-KBS). Service-Hotline: +49 (0)355 355 486 999
E-Mail: ZEUS@kbs.de

Fördermittel für Projekte zur Bekämpfung von Antisemitismus

[4.12.] Aktuelle Sonderausschreibung: Fördermittel für Projekte zur Bekämpfung von Antisemitismus: Das Bundesprogramm "Gesellschaftlicher Zusammenhalt" (BGZ) schreibt im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) für das Förderjahr 2024 Fördermittel für zehn Projekte mit speziellem Fokus auf das Thema "Bekämpfung von Antisemitismus" aus. Die Ausschreibung richtet sich an Vereine und Verbände sowie gemeinnützige Organisationen, die einschlägige, praktische Erfahrungen in der Projektarbeit zur Bekämpfung von Antisemitismus nachweisen können. Die Projekte sollen ab dem zweiten Quartal 2024 starten.
Interessenbekundungen können bis zum 29.2.2024 eingereicht werden. Nähere Informationen finden Sie in der Ausschreibung.

8. Stellenanzeigen

BumF: Referent*in: Projekt "Netzwerk geflüchtete Mädchen u. junge Frauen"

(13.12.) Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) sucht ab sofort eine*n Referent*in im Projekt „Netzwerk geflüchtete Mädchen und junge Frauen. Gendersensible Arbeit mit jungen Geflüchteten“.
28 Wochenstunden, zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zunächst befristet bis 31.03.2025.
Mehr Informationen zu Aufgaben, Rahmenbedingungen und dem Projekt in der Stellenausschreibung.

bbt: Elternzeitvertretung für das Projekt "PartEl"

Beim Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt) e.V. ist im Rahmen einer Schwangerschaftsvertretung voraussichtlich zum 01.02.2024 die Stelle der Projektmitarbeiter*in für das Projekt „PartEl“ (w/m/d) in Teilzeit (35 Stunden/Woche) befristet bis  zum 30.04.2025 zu besetzen. Eine Weiterbeschäftigung wird angestrebt.
(Zur Stellenausschreibung)

BV NEMO: Fachreferent*in "Wissen u. Dokumentation"

Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen e.V.
Verstärkung gesucht!: Fachreferent*in „Wissen und Dokumentation“ (m/w/d) 100 % mit Erfahrung in Datenmanagement und Monitoring, in Anlehnung an TVöD EG 11 (2 je nach Qualifikation), ab sofort.
Adresse: Am Sudhaus 2 | 12053 Berlin | T +49 (0)30 56820303 | E-Mail: info@bv-nemo.de
Weitere Informationen unter: https://www.bv-nemo.de/jobs/praktika // bewerbung@bv-nemo.de 

Projektmitarbeiter *in Bildungsberater*in für Geflüchtete - Berlin

Als Verstärkung des Teams der GesBiT-Beratungsstelle in Neukölln und Treptow-Köpenick (Beratung zu Bildung & Beruf) wird ab dem 01.02.2024 eine*n Bildungsberater*in / Coach (m,w,d,*) (Teilzeit) mit dem Schwerpunkt geflüchtete Menschen gesucht.
Einrichtung: GesBiT - Gesellschaft für Bildung und Teilhabe mbH, Johannesstift Diakonie.
Dauer: Befristet bis 30.09.2024 (eine Verlängerung des Projektes wird angestrebt) Arbeitszeit: Teilzeit (25- 30 h/Woche)
Bewerbung: online bis zum 15.12.2023. Alternativ Zusendung der Unterlagen per E-Mail (timur.parlar@jsd.de) unter Angabe der Jobnummer GBT_003345 zusenden.

Fachkräfte für die mobile JMD-Ausstellung YOUNIWORTH

Das Servicebüro Jugendmigrationsdienste in Bonn sucht ab sofort mehrere pädagogische Fachkräfte auf Honorarbasis für die mobile Ausstellung der Jugendmigrationsdienste:
Die JMD-Ausstellung YOUNIWORTH unterstützt die JMD bei ihrer Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie wird vom Servicebüro JMD zur Präsentation an Schulen, Jugendzentren und sozialen Einrichtungen deutschlandweit an jährlich rund 20 verschiedenen Orten verliehen. Die Ausstellung beinhaltet multimediale und interaktive Komponenten. Sie schafft spielerisch Raum für Reflexion und Identifikation und fördert den Austausch von jungen Menschen. YOUNIWORTH beschäftigt sich mit Themen rund um Migration, Diversität, Migrationsgesellschaft, Zusammenleben und trägt zur interkulturellen und rassismuskritischen Bildung bei.
Gesucht werden pädagogische Fachkräfte als Teamer*innen, die online und vor Ort Gruppen methodisch und thematisch auf YOUNIWORTH vorbereiten.
Für Rückfragen steht Frau Julia Bühler telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung: 0228-95968 25 oder buehler@jugendmigrationsdienste.de
Für weitere Informationen und Einblicke in die Ausstellung: Website , Online-Flyer , virtueller YOUNIWORTH 360°-Rundgang.

Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen e.V. (Berlin)

Das Berliner Büro des seit 2013 strukturelle durch das BMI geförderten Bundesverbands Netzwerke von Migrant*innenorganisationen e.V. sucht:
- eine Finanz- und Verwaltungsfachkraft (w/m/d), 100% (39 Std.) in Anlehnung an TVöD EG9c (3 je nach Qualifikation), ab sofort und
- eine Finanz- und Verwaltungsfachkraft (w/m/d), 75% (29,5 Std.) in Anlehnung an TVöD E9c bis zur Stufe 3 (je nach Qualifikation) zum 01.12.2023 oder 01.01.2024
Kontakt: Büro Berlin: Am Sudhaus 2, 12053 Berlin, +49 30 26570906,  info[at]bv-nemo.de (sowie Büro Dortmund: Rheinische Straße 171, 44147 Dortmund. +49 231 286 787 54, info[at]bv-nemo.de)

9. Sonstiges

European University Institute: Call for papers

European University Institute - Call for papers: Joint Sessions of Workshops
Deadline abstracts: 31 January

We are culminating the celebration of our 30th anniversary through joint sessions of workshops on six themes that are central to our research agenda.  The workshops will take place at the European University Institute from Monday 17 to Friday 21 June 2024. Using the model pioneered by the European Consortium for Political Research (ECPR), these joint sessions bring together scholars from different institutions, schools of thought, methodological preferences, career stages, and locations for four days of intense collaboration. The goal is to collectively address significant issues, with an eye on publishing the findings collaboratively.
You are encouraged to submit your latest research, case study, or technological advancement aligned with the theme and topics of interest of one of the workshops.

Themes of the workshops:
1. Gender analysis in EU political economy: A new research agenda?
2. European Union’s Eastern enlargement(s): Lessons, challenges, prospects
3. The role of carbon markets in reaching carbon neutrality: International perspectives
4. The EU's long crisis decade: Causes, consequences, and path dependencies
5. Ethical dilemmas in migration and citizenship policies: Characteristics, variations, causes and responses
6. From technology adoption to societal outcomes: Developing measures of the digital transformation

Important dates:
- Abstract submission deadline: 31 January 2024
- Decision date for paper givers: 29 February 2024
- Online submission portal for papers available as from: 1 March 2024
- Request for scholarship deadline: 15 March 2024
- Paper submission deadline: 15 May 2024
- Conference registration deadline: 2 May 2024

More information and paper submission: https://www.eui.eu/en/projects/joint-sessions-workshops

BumF: Neue Themenseite zum KJH-Primat

Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.: Neue Themenseite: Das Primat der Jugendhilfe gilt!
Aktuell ist zu beobachten, dass unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten der kinderrechtlich geschützte diskriminierungsfreie Zugang zur Kinder- und Jugendhilfe verwehrt wird.
Junge geflüchtete Menschen landen vielerorts in unzureichenden Ankunftsstrukturen, verbringen Monate ohne rechtliche Vertretung oder Perspektive im Wartezustand. Abhilfe wird politisch in einer Verstetigung Standard-ferner Unterbringung und Versorgung gesucht. Grundsätze, für die der BumF e.V. seit seiner Gründung eintritt, werden damit in Frage gestellt. Deshalb soll mit dieser neuen Themenseite einerseits die dramatische Situation dargestellt und zugleich dargelegt werden, warum Kinderrechte nicht relativierbar sind.
Zur Themenseite.

Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen: Projekt „FamPower²“.

Anfang des Jahres 2023 begann beim Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt) das neue vom BMFSFJ geförderte Projekt „FamPower²“.
Ziel des Projektes ist es, Familien mit einer Migrationsgeschichte den Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsleistungen im familiären Bereich zu ermöglichen, zu erleichtern und Barrieren für die Nutzung von Familienangeboten zu identifizieren und abzubauen.
Das Projekt richtet sich an Migrantenorganisationen sowie an BeraterInnen anderer Organisationen, aber auch an MigrantInnen, die von bbt-Mitgliedsorganisationen oder anderen Migrantenorganisationen (noch) nicht erreicht werden, die aber dennoch sehr aktiv sind und über verschiedene moderne Online-Plattformen und als Social-Media-Gruppen eine Multiplikatorenfunktion in ihren Communities ausüben.
Hauptinhalt des Projektes ist die Akquise und die Schulung von MultiplikatorInnen zu allen Fragen rund um die Unterstützung von Familien. Diese werden später in den entsendenden Migrantenorganisationen eingesetzt, um die erhaltenen Informationen und Konzepte weiterzutragen und vor Ort tätig zu werden.
Das Projekt FamPower² befindet sich derzeit in der Anfangsphase, in der verschiedene Bedürfnisse und Bestandsanalysen ermittelt werden. Ein Projektlogo wird derzeit entworfen. Das Projekt wird auch im Detail geplant: Es werden Schulungsinhalte entwickelt und Kontakte zu Mitgliedern, anderen Migrantenorganisationen und Online-Communities geknüpft und aufgebaut.
Bei Interesse am Projekt oder Fragen dazu, freuen sich die Projektverantwortlichenüber neue Kontakte und potenzielle SchulungsnehmerInnen. 
Zudem ist es möglich, sich als Multiplikator*in für das FamPower²-Projekt zu bewerben. (Siehe Flyer hier).
Kontakt und Ansprechpartnerin: Projektleiterin Olesia Marchenko (E-Mail: olesia.marchenko@bundeselternnetzwerk.de, Tel.: 0157 58478362)
Laufzeit und Förderung: 01.01.2023-31.12.2025 BMFSFJ

Umfrage zur Situation (un)begleiteter minderjähriger Geflüchteter in Deutschland

Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. möchte mit der vorliegenden Umfrage Menschen erreichen, die sich ehrenamtlich und/oder beruflich für die Rechte junger geflüchteter Menschen einsetzen und sich in entsprechenden Unterstützungsstrukturen engagieren. Mit den Befragungsergebnissen soll ein Überblick über die aktuelle Situation von geflüchteten Minderjährigen und jungen Erwachsenen erstellt werden, um dann gezielt auf Mißstände, Versorgungslücken und Veränderungsbedarfe zu reagieren sowie mit konkreten Forderungen an politische Akteur*innen heranzutreten, um die Lebensrealitäten junger Geflüchteter zu verbessern.

  • Die Bearbeitung des Fragebogens wird ca. 25-30 Minuten Ihrer Zeit beanspruchen.
  • Ergebnisse können zwischengespeichert und später weiter bearbeitet.
  • Die Befragung läuft vom 09.11.23 bis zum 07.01.24.
  • Die anonymisierten Ergebnisse werden ausgewertet, voraussichtlich im Frühjahr 2024 veröffentlicht und Ihnen zugänglich gemacht.

-> zur Umfrage

 

BMI: FEG-Anwendungshinweise

[18.11.] Aktualisierung der Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz (BGBl. I 2019, S. 1307) unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung (BGBl. I 2023, Nr. 217, S. 1)
Zum "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" hat das Bundesinnenministerium (BMI) aktualisierte Anwendungshinweise verfasst. Einige Änderung treten zum 18.11.2023 in Kraft. Dies betrifft den § 24a BeschV (Beschäftigungsverordnung) und die Entfristung der "Westbalkanregelung" nach § 26 Abs. 2 BeschV.
Weitere Änderungen treten am 01.03.2023 in Kraft.
In den Hinweisen wird sich nicht zu den ab dem 01.03.2024 in Kraft tretenden § 16g AufenthG (Aufenthaltsgesetz), der die Einführung der Ausbildungsaufenthaltserlaubnis (die die Ausbildungsduldung nach § 60c ersetzt) vorsieht sowie den Änderungen im § 10 Abs. 3 AufenthG, die einen "Spurwechsel" für Personen, bis zum 28.03.2023 eingereist sind und ihren Asylantrag zurücknehmen in eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 18a, 18b oder 19c Abs. 2 AufenthG ermöglichen, geäußert. Hier sind zu späterem Zeitpunkt weitere Anwendungshinweise zu erwarten.
Downloads: BMI Anwendungshinweise zum FKEG mit Rechtskraft ab dem 18.11.2023 / Muster-Vorabzustimmung zur Visumserteilung auf Grundlage des FKEG

 

BAMF-Flyer zu Fachkräfteeinwanderung

[14.11.] Flyer: Fachkräfteeinwanderung - Information, Migration, Integration , Datum: 14.11.2023, Format: Flyer, Bereich: Migration und Aufenthalt. Quelle: BAMF
Das Bundesamt ist ein wichtiger Akteur der Fachkräfteeinwanderung und hierfür die kompetente Anlaufstelle in den Bereichen Information, Migration und Integration. Mehr zu den Aufgaben des Bundesamtes in Bezug auf die Fachkräfteeinwanderung finden Sie in unserem Flyer. Herunterladen pdf, 2MB,

WIR-Netzwerk: Empfehlungen für Ländererlasse zu den §§ 25a und b AufenthG

[27.10.] Basierend auf der langjährigen Erfahrung in der Arbeit in den WIR-Netzwerken sowie den Vorgängerprogrammen zur beruflichen Integration von Geflüchteten haben die Autor*innen in diesem Papier Empfehlungen für Ländererlasse zu §§ 25a und b AufenthG verfasst. Die meisten Empfehlungen beruhen auf bereits bestehenden Regelungen in den Bundesländern und obergerichtlichen Entscheidungen. - Schon in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach §§ 25a und b AufenthG in der Praxis sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Um der Intention des Gesetzgebers nachzukommen und im Sinne einer einheitlichen Praxis sind nach Ansicht der Autor*innen einige Klarstellungen nötig. [Download]
(Dieses Empfehlungspapier ist im Rahmen der bundesweiten AG Aufenthaltsverfestigung der WIR-Netzwerke entstanden. Die Empfehlungen basieren auf der Praxiserfahrung der Mitglieder der AG Aufenthaltsverfestigung. Sie geben nicht die Rechtsausfassung/Meinung des BMAS oder der Europäischen Union wieder.
Ansprechparnter*innen finden sich bei: dem Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement gGmbH, WIR-Netzwerk BLEIBdran+ sowie bei dem Sächsischen Flüchtlingsrat e.V., WIR-Netzwerk RESQUE forward und bei dem GGUA e.V., WIR-Netzwerk MAMBA 4U.)

Informationen& Arbeitshilfe zum Chancen-Aufenthaltsrecht

- Arbeitshilfe zum Chancen-Aufenthaltsrecht des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands vom Okt. 2023. Die Autorin, Kirsten Eichler, ist zudem Mitarbeiterin des „Projekt Q – Qualifizierung der Flüchtlingsberatung“ der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA). - Kostenloser download der Arbeitshilfe hier.
- Erklär-Video zum Chancenaufenthaltsrecht und FAQ für junge Menschen von Handbook Germany (29.9.). (Ein Projekt von neue deutsche medienmacher*innen, Kofinanziert von der EU, gefördert druch BMI und der Beauftragten der BReg für Migration, Flüchtlinge und Integration und für Antirassismuss und gefördert durch das International Rescue Comittee)
- Informationen für Unternehmen (Stand Feb. 2023) vom Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“, gefördert durch BMWK und von der DIHK Service GmbH)
- Informationen der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration.
- Siehe zudem die fortlaufend aktualisierten Informationen des Informationsverbunds Asyl & Migration zum Chancen-Aufenthaltsrecht mit den Gesetzesmaterialien, Regelungen und Materialien des Bundesinnenministeriums, Regelungen und Materialien der Bundesländer, Rechtsprechung hierzu sowie Leitfäden und Informationsressourcen für Betroffene und Unterstützer*innen.
 

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Wagenburgstraße 26-28
70184 Stuttgart

Tel.: 0711/16489-0
Email: mail@bagejsa.de

Verantwortlich für die BAG EJSA Migration_News:
Judith Jünger
Tel.: 030 2 83 95-317

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