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Bundearbeitsgemeinschaft Jugend und Sozialarbeit
2022/12 BAG EJSA Migration_News (II)

Editorial

Liebe Leser*innen,
hiermit erhalten Sie das diesjährig zweite elektronische „Migration_News“-Rundschreiben zu migrationspolitischen Entwicklungen mit potenzieller Relevanz für die Jugendsozialarbeit (JSA) mit Jugendlichen und jungen Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrungen.

Im Fokus stehen weiterhin bundespolitische und gesamtgesellschaftliche – dabei zumeist auch im europäischen bzw. internationalen Kontext zu betrachtende – Entwicklungen mit Auswirkungen auf die Integration von Menschen mit Flucht-/Migrationshintergrund bzw. -erfahrung in Deutschland allgemein, dabei aber natürlich v. a. auch mit erwartbaren Konsequenzen für die Jugendsozialarbeit mit jungen Geflüchteten/Migrant*innen in Deutschland.
Hervorzuheben sind hier innerhalb der letzten Monate der im November beschlossene Bundeshaushalt für 2023, in dem insgesamt zumindest kleine Schritte in Richtung des „Paradigmenwechsels“ im Bereich Einwanderung und Asyl verankert wurden, den die Ampelkoalition im Koalitionsvertrag ankündigte. Sowie Anfang Dezember die Annahme der Gesetze zum s.g. Chancenaufenthalt sowie zur Beschleunigung von Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren. (s.u.: 1. Aus dem Bundestag)

Generell bleibt die Intention meiner Informationssammlung, anregend bzw. dienlich zu sein für die strategische und konzeptuelle Arbeit auf Landes- und Bundesebene und Interessenvertretung gegenüber Politik und Gesellschaft für die entsprechende Zielgruppe im Rahmen der JSA. Die Abschnitte „Publikationen“ und „Terminhinweise“ wiederum enthalten teils auch Praxishinweise/Informationen für Anwender*innen und im Bereich der sozialen Arbeit direkt tätige Fachkräfte. Bei den aufgenommenen Parlamentsnachrichten (hib-Infos) und BT-Drucksachen handelt es sich um eine Zusammenstellung von seitens der BReg herausgegeben Informationen und Daten sowie Bundestagsvorgängen von Interesse und potenzieller Relevanz.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, weitere Hinweise aber selbstverständlich auch Kritik sind jederzeit willkommen! Ebenso freue ich mich sehr über die Weiterleitung an Kolleg*innen und weitere potenziell interessierte Leser*innen, die sich dann gerne für den Empfang des Newsletter (DS-GVO-konform bitte per Eintragung: hier) anmelden können.

Vielen Dank!
Ihnen eine hoffentlich bereichernde Lektüre.

Ich wünsche Ihnen besinnliche Feiertage sowie einen guten, gesunden Wechsel in das neue Jahr.

Christiane Weidner
BAG EJSA-Referentin für Migrationspolitik und Lobbyarbeit

Inhalt

1. Aus dem Bundestag

Bildung in Deutschland 2022

Jahresbericht des Menschenrechtsinstituts

Aufklärung durch Frontex

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

"Das Parlament": Aktuelle Migrationspolitische Pläne der Ampelkoalition

Einführung Chancen-Aufenthaltsrecht (Öffentl. Innenausschussanhörung/ BT-Plenum)

Gesetz zur Beschleunigung von Asylgerichtsverfahren u. Asylverfahren (Öffentl. Innenausschussanhörung/ BT-Plenum)

Aktuelle Stunde (CDU): Reform des Staatsangehörigkeitsrechts

Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten

BT-Bildungsausschuss-Expertengespräch: Fachkräftemangel als Fortschrittsbremse

Haushalt 2023

Geflüchteten-Inhaftierung am BER und Asyl-Schnellverfahren

Mittel zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Extremismen in 2021

Abschiebungen, Zurückweisungen und -schiebungen im 1. Halbjahr 2022

2. Termin-/Veranstaltungshinweise

17.1.23 Online-Veranstaltung: Einführung in das Ausländerrecht für Einsteiger*innen

17.1.-31.12.23 Online-Schulungsreihe: Arbeitsmarktzugänge und Bleibeperspektiven für Geflüchtete

18./24.1.23 Online Schulungen zur Identifizierung von Betroffenen von Menschenhandel (engl.)

18.1./8.-9.3.23 Online-Schulung: Traumata bei geflüchteten Kindern und Jugendlichen

19.1.23 Online-Austauschforum: Unterbringungssituation von umA bundesweit

30.1.-8.2.23 JMD-Online-Schulung zur Onlineberatung

8./9.2.23 Fachtagung gegen Menschenhandel, Berlin

7.3.23 Fachtagung zum Thema Flucht und Menschenhandel, Bern, Schweiz

20.-21.3.23 Online/Speyer: Sozialrechtstage Migration u. Sozialleistungsbezug

11.4.23. u.a. Online-Fortbildung: SGB II für die Migrationsberatung

25.5.23 FF(M): Seminar: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Asylverfahren u. Anhörungsbegleitung

Weitere Informations- u. Fortbildungsveranstaltungen

3. Pressemitteilungen/Meldungen

Mitzeichnung bis 12.1.23: Kindeswohl für alle Kinder u. Jugendlichen sichern! (Unterbringung umF)

EU: Entwicklungshilfe wird an Rücknahme eigener Staatsbürger*innen geknüpft

Diakonie: Einwanderung stärkt Sozialsysteme

EU-Einigung: Aufnahme-Mindesstandards und freiwilliges Umsiedlungsprogramm

Frontex vielfach in der Kritik

Tag der Menschenrechte 10.12.

Migration und Armut (agj: Armut als Herausforderung für die KJH)

Weitere Abkehr vom Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen erst einmal verhindert

GEW: Recht auf Bildung für Geflüchtete muss garantiert werden

Aktuelle Migrationsgesetzgebung

tdh: bessere Rechtslage für Minderjährige beim Geschwisternachzug gefordert

AsylbLG-Abschaffung und Flüchtlingseinbezug in das Bürgergeldgesetz gefordert

„Historischer Fluchtwinter“ befürchtet

Erklärung zum Familiennachzug

Angeblicher Pull-Faktor "Sozialstaat": Sogwirkung nicht nachweisbar

Ende von "Diskretionsprognosen" im Asylverfahren bei queeren Geflüchteten

Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems

4. Publikationen

Integrationsbarometer: Integrationsklima weiter verbessert trotz einzelner Eintrübungen

Arbeitshilfe & Handreichung: Vorgehen gegen verfassungswidrige Leistungskürzungen nach AsylbLG

MIDEM-Studie: Solidarität mit Ukraine hält an – aber nicht um jeden Preis / Ablehnung anderer Geflüchteter stark

Bericht: Menschenrechte in Deutschland

SVR-Studie: Integrationsgesetze in den Ländern und was der Bund daraus lernen kann

Neues Lehrbuch für die Soziale Arbeit zum AsylbLG

UN-Bericht zu Migration

Studie: Institutionelle Diskriminierung von EU-Migrant*innen in Jobcentern (Sozialleistungsverwehrung)

Studie: Gender und Fluchtmigration

AsylblG-Analyse: Einschränkungen des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für Geflüchtete

Migrationsatlas

Verteilungsbericht: „Armut grenzt aus“

Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland

Arbeitshilfe: Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz für ukrainische Drittstaatenangehörige

Bericht: Mängel bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland

Kurzgutachten zum Familiennachzug

Bericht: Psychosoziale Versorgung von Geflüchteten in Ostdeutschland

B.A.-Arbeit: Rassismuskritische Soziale Arbeit im Dialog

Forschungsbericht: Vorschlag zur Verteilung von Geflüchteten aus der Ukraine

Handreichung: Aufenthaltstitel und Rechte für Betroffene von Menschenhandel aus Drittstaaten

Gutachten: Kinder(rechte/wahrung) in Aufnahmeeinrichtungen

Berichte zur Situation von Migrant*innen mit prekärem Aufenthaltsstatus

5. Radio-Sendungen/TV-Beiträge u.ä.

Aktuelle Migrationsgesetzgebung

Steigende Flüchtlingszahlen – EU-Innenminister*innentagung zum Thema Migration

Geflüchtetenaufnahme in den Kommunen

Neues Migrationsabkommen für den Ärmelkanal

Balkanroute - EU will Migration eindämmen

Tödliche Politik an Europas Außengrenzen?

Podcast MigraTon von Polis 180

Fluchtjahr 2022 - hat Europa aus 2015 gelernt?

Anti-Schwarzer Rassismus in Deutschland

Schulungsvideo Aufenthaltsverfestigung

6. Ausschreibungen

EU-Förderung: Bekämpfung von Diskriminierung, Intoleranz, Rassismus, Xenophobie / Schutz diskriminierter Gruppen

7. Stellenanzeigen

Diakonie: Fachbereichsleitung (m/w/d) für den Bereich Soziales & Migration, Berlin

PRO ASYL: Referent*in für die Geschäftsführung, FF(M)

DeZIM: Co-Leitung für d. Nationalen Diskriminierungs- u. Rassismusmonitor, Berlin

Diakonie: Projektassistent*in, Berlin

StC: Human Resources Manager*in, Berlin

BAMF: mehrere Sachbearbeiter* u. Referent*innenjobs; verschiedene Dienstorte

Malteser: Verschiedene Jobs im Bereich Migration und Flüchtlingshilfe; versch. Standorte

8. Sonstiges/Weiteres

Länder fordern Bundesunterstützung bei Aufnahme u. Integration und undurchlässigere EU-Außengrenzen

Urteil: Systemische Mängel im italienischen Asylsystem

Dritte Tagung der 13. EKD Synode

EuGH: Erneute Schutzstatusanerkennung in anderem EU-Land

Neues Forschungsnetzwerk zur ukrainischen Migration in Europa

Landtag NRW: bundesweiter Abschiebestopp in den Iran gefordert

Ein Jahr Bundesprogramm „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ (BGZ)

NRW: Erlaubnisfiktion für drittstaatsangehörige Studierenden aus der Ukraine

Infoverbund Asyl & Migration: Übersicht zu aktuellen EuGH-Entscheidungen

Projekt: women rais.ed - erkennen | ermutigen | empowern

1. Aus dem Bundestag

Bildung in Deutschland 2022

Der 9. Nationale Bildungsbericht "Bildung in Deutschland 2022“ vom Juni 2022 und die Ende November dazu beschlossene Stellungnahme der Bundesregierung liegen nun als Unterrichtung (20/4980) vor. Der von Bund und Ländern geförderte Bericht erscheint seit 2006 alle zwei Jahre. Die Vorlage will der Bundestag am 18.01.2023 debattieren.
Es findet eine Evaluierung der Situation von der frühkindlichen bis hin zur beruflichen beziehungsweise Hochschulbildung und der Erwachsenenbildung statt.
Insgesamt verzeichnet der Bericht über die vergangenen 10 Jahre eine Zunahme um 5 auf 26 % von Menschen, die über einen höheren Bildungsabschluss verfügen. Weiterhin stellt er u.a. fest, dass sich Bildungs- und Erwerbsverläufe zu einem nennenswerten Anteil nicht geradlinig oder instabil gestalten. Dem Bericht zufolge stellen unterbrochene Bildungs- und Erwerbsphasen, nachgeholte Abschlüsse oder Weiterqualifizierungen das Bildungssystem und die Bildungspolitik vor Herausforderungen. Geradlinige Bildungsverläufe und eine „Normalerwerbsbiografie“ böten keinen ausschließlichen Orientierungspunkt für bildungspolitisches Handeln. Zur Sicherung des Wohlstands und der Chancengleichheit müsse daher die Diversifizierung von Bildungsverläufen berücksichtigt und verstärkt auch Orientierungswissen über Bildungswege und -möglichkeiten bereitgestellt werden.
In Bezug auf Menschen mit Flucht-/Migrationserfahrung im Bereich der Schulbildung wird u.a. festgestellt, dass der Abbau sozialer Ungleichheiten in den Schullaufbahnen eine große Herausforderung bleibt und es keine Entkoppelung von Kompetenzen und sozialer Herkunft gibt.: Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund sind nach wie vor überproportional häufig von mindestens einer der drei Risikolagen (niedriger Bildungsstand der Eltern, elterliche Erwerbslosigkeit, Armutsgefährdung des Haushalts) betroffen. So wachsen 48 % von ihnen mit mindestens einer Risikolage auf (ohne Migrationshintergrund: 16 %). Von allen drei Risikolagen sind Kinder mit Migrationshintergrund zu 8 % betroffen (ohne: 1 %).
Auch beim Ausbildungszugang sowie im Ausbildungsverlauf zeigen sich soziale Disparitäten; höhere Abbruchquoten bestehen insbesondere bei Auszubildenden mit maximal erstem Schulabschluss und mit Migrationshintergrund.
Auch auf Maßnahmen der Bundesregireung wird im Bericht eingegangen.: So wird u.a. das BMWK-Förderprogramm „Willkommenslotsen“ beschrieben, das es Betrieben ermöglicht, das Potential von Geflüchteten für die duale Ausbildung zu erschließen. Sowie werden die 500 Jugendmigrationsdienste (JMD) erwähnt, die jährlich rund 110.000 junge Menschen vom 12. bis 27. Lebensjahr mit Migrations- oder Fluchtgeschichte am Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen. Auch wird auf das Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts eingegangen, durch das Asylbewerbende unabhängig vom Einreisedatum und ihrer Herkunft Zugang zu den Integrations- und Berufssprachkursen erhalten sollen, damit frühzeitig ausreichende Sprachkenntnisse für die gesellschaftliche und Arbeitsmarktteilhabe erworben werden können. Zudem wird darauf hingewiesen, dass das BAMF-Forschungszentrum derzeit im BMI-Auftrag die Wirkungsweise der Integrationskurse im Rahmen des Projekts „Evaluation der Integrationskurse“ erforscht . Auch die Inanspruchnahme, Umsetzung und Wirkung der Berufssprachkurse wird derzeit im BMAS-Auftrag von einem Forschungskonsortium wissenschaftlich untersucht. Ergebnisse werden Ende des Jahres 2023 erwartet.
Der Bericht macht insgesamt deutlich, dass es weiterhin nur bedingt gelingt, den Zugang zu Bildung, Bildungswegen und -übergängen unabhängig von Geschlecht, Migrationshintergrund oder sozialer Herkunft zu gestalten.

Jahresbericht des Menschenrechtsinstituts

Der aktuelle Jahresbericht 2021 des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) wurde als Bundestagsunterrichtung veröffentlicht (20/4983). Daraus geht hervor, dass das DIMR in der zunehmenden sozialen Spaltung und in „rassistischem, sexistischem, homo- und transfeindlichem sowie behindertenfeindlichem Hass, Gewalt und Diskriminierung, verbunden mit Versuchen der Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft“ eine große aktuelle Herausforderung sieht. - Für die (Jugend)Sozialarbeit in der Einwanderungsgesellschfaft interessante Fragen werden u.a. behandelt in den Kapiteln: „Rassismus wird auch durch Institutionen reproduziert“ (S. 16-17), Antiziganismus: gesellschaftlicher Perspektivwechsel nötig (S. 18), Genfer Flüchtlingskonvention: Menschenrechte statt Abschottung (S.36-37). [15.12.22]

Aufklärung durch Frontex

Die EU-Antibetrugseinheit OLAF legte am 28. Februar 2022 einen Bericht zur Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) vor. Hierbei ging es um Vorwürfe von Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen (v.a. in der Ägäis, von wo die griechische Küstenwache immer wieder Schutzsuchende in türkische Gewässer zurückschleppen und dort auf seeuntauglichen Booten oder antriebslosen Rettungsinseln dem Meer aussetzen soll, aber auch auf dem zentralen Mittelmeer). Der OLAF-Bericht zeigte, dass die Frontex-Leitungsebene von diesen Menschenrechtsverletzungen Kenntnis hatte, dies aber nicht meldete. Zudem soll Frontex Medienberichten zufolge einige Pushbacks mit EU-Steuergeldern unterstützt haben (vgl. Spiegel 17.7.21, 13.10.22: geleakter Bericht 13.10.22., HRW 24.10.22) - Aus Sicht der Bundesregierung ist Frontex der Forderung nach lückenloser Aufklärung von Defiziten im OLAF-Bericht grundsätzlich nachgekommen. (Siehe Antwort auf eine kleine Anfrage (Drs. 20/4945) So auch sei aufgeklärt worden, inwiefern durch den Verwaltungsrat ein förmliches Verfahren gegen die betroffenen Personen eingeleitet werden müsse sowie habe Frontex Initiativen ergriffen, um Verbesserungen zu erreichen (wie die Überarbeitung des Berichtswesens, die Einstellung von mehr Grundrechtebeobachtern sowie die Berücksichtigung der Empfehlungen aus den Berichten der Arbeitsgruppen des EU-Parlaments und des Frontex-Verwaltungsrates sowie des EU-Bürgerbeauftragten). Auch eine verbesserte Einbindung des (unabhängigen) Grundrechtsbeauftragten solle gewährleistet werden. Laut BReg werde Frontex die Mitgliedstaaten künftig enger und unverzüglich in alle Vorgänge mit Bezug zu möglichen Grundrechtsverletzungen einbeziehen. [09.12.22]

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Laut Antwort der Bundesregierung (20/4833) auf eine kleine Anfrage wurden im Jahr 2021 rund 34.000 Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen gestellt. Davon wurden rund 20.000 von Menschen mit dem Wohnort Deutschland gestellt, 14.000 aus dem Ausland. Die drei antragsstärksten reglementierten Berufe seien Gesundheits- und Krankenpfleger beziehungsweise Pflegefachmann/frau, Arzt/Ärztin und Physiotherapeut*in gewesen. Bei den nicht reglementierten Berufen waren dies Elektroniker*in, Koch/Köchin und Elektroanlagenmonteur*in. Bei den nicht reglementierten Berufen dauerte das Verfahren zur Anerkennung der Gleichwertigkeit von ausländischen Berufsabschlüssen in den Jahren 2017-19 durchschnittlich noch um die 130 Tage, in 2020 noch 106 und 2021 nur noch 61 Tage. Bei den reglementierten waren es all die Jahre ca. 100 Tage, in 2021 91 Tage. Bei den zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten der Antragsteller*innen handelte es sich um bosnisch-herzegowinisch, serbisch, syrisch, deutsch, philippinisch, rumänisch, albanisch, kroatisch, polnisch und indisch. [Die Kompetenzen im Bereich der Anerkennung von und Gesetzgebung zu ausländischen Berufsabschlüssen sind zwischen Bund und Ländern geteilt. Die Antworten beschränken sich daher auf die Berufe in Bundes(rechtlicher)zuständigkeit. Wiederum der Vollzug der Anerkennungsverfahren zu diesen Berufen obliegt in der Regel den Ländern und Kammern.] [05.12.22]

"Das Parlament": Aktuelle Migrationspolitische Pläne der Ampelkoalition

Die Ausgabe des Bundestagsmagazins von Mitte Dezember befasst sich im Schwerpunkt mit der Aufenthaltsgesetzreform und weiteren Plänen der Ampelkoalition zur Migrationspolitik: den Gesetzentwürfen zur Einführung eines „Chancen-Aufenthaltsrechts“ und zur Beschleunigung von Asylverfahren, der Aktuellen Stunde über die „Pläne der Bundesregierung zur schnelleren Einbürgerung“ (Debattendokumentation) und den weiteren Koalitionsplänen zu Einwanderung und Einbürgerung. [Nr. 49-50 / 05.12.22]

Einführung Chancen-Aufenthaltsrecht (Öffentl. Innenausschussanhörung/ BT-Plenum)

Bei der Innenausschussanhörung sowie im BT-Plenum wurden absolut entgegengesetzte Bewertungen der geladenen Expert*innen bzw. der MdB geäußert: Als Schritt in die richtige Richtung, überfällig und Ende des unwürdigen Zustands der Kettenduldung wurde der Gesetzentwurf seitens der sozialen und karitativen Akteur*innen sowie Wirtschaftsvertreter*innen und der Koalitionsfraktionen sowie der LINKEN begrüßt, dabei wurden aber auch Nachbesserungsbedarfe gesehen bspw. in Bezug auf eine stichtagsunabhängige Regelung. - Demgegenüber wurden seitens der geladenen richterlichen, landesbehördlichen und kommunalen Expert*innen sowie der übrigen Oppositionsfraktionen u.a. die Ansichten geäußert, dass es keinen Bedarf für weitere Bleiberechtsregelungen gäbe und die "großzügigen Bedingungen" auch Geduldeten zugute kämen, die keinerlei Initiative zur Integration gezeigt haben sowie hierdurch sogar illegale Einreisen ohne Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht ermutigt würden.
Vor der Abstimmung veränderte der zuständige BT-Ausschuss den Gesetzentwurf noch dahingehend, dass der neue Status für 18 anstatt, wie ursprünglich vorgesehen, 12 Monate gelten solle.
In der Endabstimmung im BT-Plenum am 02.12. wurde das Gesetz in der Version der Innenausschuss-Beschlussempfehlung (Drs. 20/4700) angenommen. (Pro: Koalitionsfraktionen / Contra: AfD, CDU / Enthaltung: Linke, einzelne CDU-MdB)
[Zu BT-Artikel u. Stream zur Anhörung 28.11.22; zur Plenardebatte 02.12.22]

Siehe hierzu auch:
BMI-Meldung 02.12.22 / Meldung der Bundesregierung 02.12.22 / Bundesrats-Plenarberatung und Empfehlungen zum Gesetzentwurf (Dokumente / Plenardebatte 16.09.22: TOP 20).
asyl.net: Bereits nach der ersten Entscheidung des Bundeskabinett über den Gesetzentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht Anfang Juli erließen einige Bundesländer im Vorgriff auf die Regelung weitere Weisungen, die die Aussetzung der Abschiebungen von künftig potenziell begünstigten Personen ermöglichen. [23.08.22]

Gesetz zur Beschleunigung von Asylgerichtsverfahren u. Asylverfahren (Öffentl. Innenausschussanhörung/ BT-Plenum)

In den Debatten zeigten sich diametrale Meinungen; die Koalitionsfraktionen (und DIE LINKE) erachten das Gesetz für positiv und (zumindest teils) zielführend (aber nachbesserungsbedürftig). (In der Ausschussanhörung begrüßten Expert*innen von Parität und Caritas die im Gesetzentwurf vorgesehene Einführung einer bundesfinanzierten, behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung; sie sollte aber flächendeckend durch die Wohlfahrtsverbände u.a. freie gemeinnützige Träger angeboten werden zur Sicherung von Niedrigschwelligkeit, Effektivität und für Vertrauensaufbau.) Die geäußerten gegenteiligen Ansichten lauteten u.a., dass das Gesetz zu mehr statt weniger Verfahren führen und die Rechte der Schutzsuchenden weiter einschränken würde, die unabhängige Beratung zu teuer sei und die mangelhafte behördliche Verfahrens- und Entscheidungspraxis als eigentlicher Grund für die Verfahrenslänge beibehalten werde.
Im BT-Plenum am 02.12. wurde das Gesetz in der Version der Innenausschuss-Beschlussempfehlung (Drs. 20/4703) angenommen. (Pro: Koalition / Contra: AfD, CDU, Linke / einzelne Enthaltungen)
[Zu BT-Artikel und Stream der Anhörung 28.11.22; Plenardebatte 02.12.22: s.o. im Rahmen zur Debatte zum Chancen-Aufenthalt]

Aktuelle Stunde (CDU): Reform des Staatsangehörigkeitsrechts

Die Pläne der Regierungskoalition für erleichterte Einbürgerungen stoßen bei Teilen der Opposition (CDU, AfD) auf entschiedene Ablehnung, während Vertreter der Koalitions-Fraktionen das Vorhaben nachdrücklich verteidigten und Die Linke es begrüßte.
So befürchten Kritiker u.a. eine Schwächung des Zusammenhalts im Lande infiolge der generellen Ermöglichung einer doppelten Staatsbürgerschaft und monieren in Bezug auf die Halbierung der nötigen Mindestaufenthaltsdauer-Fristen, dass die Einbürgerung am erfolgreichen Ende eines Integrationsprozesses stehen sollte und nicht am Anfang.
Laut der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Reem Alabali-Radovan (SPD), bringe die BReg das Einwanderungsland Deutschland mit ihren Plänen „auf die Höhe der Zeit“, indem Lebens- und Integrationsleistungen anerkannt werden und Menschen, die bereits viele Jahre im Land leben, neben allen Pflichten auch alle Rechte erhalten. Dies sei zudem demokratieförderlich.
Die FDP sprach von der nötigen Einbettung des Einwanderungsgesetz in ein migrationspolitisches Gesamtkonzept unter dem Motto „mehr reguläre Migration, weniger irreguläre Migration“. Dazu gehöre die Staatsangehörigkeitsrechts-Reform, doch müsse nun auch die im KoaV angekündigte „Rückführungsoffensive“ angegangen werden. [Zum Stream& BT-Artikel vom 01.12.22]

Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten

Die vom Bundesarbeits-, Innen- Wirtschafts- und Bildungsministerium sowie dem Auswärtigen Amt vorgelegten „Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten“ wurden am 30.11. vom Bundeskabinett beschlossenen. Am 06.12. legte die Bundesregierung eine Unterrichtung hierzu vor (20/4978). Unter Federführung des BMAS wird nun ein Gesetzentwurf erarbeitet, der voraussichtlich zu Jahresanfang in den Deutschen Bundestag eingebracht werden soll. - Im Kern des Konzepts zur Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (seit März 2020 in Kraft) stehen 3 Säulen: 1. Die Fachkräftesäule soll Menschen aus Drittstaaten mit einem hier anerkannten Abschluss das Arbeiten in allen qualifizierten Beschäftigungen ermöglichen. Zudem sollen künftig mehr Fachkräfte mit Hochschulabschluss die „blaue Karte EU“ mit günstigen Bedingungen für Familiennachzug, unbefristeten Aufenthalt und Jobwechsel erhalten. 2. Die Erfahrungssäule soll Menschen aus Drittstaaten mit ausländischem Berufs- oder Hochschulabschluss und Berufserfahrung in dem angestrebten (nicht reglementierten) Beruf einen Aufenthalt zur Erwerbstätigkeit ermöglichen. 3. Die Potenzialsäule soll qualifizierten Drittstaatenangehörigen, die Punkte durch Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter sammeln können, den Aufenthalt zur Arbeitssuche bis zu einem Jahr ermöglichen. [Vgl. ZDF/tagesschau 28.11., BReg-PM 30.11.22]

BT-Bildungsausschuss-Expertengespräch: Fachkräftemangel als Fortschrittsbremse

Der Fachkräftemangel bleibt nach der Energie-und Klimakrise die größte Herausforderung für die deutsche Wirtschaft, darin waren sich Sachverständige aus Industrie, Wissenschaft und Gewerkschaft während eines öffentlichen Expertengesprächs des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technologieabschätzung einig. Zu den 2 Mio. offenen Stellen kommen 400.000 Menschen hinzu, die absehbar in Rente gehen werden. - Im Expertengespräch wurden zukunftsrelevante Berufsfelder, die Bedeutung dualer Ausbildung, notwendige Hochschulreformen sowie die Notwendigkeit von Angeboten zur Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Ausbildung und den Beruf besprochen. Auch wurden die Fragen des gezielten Fachkräftezuzugs, der beruflichen Integration von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund sowie die Vereinfachung und Beschleunigung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse thematisiert. [ABFT-Sitzung 30.11.22]

Haushalt 2023

Am 11.11.22 beschloss der Bundestags-Haushaltsausschuss den Bundeshaushalt für 2023 [siehe Bereinigungssitzung]. Es gab – auch dank umfangreicher Lobbyarbeit aus den Reihen der Wohlfahrtsverbände – einige Aufstockungen in den Bereichen Flucht und Migration, Vielfalt, Nationale Minderheiten, Anti-Rassismus und -Rechtsextremismus, doch auch Einsparungen bei relevanten Haushaltstiteln.
Ausgewählte Ecksummen für 2023:

  • Integrationskurse: 757,8 Mio. €
  • Migrationsberatung für Erwachsene (MBE): 81,5 Mio. €
  • Jugendmigrationsdienste (JMD): 68,85 Mio. Euro
  • JMD-Respect Coaches: ca. 31 Mio. €
  • Maßnahmen zur Integration von Zuwanderer*innen und Spätaussiedler*innen (im Bundesprogramm Gesellschaftlicher Zusammenhalt (BGZ):  66,4 Mio. €
  • Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan: 75,8 Mio. €
  • BMFSFJ-Bundesflüchtlingsprogramm (inkl. Psychosoziale Zentren): 15,8 Mio. €
  • Dachverband der Psychosozialen Zentren in Deutschland (BAfF): 650.000 €
  • Asylverfahrensberatung: 20 Mio. €
  • Unterstützung von Flüchtlingsprojekten (durch Beauftragte*n der BReg für Migration, Flüchtlinge und Integration): 19 Mio. €
  • Antidiskriminierungsstelle des Bundes: 7,75 Mio. €
  • Nationaler Diskriminierungs-&Rassismusmonitor (NaDiRa): 3,6 Mio. €
  • Jüdisches Leben: 20,6 Mio. €
  • Antiziganismusbeauftragte*r der BReg: 1,8 Mio. €
  • Keine erneute Bewilligung des Ukraine-Sonderprogramms (16 Mio. € in 2022) und Streichung der Mittel für die Nationale Roma-Kontaktstelle (Umsetzung der EU-Roma-Strategie)

Geflüchteten-Inhaftierung am BER und Asyl-Schnellverfahren

Antwort der Bundesregierung (20/4242) auf die Kleine Anfrage: Zustimmung der Bundesregierung zu den Vorschlägen zur Änderung des Schengener Grenzkodex und zur Screening-Verordnung: Darin wird u.a. dargelegt, dass das deutsche Flughafen-Asylverfahren nach Bundesgerichtshofs- und Bundesverfassungsgerichts-Rechtsprechung „keine Freiheitsentziehung/Haft dar[stellt]“. Die „Begrenzung des Aufenthalts von Asylsuchenden während des Verfahrens nach § 18a AsylG auf die für ihre Unterbringung vorgesehenen Räumlichkeiten [sei] keine Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung“. [BT-hib 661/2022; 15.11.22]
Siehe hierzu auch: Zum Abschiebezentrum am Flughafen Berlin-BB: rbb-PM [03.08.22] sowie wiederum die Ablehnung des Baus aus menschenrechtlichen und humanitären Gründen: Gemeinsame Stellungnahme von fast 70 NGOs (initiiert von PRO ASYL, der bundesweiten AG für Flüchtlinge, den Flüchtlingsräten BB und Berlin) gegen die Inhaftierung von Geflüchteten am BER und gegen Asyl-Schnell(/Flughafen)verfahren [10.11.2022]

Mittel zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Extremismen in 2021

Laut der Antwort (20/4404) der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage wurden in 2021 u.a. Programme, Projekte und Initiativen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus mit rund 22 Mio. € gefördert. Viele Förderprojekte im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ seien größtenteils phänomenübergreifend gestaltet, wie z.B. die Partnerschaften für Demokratie oder die Landes-Demokratiezentren. So auch arbeiteten im Programm Respekt Coaches pädagogische Fachkräfte an bundesweit rund 272 Standorten in der primären Prävention, um junge Menschen vor Extremismus in all seinen Erscheinungsformen, Rassismus sowie vor gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu schützen. [07.11.22]

Abschiebungen, Zurückweisungen und -schiebungen im 1. Halbjahr 2022

Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage (Drs. 20/3130): Zahlen für das erste Halbjahr 2022:

  • 6.198 Menschen aus Deutschland wurden abgeschoben; darunter 1.289 Frauen und 1.061 Minderjährige. Die Hauptzielstaaten waren Nordmazedonien, Albanien, Georgien, Serbien und Spanien.
  • Weiterhin gab es 1.826 Überstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung, 8.983 Zurückweisungen und 1.581 Zurückschiebungen.
  • 6.657 unerlaubt eingereiste Personen ohne Visum äußerten ein Asylbegehren. (In 2021 insgesamt: 21.142)
  • 74 Minderjährige wurden zurückgeschoben (davon 47 unbegleitete), 989 Minderjährige wurden zurückgewiesen (davon 518 unbegleitete).
  • Insgesamt 1.682 der festgestellten unerlaubt Eingereisten hatten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet und befanden sich nicht in Begleitung eines Erziehungsberechtigten, davon wurden 853 nach Abschluss der Maßnahmen in die Obhut des zuständigen Jugendamtes übergeben.
  • 2.070 Personen wurden im Zuge von 60 Sammelchartermaßnahmen unter Beteiligung der Bundespolizei aus Deutschland rückgeführt, davon wurden 641 Personen in gemeinsamen Maßnahmen mit anderen EU-Staaten, 1.378 Personen im Wege von nationalen Sammelrückführungen der EU und 51 Personen im Wege von Maßnahmen in nationaler Zuständigkeit rückgeführt.

2. Termin-/Veranstaltungshinweise

17.1.23 Online-Veranstaltung: Einführung in das Ausländerrecht für Einsteiger*innen

Veranstalter: Diakonisches Werk Hamburg
Inhalt: Es wird (auch anhand von Fallbeispielen) ein Überblick über die aufenthaltsrechtlichen Grundlagen von Ausländer*innen und Geflüchteten gegeben und die verschiedenen Aufenthaltstitel erläutert. Weitere Schwerpunkte bilden das Asylverfahren und die gesetzliche Bleiberechtsregelung.
Zielgruppe: Berater*innen, Sozialarbeiter*innen und Multiplakator*innen, die sich Grundkenntnisse im Aufenthaltsgesetz aneignen wollen, besonders Neueinsteiger*innen in diesem Arbeitsfeld oder diejenigen, die nicht in erster Linie Migranten*innen als Zielgruppe haben.
Kosten: für Mitgliedseinrichtungen der Diakonie:  50 €, für Externe: 60€

17.1.-31.12.23 Online-Schulungsreihe: Arbeitsmarktzugänge und Bleibeperspektiven für Geflüchtete

Veranstalter: Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Inhalt: Die Schulungsreihe soll die Basics des Asyl- und Aufenthaltsrechts einfach & verständlich darstellen. Im Fokus stehen Optionen und Hürden der Arbeitsmarktintegration sowie die damit häufig eng verbundenen Bleibeperspektiven. Kostenlos. Plattform: Zoom. Anmeldung: hier.

18./24.1.23 Online Schulungen zur Identifizierung von Betroffenen von Menschenhandel (engl.)

Veranstalter: SOLWODI Deutschland e.V.; seit Nov. 2021 Partner im 2-jährigen, aus AMIF-Mitteln finanzierten EU-Projekt "Verbesserte Identifizierung, Prävention und Unterstützung von Betroffenen von Menschenhandel durch transnationale und sektorübergreifende Zusammenarbeit (AMELIE). Innerhalb des Projektes soll die Fähigkeit von Gesundheits- und anderen Dienstleister*innen verbessert werden, Betroffene von Menschenhandel zu identifizieren und sicher zu verweisen, sowie geschlechts- und traumasensible Dienste anzubieten. [Anmeldung: eu-projekte@solwodi.de. Weitere Informationen: hier]

18.1./8.-9.3.23 Online-Schulung: Traumata bei geflüchteten Kindern und Jugendlichen

Veranstalter: Kindernothilfe e.V.
Inhalt: Erkennen von u. Umgang mit Traumata, besonderen Bedürfnisse von traumatisierten Kindern u. Jugendlichen mit Fluchthintergrund, verfügbare Hilfen.
Das kurze Aufbaumodul richtet sich speziell an Lehrer*innen u. weitere pädagogische Fachkräfte u. behandelt den Kontext von traumatisierten Kindern- u. Jugendlichen in der schulischen Lernumgebung. Erste gute Kenntnisse in diesem Bereich sind Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Aufbaumodul. Kosten: 35 €.
 

19.1.23 Online-Austauschforum: Unterbringungssituation von umA bundesweit

Good-Practice-Austauschforum: Unterbringungssituation von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten bundesweit: Derzeit agieren Träger und Fachkräfte unter Rahmenbedingungen, bei denen weder strukturell noch personell gewährleistet ist, dass das Kindeswohl, eine bedarfsgerechte und professionelle Versorgung und die Umsetzung der Rechte auf Schutz, Teilhabe und Förderung der jungen Menschen sichergestellt werden kann. Angesichts dieser reellen und weiter drohenden Absenkung von Standards läd der  Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. (BumF) Fach- und Leitungskräfte aus freien und öffentlichen Trägern und weitere Engagierte dazu ein, gemeinsam Wissen, Perspektiven und Lösungswege zusammenzutragen und zu bündeln, um so eine starke Lobby zu bilden.
Teilnahme kostenlos, Selbstständige Registrierung über Zoom. Mehr Informationen auf der BumF-Webseite

30.1.-8.2.23 JMD-Online-Schulung zur Onlineberatung

Das Projektteam JMD digital und das JMD-Servicebüro bieten erneut eine Schulung für die JMD4You Online-Beratung an. Die Fortbildung ist kostenlos und richtet sich trägerübergreifend an alle interessierten JMD-Mitarbeitenden, die wissen möchten, wie sie Ratsuchende zeit- u. ortsunabhängig über textbasierte Online-Beratung begleiten können. Die Online-Schulung umfasst 4 Schulungstage im Jan./Feb. (je 3:15 h), 3 Mentoring-Termine u. 2 Intervisionsgruppentreffen. [Weitere Infos u. Anmeldung bis 20.1.23: hier]

8./9.2.23 Fachtagung gegen Menschenhandel, Berlin

Veranstalter: Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie Berlin.
Inhalt: Die 'Fachtagung Menschenhandel: Analysieren – Vernetzen – Strategien entwickeln' soll einen Beitrag zur Sensibilisierung von Kirche und Öffentlichkeit leisten. So sollen mehr Menschen dabei unterstützt werden, bei Betroffenen und in Strukturen die Anzeichen für Ausbeutung und Menschenhandel zu erkennen. Die Tagung folgt dem Aktionsplan gegen Menschenhandel, der in einem gemeinsamen Prozess mit der Santa Marta Gruppe entwickelt und 2022 veröffentlicht wurde.
Anmeldung: information@katholische-akademie-berlin.de.

7.3.23 Fachtagung zum Thema Flucht und Menschenhandel, Bern, Schweiz

Veranstalter: Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration FIZ (Schweiz).
Inhalt: Die Tagung richtet sich vor allem an juristische Fachpersonen ausdem Asylbereich, Rechtsvertreter*innen, Rechtsberater*innen und Behördenvertreter*innen. Es wird unter anderem Beiträge zur Situation in Italien und Non- Punishment geben. Zudem werden Workshops zu unterschiedlichen Themen, wie bspw. Menschenhandel im Kontext von Asyl angeboten. [Anmeldung bis 21.2.23, Kosten: Behördenvertretende: 130 Fr., Mitarbeitende NGOs/ Privatpersonen: 100 Fr.]

20.-21.3.23 Online/Speyer: Sozialrechtstage Migration u. Sozialleistungsbezug

Veranstalter: Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
Die Tagung nimmt die Leistungen nach dem AsylbLG, dem SGB II und dem SGB XII in den Blick, insbesondere Leistungsausschlüsse und -einschränkungen. Diskutiert werden darüber hinaus spezifische Anforderungen an die Amtsermittlung, die Sozialplanung sowie die interkulturell sensible Kommunikation im Verwaltungsverfahren.
Eine Anerkennung als Fortbildungsveranstaltung i.S.v. § 15 FAO ist möglich.
Kosten: Für Teilnehmende aus dem Bereich der unmittelbaren Verwaltung 150 €, sonstige TN 190 €, für Ehrenamtliche 80 €, Studierende 80 €.
Zielgruppe: Politik, Verwaltung, insbesondere Städte, Landkreise u. Gemeinden, Rechtsprechung, Anwaltschaft, Wohlfahrtsorganisationen, Sozialleistungsträger u. Leistungserbringer*innen.

11.4.23. u.a. Online-Fortbildung: SGB II für die Migrationsberatung

Termine: 11.04., 17.05., 03.07.2023
Zielgruppe: Migrationsberatung, Unterstützung und Begleitung von Geflüchteten im Umgang mit Ämtern und bei der Integration in die Gesellschaft.
Veranstalter: Harald Thomé, Gründungsmitglieder des Erwerbslosen- und Sozialhilfevereins Tacheles e.V. in Wuppertal, seit über 24 Jahren Beratung und Wissensvermittlung zu Arbeitslosen- und Sozialhilferecht, seit über 14 Jahren Fortbildungen für Wohlfahrtsverbände, Beratungsstellen, Sozialverbände, Jurist*innen- und Betroffenenorganisationen, seit 2004 hauptberuflich Dozent.
[Ausschreibung und Anmeldung: hier]

25.5.23 FF(M): Seminar: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Asylverfahren u. Anhörungsbegleitung

Veranstalter: WALHALLA Fachverlag
Inhalt: Das Seminar behandelt praktische u. grundsätzliche Fragen, die sich bei der Betreuung eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings (UMF/UMA) in seinem aufenthalts- u. asylrechtlichen Verfahren stellen. Auch die Vorbereitung und Begleitung des UMF zur Anhörung beim BAMF werden eingehend thematisiert und praxisnah erörtert, ebenso die Aufenthaltssicherung durch Qualifikation u. Integration, die für Jugendliche u. junge Erwachsene eine ganz besondere Rolle spielt.
Zielgruppe: Mitarbeiter*innen von Sozialbehörden u. Jugendämtern, Vormünder, Bezugsbetreuer*innen, Erzieher*innen, Ehrenamtliche; zum Thema berufliche Integration u. Qualifizierung auch geeignet für Mitarbeiter*innen von Berufsverbänden u. Industrie- u. Handelskammern.
Kosten: 265,00 € bei Buchung bis 2.3.23; regulärer Preis 315,00 €. [Als Inhouse/Webseminar buchbar]

Weitere Informations- u. Fortbildungsveranstaltungen

Siehe: Informationsverbund Asyl u. Migration e.V. (www.asyl.net): Termine
Zusammenschluss von in der Flüchtlings- u. Migrationsarbeit aktiven Organisationen mit dem Ziel, für die Beratungs- u. Entscheidungspraxis relevante Informationen zugänglich zu machen; öffentlich verfügbare Entscheidungen u. Berichte werden so aufbereitet, dass ein unkomplizierter u. niedrigschwelliger Zugang für die an asyl- u. aufenthaltsrechtlichen Verfahren beteiligten Personen u. Institutionen gewährleistet wird. [Träger: Amnesty International, AWO, Caritas, Parität, DRK, Diakonie, PRO ASYL, Zentralwohlfahrtsstelle d. Juden in Deutschland. Kooperationspartner: UNHCR. Weitere Partner: Österreich. Rotes Kreuz (ÖRK) u. IBIS e.V. in Oldenburg.]

 

3. Pressemitteilungen/Meldungen

Mitzeichnung bis 12.1.23: Kindeswohl für alle Kinder u. Jugendlichen sichern! (Unterbringung umF)

Der BumF, die Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGFH) und terre des hommes deutschland fordern: "Kindeswohl für alle Kinder und Jugendlichen sichern! - Unterbringungssituation von umF wird immer prekärer: Fachkräfte und Jugendliche dürfen nicht alleine gelassen werden!" Der Text kann zur gemeinsamen Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden. Bis zum 12.1.2023  ist die Mitzeichnung hier möglich. Eine finale Version mit allen Unterzeichnenden wird es Mitte Januar geben. -> Zum gesamten Text.
In dem Text wird die aktuelle Lage ausführlich geschildert und eine entpsrechende Forderungssammlung aufgestellt:
● Unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche müssen in Deutschland im Rahmen der KJH nach den gesetzlichen Regelungen des SGB VIII untergebracht werden. Bund, Länder und Kommunen sind dazu aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um dies auch unter hohem Druck zu gewährleisten. Dazu wäre ein wichtiger 1. Schritt, einen regelmäßigen Stakeholder-Austausch unter Federführung des Familienministeriums zu etablieren.
● Wenn in dieser Situation Nicht-Fachkräfte einbezogen werden, müssen Träger der freien und öffentlichen Jugendhilfe Konzepte und Finanzierungsmöglichkeiten entwickeln, die die Qualität der Arbeit und den Schutz von Minderjährigen gewährleisten und die rechtlichen Grundlagen des SGB VIII berücksichtigen.
● Bei sinkenden Einreisezahlen dürfen Einrichtungen nicht geschlossen werden. Das Kapazitätslimit ist sonst schnell erreicht, wenn die Zahlen ankommender Kinder und
Jugendlicher wieder steigen. Es muss eine nachhaltige Infrastruktur vorgehalten werden und Träger müssen betriebswirtschaftliche Planungssicherheit erhalten, wenn sie Angebote öffnen.
● Auch für unterstützende Strukturen (Förderung von Projekten zur Einzelvormundschaft und psychosozialen Versorgung, Sprachmittlung etc.) müssen rasch finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
● Es braucht in den bekannten Ankunfts-Metropolregionen verlässliche Infrastrukturen, die bedarfsgerechte Angebote bereithalten. Das Verteilverfahren nach § 42a ff. SGB VIII verhindert dies und diskriminiert junge Geflüchtete nachhaltig in der Wahrung ihrer Rechte. Es braucht daher eine andere Lösung innerhalb des Rahmens des SGBVIII.
● Um willkürlichen Alterseinschätzungen vorzubeugen, braucht es bessere Beratung und Schulung der Durchführenden. Alterseinschätzung ist sozialpädagogische Fachaufgabe. Wenn eine Person entgegen der eigenen Aussage als volljährig eingeschätzt wird, muss verpflichtend ein Rechtsbeistand beigeordnet werden.
● Der Regelrechtsanspruch auf Hilfen für junge Volljährige gem. § 41 SGB VIII muss auch in Zeiten der Systemüberlastung umgesetzt werden.

EU: Entwicklungshilfe wird an Rücknahme eigener Staatsbürger*innen geknüpft

Seit 1971 haben gemäß des s.g. "Allgemeinen Präferenzsystems" (Generalised Scheme of Preferences, GSP) derzeit rund 60 Länder des Globalen Südens einen begünstigten Zugang zum EU-Binnenmarkt, ohne dass sie dafür ihre Märkte für europäische Produkte öffnen müssen. Die Kommission schlug kürzlich eine GSP-Reform vor, mit der sie den Marktzugang an migrationspolitische Ziele knüpft. Darauf bezogen einigten sich nun die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten (auch Deutschlands), dass die ärmsten Länder der Welt ausreisepflichtige Staatsangehörige zurücknehmen müssen, wenn sie weiterhin vom zollfreien Handel mit der EU profitieren wollen. - Somit wird das "entwicklungspolitisch wichtige Instrument" des GSP "zum Spielball" einer EU-Migrationspolitik, "die dem Primat möglichst rascher Rückführungen um jeden Preis folgt“ (Andreas Grünewald, Referent für Migration für das Hilfswerk „Brot für die Welt“). Das Gesetz muss noch mit dem Handelsausschuss des EU-Parlaments abgestimmt werden. Bisher lehnte dieses strikt ab, den Zugang zum EU-Binnenmarkt an migrationspolitische Ziele zu knüpfen, doch es ist unklar, ob es dem Druck von Kommission und Rat bei den anstehenden Verhandlungen standhalten wird. [Migazin 21.12.22]

Diakonie: Einwanderung stärkt Sozialsysteme

[Auszüge] Zum Internationalen Tag der Migrant*innen am 18.12. erklärte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „Deutschland ist längst ein Einwanderungsland und das kommt auch allen hier lebenden Menschen zugute. Denn nur mit Zuwanderung lassen sich unsere Sozialsysteme auf dem hohen Niveau halten, um das uns viele Länder beneiden. [...] Ob Rente, Arbeitslosen- oder Pflegeversicherung: Die Zahlen belegen, dass wir alle von dieser Einwanderung von Beitragszahlenden in die Sozialsysteme profitieren! Integration – auch in den Arbeitsmarkt - ist kein Selbstläufer, aber unter dem Strich für alle Beteiligten ein großer Gewinn. [...] Nur durch Einwanderung ließ sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten Jahren ausbauen, die unseren Wohlstand zu erhalten ermöglicht hat. Nicht nur Fachkräfte, sondern auch ungelernte Arbeitskräfte und Auszubildende trugen dazu bei, auch in den Arbeitsfeldern der Diakonie. [...] Deutschland braucht Einwanderung: Gleichzeitig müssen Sozial- und Integrationspolitik zusammengedacht werden, um dabei gesellschaftlichen Zusammenhalt und soziale Teilhabe zu garantieren. Das bedeutet zum Beispiel, dass deutlich mehr Wohnraum geschaffen werden muss. Mehr noch: Es gilt, jetzt zu beginnen, das deutsche Bildungssystem auf mehr Kinder und unterschiedliche Lebensrealitäten auszurichten. Dazu gehört auch, Schülerinnen und Schüler, deren Eltern nicht selber in die deutsche Schule gegangen sind, verstärkt in den Blick zu nehmen und entsprechend zusätzliches sowie interkulturell sensibilisiertes Lehrpersonal auszubilden.“ [...] [Diakonie 16.12.22]

EU-Einigung: Aufnahme-Mindesstandards und freiwilliges Umsiedlungsprogramm

Im September jährte sich die Vorstellung des s.g. Neuen Pakts für Migration und Asyl durch die EU-Kommission, der einen Neustart in der seit Jahren umstrittenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems einleiten sollte, zum 2. Mal. (EU-Originaldokumente; Analyse des Pakts vom Netzwerk Fluchtforschung) Bislang konnten keine Einigungen erzielt werden, doch jetzt gelang dies bei 2 Vorhaben.: Das EU-Parlament (EP) und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten einigten sich zum Einen auf Mindeststandards bei der Aufnahme von Asylsuchenden; so sollen Asylbewerber*innen spätestens 6 Monate nach Antragstellung arbeiten dürfen und Zugang zu Sprachkursen sowie Berufsausbildungen erhalten. (EP-Meldung (eng)) Weiterhin erfolgte die Vereinbarung eines Programms zur Umsiedelung von Flüchtlingen, das künftig schutzbedürftigen Menschen aus Drittstaaten einen legalen Weg in die EU eröffnen soll; hierbei handelt es sich jedoch nur um ein für die Mitgliedsstaaten freiwilliges Programm ohne festes Kontingent. - Vor Inkrafttreten müssen beide Vereinbarungen formell noch von Rat und Parlament angenommen werden. [MIGAZIN 15.12., Evangelisch.de 16.12.22]

Frontex vielfach in der Kritik

  • Die durch mehrere Skandale in die Kritik geratene EU-Grenzschutzagentur Frontex hat einen neuen Exekutivdirektor: den niederländischen General Hans Leijtens. Der 59-jährige diente u.a. in Afghanistan, kritisierte Frontex im Verwaltungsrat immer wieder und er kennt die Situation an den EU-Außengrenzen von zahlreichen Einsätzen. Die Agentur stehe ihmzufolge am Scheideweg: "Die Situation an den EU-Außengrenzen ist herausfordernd. Viele Mitgliedsländer müssen mit einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen zurechtkommen." Irreguläre Migration sei eine der großen Herausforderungen der EU und Frontex deshalb wichtiger als je zuvor. Es gehe um effektiven Schutz der Außengrenzen, die Rückführung von nicht bleibeberechtigten Personen und den Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität. Dabei stünden die Grenzschutzbeamten häufig professionell ausgerüsteten Waffen-, Drogen- und Menschenschmugglern gegenüber. "Die Einhaltung von Menschenrechten ist da kein Widerspruch, sondern Teil der Aufgabe. Denn die Grundrechte gehören zu uns als europäische Gemeinschaft, und die Einhaltung dieser Werte liegt auch in unserer Verantwortung." [tagesschau 20.12.22; vgl. Deutschlandfunk-Hörbeitrag] - Pro Asyl hatte angesichts der Neuwahl appeliert:„Die Wahl einer neuen Frontex-Spitze kann nur ein 1. Schritt sein, diese skandalträchtige EU-Agentur grundlegend zu reformieren – ohne Tabus. Frontex ist menschenrechtlich außer Kontrolle“, so Karl Kopp, Leiter der Pro Asyl-Europa-Abteilung. Die internen Überwachungsmechanismen haben versagt, eine zwingend gebotene externe Kontrolle sei bis heute nicht etabliert. Pro Asyl fordert einen demokratischen, parlamentarisch kontrollierten Grenzschutz. Nötig sei eine unabhängige Überwachung, um sicherzustellen, dass die EU-Agentur im Einklang mit dem Völkerrecht u. der EU-Grundrechtecharta agiert. Nötig sei zudem eine Kürzung des Budgets (aktuell ca. 750 Mio. €) , ebenso müssten die Verantwortungsbereiche reduziert u. verändert werden. [Pro Asyl 19.12.22]
  • Die EU-Grenzschutzagentur registrierte bislang in 2022 rund 308.000 illegale Grenzübertritte (ein Zuwachs um 68% im Vergleich zu 2021 und der Höchstwert seit 2016). Wiederum kamen laut IOM in diesem Jahr fast 2.000 Flüchtlinge bei der Überfahrt übers Mittelmeer ums Leben. [Deutschlandfunk 16.12.22]
  • Vor 10 Jahren erhielt die EU den Friedensnobelpreis, da sie seit ihrer Gründung zur Befriedung Europas beigetragen habe. Vor dem Hintergrund, dass Einsätze der 2005 gestarteten Grenzagentur maßgeblich dazu beitrugen, dass das Mittelmeer zur tödlichsten Grenze der Welt geworden ist, fordern jetzt einige NGO die Aberkennung dieses Preises. [nd 12.12.22]
  • Laut der NGO Human Rights Watch (HRW) und Border Forensics informiert Frontex regelmäßig die libysche Küstenwache, wenn Schiffe mit Geflüchteten im Mittelmeer in Seenot geraten, damit diese abgefangen und zwangsweise nach Libyen zurück gebracht werden, wo zudem häufig Mißhandlungen stattfinden. [HRW 12.12.22]
  • Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR), die Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) und die Jurist*innen für Gerechtigkeit in Lybien (LFJL) reichten beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen Fronex und andere EU-Agenturen eine Beschwerde wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gegen Migrant*innen und Flüchtlinge in Libyen ein. (ECCHR-PM; Klage (engl.) Nov. 22]

Tag der Menschenrechte 10.12.

UN-Generalsekretär António Guterres sieht die Welt vor nie dagewesenen und ineinandergreifenden Herausforderungen für die Menschenrechte; zunehmender Hunger und Armut bedrohen auch die wirtschaftlichen und sozialen Rechte von Hunderten von Mio. Menschen, ein schrumpfender zivilgesellschaftlicher Raum, abnehmende Medienfreiheit, schwindendes institutionelles Vertrauen, die vielfachen Auswirkungen von Corona (auch Gewalt gegen Frauen), Rassismus, Intoleranz, Diskriminierung, Klimawandel, Artenschwund, Umweltverschmutzung und teils auch neuen Technologien bedrohen die Menschenrechte. - Er ruft dazu auf, sich "In diesen schwierigen Zeiten [...] mit neuer Entschlossenheit für alle Menschenrechte – die bürgerlichen, kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rechte – ein[zu]setzen." Und er fordert "die Mitgliedstaaten, die Zivilgesellschaft, den privaten Sektor und andere Akteure nachdrücklich auf, die Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen um eine Umkehrung der derzeitigen schädlichen Entwicklungen zu stellen." [UNRIC 09.12.22] - Die BReg betonte anlässlich des Feiertags, Menschenrechte in Wirtschaftsbeziehungen stärker gewichten zu wollen. [Tagesschau 10.12.22]

Migration und Armut (agj: Armut als Herausforderung für die KJH)

Laut des Positionspapiers der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ): "Armutssensibles Handeln – Armut und ihre Folgen für junge Menschen und ihre Familien als Herausforderung für die Kinder- und Jugendhilfe" hatten in 2019 ca. 21,2 Mio. Einwohner*innen in Deutschland einen Migrationshintergrund (26 % der Gesamtbevölkerung). (Kap. 1.8/1.9) Sie haben ein wesentlich höheres Armutsrisiko als Personen ohne Migrationshintergrund. Bei ersteren lag der Anteil der armutsgefährdeten Personen 2021 bei 28,1 %; bei denen unter ihnen ohne deutsche Staatsangehörigkeit (10,2 Mio.) bei 35,3 %. (Bei  Personen ohne Migratonshintergrund bei 13,9 %.) Für das höhere Armutsrisiko ursächlich sind u.a.  durchschnittlich geringere (bzw. vergleichsweise öfter fehlende) schulische und berufliche Qualifikationen, die eingeschränkte Anerkennungen von Abschlüssen, Sprachbarrieren, teils eingeschränkte Berufseingliderungshilfe- und Arbeitsmarktzugänge, begrenzte Aufenthaltsdauer bzw. unsichere Bleibeperspektiven sowie die häufigere (unfreiwillige) Ausübung von befristeten/schlechter bezahlten Tätigkeiten.
Infolgen des Ukrainekriegs waren dieses Jahr Ende Juni 2,9 Mio. Menschen im Ausländerzentralregister als Geflüchtete registriert. (~ + 1 Mio. ggü. Anfang 2022) Da Flucht oft mit  Statusverlust und prekären Aufnahmebedingungen verbunden ist, wächst durch Zuwanderung zunächst die Armut und es zeichnen sich immer mehr Formen einer ethnischen Unterschichtung ab. Die Bildungsintegration junger Geflüchteter variiert wiederum stark je nach Bundesland; überall aber warten sie oftmals lange auf den Schulstart, werden zunächst häufig in Willkommensklassen bzw. nicht altersgerecht eingeschult und besuchen vergleichsweise häufiger niedrigere Schulformen. [agj.de 09.12.22]

Weitere Abkehr vom Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen erst einmal verhindert

Im EU-Rat für Inneres und Justiz wurde am 8.12. über die von der EU-Kommission angeregte Instrumentalisierungsverordnung (InstruVO) abgestimmt, wobei keine ausreichende Mehrheit für den VO-Entwurf erzielt wurde, da einige Mitgliedstaaten - darunter Deutschland - schon seit Monaten Bedenken angemeldet hatten; gleichzeitig gibt es Mitgliedstaaten (wie Polen), denen der Entwurf noch nicht weit genug geht. Die weitere Entwicklung in Bezug auf die VO hängt nun davon ab, welche Priorität Schweden (als nächstes Ratspräsidentschaftsland nach Tschechien) dem Vorschlag zuordnet. - Durch die VO sollte im Falle einer "Instrumentalisierung von Migration" durch Drittstaaten ein Sonderasylrecht greifen, das nicht die Drittstaaten sanktioniert, sondern die Rechte der schutzsuchenden Menschen beschneiden sollte und Flüchtlingsschutz und Menschenrechte an den Außengrenzen aushebeln würde. 35 Menschen- und Kinderrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, humanitäre und entwicklungspolitische Organisationen hatten in einem gemeinsamen Statement am 6.12. die Bundesregierung dazu aufgefordert, gegen die VO zu stimmen. (u.a. Diakonie, AWO, Parität, Ärzte ohne Grenzen, Brot für die Welt, BumF, DKHW, ECCHR, Equal Rights Beyond Borders, JUMEN, Kindernothilfe, LeaveNoOneBehind, medico international, Amnesty International, PRO ASYL, Save the Children, Sea-Watch, Seebrücke, terre des hommes): "Die Instrumentalisierungsverordnung droht, an den Außengrenzen den schon bestehenden Ausnahmezustand rechtlich zu zementieren. Das können und wollen wir nicht hinnehmen. Europäisches Recht muss wieder angewendet werden – die vorgelegte Verordnung verbiegt aber das Recht und gibt so denen, die es derzeit an den Außengrenzen brechen, recht." [Vgl.: Pro Asyl 8.12., Amnesty International 6.12.; Welt.de 7.12.] Schon im September hatte ein europäisches Bündnis von 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen die VO scharf kritisiert. [siehe auch: PRO ASYL 20.9., Frankfurter Rundschau 21.09.]

GEW: Recht auf Bildung für Geflüchtete muss garantiert werden

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert Länder und Kommunen auf, Sofortprogramme auf den Weg zu bringen und Schulen deutlich besser auszustatten. Hier müssten personelle und räumliche Kapazitäten ausgebaut werden, um das Recht auf Bildung in Deutschland auch für alle geflüchteten Kinder und Jugendlichen zu garantieren. Aktuell sind viele Schulen überfordert mit der Integration der ukrainischen Schüler*innen. Die Reformen zur Fachkräfteeinwanderung des Bundes werden begrüßt, es bedürfe jedoch mehr Anstrengungen, um die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Berufserfahrungen in pädagogischen Berufen zu erleichtern und Beratungs- und (Nach)Qualifizierungsangebote für neu zugewanderte Lehrkräfte in den Ländern auszubauen, denn es werden dringend multiprofessionelle Teams Herkunftssprachkenntnissen benötigt. [GEW 6.12.22]

Aktuelle Migrationsgesetzgebung

Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, terre des hommes, Jugendliche ohne Grenzen und PRO ASYL kritisieren den faulen Kompromiss beim Chancenaufenthalt auf Kosten von geflüchteten Jugendlichen: Zwar wird die Voraufenthaltszeit von 4 auf 3 Jahre reduziert, auf Drängen der FDP nun aber zusätzlich eine einjährige Vorduldungszeit als Hürde eingeführt. Dies wird bewirken, dass deutlich weniger junge Menschen von der Regelung profitieren könnten als bisher geplant. Stattdessen würden Ausländerbehörden die Möglichkeit erhalten, „gut integrierte“ junge Menschen während der Vorduldungszeit abzuschieben. [Pro Asyl / tdh 30.11., Jugendhilfeportal 12.12.22]

Laut Filiz Polat (Grüne, Parlamentar. Geschäftsführerin, stellv. im Innenausschuss, bis 2021 Sprecherin für Migration u. Integration) und Lamya Kaddor, (Grüne Sprecherin für Innenpolitik) bedeute das Chancen-Aufenthaltsrecht einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik: "Chancen-Jahr gibt Geduldeten Perspektiven: [...] Unsere Reform ist ein motivierendes Angebot gerade für junge Menschen und eine gute Nachricht für die Wirtschaft; viele Unternehmen dringen wegen großer Personalnöte schon seit langem auf pragmatische aufenthaltsrechtliche Verfahren nach dem Prinzip ‚Ausbildung statt Abschiebung‘. Somit ist das neue Chancenaufenthaltsrecht auch eine effektive Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel, dem in den kommenden Monaten noch weitere folgen werden. Wichtig war uns auch, der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung zu tragen und Ausnahmen beim Bleiberecht für Jugendliche sowie junge Erwachsene mit Behinderungen zu beschließen.“ [Grüne im BT 30.11.22]

Die FDP kritisiert die Einbürgerungspläne des Innenministeriums (vgl. Deutsche Welle 25.11.22): Es brauche ein migrationspolitisches Gesamtkonzept, damit Deutschland ein modernes Einwanderungsland werde. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Entwicklung falsch gewesen, habe es v.a. Migration in die sozialen Sicherungssysteme gegeben, aber es müsse Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt organisiert werden. Eine Staatsangehörigkeitsrechtsreform sollte erst nach Beschluss des geplanten Einwanderungsgesetzes folgen. [Tagesspiegel 29.11.22; vgl. Interview mit FDP-Fraktionschef Christian Dürr, Deutschlandfunk 29.11.22]

Geringe Auswirkungen von Chancen-Aufenthaltsrecht erwartet: Keine der vier bislang bestehenden Legalisierungsmöglichkeiten (§ 25b, § 25a, § 19d, § 25 Abs. 5 AufenthG) führte in den vergangenen Jahren zu einer signifikanten Reduzierung Geduldeter, hingegen stieg ihre Zahl von 155.308 in 2015 auf 247.290 im Jahr 2022. - Nach der Prognose des BMI werden auch durch das neue Chancen-Aufenthaltsrecht nur etwa 33.500 Ausländer*innen einen Umstieg in ein Aufenthaltsrecht schaffen. [Migrationsrecht.net 29.11.22]

Kommentar von Diakonie-Präsident Ulrich Lilie zur Debatte über die Erleichterung der Einbürgerung: "[...] Es geht aber um viel mehr als um potenzielle Arbeitskräfte: Menschen, die schon viele Jahre hier leben und zu wirtschaftlicher Prosperität und zur Finanzierung des Sozialstaats längst beitragen, haben die staatsbürgerschaftlichen Rechte verdient. Einbürgerung stärkt die Demokratie, ermöglicht bessere gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten und damit die Identifikation mit diesem Land. Nun muss es darum gehen, dass Deutschland ein modernes Einwanderungsland wird und Vielfalt als Chance nutzt. Wichtige Schritte sind dabei der Abbau bürokratischer Hürden bei der Einbürgerung wie bei der Arbeitserlaubnis und eine erheblich beschleunigte Bearbeitung von Anträgen. [...]" [Diakonie 29.11.22]

Die "Wirtschaftswaisen", der Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMV) befürworten erleichterte Einbürgerung.: DGB-Chefin Yasmin Fahimi "Beim Thema Einwanderung müssen wir endlich weg von einer Voraussetzungsverwaltung hin zu einer echten Willkommenskultur". [ZEIT 29.11.22] Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer, äußerte die Ansicht, eine erleichterte Einbürgerung stärke die Integration der in Deutschland lebenden und arbeitenden Migrant*innen sowie von deren Kindern. [WELT 29.11.]

FAQ des Norddeutschen Rundfunks zu den Plänen der BReg rund um Einwanderung und das Staatsbürgerschaftsrecht (Schrift- und Hörbeitrage) [NDR 29.11.22]

Schnellere Staatsbürgerschaft ist wie ein Katalysator: "Die Forschung bestätigt, dass der Pass eher als Katalysator des Integrationsprozesses wirkt – ihn also beschleunigen kann." Christina Gathmann, Wirtschaftswissenschaftlerin, Leiterin des Bereiches Arbeitsmarkt am Luxemburg Institut für Sozialforschung [Deutschlandfunk nova 29.11.22]

Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland sowie (mit Vorbehalt) auch der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats begrüßten die Eckpunkte der Reform des Einbürgerungsrechts. [MIGAZIN 27.11.22]

tdh: bessere Rechtslage für Minderjährige beim Geschwisternachzug gefordert

Zum internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November - an dem 1989 die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet wurde - forderte die Kinderrechtsorganisation terre des hommes die Bundesregierung erneut auf, die Rechtslage für minderjährige Flüchtlinge beim Geschwisternachzug zu verbessern. Bislang bekommen nur die Eltern von allein geflüchteten Minderjährigen ein Nachzugsrecht, wenn diese den Flüchtlingsstatus erhalten. [tdh 17.11.22]

AsylbLG-Abschaffung und Flüchtlingseinbezug in das Bürgergeldgesetz gefordert

Das Bürgergeld, das im Januar das Hartz-IV-System ablösen wird, enthält weiterhin die diskriminierenden Ausschlüsse für Asylsuchende und Geduldete (§ 7 Abs. 1 SGB II). Sie werden also weiterhin auf das AsylbLG verwiesen, obwohl das BVerfG feststellte, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für alle in Deutschland lebenden Menschen gleichermaßen gilt und dieses Grundrecht nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf (vgl. BVerfG 18.7.2012; 1 BvL 10/10). PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin legten anlässlich der Verabschiedung des Bürgergeldgesetzes eine umfassende Analyse des AsylbLG vor. (s.u. 4. Publikationen). Gemeinsam mit allen Landesflüchtlingsräten fordern sie die Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes und die Einbeziehung aller Geflüchteten in das Bürgergeldgesetz.[10.11.22] Das Gesetz steht derzeit erneut beim BVerfG auf dem Prüfstand (Aktenzeichen 1 BvL 5/21; vgl. u. "Sonstiges/Weiteres": BVerfG-Urteil vom 19.10.22, Aktenzeichen 1 BvL 3/21).

„Historischer Fluchtwinter“ befürchtet

Migrationsforscher Gerald Knaus: "Wir sprechen von einer Flüchtlingskrise historischen Ausmaßes. Ein humanitärer Ausnahmezustand, den es in Europa seit den 1940er Jahren nicht mehr gegeben hat. [...] Nun hat sich in den letzten Monaten das Gefühl eingeschlichen, der Höhepunkt der Krise liege hinter uns. Auch, weil viele Millionen Ukrainer in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Aber tatsächlich haben bislang schon mehr Menschen in Deutschland Schutz gefunden als im Rekordjahr 2015. Die Krise liegt nicht hinter uns, sie könnte sich nochmal drastisch verschärfen." [ntv 30.10.22; vgl. welt.de 02.10. ; WDR5 Europamagazin (Radio) 15.10.22]

Erklärung zum Familiennachzug

Forderung an die Bundesregierung zum Weltkindertag: "Recht auf Familiennachzug umsetzen!": Über 20 Organisationen u. Verbänden forderten im Oktober, im Rahmen der angekündigten Asyl- und Aufenthaltsrechts-Reformen das Recht auf Familiennachzug umzusetzen, wie im Koalitionsvertrag 2021 versprochen. - Unterzeichner sind u.a. die Bundesverbände von Diakonie, Caritas, DRK, AWO, Parität, AWO, IB sowie das DKHW, amnesty international, Ärzte ohne Grenzen, BumF, PRO ASYL, die National Coalition Deutschland, Epcat Deutschland, Equal Rights Beyond Borders, Jumen, Save the Children, SOS Kinderdorf, terre des hommes, der Deutsche Anwaltverein AG Migrationsrecht, der Republikanische Anwält*innenverein, die Neue Richtervereinigung, der Jesuiten Flüchtlingsdienst, der Verband Binationaler Familien und Partnerschaften. [20.10.22] - Die Reformen im Dezember 2022 wurden vielen Forderungen nicht gerecht.

 

Angeblicher Pull-Faktor "Sozialstaat": Sogwirkung nicht nachweisbar

Pull-Faktoren haben keinen großen Einfluss auf Migrationsbewegungen
Die in den letzten Monaten wieder viel diskutierte These der s.g. Push/ Pull-Faktoren geht auf die 1960er (Theorie eines US-amerikanischen Soziologen) zurück und besagt, dass gewisse Faktoren in den Herkunftsländern Menschen in die Migration drängen (push), während andere Faktoren die Zielländer für Menschen attraktiv machen (pull); zu letzteren werden die Nachfrage nach Arbeitskräften, ein vergleichsweise höherer Lebensstandard oder bessere soziale Absicherung gezählt. - Der Mediendienst Integration wie auch die ARD-Redaktion zeigen auf, dass diese Theorie in der Migrationsforschung als veraltet gilt und dass Pull-Faktoren nur einen geringen Einfluss auf Flucht- oder Migrationsentscheidungen haben. [12./20.10.22]
(Vgl. die Studie "Replication Data for: Do Immigrants Move to Welfare? Subnational Evidence from Switzerland" aus dem American Journal of Political Science. Auch hier konnte keine signifikanter Zusammenhang zwischen Pull-Faktoren und Migrationsbewegungen in der Schweiz festgestellt werden.)

Ende von "Diskretionsprognosen" im Asylverfahren bei queeren Geflüchteten

Das BMI hat das BAMF angewiesen, von "Diskretionsprognosen" im Asylverfahren bei queeren Geflüchteten abzusehen. Die bisherige Praxis und Rechtsauffassung des BAMF (zu prüfen, ob queere Geflüchtete ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität in ihrem Heimatland geheim halten könnten bzw. dies zu verlangen) verstieß gegen EU-Recht und ein Urteil des EuGH bereits aus dem Jahr 2013. Der Kurswechsel soll anscheinend jedoch nicht rückwirkend gelten, denn die Änderung der Dienstanweisung soll keine Folgeanträge begründen. [Morgenpost / Queer.de 20.9.22]

Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems

Im Juni einigten sich die EU-Innenminister*innen auf einen freiwilligen Solidaritätsmechanismus für aus Seenot gerettete Menschen sowie auf grundlegende Positionen zur Screening- und Eurodac-Verordnung, der Datenbank zur Identifikation von Schutzsuchenden. [Pro Asyl 10.6.22] Beide Rechtsakte sind Teil des umstrittenen Migrations- und Asylpakets, das die EU-Kommission im September 2020 vorstellte. Zudem wurde eine Einigung über eine Reform des Schengener Grenzkodex gefunden, die u.a. verschärfte Grenzmaßnahmen vorsieht, wenn es zu einer „Instrumentalisierung“ von Migration kommt. (s.o. Instrumentalisierungsverordnung 8.12.)
Die Screening-Verordnung wiederum könnte die Situation von Schutzsuchenden an den Außengrenzen zukünftig weiter verschärfen, denn über die im angenommenen Vorschlag enthaltene Fiktion der Nicht-Einreise könnte Haft zur Standardmaßnahme für Schutzsuchende werden. Rechtsstaatliche Asylverfahren wären unter solchen Bedingungen an den Außengrenzen nicht möglich. (Zum Hintergrund: Das EU-Parlament und der Rat der EU-Staaten planen mit Unterstützung der EU-Kommission, das Migrations- und Asylpaket noch in dieser Legislatur zu verabschieden. Vorgesehen ist, die Verhandlungen über die Legislativvorschläge zum Asyl- und Migrationsmanagement bis spätestens Februar 2024 abzuschließen. [Vgl. Deutsche EU-KOM-Vertretung 8.9.22; siehe auch: PRO ASYL-Informationen 23.9.21 / Broschüre zum "New Pact on Migration and Asylum" Jan. 2021])

4. Publikationen

Integrationsbarometer: Integrationsklima weiter verbessert trotz einzelner Eintrübungen

Das durch das BMI und die Länder geförderte SVR-Integrationsbarometer misst alle 2 Jahre das Integrationsklima in Deutschland. Laut der 4. Auflage von 2022 wird dieses ungeachtet der Herausforderungen der letzten 24 Monate - wie der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg, dem Zuzug von Flüchtlingen und der Energieversorgungs-/preiskrise - weiterhin positiv wahrgenommen. Gegenüber 2019/20 hat sich der Index insgesamt sogar weiter verbessert und erreicht den Höchstwert seit Erhebungsbeginn.
Bei dem Integrationsklima-Index geht es um Erfahrungen und Beziehungen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Er erfasst alltagsnahe Situationen und reflektiert damit persönliche Perspektiven.
Während der persönliche Kontakt in der diversen Bevölkerung als Bereicherung empfunden wird (über 90% der Befragten bewerten ihren persönlichen Kontakt zu Menschen unterschiedlicher Herkunft als außerordentlich positiv), verschlechtern Diskriminierungswahrnehmungen die Einschätzung des Integrationsklimas. So etwa sehen viele Menschen Gleichbehandlung bei der Arbeit und in der Schule unabhängig von ihrer Herkunft als nicht gegeben.
Unterschiede in der Integrationsklima-Wahrnehmung ergeben sich aufgrund sozialer Merkmale der Befragten wie Alter, Geschlecht und Bildungsniveau (junge Menschen, Frauen und Personen mit einem hohen Bildungsstand schätzen das Integrationsklima positiver ein).
In der aktuellen Befragung wurden zudem auch Einstellungen zur Demokratie erhoben. Hier zeigt sich ein breiter gesellschaftlicher Konsens über die hohe Relevant der grundlegenden demokratischen Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenschutz, in Bezug auf politischen Teilhabe zeigt sich jedoch erneut, dass deutsche Staatsangehörige mit Zuwanderungsgeschichte (1. Generation) ihr Wahlrecht deutlich seltener wahrnehmen und sich auch sonst weniger politisch engagieren als ihre in Deutschland geborenen Nachkommen oder als Personen ohne Migrationshintergrund. [Zur Publikation, zur SVR-PM 14.12.22]

Arbeitshilfe & Handreichung: Vorgehen gegen verfassungswidrige Leistungskürzungen nach AsylbLG

Das BVerfG hat die „Sonderbedarfsstufe“ für alleinstehende erwachsene Asylbewerber*innen in Sammelunterkünften (§ 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes) als verfassungswidrig eingestuft. (Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist unantastbar.): „Migrationspolitische Erwägungen, Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren. “ (Rn. 56 / 1 BvL 3/21) [Zu PM 24.11. und BVerfG-Urteil vom 19.10., MIGAZIN 24.11., nds-fluerat.de 24.11.22]
In ihrer Arbeitshilfe stellt die Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e. V. (GGUA) im Detail dar, in welcher Konstellation jetzt noch Gelder erhalten werden können. [6.12.22]
Auch eine neue Handreichung der Diakonie zeigt auf, in welchen Fällen noch rückwirkend gegen Leistungsbescheide vorgegangen werden kann. [8.12.22]

MIDEM-Studie: Solidarität mit Ukraine hält an – aber nicht um jeden Preis / Ablehnung anderer Geflüchteter stark

Laut einer neuen Studie des Mercator Forum Migration und Demokratie (MIDEM) (5.12.22) befürwortet eine große Mehrheit der Europäer*innen die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter. Allerdings könnte die Solidarität für die Ukraine durch die wirtschaftlichen und sozialen Folgekosten deutlich schrumpfen. Zudem erstreckt sich die Solidarität nicht auf alle Geflüchteten gleichermaßen. [Vgl. Medienberichtertsattung zur Studie 8.12.22] - In Deutschland: Nur 28% der befragten Ostdeutschen wollen die Unterstützung für das angegriffene Land auch dann aufrechterhalten, wenn dies in hierzulange negative Folgen hat, etwa höhere Energiepreise. In Westdeutschland waren es immerhin 42 %. [Welt.de 5.12.22]

Bericht: Menschenrechte in Deutschland

Das vom Bundestag finanzierte Deutsche Institut für Menschenrechte ist die gemäß den Pariser Prinzipien der UN akkreditiert unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands (§ 1 DIMR-Gesetz). Zu seinen Aufgaben gehört Politikberatung, Menschenrechtsbildung, Information und Dokumentation, anwendungsorientierte Forschung sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen; zudem ist es für das Monitoring der Umsetzung der UN-Behinderten- und -Kinderrechtskonvention zuständig. - In seinem 7. Bericht an den Bundestag über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland über den Zeitraum vom Juli 2021 bis Juni 2022 greift das Institut vielfältige menschenrechtlichen Fragestellungen auf (bspw. aus den Empfehlungen der UN-Menschenrechtsgremien und des Europarats an Deutschland), die besonders vulnerable Gruppen betreffen. - So wird in einem Kapitel die mangelnde Inklusivität des deutschen Schulsystems untersucht; der Bericht stellt hier fest, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie aus Familien mit Einwanderungsgeschichte noch häufig diskriminiert werden. Ein überproportional hoher Anteil der Schüler*nnen an Sonderschulen hat einen ausländischen Pass. Der Bericht macht deutlich, dass ein nichtinklusives Bildungssystem weitreichende Folgen hat und auch die Entwicklung hin zu einer inklusiveren Gesellschaft verhindert.
In einem anderen Kapitel wird der Umgang mit Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen untersucht, an denen im Berichtszeitraum massive Menschenrechtsverletzungen stattfanden: Tausende Geflüchtete strandeten bereits 2021 im polnisch-belarussischen Grenzgebiet. Sie wurden von belarussischen Grenzbeamt*innen gezwungen, die Grenze nach Polen zu überqueren, die Beamt*innen dort zwangen sie wiederum zur Umkehr. Sie wurden vielfach misshandelt, Verpflegung oder medizinische Versorgung erfolgte nicht. (- Hintergrund des Anstiegs der Schutzsuchenden in Polen, Litauen und Lettland war eine Desinformationskampagne der belarussischen Regierung, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Menschen aus Ländern wie Afghanistan, Gambia, Jemen, Mali, Senegal, Syrien und der Türkei nach Belarus gelockt und durch den Zwang zur Weiterreise in Richtung EU Druck auf diese ausgeübt hatte. Die EU reagierte nicht im Sinne des Schutzes der Menschenrechte der Betroffenen: Obwohl Polen als EU-Mitglied mit seiner massiven Abwehr der Schutzsuchenden gegen Völkerrecht und Vorgaben des Gemeinsamen EU-Asylsystems* verstieß, konnten die Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission keine klare Position entwickeln. [* Refoulement-Verbot, d.h. Verbot der Abweisung Geflüchteter an Grenzen + Recht auf faire, effektive Asylverfahren gem. Art. 33 Genfer Flüchtlingskonvention/ Art. 19 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta; Kollektivausweisungsverbot gem. EMRK Art. 4 Protokoll Nr. 4])
Die Ampel-Koalition will laut Koalitionsvertrag die „illegalen Zurückweisungen und das Leid an den Außengrenzen beenden“, verhindern, dass „Menschen für geopolitische oder finanzielle Interessen instrumentalisiert werden“ sowie sprach sich für eine grundlegende EU-Asylsystem-Reform aus (faire Verteilung von Verantwortung und Zuständigkeiten bei der Aufnahme zwischen den EU-Staaten, bessere Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren und bei der Integration, wirksame Reduktion irregulärer Migration, Fluchtursachenbekämpfung sowie Abschluss rechtsstaatlicher Migrationsabkommen mit Drittstaaten). Der Bericht macht deutich, dass sich die BReg an diesen Vorhaben messen lassen muss.
(Übersicht: Kapitelthemen: 1. Inklusive Bildung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen – Bundeszuständigkeit stärken, 2. Klimapolitik in Deutschland: Menschenrechtliche Schutzpflichten, 3. Umgang mit Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen zu Belarus, 4. Rechte älterer Menschen mit einer UN-Konvention stärken, 5. Kindgerechte Justiz, 6. Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen, 7. Deutschland im Menschenrechtsschutzsystem) [Zum Bericht 12/22, MIGAZIN-PM hierzu 08.12.22, Bundestagsunterrichtung zum Bericht (Drs. 20/4984) 15.12.22]
[Siehe desweiteren: tagesschau-Beitrag zu Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen Bulgariens, Ungarns und Kroatiens 08.12.22]

SVR-Studie: Integrationsgesetze in den Ländern und was der Bund daraus lernen kann

In den letzten 10 Jahren haben Berlin, NRW, BW, BY und SH den vorhandenen Spielraum zur Verabschiedung von Integrations- und Teilhabegesetzen auf Landesebene genutzt, in weiteren laufen Vorbereitungen. Auch auf Bundesebene ist ein Partizipationsgesetz vorgesehen (Koalitionsvertragein S. 94). Daher hat der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) im Auftrag des BMI seinen Policy Brief zu diesem Thema aus 2017 aktualisiert. Der Vergleich der Länder-Regelwerke zeigt: Integrations- und Teilhabegesetze können Integrationspolitik nicht nur symbolisch aufwerten, sondern entfalten auch Steuerungswirkung, indem sie Grundsätze verankern und Koordinations- und Mitwirkungsatrukturen schaffen oder stärken. Über ihre Wirkung entscheidet neben der rechtlichen Ausgestaltung dabei auch die politische Umsetzung. Die Studie leitet aus der Analyse auch Impulse für das Bundespartizipationsgesetzesvorhaben ab (und geht in diesem Rahmen auch auf den Entwurf der Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) für ein Bundespartizipationsgesetz vom August 2021 ein), warnt zugleich aber vor überzogenen Erwartungen an dieses. - Co-Studienautorin Pia Schupp: Dessen Erarbeitung "darf die zentrale Aufgabe nicht in den Hintergrund rücken, dass die Regelsysteme weiter diversitätssensibel geöffnet werden. [...] Es muss also ein chancengleicher Zugang für alle Menschen ermöglicht werden – etwa im Schulwesen und Gesundheitsbereich sowie dem Wohn- und Arbeitsmarkt und zwar unabhängig von Herkunft, Bildung und sozialem Stand. Ein [Bundes-]Integrations- und Teilhabegesetz kann dabei allerdings als Kompass dienen, der allen Beteiligten verdeutlicht, wohin die Reise gehen soll.“ [Zur SVR-Studie, zur PM 29.11.22]

Neues Lehrbuch für die Soziale Arbeit zum AsylbLG

Das Asylbewerberleistungsgesetz für die Soziale Arbeit: Das Lehrbuch wird der enormen Bedeutung des AsylbLG gerecht, der eine bisher geringe Beachtung in der Literatur gegenüber steht. Es erfolgt eine verständliche, praxistaugliche Darstellung der komplexen Materie und es wird erläutert, wie in nur 26 Paragraphen Existenzsicherung, Gesundheitsversorgung und Migrationsrecht geregelt werden. Dargestellt werden die Schwierigkeiten, die sich aus diesem kompakten und oft unzulänglichen Gesetz ergeben, aber es werden auch Möglichkeiten und Spielräume zur Durchsetzung sozialer Rechte aufgezeigt. Das Buch wendet sich an die Soziale Arbeit, aber auch an Anwält*innen, Behördenmitarbeiter*innen und Richter*innen. [Gerloff, Volker; Frings, Dorothee. Nomos 2023]

UN-Bericht zu Migration

Mehr als 50.000 Menschen haben seit 2014 auf den globalen Routen der Migration ihr Leben gelassen. Trotz der vielen Todesfälle hätten die Regierungen der betroffenen Länder zu wenig zum Schutz der Kinder, Frauen und Männer unternommen, erklärte die Internationale Organisation für Migration (IOM). Die Zahl der internationalen Migrant*innen hat in den letzten 5 Jahrzehnten zugenommen. Im Jahr 2020 lebten nach Schätzungen 281 Mio. Menschen in einem anderen als ihrem Geburtsland, das sind knapp 55% mehr als in 1990 und mehr als dreimal so viele Vertriebene wie im Jahr 1970. [IOM Deutschland-Artikel/ Bericht (PDF, englisch) "Analysis of Missing Migrants Project - Data 2014–2022" 23.11.22; vgl. tagesschau 23.11.22, MIGAZIN 24.11.22; siehe auch IOM-Bericht: World Migration Report 2022 (englisch; PDF/interaktiv, 01.12.22)]

Studie: Institutionelle Diskriminierung von EU-Migrant*innen in Jobcentern (Sozialleistungsverwehrung)

In einer aktuellen Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) werden die verschiedenen Formen der institutionellen Diskriminierung veranschaulicht, die informell gegen EU-Migrant*innen ausgeübt werden, wenn sie in deutschen Jobcentern Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragen. Dargestellt werden wiederkehrende Muster der administrativen Ausgrenzung (gegen gesetzliche Vorschriften verstoßende Bearbeitungsroutinen), die über einzelne Fälle von diskriminierendem Verhalten hinausgehen. Diese Verwaltungspraktiken, die Antragsteller mit Migrationshintergrund vom Leistungsbezug ausschließen, lassen sich auf strukturelle Zwänge und institutionelle blinde Flecken zurückführen. [Ratzmann, Nora. DeZIM 29.11.22] - Hierzu: Prof. Dr. Sabrina Zajak vom DeZIM-Institut: "In ihrer Not greifen laut Untersuchung viele Betroffene auf Unterstützung von Freunden, Familienangehörigen und Bekannten zurück. Professionelle Unterstützung gebe es aber in der Regel in Sozialberatungsstellen. Problem: Nicht alle Betroffenen kennen dieses Angebot. „Zuwanderer:innen aus EU-Staaten sollten stärker über ihre sozialen Rechte und Pflichten und die Besonderheiten der deutschen Bürokratie informiert werden. Sie brauchen mehr Unterstützung. [...] Mitarbeiter:innen der Jobcenter müssen mehr über die komplexen Rechtsansprüche von EU-Migranten und ihrer Bedürfnisse als Neuankömmlinge in der deutschen Gesellschaft wissen. Sie brauchen mehr Übung im Umgang mit Diversität und mehr Fremdsprachenkenntnisse. Vor allem aber brauchen sie mehr Zeit, um die Fälle von Antragssteller:innen aus anderen Staaten der EU angemessen prüfen zu können.“ [MIGAZIN 29.11.22]

Studie: Gender und Fluchtmigration

In der im Rahmen eines Rechercheprojekts der TH Nürnberg erschienenen Studie werden Befunde zu geschlechtsbezogenen Aspekten im Migrationsprozess erläutert und daraus Empfehlungen für die sozialpädagogische Beratungspraxis abgeleitet. Der aktuelle Stand aus Studien zu Fluchtmigration und Gender wird aufgezeigt und Forschungslücken benannt. Es werden Empfehlungen für die Praxis der Sozialen Arbeit im Kontext von Fluchtmigration formuliert; bspw. sollte das Thema Gewalt gegen Frauen (häusliche o. sexualisierte Gewalt, Zwangsheirat, Zwangsprostitution) im Aufnahme- und Beratungsprozess in der Arbeit mit geflüchteten Frauen verankert sein. - Allgemeiner Hintergrund der Studie ist, dass Menschen aus verschiedenen Ländern des Nahen Ostens wie Syrien seit 2015 eine neue bedeutsame Zuwanderergruppe in Deutschland darstellen. Aus dieser Entwicklung resultiert die Aufgabe für die Soziale Arbeit, Konzepte zur Unterstützung dieser Gruppe von geflüchteten Menschen zu etablieren und umzusetzen. [Hanika, Sandra; Prof. Dr. Pfeffer, Simone. socialnet.de 02.11.22]

AsylblG-Analyse: Einschränkungen des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für Geflüchtete

Das AsylbLG existiert als Sondergesetz mit dem Primat der Sachleistungen und einem gegenüber der Sozialhilfe bzw. dem ALG II deutlich abgesenkten Leistungsniveau seit fast 30 Jahren. In der Analyse von Pro Asyl und dem Flüchtlingsrat Berlin werden die Begründungen, Zielsetzung und Historie des Gesetzes, der Leistungskürzungen und der Sachleistungen analysiert und die Methodik zur Ermittlung der Höhe und Zusammensetzung der Regelbedarfssätze für AsylbLG, Arbeitslosengeld II (Hartz IV) und Bürgergeld untersucht. In den Schlussfolgerungen werden etliche illegitme Praktiken sowie teils sogar grundrechtsverletzende Gesetzesfolgen dargestellt (u.a. die mangelnde empirische Belegung der behaupteten Minderbedarfe geflüchteter Kinder, der Verstoß bei der Anwendung des AsylbLG auf Kinder gegen die UN-KRK und die Asylaufnahme-RL oder die Grundrechtsverletzungen durch Kürzungen für Alleinerziehende und Schwangere). [Nov. 2022]

Migrationsatlas

Im November 22 wurde der zweite "Atlas der Migration 2022: Neue Daten und Fakten über Menschen in Bewegung." von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) veröffentlicht. Diese Ausgabe zeigt einzelne Länderbeispiele auf und legt ihren Schwerpunkt u.a. auf Arbeitsmigration, Pflege, sowie die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Es wird der Zusammenhang zwischen einem Leben ohne gültigen Aufenthaltsstatus und Diskriminierung bzw. Ausbeutung aufgezeigt sowie untersucht, welchen Einfluss Selbstorganisation, bzw. die Organisation in Gewerkschaften hat und wie dies zum Schutz der Arbeiter*innen beitragen kann. Weitere wichtige Stichworte - wie Abschiebungen, Rücküberweisungen, Partizipation, Integrationspolitik vor Ort, die Rolle von Zivilgesellschaft - werden in einzelnen Kapiteln behandelt.
Im Atlas wird betont, dass Migration viele Realitäten hat, jedoch die wenigsten Menschen freiwillig migrieren. Verschiedenste Gründe - wie der Klimawandel mit seinen verheerenden Folgen - zwingen Menschen immer öfter dazu, ihre Heimat zu verlassen. Ziel des Atlas ist es auch, all diejenigen zu unterstützen, die sich für eine Gesellschaft der Vielen engagieren. Er will den Blick auf Migration verändern und für Offenheit und Pragmatismus werben. [RLS Migrationsatlas Nov. 22]

Verteilungsbericht: „Armut grenzt aus“

Laut Verteilungsbericht 2022 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung ist der Anteil der Armen in der letzten Dekade deutlich angestiegen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der diesjährige Bericht mit dem Thema Einkommensarmut und untersucht, welche Auswirkungen sie auf die gesellschaftliche Teilhabe der Betroffenen hat. - Der deutliche Anstieg der relativen und absoluten Armut zwischen 2012 und 2015 ist vor allem auf die Ankunft von Geflüchteten in Deutschland zurückzuführen. Aber auch unter Ausschluss dieser Gruppen zeigt sich eine sehr ähnliche Entwicklung des Gini-Koeffizienten sowie der Armutsquote, wenn auch jeweils auf niedrigerem Niveau. Auch in absoluten Zahlen ist der Anstieg der Einkommensarmut zu beobachten: Zwischen 2010 und 2019 wuchs die Zahl der armen Bevölkerung an. (Vgl. S.9)
Mit Blick auf die Migrationsdimension zeigt sich ein eindeutiges Ergebnis: Einen direkten oder indirekten Migrationshintergrund haben unter den Armen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich mehr Menschen (38 % zu 16 %). Dabei sind Personen mit einem direkten noch stärker von Armut betroffen als Menschen mit einem indirekten Migrationshintergrund (23 % zu 15 %). (Vgl. S. 10) [Zum Bericht vom Nov. 2022; s. z.B.auch Berliner Zeitung 24.11.22]

Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland

Dem vom Bundesfamilienministerium fnanzierten 3. Datenbericht des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel (KOK e.V.) zu Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland liegen 612 Fallauswertungen zugrunde. In 96% waren Betroffene Frauen und Mädchen, 60 % kamen aus westafrikanischen Ländern, in 44 % fand die Ausbeutung in Deutschland statt, die Vermittlung an die Fachberatungsstellen erfolgte v.a über Asyl- und Integrationsberatungstellen (in 21%), die Polizei (13%), auf Eigeninitiative (11%) oder die Community (8%). Dabei hatten 26% der Betroffenen den Aufenthaltstatus einer Duldung, 25% der Aufenthaltsgestattung und 8% aus humanitären Gründen (nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)). - Die Analyse des KOK will dazu beitragen, bessere Erkenntnisse zu Menschenhandel in Deutschland zu erlangen und der Politik ermöglichen, daraus wirksame Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen und der erfolgreichen Strafverfolgung zu entwickeln. [Veröffentlichung am 18.10.22, dem Europäischen Tag gegen Menschenhandel]
Siehe zudem:
- „Menschenhandel und Ausbeutung im Kontext des Ukrainekrieges – Eine Untersuchung aus Sicht spezialisierter Fachberatungsstellen zur Situation in Deutschland“ - Bericht des Ukraine Projektes des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel e.V. [KOK 14.12.22]
- Die 'Inter-Agency Coordination Group against Trafficking in Persons' veröffentlichte einen 13-Punkte-Handlungsaufruf, der angesichts der zunehmenden Krisen wirksame Maßnahmen gegen Menschenhandel und Ausbeutung und die Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Menschenhandels stärken soll. [ICAT 2.12.22]
- Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte am 20.11. veröffentlichte der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK) die Studie "Informationsdienst zum Thema Menschenhandel mit Minderjährigen" (jährliche Herausgabe) zur ausführlichen Reflektion des Themas und um zur Grundsensibilisierung in diesem Bereich beizutragen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auch auf positive Entwicklungen und gegenwärtige Anstrengungen in Deutschland gelegt. - Im KOK vernetzte Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel unterstützen dabei immer wieder minderjährige Betroffene oder flankieren auch Maßnahmen anderer Akteur*innen im Bereich Kinder- und Jugendschutz. [18.11.22]
- Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist vom BMFSFJ mit dem unabhängigen Monitoring der Menschenhandelskonvention des Europarates in Deutschland betraut worden und hat hierfür jetzt eine Berichterstattungsstelle zu Menschenhandel eingerichtet. [DIM 18.11.22]

 

Arbeitshilfe: Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz für ukrainische Drittstaatenangehörige

Aktualisierte Arbeitshilfe von Rechtsanwalt Jens Dieckmann und dem Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz: „Eilantrag bei rechtswidrigem Verhalten der Ausländerbehörde bei Antragstellung nach §24 AufenthG von ukrainische Drittstaatsangehörige“ inkl. Hinweisen, wie rechtswidrigem Behördenverhalten bei dieser Zielgruppe begegnet werden kann, um effektiven Zugang zu einem rechtsstaatlichen Antragsverfahren zzgl. Fiktionsbescheinigung zu gewährleisten. [Download, 10.10.22]

Bericht: Mängel bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland

Die Expert*innengruppe des Europarats GREVIO (Group of experts on action against violence against women and domestic violence) hat im Oktober den 1. Evaluierungsbericht über gesetzliche und weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention) Deutschland veröffentlicht. Der BReg wird hierin ein eher mangelhaftes Zeugnis ausgestellt. Insbesondere asylsuchende Frauen und andere marginalisierte Gruppen profitieren kaum oder nicht von Gewaltschutzmaßnahmen. Gefordert werden spezifische Maßnahmen im Asylbereich. [GREVIO-Bericht veröff. 7.10.22]
Vergleiche hierzu einen Kommentar von Pro Asyl mit den Forderungen nach: sicherer Unterbringung, Zugang zu Hilfe und Fachdiensten, Identifizierung und Versorgung von Frauen mit Gewalterfahrung, behördenübergreifenden Unterstützungsstrukturen, Zugang zu Schutzräumen (+Kritik an Wohnsitzauflage), besserer Ausbildung von BAMF-Sachbearbeiter* und Dolmetscher*innen, gendersensiblen Asylverfahren, Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung, einem ggf. vom Partner unabhängigen Aufenthaltsrecht und Ausbau der Datenerfassung zur Gewalt gegen Frauen. [19.10.22]
Vom Vertragsstaatenkomitee der Istanbul Konvention wird die zeitnahe Verabschiedung von Empfehlungen an Deutschland auf der GREVIO-Berichts-Vorlage erwartet. Die BReg erhält dann eine Frist von 3 Jahren zur Umsetzung.

Kurzgutachten zum Familiennachzug

Die neue Kurz-Broschüre zum Thema Familiennachzug von Terres des hommes und JUMEN e.V. widmet sich der Frage, wie die im Koalitionsvertrag angekündigten Änderungen in Bezug auf Familienzusammenführung für subsidiär Schutzberechtigte grund- und menschenrechtskonform umgesetzt werden können. Sie stellt die bisherigen menschenverachtenden bzw. -rechtsverletzenden Praktiken dar und formuliert und begründet explizite Forderungen: einen konkreten Anspruch auf Geschwisternachzug (als Formulierung in § 36 Abs. 1 AufenthG), gleichen Anspruch für subsidiär Schutzberechtigte (durch Streichung von § 36a), Schaffung von Übergangsregelung für wartende Familien sowie Umsetzung von EuGH-Urteilen zum Nachzug bei Volljährigkeit (auch bei subsidiär Schutzberechtigten und Geschwistern). [Zum Kurzgutachten vom 13.10.22]

Bericht: Psychosoziale Versorgung von Geflüchteten in Ostdeutschland

Laut des Berichts "Psychosoziale und psychiatrische Versorgung geflüchteter Menschen in den ostdeutschen Bundesländern 2022 – Eine Bestandsaufnahme" der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) bestehen in den ostdeutschen Bundesländern große Lücken in der psychosozialen Versorgung; nicht alle Personen mit Bedarf können Unterstützung erfahren. Die BAfF hat deswegen mehrere Forderungen formuliert: den Ausbau von Beratungsangeboten in den Unterkünften, die Abschaffung der AnkER-Zentren, den Ausbau und die Förderung von Netzwerkstrukturen und eine nachhaltigere Finanzierung der unverzichtbaren Angebote der Psychosozialen Zentren in den ostdeutschen Bundesländern. [Zum Bericht vom 10.10.22]

B.A.-Arbeit: Rassismuskritische Soziale Arbeit im Dialog

"Möglichkeiten und Grenzen einer dialog- und gestaltorientierten Sozialen Arbeit im Kontext von Migration und Antidiskriminierungsarbeit": Der Aufsatz stellt einen hypothetischen Versuch dar, den Ansatz einer diskriminierungssensiblen, rassismuskritischen Sozialen Arbeit zusammen mit ihren Leitsätzen, Grundannahmen und Forderungen in den Zusammenhang mit dem dialogischen und - im Vergleich - Gestalt(therapeutischen) Ansatz zu bringen. Ziel ist die Herausarbeitung von Möglichkeiten und Grenzen sowie die Schaffung einer Integration und eines Ausblicks in Bezug auf die praktische Soziale Arbeit. Zentrale Fragestellung ist, inwiefern eine dialogisch/gestalterisch ausgerichtete Soziale Arbeit im Kontext von Antidiskriminierungsarbeit umsetzbar ist und welche Möglichkeiten dies bieten kann. [Lea Kiefer, Bachelorarbeit, FH Bielefeld, Fachbereich Sozialwesen, Studiengang Soziale Arbeit, veröffentlicht auf socialnet.de 29.06.2022]

Forschungsbericht: Vorschlag zur Verteilung von Geflüchteten aus der Ukraine

In seinem Bericht nimmt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit den Umstand in den Fokus, dass die Verteilung der nach Deutschland Geflüchteten auf die einzelnen Regionen langfristig deren Integrationschancen - insbesondere in den Arbeitsmarkt - beeinflusst. 2015/16 wurden die Geflüchteten überdurchschnittlich stark auf strukturschwache Regionen mit hohen Arbeitslosenquoten verteilt, was ihre Beschäftigungschancen erheblich beeinträchtigte. Mit der Verteilung der Geflüchteten aus der Ukraine nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Länder und die Weiterverteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte droht die Wiederholung dieses Fehlers. - Das IAB schlägt dagegen vor, die Umverteilung von Geflüchteten auf die Gruppe zu beschränken, die auf die öffentliche Versorgung mit Wohnraum angewiesen ist, dabei Präferenzen der Geflüchteten nach Kriterien wie Familienbindungen und anderen Netzwerken und bei der verbleibenden Umverteilung Integrationskriterien zu berücksichtigen. Für die Verteilung über die Länder wird vorgeschlagen, die regionale Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen, bei der Verteilung über die Landkreise und kreisfreien Städte daneben auch die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsangeboten und den regionalen Wohnungsmarkt (Kosten+Verfügbarkeit; wobei bessere Integrationschancen mit höheren Mietkosten korrelieren). Die Lage/ Aufnahmefähigkeit des lokalen Arbeitsmarktes ist äußerst relevant; die zu erwartende Beschäftigungswahrscheinlichkeit der Geflüchteten steigt bei Berücksichtigung der Arbeitslosenquote in der Zielregion bei der Verteilung. Die Beschäftigungschancen könnten daher bei einer noch stärkeren regionalen Konzentration auf die wirtschaftsstarken Regionen weiter erhöht werden. Schlussgefolgert wird, dass auch wenn eine solche Verteilung (im Vergleich zu einer bevölkerungsproportionalen oder derjenigen nach dem Königsteiner Schlüssel) anfänglich zu höheren Unterbringungskosten führt, sich diese Kosten voraussichtlich mittelfristig durch die erhöhten Beschäftigungschancen amortisieren würden. [IAB 08.04.22]

Handreichung: Aufenthaltstitel und Rechte für Betroffene von Menschenhandel aus Drittstaaten

Die Handreichung wurde im Rahmen des Projektes Flucht & Menschenhandel - Prävention, Sensibilisierung und Schutz des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel e.V. (KOK) veröffentlicht. Sie bietet Fachkräften und Interessierten eine stichpunktartige Orientierung hinsichtlich der Durchsetzung eines Aufenthaltstitels für Betroffene von Menschenhandel aus Drittstaaten. Thematisiert werden auch weitere Rechte, wie z.B. der Zugang zu Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern oder dem AsylbLG und Möglichkeiten einer sicheren Unterbringung. Der KoaV der BReg sieht die Einführung eines Aufenthaltstitels für Betroffene von Menschenhandel unabhängig von einem Strafverfahren vor. Solange dieses wichtige Vorhaben nicht umgesetzt ist, müssen Betroffene i.d.R. einen der in dieser Handreichung beschriebenen Wege nutzen, um einen Aufenthaltstitel zu erhalten. [2022]

Gutachten: Kinder(rechte/wahrung) in Aufnahmeeinrichtungen

In dem Gutachten "Der Anspruch auf Entlassung aus einer Aufnahmeeinrichtung für minderjährige Geflüchtete und ihre Familien unter besonderer Berücksichtigung der Kinderrechte" von JUMEN und terre des hommes geht es um kinderrechtliche Anforderungen und Grenzen der Unterbringung von geflüchteten Minderjährigen und ihren Familien während des Asylverfahrens und es wird dargelegt, unter welchen Voraussetzungen sie einen einklagbaren Anspruch auf Entlassung haben. [Gutachten Nov. 2021, siehe auch: terre des hommes-Studie: AnkER-Zentren: Kein Ort für Kinder]

Berichte zur Situation von Migrant*innen mit prekärem Aufenthaltsstatus

Im Rahmen des Forschungsprojekts 'Local Responses to Precarious Migrants. Frames, Strategies and Evolving Practices in Europe', das u.a. von der Universität Oxford
durchgeführt wird, sind mehrere Berichte veröffentlicht worden. U.a. der vergleichende Bericht zur Situation in Cardiff, Frankfurt am Main und Wien [engl., Okt. 22] sowie ein kurzer Policy Brief [deutsch, Okt. 22] mit zehn Empfehlungen zur Verbesserung der Situation von Migrant*innen in aufenthaltsrechtlicher Prekarität. Das Projekt wurde im Rahmen der 'Joint Programming Initiative Urban Europe' (JPI) mit Mitteln des deutschen Bildungsministeriums (BMBF), der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und des Economic and Social Research Council (UK) gefördert. Ziel des Projekts war es zu untersuchen, wie lokale Behörden Migrant*innen mit prekärem Aufenthaltsstatus Zugang zu grundlegenden sozialen Leistungen verschaffen, und wie sie in diesem Zusammenhang mit öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten.

5. Radio-Sendungen/TV-Beiträge u.ä.

Aktuelle Migrationsgesetzgebung

Die CDU wirft der Ampelkoalition vor, durch das Chancen-Aufenthaltsrecht Asylpolitik mit Fachkräfteeinwanderung zu vermischen. - In dem Beittag erfolgt der Versuch der Einordnung der Frage, welche Rolle die Asyl- wie auch Integrationspolitik bei der Fachkräfteeinwanderung spielt. [Deutschlandfunk 7.12.22]

Migrationsforscher zu neuem Aufenthaltsgesetz: "Wir haben es hier mit einem Reförmchen zu tun" - Die Frequenz der Änderung von Asyl-, Fachkräfteeinwanderungs- und Staatsbürgerschaftgesetzen ist immens hoch, doch immer geht es nur um Kleinigkeiten – so auch diesmal. Damit wird politisch Stimmung gemacht. [Deutschlandfunk 4.12.22]

"Was jetzt?", Nachrichtenpodcast von ZEIT ONLINE: 2 Beittage: - Die Union kann sich bei der Einwanderung nicht entscheiden. Interview mit mit Paul Middelhoff, Experte für Migrationsthemen bei der ZEIT. [Sendung 3.12.] - Das neue Aufenthaltsrecht will eine Perspektive bieten [Sendung 2.12.22]

Einzelne Stimmen zum Chancen-Aufenthalt: Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh bezeichnete die bisherigen Kettenduldungen als „unwürdigen Zustand“, das neue Aufenthaltsrecht dagegen als „Gesetz der Vernunft“. / Die Einführung einer behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung für Geflüchtete vor und währen des Verfahrens - im Rahmen der Gesetzesänderungen für Asyl- und Asylgerichtsverfahren beschlossen -  wird laut Grünen-Politikerin Filiz Polat die Qualität der Asylbescheide steigern. / Die Union kritisierte die beiden Gesetze. Andrea Lindholz (CSU) sprach von „Fehlanreizen“ und davon, dass das neue Gesetz „die Falschen“ belohne. / Der Linken wiederum geht das Chancen-Aufenthaltsrecht nicht weit genug und sie sieht im Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz Verschärfungen. [WELT 2.12.22]

CDU-Chef Friedrich Merz fordert eine schnelle Rückführung von seinen Angaben zufolge 300 Tausend ausreisepflichtigen Migrant*innen. Er verlangt nach der seitens der BReg versprochene Rückführungsoffensive. Laut Oppositionsführer würde dies auch die allgemeine Akzeptanz gegenüber Einwanderer*innen fördern, "die wir brauchen". [SPIEGEL 1.12.22]

Zum gesamten beschlossenen ersten Migrations-Paket (Artikel inkl. Video-Beiträgen): Ausführungen zur Asylgesetzgebung, dem Chancen-Aufenthaltsrecht für Geduldete, der Fachkräfteeinwanderung und zur Staatsbürgerschaft. (Stichworte: Neue Chance für Geduldete, schnelleres Bleiberecht, Integrationskurse für alle, schnellere Asylverfahren(?), konsequentere Abschiebungen, Fachkräfte-Einwanderung, leichterer Familiennachzug für Fachkräfte, Blue Card EU für Akademiker*innen, Fachkräfte mit Berufsausbildung (Mangelberufe: Ausweitung der Blue Card-Vorteile auf nichtakademische Berufe), Einwanderung Berufserfahrener, Chancenkarte mit Punktesystem zur Jobsuche, Werbung um Studierende und Auszubildende, Westbalkan-Regelung (Entfristung, Kontingenterhöhung, Ausweitung), Staatsbürgerschaft) [Deutsche Welle 1.12.22]

Innenministerkonferenz: Die Vorhaben der Ampel zu Einwanderung und Einbürgerung sind nicht nur auf Bundesebene umstritten. Auch zwischen die sonst einig auftretenden Innenminister*innen der Länder treibt der Streit einen Keil. Einigkeit besteht jedoch bei dem - zumindest vorübergehenden - Abschiebestopp in den Iran (Ausnahme bei Straffälligkeit oder Einstufung als Gefährder). [tagesschau 30.11.22; tagesschau Kommentar 2.12.22]

Fachkräftemangel-Bekämpfung: Wie das reformierte Einwanderungsgesetz in der Praxis funktionieren könnte [Deutschlandfunk, Informationen am Morgen 30.11.22]

Willkommen in Deutschland?: Gespächsrunde zur Einordnung der emotionalen Debatten rund um das Einwanderungsgesetz und die Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht. [Deutschlandfunk, Der Politikpodcast 30.11.22]

Fachkräfte dringend gesucht – was bringt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz?: Laut Regierungsschätzungen müssten 400.000 Arbeitskräfte jedes Jahr zuwandern, damit die Wirtschaft am Laufen gehalten wird. Aber derzeit kommt nur ein Bruchteil davon aus dem Ausland. Im Podcast werden Gründe hierfür erörtert und die Folgen der Reform des Fachkräfteinwanderungsgesetzes erörtert. [BAYERN 2, radioReportage 30.11.22]

Zustimmung der Wirtschaftsweisen und des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW): Eine erleichterte Einbürgerung stärke die Integration der in Deutschland lebenden und arbeitenden Ausländer*innen. Angesichts des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels sei dies in jedem Fall zu begrüßen. [SPIEGEL 29.11.22]

Vergleich: Einbürgerungsrechte in Europa – Interview mit Rainer Bauböck, Professor im Global Governance Programm des Robert Schuman Centre for Advanced Studies am European University Institute (Italien) und Vorsitzender der Kommission für Migrations- und Integrationsforschung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. [Deutschlandfunk, Europa heute 29.11.22]

Staatsbürgerschaftsrecht: Wie die Bundesregierung die Einbürgerung erleichtern will: Zu den bisherigen Voraussetzungen für die Einbürgerung, den vorgesehenen Änderungen, potentiellen Begünstigten und den Reaktionen auf die Reform. [Deutschlandfunk, 28.11.22]

Steigende Flüchtlingszahlen – EU-Innenminister*innentagung zum Thema Migration

Bei dem Krisentreffen am 25.11.22 in Brüssel sollte vor allem versucht werden, den Streit v.a. zwischen Italien und Frankreich über die Aufnahme von Bootsflüchtlingen zu entschärfen, die von Schiffen von Hilfsorganisationen im Mittelmeer aufgenommen und dann in Richtung EU gebracht werden. -  Eine Lösung ist nicht in Sicht. Die EU-Kommission forderte bei der EU-Innenministertagung die Regierungen der EU-Staaten zu mehr Zusammenarbeit auf. Zentral seien Solidarität und die Verbesserung der Lastenteilung, eine bessere Zusammenarbeit bei Rettungseinsätzen für Migrant*innen und eine bessere Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern. [25.11.22 Texte/ Radio/TV-Beiträge: Deutschlandfunk-Informationen am Mittag; ZEIT Online ; tagesschau 1/2 ; Homepage Europ.Rat/Rat der EU ; WDR5 Europamagazin]

Geflüchtetenaufnahme in den Kommunen

1,2 Mio. Menschen haben allein in diesem Jahr in Deutschland Schutz gesucht. Für die Gemeinden und Landkreise ist das eine Herausforderung. Hilferufe kommen aus einzelnen Regionen sowie vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Laut Ausländerzentralregister sind mehr als 1 Mio. Menschen aus der Ukraine in Deutschland registriert, wobei eine Weiterreise in ein anderes EU-Land oder eine Rückreise in die Ukraine nicht gemeldet werden muss. Dazu kommen immer mehr Geflüchtete aus anderen Ländern - vor allem aus Syrien, Afghanistan und der Türkei; laut Bundespolizei waren es kürzlich so viele unerlaubte Einreisen wie zuletzt im Februar 2016. Alle Bundesländer haben in diesem Jahr bei den Aufnahmeplätzen aufgestockt, und doch scheint es nicht zu reichen; die Belegungsquoten in den Ländern liegen zwischen 80-99%. [tagesschau 18.11.22]

Neues Migrationsabkommen für den Ärmelkanal

Seit Beginn des Jahres haben bereits mehr als 40.000 Migrant*innen den Ärmelkanal überquert (ca. 1/3 aus Albanien); ein neuer Höchststand. In 2020 sind es ca. 28.500 gewesen. Mit einem neuen Abkommen wollen Frankreich und Großbritannien verhindern, dass künftig weitere Migrant*innen den Ärmelkanal überqueren. Der Vertrag sieht Drohnen, Spürhunde und zusätzliches Sicherheitspersonal vor. Der neue britische Premierminister Rishi Sunak plant, Migrant*innen ohne Rücksicht auf den Asylstatus in das ostafrikanische Land Ruanda abzuschieben. Nach Verhinderung eines entsprechenden Ausweisungsflugs durch den Europ. Gerichtshof für Menschenrechte prüft die britische Justiz, ob der Plan legal ist. Die französische Regierung will ihrerseits Anfang 2023 ein neues Migrationsgesetz zur Erleichterung von Abschiebungen vorstellen. [tagesschau 14.11.22]

Balkanroute - EU will Migration eindämmen

Die EU und die Westbalkanstaaten haben einen engeren Austausch in der Flüchtlingspolitik beschlossen. Hierzu gehören eine Visapolitik-Angleichung dieser Staaten an EU-Standards, die Bekämpfung von Schleuserkriminalität, EU-Außengrenzschutz sowie strengere Verfahren zur Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht in der EU. - Seit Jahresbeginn sind über die s.g. Balkanroute mehr als 106.000 Menschen irregulär in die EU gelangt, das sind 170 % mehr als im Vorjahreszeitraum und ist der höchste Stand seit 2016. Daher auch soll die Präsenz von Frontex-Beamten weiter ausgebaut werden, künftig sollen diese ggf. nicht mehr nur die Westbalkanstaaten bei der Außengrenzsicherung unterstützten, sondern auch an den Binnengrenzen zwischen den Westbalkanländern eingesetzt werden können. Hierzu müssten die s.g. Statusabkommen zum Frontex-Einsatz mit Serbien, Albanien, Kosovo und Montenegro neu verhandelt werden. [tagesschau Text/Audio 20.10.22]
(Die Zahl unerlaubter Einreisen nach Deutschland steig wieder an: 2021 waren es insgesamt 57.637 Fälle, 63 % mehr als in 2020. Im laufenden Jahr wurden bislang 75.934 Fälle registriert. [tagesschau 11.11.22])

Tödliche Politik an Europas Außengrenzen?

Die Gewalt an Europas einziger Landgrenze mit Afrika im Königreich Marokko sorgt international immer wieder für Schlagzeilen. So zuletzt im Juni 2022, als bei dem Versuch, die Grenze in Mellila zu überqueren, mindesten 23 Migrant*innen starben und hunderte verletzt wurden. Die spanische und marokkanische Regierung sehen die Schuld für die Tragödie bei "kriminellen Menschenhandelsnetzwerken". - Die Sendung unternimmt eine Recherche an den EU-Außengrenzen. [BR24 Reportage 4.11.22]

Podcast MigraTon von Polis 180

In der 9. Folge "Frauen auf der Flucht –angekommen in Deutschand. Raus aus dem Gewaltkontinuum?" aus der Podcast-Reihe "Migraton: Der Podcast über Migration" von Polis 180, einem Grassroots-Thinktank für Außen- und Europapolitik, geht es um den Schutz von geflüchteten Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland. Dabei wird die Istanbul-Konvention und deren Umsetzung in Deutschland beleuchtet sowie u.a. der Flüchtlingsrat Bayern und das BAMF interviewt. [POLIS 2.11.22]

Fluchtjahr 2022 - hat Europa aus 2015 gelernt?

Der russische Krieg gegen die Ukraine hat in Europa die größte Fluchtbewegung seit dem 2. Weltkrieg ausgelöst. Bundesinnenministerin Faeser spricht von gut 1 Mio. Menschen, die allein aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind. Moderator und Studiogast - Prof. Jochen Oltmer, Migrationsforscher im Vorstand des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) - gehen der Frage nach, inwiefern seit 2015 dazu gelernt wurde. (Themen der Beiträge: Zahlen und Fakten zu Flucht und Asyl, Ukrainische Geflüchtete in privaten Unterkünften, Flüchtlinge 2. Klasse?, Tote an Europas Grenzzäunen - 4 Monate nach der Tragödie von Melilla, Flüchtlinge als Waffe - das vergessene Drama an der polnisch-belarussischen Grenze.) [Bayern2, Dossier Politik 02.11.22]

Anti-Schwarzer Rassismus in Deutschland

Rund 1 Mio. Schwarze Menschen leben in Deutschland. Viele von ihnen werden regelmäßig mit Fragen nach ihrer "eigentlichen" Herkunft konfrontiert. Dabei blickt Deutschland auf eine jahrhundertelange Schwarze Geschichte zurück. In der Sendung wird über die Geschichte rassistischer Narrative und Schwarze deutsche Lebensrealitäten gesprochen sowie den Fragen nachgegangen, wie es sich als Schwarze Person in Deuschland lebt und wie mit anti-Schwarzem Rassismus umgegangen werden sollte. [APuZ #13: Schwarz und Deutsch. Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ): Folge 13: Schwarz und Deutsch 27.10.22]

Schulungsvideo Aufenthaltsverfestigung

Vom Deutschen Roten Kreuz und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wird eine Schulungsreihe zum Migrationsrecht herausgegeben. In diesem Rahmen ist ein neues Kurzvideo erschienen, das sich mit dem Thema Aufenthaltsverfestigung (Wechsel von der (befristeten) Aufenthaltserlaubnis in den dauerhaften Aufenthalt) befasst. Zielgruppe sind v.a. Berater*innen im Themenfeld Flucht und Migration. Die Videos sollen eine systematische Einarbeitung in das Rechtsgebiet ermöglichen. [Asyl.net 19.10.22]

6. Ausschreibungen

EU-Förderung: Bekämpfung von Diskriminierung, Intoleranz, Rassismus, Xenophobie / Schutz diskriminierter Gruppen

Die EU-Kommission hat das Arbeitsprogramm 2023-24 für das Programm „Bürger, Gleichstellung Rechte und Werte“ (CERV)) veröffentlicht. Darunter sollen bereits einige Aufrufe noch vor Jahresende veröffentlicht werden. Interessierte Einrichtungen können so schon jetzt mit der Projektideeentwicklung und der Suche nach Partnereinrichtungen beginnen.
Im Aktionsbereich II „Gleichstellung, Rechte und Geschlechtergleichstellung“ geht es darum, einen umfassenden und bereichsübergreifenden Ansatz und spezifische Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung, zur Bekämpfung von Diskriminierung und anderen Formen der Intoleranz und zur Verbesserung der Reaktion auf Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Form von Hassreden und Hasskriminalität zu unterstützen. Darüber hinaus soll die Schutzbedürftigkeit bestimmter Gruppen und Gemeinschaften angegangen werden, die besonders von Diskriminierung betroffen sind, wie Roma, Jud*innen, Muslim*innen, Migrant*innen, People of Color, LGBTIQ-Menschen. Hinzu kommt die Föderung von Diversity-Management und von Inklusion am Arbeitsplatz, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich.
Insgesamt sind für die Arbeit in diesem Bereich 18,6 Mio. € für 2023 sowie 21,8 Mio. € für 2024 vorgesehen. Mindest-EU-Fördersumme 75.000€.
Mögliche Projekt-Antragsteller: in einem der beteiligten Staaten gegründete öffentliche oder private Non-Profit Organisationen oder eine internationale Organisation; Projektkonsortien können national oder transnational sein, Mindestanforderung: 2 Einrichtungen pro Projekt (Antragsteller + Partner).
Neu: der große 2-jährige Aufruf soll nur einmal geöffnet werden; voraussichtlich noch im Dezember. [Mehr Informationen zu CERV allgem.; direkt zur EU-Antragsseite]

7. Stellenanzeigen

Diakonie: Fachbereichsleitung (m/w/d) für den Bereich Soziales & Migration, Berlin

Diakoniewerk Simeon gGmbH, Berlin. Vollzeit (100 %), unbefristet, Beginn zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Bezahlung nach Tarifvertrag TVEKBO.
Bererbung: hier.

PRO ASYL: Referent*in für die Geschäftsführung, FF(M)

Förderverein PRO ASYL, Frankfurt am Main. Vollzeit (39h), unbefristet, Beginn zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Entlohnung in Anlehnung an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes BUND.
Bewerbung bis spätestens 31.12.22: hier.

DeZIM: Co-Leitung für d. Nationalen Diskriminierungs- u. Rassismusmonitor, Berlin

Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) e.V. Arbeitsschwerpunkt: quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung. Vollzeit (100%), Entgeltgruppe 14 TVöD (Bund), Einstellung zunächst für 2 Jahre, bei entsprechender Bewährung und Bewilligung der Fördermittel wird eine langfristige Zusammenarbeit angestrebt.
Bewerbung bis 1.1.23: hier.

Diakonie: Projektassistent*in, Berlin

Diakonie Katastrophenhilfe (im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. (EWDE) in Berlin). Projektbearbeitung mit Schwerpunkt auf Projektabschlüssen. Vollzeit (100 %), befristet für 2 Jahre, Vergütung in Anlehnung an den TVöD, Entgeltgruppe 10, nach Dienstvertragsordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (DVO.EKD).
Bewerbungen bis zum 2.2.23: hier.

StC: Human Resources Manager*in, Berlin

Save the Children, Berlin. Arbeitsschwerpunkt Recruiting. Vollzeit (40 h), Beginn zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zunächst befristet auf 2 Jahre.
Bewerbungen bis zum 4.1.23: hier.

BAMF: mehrere Sachbearbeiter* u. Referent*innenjobs; verschiedene Dienstorte

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Nürnberg, Berlin, Freiburg im Breisgau, Sigmaringen.
Ausschreibungen und Bewerbungen siehe: hier.

Malteser: Verschiedene Jobs im Bereich Migration und Flüchtlingshilfe; versch. Standorte

U.a.: Einrichtungsleitung Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete, Projektkoordinator*in für ehrenamtliches Engagement in der Geflüchtetenhilfe, Sozialarbeiter*/pädagog*/Betreuer*innen für ukrainische Geflüchtete, Dozent*in, Studentische Aushilfen, Notfallsanitäter*/Rettungsassistent*innen.
Stuttgart, Bremerhaven, Bremen, Delmenhorst, Nürtingen, Esslingen, Würzburg, Geisenheim, Halberstadt,...
Bewerbungen: hier.

              

8. Sonstiges/Weiteres

Länder fordern Bundesunterstützung bei Aufnahme u. Integration und undurchlässigere EU-Außengrenzen

Im Rahmen der 218. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister*innen und -senator*innen der Länder (30.11.-2.12.22 in München) gab es mehrere migrationspolitisch relevante Berichtspunkte u. Beschlüsse (s. Gesamtbericht ab Seite 19):

  • TOP 16: Umsetzung eines Abschiebestopps für den Iran.
  • TOP 17: Entwicklung Iran – Auswirkungen auf Deutschland in den Bereichen Sicherheit und Migration.
  • TOP 18: Stärkere und verlässliche organisatorische Unterstützung durch den Bund im Bereich Asyl, legale Migration und Integration: Die Länder und Kommunen betonen die starke Auslastung und angespannte Unterbringungssituation v.a. in Folge des Ukrainekriegs. Vor diesem Hintergrund bitten sie das BMI, künftige Aufnahmezusagen vorab mit ihnen abzustimmen, geplante Ausweitungen der legalen Migration fortlaufend kritisch zu prüfen und sich innerhalb der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Länder angesichts der sehr angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt über die bereits erfolgte mietzinsfreie Überlassung von Bundesliegenschaften hinaus Unterstützung erfahren.
  • TOP 19: Bund-Länder-Abstimmung zu Landesaufnahmeprogrammen: Da Landesaufnahmeprogramme dem Zweck nach Einreisen aus humanitären Gründen ermöglichen (§ 23 Abs.1 AufenthG), sei laut IMK insbesondere hier für einen erweiterten Familiennachzug eine Abgrenzung zu den Familiennachzugsregelungen im Aufenthaltsgesetz erforderlich; v.a., wenn die anlassgebende akute Kriegssituation bereits sehr lange zurückliegt, seien Kriterien für den Nachweis aktuell vorliegender
    humanitärer Aufnahmegründe aufzunehmen.
  • TOP 20: Digitalisierung des Asylverfahrens.
  • TOP 21: Bericht über die Schwerpunkte und geplanten Maßnahmen der Rückführungsoffensive.
  • TOP 24: GRC-Ablage (Sekundärmigration) des BAMF: Die Länder stellen die dringende Notwendigkeit der Reform des europäischen Migrations- und Flüchtlingsrechts fest und bitten das BMI u.a. angesichts der weiterhin stattfindenden irregulären Sekundärmigration aus Griechenland mit der dortigen Regierung in Kontakt zu bleiben und nach Lösungsansätzen zu suchen, um die Situation von anerkannten Schutzberechtigten dort zu verbessern und die Einhaltung menschenrechtlicher Mindeststandards zu wahren.
  • TOP 25: Sekundärmigration wirksam regulieren: Die IMK betont, dass alle EU-Mitgliedstaaten Solidarität gegenüber den 5 EU-Mittelmeerländern üben müssen sowie darauf hinzuwirken ist, dass dort bessere Aufnahme- und Versorgungsbedingungen geschaffen werden. Das BMI wird gebeten, bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und der Überarbeitung des Schengen-Besitzstandes auf eine für Deutschland, als attraktivem Zielstaat, "akzeptable Balance zwischen Verantwortung und Solidarität hinzuwirken". Dabei wird die kürzlich erfolgte allgemeinen Ausrichtungen zur Eurodac- und zur Screening-Verordnung sowie die Einrichtung eines freiwilligen Solidaritätsmechanismus zur Unterstützung der Mittelmeeranrainer-Staaten begrüßt. Konkret wird das BMI gebeten, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die ungehinderte Weiterreise von Schutzsuchenden und in EU-Mitgliedstaaten anerkannten Schutzberechtigten wirksam verhindert wird.
  • TOP 26: Bericht zur Migrationslage in Bezug auf die Westbalkanregion: Die IMK fordert das BMI auf, auf EU-Ebene auf eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen hinzuwirken. (Seite 28)
  • TOP 41: Handlungsbedarf aufgrund zunehmender antisemitischer und antiisraelischer Hetze. (Seite 46)

Urteil: Systemische Mängel im italienischen Asylsystem

Das Verwaltungsgericht Braunschweig urteilte am 1.12.22, dass Geflüchteten infolge ihrer Rückführung nach Italien eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung in Form von Obdachlosigkeit sowohl im Zeitraum bis zur förmlichen Registrierung ihres Asylantrags als auch nach Zuerkennung eines Schutzstatus und dem Ausscheiden aus dem staatlichen Aufnahmesystem droht. Nach Einreise über Italien stellte eine alleinerziehende Iranerin mit ihren beiden Kindern einen Asylantrag in Deutschland. Dieser wurde als unzulässig abgelehnt und sie sollte nach Italien abgeschoben werden. Es wurde Klage gegen den Bescheid erhoben und einen Eilantrag beim VG gestellt. Nach dessen Überzeugung sei davon auszugehen, dass es der Antragstellerin und ihren Kindern bei einer Rücküberstellung nach Italien nicht gelingen wird, ihre Grundversorgung zu gewährleisten. [Rechtsprechung Niedersachsen 1.12.22]

Dritte Tagung der 13. EKD Synode

Im Rahmen der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) werden Kirchengesetze verabschiedet, über den EKD-Haushalt entschieden sowie mit den gefällten Beschlüssen inhaltliche Richtungen - auch für die Diakonie und ihre angeschlossenen Einrichtungen - vorgegeben. Bei der 3. Tagung der 13. EKD-Synode (6.-9.11.22) wurden u.a. auch  Beschlüsse zu den folgenden Themen verkündet:

  • Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft gesetzlich verankern. (PDF)
  • Situation von Geflüchteten unter Einhaltung der Menschenrechte und im Rahmen einer humanitären Flüchtlingspolitik. (PDF)
  • Antidiskriminierung, Gewaltprävention, Diversity stärken, Erarbeitung eines Qualifizierungsprogramm gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. (PDF)
  • Bundesaufnahmeverfahren für gefährdete Afghan:innen. (PDF)
  • Menschenrechtslage an den Außengrenzen der EU. (PDF)

Zu allen Beschlüssen: ekd.de ; Kurzzusammenfassungen: evangelisch.de [9.11.22]

EuGH: Erneute Schutzstatusanerkennung in anderem EU-Land

Entscheidung des Europ. Gerichtshofs zum Internationalen Schutz bei einer bereits von einem anderen Mitgliedstaat zuerkannten Flüchtlingseigenschaft: Der EuGH stellte bereits in 2019 klar, dass ein Antrag auf Internationalen Schutz auch dann zulässig sein kann, wenn ein anderer Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft bereits anerkannt hat, die dortigen Lebensverhältnisse für Geflüchtete jedoch menschenrechtswidrig sind. [KOK 21.11.22]

Neues Forschungsnetzwerk zur ukrainischen Migration in Europa

Das neue "Research Network on Ukrainian Migration" (RNUM) behandelte in seiner ersten Sitzung am 8.11.22 folgende Themen: Binnenvertreibung innerhalb der Ukraine nach der russischen Annexion ukrainischen Territoriums nach 2014; Entwicklungen in Polen, wo sich derzeit rund 1,4 Mio. Ukrainer*innen aufhalten; längerfristige Perspektiven für die ukrainische Migration nach Europa; öffentliche Einstellungen zur ukrainischen Vertreibung sowie zu Migrations- und Flüchtlingsströmen aus anderen Ländern; die Umsetzung der EU-Richtlinie über vorübergehenden Schutz (Unterschiede der Umsetzung/ Nutzung der Umsetzungsspielräume in den unterschiedlichen EU-Ländern). Das nächste Treffen wird am 24.2.23 stattfinden. [Bericht zum 1. Treffen (engl.); European University Institute 15.11.22]

Landtag NRW: bundesweiter Abschiebestopp in den Iran gefordert

Die demokratischen Fraktionen forderten in einem gemeinsamen Beschluss einen bundesweiten Abschiebestopp in den Iran.: Entschließungsantrag „Für universell geltende Menschenrechte – Nordrhein-Westfalen zeigt sich solidarisch mit der iranischen Freiheitsbewegung“ [LT-Drs. 18/1357 , 25.10.22]

Ein Jahr Bundesprogramm „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ (BGZ)

Das BGZ fördert Projekte, die das Miteinander in den Städten und Kommunen nachhaltig positiv verändern sollen durch Beförderung vertrauensvoller sozialer Beziehungen, die gelingende Integration und ein tolerantes und solidarisches Miteinander vor Ort ermöglichen. - In Ihrer Videobotschaft spricht BAMF-Vizepräsidentin Katrin Hirseland von dem besonderen Charakter dieses noch jungen Programms: "Es zielt auf konkrete Veränderungen ab bei den Menschen, die an den Projekten teilnehmen, oder an den Orten, wo die Projekte stattfinden." [21.10.22]

NRW: Erlaubnisfiktion für drittstaatsangehörige Studierenden aus der Ukraine

Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) in NRW veröfentlichte einen Verfahrens-Erlass, der für nicht-ukrainische drittstaatsangehörige Studierende aus der Ukraine unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit der Erteilung einer Erlaubnisfiktion für die Prüfung eines Aufenthaltstitels nach §16a (Ausbildung) bzw. §16b (Studium) AufenthG für 12 Monate vorsieht. [17.10.22]

Infoverbund Asyl & Migration: Übersicht zu aktuellen EuGH-Entscheidungen

Urteile u.a. zu den Sachverhalten: Nachzug der Eltern zu in Deutschland lebenden (ehemals) Minderjährigen, Familienzusammenführung von (ehemals) Minderjährigen zu in Deutschland lebenden Flüchtlingen, Möglichkeit eines Rechtsbehelfs im Rahmen einer "Dublin-Familienzusammenführung".
(Dem Verbund gehören an: Amnesty International, AWO, Caritas, Parität, DRK, Diakonie, Pro Asyl; Koopertionspartner: UNHCR) [Asylnet.de 2.8.22]

Projekt: women rais.ed - erkennen | ermutigen | empowern

Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte werden in Deutschland vielfach mit Mehrfachdiskriminierungen und Rassismen konfrontiert. Besonders betroffen sind dabei Migrantinnen, geflüchtete Frauen und Frauen aus Einwanderungsfamilien, da sie innerhalb der Gesellschaft mehreren Diskriminierungsformen ausgesetzt sind. Deswegen möchte DaMigra e.V. mit dem Projekt women rais.ed betroffene Frauen und Mädchen stärken, indem ihnen Handlungs- und Umgangsstrategien in ihrer alltäglichen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit Rassismus und Diskriminierung an die Hand gegeben und Teilnehmer*innen über die verschiedenen Erscheinungsformen von Rassismen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit informiert werden. Daher richtet sich das Projekt an migrantische Frauen und Mädchen, inkl. solcher mit Fluchterfahrung, alle Mitfrauenorganisationen von DaMigra und weitere Frauenselbstorganisationen und Fraueninitiativen. - Das Projekt steht aber auch für die Überzeugung, dass die Bekämpfung von Rassismus nicht in erster Linie die Aufgabe und Verantwortung der Betroffenen selbst ist, sondern die die Menschen und Institutionen der Dominanzgesellschaft, die von Diskriminierungsstrukturen selber profitieren, gefragt sind, die Verantwortung zu tragen, solche Strukturen zu sehen und zu bekämpfen. Insbesondere um den Betroffenen Handlungsfähigkeit zu geben und sie zu ermächtigen. Deswegen entwickelt das Projekt auch an die Dominanzgesellschaft und Nicht-Betroffene gerichtete, für frauen- und migrationsspezifische Themen sensibilisierende Projekte.
women rais.ed ist aktiv in Nordrhein-Westfalen & Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen & Sachsen und in Berlin/Brandenburg & Mecklenburg-Vorpommern und wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus gefördert.

Impressum

Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit e.V. (BAG EJSA)
Wagenburgstraße 26-28
70184 Stuttgart

Tel.: 0711/16489-0
Email: mail@bagejsa.de

Verantwortlich für die BAG EJSA Migration_News:
Judith Jünger
Tel.: 030 2 83 95-317

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